Die Topologische Quantenfeldtheorie ist eine Axiomatisierung der Quantenfeldtheorie , welche die Quantenphysik mit der Topologie verknüpft. Genauer untersucht sie topologische Invarianten von Quantenfeldtheorien auf Mannigfaltigkeiten mit nichttrivialer Topologie . Sie ist metrikunabhängig, das heißt, dass sie auf jeder Metrik definierbar ist. Ihre Konstruktion ist analog zur Konstruktion der topologischen Stringtheorie.
Geschichte
BearbeitenErste Ansätze einer Vereinigung der Topologie mit der Physik stammen von Edward Witten, der geometrische und topologische Eigenschaften der Supersymmetrie untersuchte. Er erkannte, dass der Hamilton-Operator eines Teilchens auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit mit dem Hodge-Laplace-Operator gleichzusetzen ist. In dieser Theorie stellen die Differentialformen vereinfacht gesagt Bosonen oder Fermionen dar. Mit dieser Beschreibung ließ sich z.B die Morsetheorie herleiten (Witten interpretierte die Supersymmetrie geometrisch).
Mit diesem Modell als Anfang versuchte Witten nun auch supersymmetrische Feldtheorien entsprechend zu entwerfen. Solche Quantenfeldtheorien werden als die Differentialgeometrie von bestimmten unendlichdimensionalen Mannigfaltigkeiten verstanden, welche die damit verbundene Analysis (siehe Hodge-Theorie) und Topologie (siehe Bettizahlen) enthält.
Mit diesen Verbindungen zwischen Topologie und Physik lassen sich viele Aussagen und Vermutungen treffen. Dies führte zum Beispiel zu Ergebnissen im Bereich "elliptische Kohomologie" und zur Entwicklung eines neuen mathematischen Zweiges, der Topologischen Quantenfeldtheorie.
Axiomatische Definition
BearbeitenAxiomatische Ansätze zur Charakterisierung topologischer Quantenfeldtheorien stammen größtenteils von Michael Francis Atiyah, der durch frühere, bereits bekannte, Axiome für konforme Feldtheorien und die (oben erwähnte) geometrische Interpretation der Supersymmetrie Edward Wittens inspiriert wurde. Die Idee ist, dass eine topologische Quantenfeldtheorie (man wird weiter unten sehen, dass es mehrere Arten von ihnen gibt) ein Funktor einer gewissen Kategorie von Kobordismen in die Kategorie der Vektorräume ist.
Sei ein kommutativer Ring mit 1 (es gilt oder ). Die Axiome einer topologischen Quantenfeldtheorie der Dimension über basieren auf folgenden Objekten:
- Ein endlich erzeugter -Modul in Verbindung mit jeder orientierten geschlossenen glatten d-dimensionalen Mannigfaltigkeit ,
- Ein Element in Verbindung mit jeder orientierten glatten (d+1)-dimensionalen Mannigfaltigkeit (mit dem Rand) .
Die Axiome folgen aus den gegebenen Grundbedingungen:
- ist eine funktorielle Abbildung in Bezug auf die Orientierung mit der Erhaltung des Diffeomorphismus von und ,
- ist involutorisch,das heißt = , wobei mit einer entgegengesetzten Orientierung ist und den dualen Modul bezeichnet,
- ist multiplikativ.
Die folgenden zwei Axiome wurden von Atiyah im Nachhinein ergänzt:
- = für eine d-dimensionale leere Mannigfaltikeit und für die (d+1)-dimensionale leere Mannigfaltigkeit.
