Die Kreisschule Witiwäg von Alfred Theus und Peter Zumthor. Witiwäg 19 in Churwalden.
Bauingenieur war Toni Cavigelli und Walter Bieler
Hannes Vogel Künstler am Bau
1979 bis 1983
erbaut 1958 von Alfred Theus
Peter Zumthor und Mitarbeiter Jürg Conzett
Die Erweiterung der Kreisschule in Churwalden war der erste Wettbewerbserfolg Peter Zumthors und sein erstes grösseres Projekt. Im Anschluss an die Nachkriegsmoderne kündigte sich hier eine neue Architekturära an. In der geometrischen Strenge der Anlage und der klassisch-rationalen Architektur zeigt sich der Einfluss der Tessiner Architekturschule. Gleichwohl ist die eminent städtebaulich inspirierte und pädagogisch engagierte Intervention ein eigenständiges Werk, das von Zumthors früher Könnerschaft zeugt, feinfühlig auf eine bestehende Situation zu reagieren und gängige Typologien sinnvoll zu modifizieren.
Die Aufgabe war, das alte Schulhaus von Alfred Theus aus dem Jahr 1959, das aus einem 65 m langen, in Hangrichtung gelegten Hauptbau und einem hangparallelen Nebenbau bestand, mit einem beachtlichen Raumprogramm zu ergänzen. Statt dem T-förmigen Gebilde einen kompakten Solitär hinzuzufügen, setzte Zumthor auf eine pavillonartige Aufteilung der Baumasse, um alt und neu zu einem in sich geschlossenen vielfältigen Ganzen zu formen, das im unbestimmten Dorfgefüge von Churwalden einen einprägsamen öffentlichen Ort schafft. So wurde die bestehende Anlage zum Ausgangspunkt einer sich den Hang hinaufziehenden Gebäudestaffel; sie kulminiert im grossen Volumen der Turnhalle, die das Bild einer frühchristlichen Basilika evoziert. Jedes Gebäude bezieht sich mit einem Portikus auf einen ihm vorgelagerten Platz. Die abgetreppte Folge von Bauten und Platzterrassen zeichnet die Neigung des grossen Schuttkegels des Wititobels nach, auf dem das Schulhaus steht – und stellt den Bezug her zum nahen Bach mit seinem kaskadenartigen Bett. Die neuen Schultrakte nutzen das Gefälle für eine pädagogisch innovative Behausung der Klasseneinheiten: Jede Klasse verfügt über ein eigenes kleines «Heim» von zwei Geschossen. Es umfasst einen galerieartigen Schulraum unter dem Dach mit zugehörigem Aussenhof und Garten, sowie einen Gruppenraum ein Stockwerk tiefer, der mit einer verglasten Front an den durchlaufenden Korridor anschliesst – ein offenes und räumlich grosszügiges Konzept, das die Trennung von Werk- und Schulräumen hinterfragt.
Die Kreisschule in Churwalden ist ein frühes und kaum bekanntes Werk des berühmten Schweizer Architekten Peter Zumthor. Es handelt sich dabei um die Erweiterung einer bestehenden Schule am nordwestlichen Dorfrand von Churwalden. Die Schulanlage besteht aus mehreren Gebäuden, wobei sich die Erweiterung von Peter Zumthor auf zwei Gebäude mit Klassenzimmern und ein Turnhalle bezieht. Wie die bestehenden Baukörper der Schule folgen auch die drei neuen Baukörper dem Verlauf des Hanges. Dadurch entsteht eine gestaffelte Anlage von aufeinander folgenden, dem Gelände entsprechend abgestuften Baukörpern. Ein grosser Vorteil dieser Anlage ist der direkte Kontakt zwischen Kindergarten, Primarschule und Oberstufe. Die Gebäude von Peter Zumthor sind aus Betonblöcken gebaut, und werden von Satteldächern gedeckt. Der Zugang zu den beiden Bauten mit Klassenzimmern erfolgt über einen zweigeschossigen Portikus mit eleganten Säulen. Die Klassenräume selbst entwickeln sich übe rzwei Geschosse. Der Zugang erfolgt vom Hauptkorridor in einen ersten Arbeitsraum. Eine individuelle Treppe führt in das obere Geschoss, wo sich der Hauptraum der Klassen befindet. Dieser Raum öffnet sich zu einem Garten auf der Rückseite des Gebäudes. Die Turnhalle gleicht im Querschnitt einer 3-schiffigen Kirche. Im Innenraum zeigt sich, dass die Form aus der Tragstruktur entwickelt wurde, welche längs der Turnhalle verläuft.[1]
Fotografisch wurde das Bauwerk von Ralph Feiner dokumentiert.
