Hofämter
BearbeitenTruchsess, Kämmerer, Mundschenk, Marschall, Hofmeister, Meier, Kanzler, Brotmeister, Kaplan,
Kaiser, Könige, Fürsten, Bistümer und Klöster hielten sich solche Amtsträger, was die große Zahl der Familien erklärt, die den Titel im Namen führen.
Geschichtliche Entwicklung
BearbeitenMerowinger
BearbeitenKarolinger
BearbeitenZum Gefolge zählten ein Kämmerer, dessen Aufgabe darin bestand, den Königsschatz und die Einkünfte des Königs zu verwalten, und der Marschall, der die berittenen Krieger der Königswache befehligte. Ein Geistlicher war ebenfalls anwesend und leitete die Kanzlei. Er las dem König die Briefe anderer Herrscher oder von Bischöfen vor, verfasste die Antwortschreiben und ließ durch die ihm unterstehenden Hofgeistlichen die Schenkungs- und andere königliche Urkunden verfassen.
Ostfranken
Bearbeitenan 962
Im Mittelalter nahmen die Kurfürsten meist noch persönlich an der Zeremonie teil, nach der Reformation allerdings – da im Rahmen der Krönung eine katholische Messe stattfand – ließen sich die weltlichen Kurfürsten fast nur mehr von bestimmten Adelsfamilien vertreten. Die symbolischen und zeremoniellen Aufgaben der Erzämter bei offiziellen Anlässen, etwa bei der Krönung der römisch-deutschen Könige und Kaiser, wurden daher schon früh als – dem jeweiligen Erzamt entsprechendes – Erbamt an bestimmte Adelsfamilien in Stellvertretung der Kurfürsten erblich übertragen, die als Inhaber der „Erzerbämter“ bezeichnet wurden. Im Lauf der Zeit gaben auch diese Familien gelegentlich ihr Amt weiter, so dass es dann bei der Krönungszeremonie von Stellvertretern der Stellvertreter ausgeübt wurde. Über die Pendants zu den Erzämtern hinaus gab es auch noch weitere zeremonielle Erbämter.
Ausgehend von den drei rheinischen Kurfürsten etablierten sich an fast allen anderen fürstlichen Höfen diese Ämter in Unterschiedlicher zahl und Bedeutung.
Aufgaben und Bedeutung der jeweiligen Hofämter
BearbeitenTruchseß
Bearbeitenauch Seneschalk/ Seneschall, (mittellateinisch senescalus frz senechal Drost, nahm eine herrausragendde Stellung ein. hoher Amtsträger am fränkischen Hof des Frühmittelalters und feudalen Fürstentümern.des Hoch und Spätmittelalters oberster Representant der kgl fsl Gewalt.
Im Frankenreich: ursprüngliche Bedeutung Altknecht. er war für die allgemeine Hofverwaltung . Planung, Versorgung und Aufsicht über das Personal zuständig.
Der Truchsess (lat. Dapifer), eigentlich Speiseträger, Vorschneider, war verantwortlich für die fürstliche Tafel und die Ernährung der Gäste und Gefolgschaft und hatte das Gebot über Mägde und Knechte. Mit der Zeit wurde das Amt eher zeremoniell und war jedoch außerhalb von Zeremonien wie Krönungen nicht mit tatsächlicher Tätigkeit verbunden. Diese Aufgabe er füllten dann Küchenmeister, Köche und Diener.
Einige der genannten Familien haben den ursprünglichen Titel weiter fortgeführt, auch lange nachdem sie dieses Amt bekleideten. Weitere Familien haben ihren Familiennamen beibehalten und Truchseß nur als weiteren Namensbestandteil geführt. Bei manchen Familien wechselt mit der Zeit die Verwendung. So nutzten Mitglieder der Familie Waldburg über die Jahrhunderte den Titel Truchsess manchmal als Namensbestandteil und manchmal in ihrem Herrschaftsgebiet sogar unter Wegfall des eigentlichen Familiennamens, wenn keine Verwechslungen mit weiter entfernt lebenden Familien möglich waren.