- = .Äquivalent dazu, ist die Zerlegung von
Beispiele
BearbeitenChern-Simons-Theorie
BearbeitenDie Chern-Simons-Theorie ist im Kontext der topologischen Quantenfeldtheorie der einfachste Fall einer nicht-perturbativen topologischen Feldtheorie. Im Allgemeinen bietet sie das Wirkungsfunktional, welches zur Definition von Chern-Simons-Invarianten und zum Studium von Zusammenhängen auf Prinzipalbündeln verwendet wird. Sie bietet einen feldtheoretischen Rahmen zur Beschreibung dreidimensionaler Knoten und Verschlingungen und hat eine abelsche und eine nicht-abelsche Form. Ihre abelsche Form ist durch die Wirkung
definiert und bietet eine Interpretation der Verschlingungszahlen und Verwringungszahlen. In nicht-Abelschen Theorien stellen die Vakuumerwartungswerte bestimmter Operatoren, der sog. Wilson-Loop-Operatoren, topologische Knoteninvarianten dar, z.B. das Jones-Polynom, dessen Gestalt den Reidemeister-Bewegungen entspricht, und liefern eine explizite Berechnungsmethode für diese Invarianten.[1]
BF-Theorie
BearbeitenEine weitere topologische Quantenfeldtheorie stellt die BF-Theorie dar, sie ist exakt (also nicht perturbativ) lösbar und in jeder Dimension formulierbar. Ihre Wirkung ist folgendermaßen definiert.
,
Gegeben sei ein Zusammenang auf dem Prinzipalbündel über der Mannigfaltigkeit und sei die Eichgruppe . Ziel ist es, zu versuchen, sich daraus eichinvariante Lagrange-Funktionen herzuleiten. Die Krümmung ist gegeben durch
Durch diesen Umstand erhält man Lagrangefunktionen in verschiedenen Dimensionen. Aber es gibt eine Möglichkeit, die in jeder Dimension funktioniert.
Sei eine Mannigfaltigkeit mit Metrik, und sei die Metrik mit der Prinzipalbündelstrukur verträglich. Da die Mannigfaltigkeiten in diesem Kontext orientierbar sind, ist es möglich, einen Hodge-Stern-Operator * definieren.
Wenn eine 2-Form ist, muss eine (n-2) Form sein. Wenn mit verzwängt wird, erhält man die n-Form , und so eine n-Form ist das, was für die Lagrange-Funktion gefordert wurde. Da die Metrik mit der -Wirkung verträglich ist, bildet auf ab, sodass wirklich eine eichinvariante Lagrangefunktion ist. Wenn die Raumzeit ist, nennt man dies Yang-Mills-Theorie.
Da vor allem die Wirkung von Interesse ist, welches das Integral über von der Lagrange-Funktion ist, neutralisiert sich die Orientierung von , sie erscheint einmal in * und einmal im Integral. Also muss nur die Mannigfaltigkeit orientierbar sein; um die Wirkung zu definieren braucht man die Orientierung nicht.
Dies zeigt sich zum Beispiel beim Elektromagnetismus, dem berühmtesten Beispiel einer Yang-Mills-Theorie, sie hängt nicht von der Orientierung der Raumzeit ab. Nun kann man diese Methode im Allgemeinen mit jeder -Form anstelle von anwenden, solange es richtig unter der Wirkung von g wirkt. Anders gesagt, eine -wertige p-Form ist eine lokal g-wertige g-Form, auf der g bei Konjugation wirkt. Beispielsweise ist eine -wertige 2-Form, weil es eine lokal g-wertige p-Form ist, welche von zu abbildet.
Mit oder ohne Metrik, wenn man eine -wertige -Form hat, erhält man eine eichinvariante Lagrangefunktion mit . Dieser Ansatz heißt BF-Modell, das BF steht für background field (deutsch: Hintergrundfeld).
Wittensche Feldtheorien
BearbeitenDie Donaldson-Theorie ist eine der wichtigsten Vertreter der Wittenschen Feldtheorien. Sie bietet eine Möglichkeit zum Studium 4-dimensionaler, glatter Mannigfaltigkeiten. Wichtig sind hier Seiberg-Witten-Invarianten.