Schulhauserweiterung, Churwalden
1. Preis (6000 Fr. mit Antrag zur Weiterbearbeitung): Peter Zumthor, Haldenstein
2. Preis (4000 Fr.): Hans Peter Menn, Chur; Mitarbeiter: Hans Ulrich Minnig
3. Preis (2800 Fr.): Gaudenz Fontana, Domat/Ems; Mitarbeiter: Leo Bieler, P. Mattli, Gion Signorell
4. Preis (1200 Fr.): C. F. Spinas, Chur; Mitarbeiter: Urs Zinsli
5. Preis (1000 Fr.): Peter Calonder, Almens
Fachpreisrichter waren Albert Alig, Lenzerheide, Fortunat Held, Malans, Herbert Müller, Chur, Robert Obrist, St. Moritz, Erich Bandi, Kantonsbaumeister, Chur.
Auszeichungen
Bearbeiten- 2019: Im Rahmen der Kampagne «52 beste Bauten – Baukultur Graubünden 1950–2000» erkor der Bündner Heimatschutz das von Peter Zumthor 1983 entworfene Schulhaus in Churwalden als eines der besten Bündner Bauwerke[4]
- Zwölf Bündner Bauten der Siebziger- und Achtzigerjahre
Ausstellungen
Bearbeiten- Zwölf Bündner Bauten der Siebziger- und Achtzigerjahre, Stadtgalerie Chur vom Schweizerischen Werkbund[5]
Bücher
Bearbeiten- Schulhauserweiterung in Churwalden, in: Schweizer Ingenieur und Architekt 6/1980, S. 98–100
- Otti Gmür: Schulhauserweiterung in Churwalden GR, in: Archithese 1984/Heft 2, S. 50–57.
- Peter Disch: Architektur in der Deutschen Schweiz 1980–1990. Ein Katalog und Architekturführer, Lugano 1991 (2. Aufl.), S. 264
- Schweizer Architekturführer 1920–1990, Bd. 1 (Nordost- und Zentralschweiz), Zürich 1992, Nr. 310, S. 77
- Palle Petersen: Zumthor vor Zumthor, Wahlfacharbeit am gta der ETHZ, 2013 (Typoskript), S. 76–83
Koordinaten: 46° 46′ 58″ N, 9° 32′ 21,2″ O; CH1903: 760391 / 183437
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ www.archipicture.eu - Peter Zumthor - Schoolbuilding Churwalden. Abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ Palle Petersen: Zumthor vor Zumthor. In: www.e-periodica.ch. Hochparterre : Zeitschrift für Architektur und Design, abgerufen am 21. Oktober 2022 (deutsch).
- ↑ Othmar Birkner: Neues mit Altem versöhnt. In: www.e-periodica.ch. Heimatschutz = Patrimoine, abgerufen am 21. Oktober 2022 (deutsch).
- ↑ 28 — Kreisschule «Witiwäg», Churwalden : 52 Beste Bauten Graubünden. Abgerufen am 20. Oktober 2022.
- ↑ Werkbund fokussiert auf zwölf Bündner Bauten. Abgerufen am 11. April 2021.