Eine Vielzahl von deutschen Adelsfamilien führt den Namen Truchseß, in der Regel leiten alle diese Familien ihren Namen von dem Hofamt des Truchsess her. Die nachfolgend aufgezählten Familien führen zur Unterscheidung meist den Stammsitz oder ihre Herkunft zusätzlich hinter dem Truchseß-Titel.
Aufgaben wurde später vom Küchenmeister abgeben.
siehe Liste der nur zusätzlich den Erbtruchseßtitel führenden Familien
Marschall
BearbeitenIn der Goldenen Bulle wird der Kurfürst von Sachsen als Reichs-Erzmarschall (Archimarescallus) benannt. Er war bei zeremoniellen Gelegenheiten der Träger des Reichsschwertes. Sein Amtszeichen, das er auch im Wappen führte, waren zwei gekreuzte rote Schwerter. Die Stellvertretung war erblich als Reichserbmarschall (Vicemarescallus) an die Grafen von Pappenheim gebunden. Waren beide Ämter im Hochmittelalter noch mit realer Funktion als Befehlshaber des gesamten Reichsaufgebots versehen, so hatten sie spätestens seit der Renaissance lediglich zeremonielle Aufgaben bei Kaiserkrönungen und Reichstagen zu erfüllen.
(General)Feldmarschall, Hofmarschall, Landmarschall, Adelsmarschall
siehe Liste der den Marschallstitel als Bestandteil des Familiennamens führenden Familien
Kämmerer
BearbeitenDas Wort geht auf das Hof- und Klosteramt des Camerarius und das Erzamt des Archicamerarius zurück und stammt vom etymologisch lateinischen Begriff camera (deutsch Kammer), speziell Schatzkammer, ab. Siehe dazu auch Kammerherr als Schlüsselverwalter der Gemächer.
Im Mittelalter wurde damit ein Bediensteter fürstlicher Höfe oder der Inhaber eines Klosteramts bezeichnet, im Sinne eines Finanzbeamten. Der Kämmerer war eines der alten Hofämter. Später verlor er diese Funktion an den Schatzmeister. Der Landeskämmerer war in einigen Gegenden eine obrigkeitliche Person, die für die herrschaftlichen Einnahmen einer ganzen Provinz verantwortlich war.
Die Hofämter am Hof des römisch-deutschen Kaisers hatten sich aus den merowingischen Hausämtern entwickelt und wurden seit dem 10. Jahrhundert nur noch von bedeutenden Reichsfürsten ausgeübt, wobei sie in der Praxis immer mehr symbolischer Natur wurden, während die ursprüngliche Funktion fast ganz verloren ging. Die bedeutendsten von ihnen wurden später als „Erzämter“ mit der Kurwürde verbunden.
Die Erzkämmerer der römisch-deutschen Kaiser führten im Wappen das Reichszepter. Bei einer Krönung trugen sie es dem neugekrönten König voran. Beim Krönungsmahl des Heiligen Römischen Reiches mussten sie außerdem dem König eine Schale Wasser und ein Tuch zum Händewaschen reichen. Diese symbolische Aufgabe wurde in späterer Zeit von Stellvertretern durchgeführt (siehe Erbamt). Der Erzkämmerer des Reiches war der Markgraf von Brandenburg.
Mundschenk
Bearbeitenvom mittellateinischen pincerna, buticularius, scanic, althochdeutsch scenko. seit der Zeit der germanischen Königshöfe zur Zeit der Völkerwanderungs nachweisbar.
Versorgung der kgl Tafel mit Getränken.
In der Regel leiten die Schenk-Familien ihren Namen von dem Hofamt her. Die nachfolgenden Familien führen zur Unterscheidung meist den Stammsitz oder ihre Herkunft zusätzlich hinter dem Schenken-Titel.