Die erste Version einer solchen Feldtheorie wurde von Edward Witten 1988 in Form einer topologischen Yang-Mills-Theorie veröffentlicht. Da sein Wirkungsfunktional die Metrik gαβ, besitzt, erweist sie sich nach einem "topologischen Twist" (siehe Topologische Stringtheorie) als metrikunabhängig. Die Unabhängigkeit des Energie-Impuls-Tensors Tαβ des Systems der Metrik hängt davon ab, ob der sogenannte BRST-Operator geschlossen ist. Solche Operatoren sind Elemente aus der Quantenfeldtheorie, genauer gesagt der Methode der BRST-Quantisierung, welche ein mathematischer Ansatz zur Quantisierung eichsymmetrischer Felder ist (damit sind nicht Eichfelder gemeint !).
Auch die Wittenschen Feldtheorien müssen gewissen Grundaxiomen genügen:
- 1 Die Wirkung der Theorie genügt einer Symmetrie, das heißt, wenn eine Symmetrietransformation bezeichnet (zum Beispiel eine Lie-Ableitung), dann bleibt
- 2.Die Symmetrietransformation ist exakt, das heißt
- 3. Es gibt Observablen welche für alle genügen.
- 4. Der Energie-Impuls-Tensor ist in der Form für einen beliebigen Tensor gegeben.
Metrikunabhängigkeit
BearbeitenDie Topologische Quantenfeldtheorie ist gegenüber der Metrik und Koordinatentransformationen der Raumzeit invariant, das heißt, dass sich zum Beispiel die Korrelationsfunktionen der Feldtheorie bei Veränderungen der Raumzeit-Geometrie nicht ändern. Deshalb sind topologische Feldtheorien auf klassischen Minkowski-Räumen aus der Speziellen Relativitätstheorie und der Elementarteilchenphysik nicht besonders nützlich.
Da der Minkowski-Raum aus topologischer Sicht ein kontrahierbarer Raum ist, sind sämtliche topologischen Invarianten trivial. Daher werden topologische Feldtheorien meistens nur auf gekrümmten Riemannschen Flächen bzw. auf gekrümmten Raumzeiten mit n<5 Dimensionen verwendet, da höherdimensionale Theorien noch nicht verstanden sind. Dies ist demnach eine Quantenfeldtheorie auf gekrümmter Raumzeit.
Da man vermutet, dass Theorien der Quantengravitation in Bezug auf die Metrik hintergrundunabhängig sein müssten und die topologische Quantenfeldtheorie, wie bereits erwähnt,diese Anforderung erfüllt, hat diese Forschungsrichtung großen Zuwachs an Untersuchungen und Aufmerksamkeit bekommen.
Literatur und Hinweise
Bearbeiten- Michael Atiyah: New invariants of three and four dimensional manifolds. In: Proc. Symp. Pure Math. Band 48. American Math. Soc., 1988, S. 285–299.
- Michael Atiyah: Topological quantum field theories. In: Publications Mathématiques de l'IHÉS. Band 68, 1988, S. 175–186, doi:10.1007/BF02698547 (online [PDF]).
- http://www.spektrum.de/lexikon/physik/topologische-quantenfeldtheorie/14614
- http://math.ucr.edu/home/baez/qg-fall2000/qg2.2.html
- http://attach3.bdwm.net/attach/0Announce/groups/GROUP_3/PhysicsReview/DBE1017AF/DB8E8A0BC/DB9F04AC2/M.1150978382.A/TQFT.pdf
Kategorie:Quantenfeldtheorie Kategorie:Topologie
- ↑ Die Entwicklung eines Knotens in vierdimensionaler Raumzeit (oder allgemeiner einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit) ist auch durch den Formalismus des Kobordismus gegeben. Sei ein Knoten zum Zeitpunkt und der Knoten zum Zeitpunkt , so ist die Weltfläche dieser Knoten ein Knotenkobordismus, also können die Knoten als dessen Ränder aufgefasst werden: . Mathematischer gesprochen gibt es einen Operator, der von abhängt und den Hilbertraum von A in den Hilbertraum von B abbildet. Dieser Operator hängt nur von der Topologie von ab, nicht von seinen geometrischen Details.