Glauben, Wissen(schaft) und Esoterik oder Missverständnisse zur Esoterik

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Vorbemerkung: Die Begriffe „Esoterik“, „Mystik“ und ähnliche mehr werden im Folgenden in einer offensiven Weise nicht nur nahezu identisch verwendet, sondern bezeichnen auch dasselbe.

Eine Entscheidung

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Unbewusstes

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Wissenschaft ist vor allen anderen Dingen eines: Eine Entscheidung. Genauer: Eine Entscheidung zu Gunsten vieler einzelner Entscheidungen. Eben die Entscheidung, die Welt in der Folge dieser Entscheidungen zu sehen und nicht anders. Diese Entscheidungen sind sowohl teilweise bewusst als auch für Viele wesentlich unbewusst. Während des Schlafes kann man beispielsweise keine Wissenschaft betreiben; im Traumschlaf fehlt die Rationalität weitgehend, im Klartraum fehlt noch die Empirie. Doch bevor die meisten Menschen morgens im Bad sind, sind alle wichtigen unbewussten Entscheidungen wieder aktiviert. Diese sind im Wesentlichen:

  • Die Vorstellung von einem wirklichen „ICH“.
  • Der Glaube mit dem Verstand (bzw. der Rationalität, manchmal sogar auf die Mathematik reduziert) die Welt zu verstehen.
  • Die Vorstellung von der Begrenztheit der Dinge, insbesondere der eigenen.
  • Die Vorstellung von der Getrenntheit der Dinge, allen voran der Trennung von ICH und Nicht-ICH.
  • Die Identifikation mit der Form, d.h. dem Körper, den Emotionen und sonstigen „Charaktereigenschaften“.

Diese Entscheidungen sind weitgehend kulturell anerzogen und durch Massenmedien vermittelt und weit verbreitet. Für einen Esoteriker sind sie nicht selbstverständlich. Sie gehören für ihn zwar zum Menschsein, doch der wahre Mensch ist nicht daran gebunden, er kennt die Alternative. Später mehr.

Folgen für die bewusste Methodik

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Diese unbewussten Vorentscheidungen, bzw. Vorurteile führen direkt zur Definition von Wissen und zur Systematik und Methodik der heutigen Wissenschaften. Die Vorstellung vom der Existenz eines begrenzten und getrennten ICHs führt zur Vorstellung, dass mehrere ICHs (Subjekte) durch Interaktion zumindest in ihrem Wissen weniger begrenzt sein würden. (s. a. Intersubjektivität). Die Vorstellung der sukzessiven Erweiterung des Wissens folgt dann, wenn man den Glauben an die Rationalität hinzufügt. Der Glaube an einen Realismus setzt den Glauben an ein ICH, das dieser Realität entgegengesetzt ist, voraus, bzw. folgt daraus. Die Identifikation mit der Form führt zu einer Fixierung auf die Materiestruktur und die Vorstellung, dass Materie die Grundlage der Wirklichkeit wäre. Die Akzeptanz der aristotelischen, zweiwertigen Logik und der platonischen Geometrie folgt aus der materiellen Wirklichkeitsauffassung. Zur vollständigen Ausformung der „wissenschaftlichen Weltsicht“ gehören dann noch mehrere weitere, davon abgeleitete, technische Methoden zur funktionalen Optimierung. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ebenso, dass aus der Sicht des Esoterikers die empirische „Überprüfung“ einer wissenschaftlichen Theorie niemals – in seinem Sinn - objektiv sein kann, da schon die Theorie auf diesen vielen, insbesondere unbewussten, Entscheidungen basiert und die „Befragung der Wirklichkeit“ im Experiment oder in der Empirie allgemein immer nur eine Aussage innerhalb dieser Vorentscheidungen ist.