Das Schenkenamt der Mark Brandenburg hatten von ca. 1351 bis zu ihrem Aussterben (ca. 1615) die Familie Schenk von Lützendorf als erbliches Hofamt inne. Die von Lützendorf kamen vermutlich mit den bayerischen Markgrafen (Ludwig der Römer) in die Mark Brandenburg. Der letzte dieses Stammes war Daniel Erbschenk von Lützendorf auf Klein Schwechten/Altmark. Ab 1616 ging das Erbschenkenamt der Mark Brandenburg an die Familie von Hake (Daniels Mutter war Emerentia von Hake).
Das Adelsgeschlecht der Schenken von Stauffenberg stellte im 13. Jahrhundert die Mundschenke der Grafen von Zollern.
In Hessen existierte bis 1918 ein erbliches Schenkenamt, das die Familie Schenck zu Schweinsberg seit 1129 innehatte. Der Ehrentitel „Erbschenk in Hessen“ wird bis heute von dem Oberhaupt der Familie geführt. Bereits im Jahr 1241 wird ein Ritter namens Guntramus pincerna (Schenk) mit dem „Sigillum Pincerne de Svennesberc“ als Schenk des Grafen Berthold von Ziegenhain, seit 1249 auch Schenk der Landgräfin Sophie von Thüringen erwähnt.
In Thüringen führte Landgraf Ludwig III. die Hofämter ein. In einer landgräflichen Urkunde erscheinen am 9. Juni 1178 erstmals die vier Erzämter: Schenk (pincerna), Truchseß (dapifer), Marschall (marscalcus) und Kämmerer (camerarius).
siehe Liste der den Schenkentitel als Bestandteil des Familiennamens führenden Familien
Hofmeister
Erz(hof)ämter des Heiligen Römischen Reiches
BearbeitenDie wichstigsten Hofämter waren der Erz-Marschall, Erz-Truchseß, Erz-Kämmerer und Erz-Mundschenk. Ihre aufgaben wurden im 10 Jahrhundert noch von den jeweilgen Herzögen des Reiches wahrgenommen. Erblich wurden diese erst im 13 Jarhundert. Siehe Sachsenspiegel. Ihre Stellvertreter waren; Erbtruchseß waren die von Waldburg, Erbschenk die Schenken von Limpurg, Erbmarschall die von Pappenheim und Erbkämmerer die von Bolanden-Falkenstein.
Als der sächsische Herzog Heinrich I. am 12. März 919 in Fritzlar zum König des Ostfrankenreiches gewählt wurde, erscheinen bei dem anschließenden Krönungsmahl in der Pfalz erstmals die Erzämter des Reiches:
Unter Kaiser Karl IV. wurde in der Goldenen Bulle von 1356 folgende Verteilung der wichtigsten Hofämter Erzämter festgelegt. Die sogenannten Erzämter waren:
Erztruchsess (→Truchsess) – Archidapifer, seit ___der Pfalzgraf bei Rhein, Amtszeichen: goldener Reichsapfel in rotem Feld.
Erzmarschall (→Marschall) – Archimareschallus, seit ___der Herzog von Sachsen, Amtszeichen: zwei gekreuzte rote Schwerter (Reichsrennfahne).
Erzkämmerer (→Kämmerer) – Archicamerarius, seit ___der Markgraf von Brandenburg, Amtszeichen: goldenes Reichszepter in blauem Feld.
Erzschenk (→Mundschenk) – Archipincerna seit ___der König von Böhmen
Erzkanzler (→Reichserzkanzler) für jeweils einen der drei Reichsteile:
- der Erzbischof von Mainz für das „Reich der Teutonen/Deutschen“ – Archicancellarius per Germaniam,
- der Erzbischof von Köln für Reichsitalien – Archicancellarius per Italiam,
- der Erzbischof von Trier für Burgund (d. h. das 1033 ans Reich gefallene Königreich Arelat an der Rhone mit der Hauptstadt Arles) – Archicancellarius per Galliam.
- Siehe auch: Erzkanzler (Frankenreich) für die karolingischen Erzkanzler.
mit ihnen war die Kurwürde im Alten Reich verbunden.
