Brauhaus der Hanse war ein mittelalterlicher Beiname für Hamburg, der auf die Bedeutung der Brauerei für die Stadt hinwies und Anfang des 15. Jahrhunderts während der Blütezeit der Hanse geprägt wurde. Die Brauerei nahm in Hamburg den Spitzenplatz in der Stadtwirtschaft ein und verlor erst mit dem beginnenden Atlantikhandel seine Bedeutung.[1]
Ursprünge
BearbeitenDie Bierbrauerei entwickelte sich in den Norddeutschenstädten aus der Hauswirtschaft. Es gab zuerst kein eigenes Brauhandwerk. Hatten ursprünglich alle Bürger einer Stadt das Recht Bier zu brauen,[2] war später das Braurecht an den Besitz eines speziellen Grundstücks, in Hamburg Brauerbe genannt, geknüpft. Ein Brauerbe umfasste ein großes Haus in dessen Diele eine große Braupfanne fest eingebaut war. In Hamburg entwickelte sich zwei Gruppen von Braueren: Stadtbrauer, die regelmäßig brauten und ihren Absatz in der Stadt fanden und Kaufleuten die im Falle günstiger Absatzbedingungnen mehr von dem Hamburger Gebräu, als sie zur Eigenvorsorgung notwendig hatten in Ihrem Hause herstellten bzw. herstellen liessen.[3] Das in Norddeutschland mit Hopfen gebraute Rotbier war, gegenüber dem sonst üblicherweise gebrauten Grutbier haltbarer, eine Grundbedingung die dessen Verschiffung ermöglichte. Das in Hamburg für den Export gebraute Bier der höchsten Güteklasse wurde Seebier genannt. Durch den Rat der Stadt wurde das Verhältniss der Zutaten festgelegt und die Qualität des Bieres regelmäßig geprüft.[4]
Absatz
BearbeitenFür die Zeit vor 1350 ist die Quellenlage spärlich. Für 1270 ist bezeugt das die Handelsschiffe, die Hamburg verlassen, üblicherweise mit Bierfäßern beladen waren. Belegtes Hauptabsatzgebiete war anfänglich die Provinz Friesland, dessen Stadt Stavoren 1296 einen Handelsvertrag mit Hamburg abschloss.[5] Ostfriesland, das über Emden beliefert wurde nahm später bedeutende Teile der Hamburger Bierproduktion auf. Für die Stadt Amsterdam ist bekannt das 1369 40.000 Tonnen Hamburger Bier dort abgesetzt wurden, vermutlich die Hälfte der Hamburger Bierproduktion.[6] Ab 1372 ist belegt das Hamburger Bier auch über Sluys nach Flandern geliefert wird.[7][8] Den Ruf als Brauhaus der Hanse erwarb sich Hamburg, obwohl es sein Bier fast ausschließlich in die westlichen Nordseeregionen Flandern, Brabant, Zeeland, Holland und Friesland verschiffte.
Neben der hohen Qualität des Hamburger Biers, war die Mitte des 14. Jahrhunderts durch den Rat der Stadt Hamburg erfolgte Umstellung des Seebieres von Rotbier auf Weißbier ein Grund, weshalb das Hamburger Bier im Export so erfolgreich war. Diese Ausnahmestellung wurde später unter anderem durch Cord Broyhan gebrochen, der die Rezeptur in Hannover bekannt machte und weiterentwickelte.[9]
Von Mitte des 14. Jahrhunderts bis in die dreißiger Jahre des 15. Jahrhunderts war die Blütezeit der Bierproduktion in Hamburg.[10] Ab Mitte des 15. Jahrhunderts schrumpften die Mengen der Absätze im Export kontinuierlich. Gründe waren die höhren Kosten für Gerste, steigende Besteuerung in den Absatzländern, Verfall von Handelsprivilegien, Konkurenz durch heimische Biere, bei sinkender Qualität des Hamburger Biers.[11] Bis Anfang des 17. Jahrhundert war der Export vollkommen eingestellt. Hauptabsatzgebiete der Hamburger Brauer war seitdem das nahe Umland und die Stadt selbst.[12]
Struktur der Brauer
BearbeitenIn der Bürgerliste von 1376 werden 457 Personnen die Beruf Brauern zugeordnet, davon 181 die als braxatores de stavaria (55) oder braxatores de amsterdamme (126) eindeutig dem Exportgewerbe zugeordnet werden können.[13] Die restlichen 276 Personnen waren vermutlich ca. 20 Stadtbrauer und kleinere Kaufleute, die gelegentlich brauten.[14] Mit der Brauordnung von 1411 wurde festgeschrieben das die Seebrauer nur einmal pro Woche brauen dürften und die maximale Menge 30 Tonnen je Brau war. Auch welches Grundstücke zum Brauerbe werden durfte wurde verbindlich regementiert.[15] Es wurde ausserdem eine Genehmigung zum Brauen ein sogenannter Orloff eingeführt, galt dieser zu Beginn für das ganze Jahr, wandelte er sich einer Genehmigung für einmaliges Brauen.[16] Um 1462 durfte nur noch alle 2 Wochen gebraut werden. Die Struktur der Brauer änderte sich, indem sich der Beruf des Mietbrauers entwickelte, d.h. eines selbständigen Tätigen, der sich ein Brauerbe mietet, um dort auf eigene Rechnung, einen Orloff zu verbrauen.[17]
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Blanckenburg S. 354
- ↑ Blanckenburg S. 359
- ↑ Blanckenburg S. 38
- ↑ So wurden im "Langen Rezess" von 1529 in Artikel 77 bestimmt, das schlechtes Bier zu wraken sei. Die Prüfungen selbst fanden ursprünglich an den Stadttoren, später in einem Gebäude am Hopfenmarkt statt. Siehe Rudolf Nehlsen:Hamburgische Geschichte nach Quellen und Urkunden, Band 2, 1897 S. 61
- ↑ Blanckenburg S. 33
- ↑ Blanckenburg S. 35
- ↑ Blanckenburg S. 36
- ↑ Ab 1375 läßt sich Hamburger Bier in Brügge nachweisen, siehe Gerald Stefke: Hansekaufleute und hansischer Wein- und Bier-Handel in Brügge 1361- 1391, In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 83, 1997; S. 183
- ↑ Blanckenburg S. 50
- ↑ Blanckenburg S. 209
- ↑ Blanckenburg S. 49
- ↑ Blanckenburg S. 50
- ↑ Bing S. 243
- ↑ Blanckenburg S. 38
- ↑ Blanckenburg S. 40
- ↑ Blanckenburg S. 47
- ↑ Blanckenburg S. 55
Literatur
Bearbeiten- Christine von Blanckenburg: Die Hanse und ihr Bier, Brauwesen und Bierhandel im hansischen Verkehrsgebiet, Böhlau 2001, (Quellen und Darstellungen zur hanseatischen Geschichte; N.F., Band 51), ISBN 3-412-11400-6
- Wolf Bing: Hamburgs Bierbrauerei vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. In Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte Band 14 , 1909; online hier (...)
- Jörgen Bracker: Die wirtschaftliche Bedeutung des Bierexports; in: Hamburg. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wendemarken einer Stadtgeschichte, Hamburg 1988, Seite 64 f.
- Jörgen Bracker: Brauhaus der Hanse; in: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte und Bibliographie des Brauwesens ISSN 0072-422X, Jahrgang 1989/1990