Folgen für dir Sinn- und Zielvorstellungen und die Ethik

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Ebenso vermittelt der zentrale Glaube an ein existentes, begrenztes ICH mehrere Zielvorstellungen bzw. ethische Aussagen. Das ICH muss überleben, sein Überleben ist sogar das höchste Ziel seiner Existenz. Deshalb muss es immer beschützt werden, das gilt insbesondere für die wichtigste Identifikationsform - der materielle Körper. Ein weiteres Ziel ist die Überwindung der Begrenztheit meist durch den Ausbau von Machtinstrumenten. Also der Manipulation der Welt (Nicht-ICH) zugunsten der ICH-Erhaltung. Eng damit verknüpft ist auch die Befriedigung des ICHs, welches versucht sich in den Dingen zu bestätigen.

Wie entscheide ich mich anders?

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Was ist überhaupt eine echte Alternative zu dieser gesellschaftlich dominierenden Entscheidung? Wovon spricht ein Mystiker eigentlich? Ein Mystiker ist primär niemals an der Theorie interessiert, sondern immer nur an der Praxis. Man kann also Mystik und den Mystiker nicht verstehen, wenn man seine Praxis nicht versteht im Sinne von praktiziert. Allerdings kommt es auch nicht auf die Form der Praxis an, eine häufig systematisierte Praxis ist aber die Meditation und hier insbesondere die gegenstandsfreie. So erkennt der Mystiker die Identifikation mit der Form als Folge der unablässigen Beschäftigung mit eben dieser Form. Durch Geisteskräfte wie der Erinnerung, der Vorstellung, der Emotionen und dem Planen entsteht auf Dauer die Illusion einer Identität mit einer materiellen Form. In der Meditation kann man diesen Prozess aufmerksam verfolgen und die Identifikation löst sich dadurch allmählich auf. Man fügt also überhaupt nichts der Wirklichkeit hinzu, sondern versucht nur diese zu Beobachten. Eine Entscheidung zur Des-Identifikation wäre dagegen wiederum eine Identifikation und führt deshalb zu gar nichts. Die einzige Entscheidung des Mystikers ist also die Entscheidung für die andauernde und ernsthafte Praxis der Achtsamkeit oder der Gegenwärtigkeit. Dies führt zur Aufhebung der Unbewusstheit der Entscheidungen, da diese bewusst werden, sie führt aber nicht zwangsläufig zur Aufhebung der Entscheidungen selbst, aber der Mystiker ist nun frei darin. Die Sicht des Esoterikers ist also die einzige vorurteilsfreie, die einzige objektive, erwachsene und allgemein gültige Sichtweise der Wirklichkeit.

Now what?

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Die Aufhebung der Unbewusstheit der Entscheidungen ist eine Relativierung jedes theoretischen Wissens und jeder theoretisierenden Wissenschaft. Der Mystiker kann heute Physiker sein, und sogar ein sehr guter. Aber er ist sich bewusst, dass diese Art des Wissens nie die Wirklichkeit beschreiben kann, da sie immer nur auf einer bestimmten Sicht beruht. Ähnliches gilt auch für eine Enzyklopädie.

Wikipedia

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Was aber ist nun „die Wirklichkeit“? Nun, sie ist immer und überall vollständig präsent, genau deshalb kann man so schwer darüber theoretisieren, da eine Theorie immer eine Dualität voraussetzt. Ein Esoteriker interessiert sich somit kaum für die Wikipedia, insbesondere für Themen aus dem Bereich „Esoterik“, aber auch viele aus dem Bereich der Religion und Philosophie, da hier ja hemmungslos theoretisiert wird. Deshalb gibt es dort auch keine „esoterische Lobby“. Allerdings gibt es Artikel, die vom Glauben an die zitierten unbewussten Entscheidungen regelrecht beseelt sind und in denen die Theorie, das Abbild volle Kanne und aus tiefster Überzeugung als Wirklichkeit ausgegeben wird, so das es einem Mystiker die Schuhe auszieht. Aber in aller Regel kann er darüber hinwegsehen, wie ein Erwachsener wohlwollend über die gescheiterten Gehversuche des Kleinkindes hinwegsieht, in dem Wissen, dass letztlich jeder die Wirklichkeit erkennt, da es ja nur eine gibt. Ebenso wird sich jedes wissenschaftliche Arbeiten – sofern es frei bleibt seine eigenen Grundlagen undogmatisch zu hinterfragen und an die gewonnenen Erkenntnisse anzupassen – letztlich der mystischen Sicht immer stärker annähern. Viele weitere Aussagen zur Sicht des Mystikers sind möglich, führen aber kaum weiter. Wer die Entscheidung zur ernsthaften und dauerhaften Achtsamkeit nicht trifft, kann auch durch noch soviel Bücher, Artikel, Vorlesungen, Studien und wissenschaftliche Experimente nicht mehr tiefer in sie eindringen.

