Das bekannte Taxon „Reptilien“ beinhaltet zwar einen gemeinsamen Vorfahren, enthält aber nicht alle Nachkommen dieses gemeinsamen Vorfahren und bildet somit eine paraphyletische Gruppe.

Mit dem Begriff Paraphylum wird in der Biologie eine Gruppe von Lebewesen bezeichnet, deren Angehörige zwar einen gemeinsamen Vorfahren teilen, die aber nicht alle Nachfahren dieses gemeinsamen Vorfahren beinhaltet somit handelt es sich bei paraphyletischen Gruppen um unvollständige Abstammungsgemeinschaften und nicht um monophyletische Verwandtschaftsgruppen.[1] Früher wurden in der Systematik der Biologie oftmals Gruppen verwendet, welche heute als paraphyletisch gelten und ihre taxonomische Bedeutung größtenteils verloren haben (z. B. „Fische“) oder das von Sir Richard Owen beschriebene Taxon der „Echsen“ (lat. Lacertilia). Im englischen werden paraphyletische Gruppen auch als "grades" bezeichnet oftmals solchen gegenübergestellt, welche monophyletisch sind und "clades" genannt werden.

Beispiele

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Ein Beispiel für eine paraphyletische Gruppe ist beispielsweise das populäre TaxonReptilien“. Alle Reptilienarten besitzen einen gemeinsamen Vorfahren. Allerdings sind auch Vögel aus „Reptilien“ entstanden, da Dinosaurier, die Vorfahren der Vögel, auch als Reptilien angesehen werden. Daher enthält das Taxon der „Reptilien“ zwar einen gemeinsamen Vorfahren, jedoch nicht alle Nachfahren dieses gemeinsamen Vorfahren. Sie bilden lediglich eine unvollständige Abstammungsgemeinschaft. Das Taxon Sauropsida ist hingegen monophyletisch, da es sowohl die als „Reptilien" bezeichneten Tiere als auch die Vögel, welche aus einem Zweig der „Reptilien“ hervorgegangen sind, enthält. Obwohl oft Gruppen paraphyletisch sind, kann es auch passieren, dass Paraphylie in einer Gattung von Lebewesen vorkommt, wie z.B. bei der Pflanzengattung der Hortensien.[2] In solchen Fällen wird das betroffene Taxon aufgegeben und meistens nur noch informell verwendet. Anders als bei einer polyphyletischen Gruppe liegt jedoch ein ursprüngliches Merkmal eines gemeinsamen Vorfahren vor, welches im Laufe der Evolution dieser Arten erhalten blieb. Sowohl bei polyphyletischen als auch bei paraphyletischen Gruppen liegen meistens jedoch Symplesiomorphien vor, wenn zwei Taxa ursprünglich gleiche Merkmalsausprägungen besitzen. In der Taxonomie können paraphyletische Gruppen problematisch sein, da man nicht auf präzise Weise auf die Phylogenie oder die verwandtschaftlichen Beziehungen von Vertretern des Taxons schließen kann.[3] Aus diesem Grund werden paraphyletische Gruppen heute nicht mehr in der Taxonomie, sondern hauptsächlich lediglich noch informell verwendet. Weitere Beispiele für paraphyletische Gruppen sind beispielsweise die „Fische“ oder die „Echsen“.

 
Das Taxon „Reptilien“ gilt als paraphyletisch, da es nicht die Vögel mit einschließt, deren Vorfahre ein Dinosaurier und somit ein „Reptil“ war und es somit keine geschlossene (monophyletische) Abstammungsgemeinschaft darstellt.
  1. Keith Roberts: Handbook of Plant Science. John Wiley & Sons, 2007, ISBN 978-0-470-05723-0 (google.de [abgerufen am 10. Juni 2021]).
  2. Marie-Stéphanie Samain, Stefan Wanke, Paul Goetghebeur: Unraveling Extensive Paraphyly in the Genus Hydrangea s. l. with Implications for the Systematics of Tribe Hydrangeeae. In: Systematic Botany. Band 35, Nr. 3, 1. September 2010, S. 593–600, doi:10.1600/036364410792495827 (ingentaconnect.com [abgerufen am 17. Juli 2021]).
  3. Theresa Schilhab, Frederik Stjernfelt, Terrence Deacon (Hrsg.): The Symbolic Species Evolved. Springer, Heidelberg, London, New York 2012, ISBN 978-94-007-2335-1 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2021]).