Benutzer:Jan.x.fricke/Wartezeitparadoxon
Das Wartezeitparadoxon ist ein Paradoxon aus der Warteschlangentheorie, einem Teilgebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie. In der englischen Literatur wird es nach einem häufig verwendeten Beispiel auch hitchhiker’s paradoxon genannt (von engl. hitchhiker - Tramper/Anhalter).
Anschauliche Formulierung
BearbeitenWenn Busse im Durchschnitt alle Minuten fahren, erwartet man bei zufälliger Ankunftszeit an der Bushaltestelle intuitiv eine Wartezeit von Minuten. Das ist jedoch nur korrekt, wenn die Busse genau alle Minuten kommen. Je stärker die Abstände variieren, desto länger wird die zu erwartende Wartezeit, da es wahrscheinlicher ist, einen längeren Abstand zwischen zwei Bussen zu haben als einen kurzen.
Mathematische Formulierung
BearbeitenSind die Abstände zwischen zwei Ereignissen unabhängig und gleich verteilt mit Erwartungswert und Streuung , so beträgt der Erwartungswert der Zeit von einem zufälligen Zeitpunkt bis zum Eintreffen des nächsten Ereignisses fast sicher .
Mathematische Herleitung
BearbeitenDie Zufallsgrößen seien die Abstände zwischen zwei Ereignissen. Dann dauert es bis zum Eintreffen des -ten Ereignisses. Beginnt die Wartezeit zwischen dem -ten und -ten Ereignis, so fällt die Wartezeit linear von auf . Der Erwartungswert der Wartezeit beträgt somit
Bildet man nun den Grenzwert , so konvergiert der Zähler nach dem schwachen Gesetz der großen Zahlen fast sicher gegen und der Nenner gegen . Der Erwartungswert beträgt folglich:
Der Erwartungswert ist also stets größer als , außer für . Insbesondere kann der Erwartungswert unendlich werden, wenn .
Beispiele
Bearbeiten- Kommen die Busse exakt im Abstand , dann ist und somit beträgt der Erwartungswert der Wartezeit .
- Kommen die Busse mit Wahrscheinlichkeit im Abstand und mit Wahrscheinlichkeit im Abstand , so ist und , somit ist der Erwartungswert der Wartezeit .
- Sind die Abstände gleichverteilt in , so ist . Also beträgt der Erwartungswert der Wartezeit .
- Sind die Abstände exponentialverteilt mit Parameter , so ist . Somit ist der Erwartungswert der Wartezeit , d.h. obwohl die Busse im Durchschnitt alle Minuten kommen, muss man trotzdem im Durchschnitt Minuten warten! (Siehe Abschnitt Poisson-Prozess.)
- Sind die Abstände mit Wahrscheinlichkeit für , dann ist , aber . Also: Obwohl im Durchschnitt alle 4 Minuten ein Bus fährt ist der Erwartungswert der Wartezeit unendlich groß.
Poisson-Prozess
BearbeitenOftmals wird das Wartezeitparadoxon nur für Poisson-Prozesse beschrieben, wo es eine natürlichere Erklärung für das Paradoxon gibt.
Beim Poisson-Prozess sind die Abstände zwischen zwei Zuwächsen exponentialverteilt (siehe Beispiel oben), also stimmt der Erwartungswert der Wartezeit mit dem Erwartungswert der Abstände überein. Dies liegt an der Homogenität des Poisson-Prozesses, m.a.W. der Erwartungswert der Wartezeit ist unabhängig davon, wann der letzte Bus gefahren ist. Insbesondere bekommt man diesen Erwartungswert, wenn der Bus gerade abgefahren ist, und in diesem Augenblick ist die Wartezeit der Abstand zum nächsten Bus. Somit stimmen die Erwartungswerte überein.
Dieses Paradoxon gibt es auch im diskreten Modell, nämlich beim Würfeln. Im Durchschnitt muss man 6 mal Würfeln um eine Sechs zu bekommen. Es ist jedoch egal, wie oft man es schon versucht hat, man muss im Durchschnitt immer noch mal 6 mal würfeln.