Was ist dann wichtig?

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Das Leben des Mystikers ist das Leben des wahren Menschen. Er lebt nicht mehr für sich (für das ICH), sondern „Gott lebt in ihm“ wie Paulus es ausdrückt. Er benutzt aber ein ICH als psychisches Organisationszentrum bei Bedarf. Der Mystiker kennt keinen Tod; nichts was wirklich ist, stirbt, nichts was unwirklich ist, besteht. Er weiß immer alles, was er in diesem Moment wissen muss, er bekommt immer alles, was er in diesem Moment benötigt. Die Wissenschaft kann ihm absolut nichts geben, obwohl er ihre theoretische Arbeit auch als große Leistung des menschlichen Geistes anerkennt und auf der Ebene der Form auch meist annimmt, bzw. als Teil der Wirklichkeit sicher nicht pauschal ablehnt. Der Mystiker erkennt die Zeit- und Raumlosigkeit der Wirklichkeit- beides sind nur Resultate des unablässigen Denkens und der Identifikation damit. Trotzdem lebt er auch in der Zeit und lehnt diese nicht ab. Viele einzelne Erkenntnisse der Wissenschaft führen aber nicht zum wahren Wesen, sondern zu einer immer stärkeren Identifikation mit dem ICH und der Materie. Der Mystiker erkennt, dass es nichts zu erreichen gibt; deshalb ist nichts wichtig. Wenn überhaupt etwas, dann ist diese Erkenntnis/Erfahrung wichtig.

Esoterikmarkt

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Im heutigen – wie zu quasi allen Zeiten - „Esoterikmarkt“ gibt es allerdings viele Teilnehmer, die selbst höchstens Ahnungen von der „Nicht-Identifikation“ haben, aber munter Bücher schreiben, Theorien entwickeln und so Geld verdienen. Ein Mystiker kann so was leicht erkennen, die Anderen werden nur verwirrt, denn das Wesentliche, der Kern der Mystik, die Praxis wird somit verpasst oder verdeckt. Ein typisches Beispiel ist Scientology, deren „Kern“ rein theoretisch fundiert ist. Dort wird das ICH gar zum Gott aufgeblasen. Ein Mystiker kann darüber nur den Kopf schütteln.

Religionen

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Die meisten Religionen heute sind rationalisiert und institutionalisiert und somit in die Vorurteilmaschine voll eingebaut. Ein Mystiker lehrt keinen Glauben. Höchstens zur Motivationssteigerung in schwierigen Zeiten kann ein transzendenter Glaube eine Hilfe sein, oder auch zur Einordnung mancher Erfahrungen auf einem mystischen Weg. Als kulturelle Elemente lehnt der Mystiker Religionen aber keinesfalls ab. Ohne eine mystische Praxis verlieren sie aber ihre Berechtigung, da die moderne Wissenschaft ebenso ICH-gläubig ist, aber in diesem Rahmen viel besser Erklärungen produzieren kann, als die Religionen.

Meistens geraten esoterische und naturwissenschaftliche Ansichten nicht in einen Konflikt – zumindest für Esoteriker. Allerdings haben Esoteriker ein komplett anderes Menschenbild, woraus völlig andere Sinn- und Zielvorstellungen im Hinblick auf Gesundheit und Krankheit des Menschen resultieren als in der Biomedizin. Beispielsweise kann „Leiden“ und „Schmerzen“ für den Esoteriker zum wichtigen Anstoß zur Des-Identifikation werden. Sie zu bekämpfen wäre dann eine potentielle Verhinderung des höchsten Zieles, der vollkommenen Erfüllung eines Menschen. Leider wird dieser Hintergrund nur selten von den Leuten begriffen, die „esoterische Lehren“ kritisieren.

Okkultes

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Der Mystiker, also der Mensch, der nicht mehr komplett mit der Form identifiziert ist, hat einen sehr viel einfacheren Zugang zu den nicht-materiellen Phänomenen. Telekinese, Feinstofflichkeit, Präkognition u.v.m. ist für ihn entweder eine offensichtliche Realität oder eine konkrete Erfahrung. Dennoch ist es für ihn völlig uninteressant. Warum das so ist, kann jetzt jeder selbst herausfinden, der bisher aufmerksam gelesen hat oder der - viel besser - eben selbst eine Praxis zur Des-Identifikation beginnt. Ich verspreche jedem den Besitz des ganzen Universums als Belohnung - ohne Witz.

Nachbetrachtung

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Dieser Beitrag ist auch „nur“ Theorie, es ist leicht möglich zu erkennen, ob jemand auch nur „theoretisch“ darauf antwortet oder „wirklich“ was zu sagen hat. Wichtiger als alles andere ist die Praxis. Aus den genannten Gründen nehmen Esoteriker die Wikipedia zu esoterischen Themen nicht sonderlich ernst. Wenn aber diese Artikel die mystische Erfahrung als formende, grundlegende Realität nicht ernst nehmen, macht sich Wikipedia lächerlich. Eine rein auf wissenschaftlichen, seriösen Quellen basierende Darstellung wird in der Regel kein Esoteriker beanstanden.

Esoterik - Ein Experiment

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Jemand fragt dich: "wie geht es deiner rechten Hand?" Zum Verständnis der Frage und zum Geben einer Antwort muss man natürlich verschiedene kognitive Fähigkeiten benutzen. Man kann die Frage aus dem Gedächnis beantworten: "eben gings noch gut..." oder man begutachtet die Hand visuell und legt allgemeine Wertmaßstäbe an - grob gesagt die Empirie und Theorie wie in der Wissenschaft. Man kann aber auch nach dem Verständnis der Frage die Aufmerksamkeit einfach auf das Fühlen der Hand richten und sie komplett von den kognitiven Fähigkeiten abziehen. der Zweck dieser Übung entzieht sich naturgemäß dem Verstand, da er hier keinen Inhalt hat um sich zu beschäftigen. Deshalb verlieren die meisten Menschen schnell das Interesse am Fühlen. Doch was ist die Antwort auf die Frage, wenn man ausdauernt "fühlt"? Zunächst ist da ja keine Symbolik, keine Theorie und keine Wertung. Das wird erst wieder von der Kognition hinzugefügt. Trotzdem entwickelt sich dahinter eine ganz neue Ebene der Erfahrung, die weit über das Empfinden der Hand hinaus geht, man muss nur die Aufmerksamkeit ähnlich konsequent von der Kognition abziehen wie man sie bisher ihr geschenkt hat. Grob in Begriffe gefasst steht hinter der Erfahrung des Fühlens die Erfahrung des Seins und dahinter die Erfahrung des Nicht-Sein. Aber das ist bedeutungslos, man tut es oder man tut es nicht. "Wie geht es deiner rechten Hand?" kann also zum Schlüssel zum Verständnis des Universums werden, wie man diese Erfahrung dann wieder in Worte fasst ist völlig unerheblich.