Neben diesen höchsten Ämtern treten im späten Mittelalter weitere erbliche Ehrenämter fürstlicher und gräflicher Dynastien Sie symbolisieren die Königsnähe des Würdenträgers ebenso wie in ihrer Gesamtheit die Einheit des Reiches.
Erzjägermeister (→Jägermeister) – Archive... , seit ____ die Markgrafen zu Meißen verfügte nicht über die Kurwürde.
Erbannerträger Reichsbannerträgers die Herzöge von Württemberg das Amt des inne. Damit war jedoch erst ab 1692 eine Kurwürde verbunden, die der Herzog von Braunschweig-Lüneburg innehatte.
Erweiterung der Erzämter
BearbeitenErzschatzmeister (→Schatzmeister) – Archithesaurarius, 1623 der Herzog von Bayern anstelle des Pfalzgrafen bei Rhein, der 1648 das neugeschaffene Amt des Erzschatzmeisters erhielt,
Amtszeichen: goldene Reichskrone in rotem Feld.
1692 der Herzog von Braunschweig-Lüneburg (Hannover) als
Mit dem Erzschatzmeister erhielten die Pfalzgrafen im Westfälischen Frieden zusammen mit der neu geschaffenen achten Kur auch das Amt . wurden auch neue Erzämter geschaffen. den Erweiterungen des Kurfürstenkollegiums. Nachdem 1623, im Dreißigjährigen Krieg, die pfälzische Kurwürde mit dem Erztruchsessenamt auf die Herzöge von Bayern übertragen worden war.
siehe auch Symbolische Verrichtung der Erzämter
Kategorie historische Amtsbezeichnung Liste Hofämter Liste Namensbestandteil
Erz-Erbämter des Heiligen Römischen Reiches
BearbeitenEin Erbamt war im Heiligen Römischen Reich ein Hofamt, das Adelige bei offiziellen, insbesondere zeremoniellen Anlässen (etwa Krönungen) ausübten. Die Hofämter am Hof des Kaisers hatten sich aus den merowingischen Hausämtern entwickelt und wurden seit dem 10. Jahrhundert nur noch von bedeutenden Reichsfürsten ausgeübt, wobei sie in der Praxis immer mehr symbolischer Natur wurden, während die ursprüngliche Funktion fast ganz verloren ging. Die bedeutendsten von ihnen wurden später als „Erzämter“ mit der Kurwürde verbunden, also von den Kurfürsten ausgeübt. Die Hofämter des Reiches waren bei den weltlichen Kurfürsten schon früh erblich und bei den geistlichen an den jeweiligen Bischofsstuhl gebunden, ihre Verwaltung und praktische Ausübung in Stellvertretung des kurfürstlichen Inhabers (z. B. bei der Krönung der römisch-deutschen Könige und Kaiser) wurde hingegen niederrangigeren Adligen als „Erbamt“ übertragen. Diese Stellvertretung hatten die Kaiser ursprünglich nur auf Lebenszeit vergeben, doch seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts wurde sie ebenfalls erblich. Die Erbämter des Reiches waren allerdings zahlreicher als die Erzämter.
Zuletzt hatten folgende Familien die Ämter inne:
- Erbtruchsessenamt: zunächst die Grafen von Nordenberg, dann die Grafen Truchsess von Waldburg
- Erbküchenmeisteramt: die Grafen Truchsess von Waldburg
- Erbmarschallamt: die Grafen von Pappenheim
- Erbkämmereramt: Grafen von Hohenzollern, davor die Herren von Weinsberg und die Grafen von Falkenstein
- Erbschenkamt: die Grafen zu Limpurg, bis 1713. Nach dem Erlöschen dieser Familie wurden die österreichischen Grafen von Althan mit diesem Amt beliehen.
- Erbjägermeisteramt: die Grafen von Schwarzburg bis 1708
- Erbbanneramt: die Herzöge von Württemberg
- Erbschatzmeisteramt: die Grafen zu Sinzendorf
- Erbstallmeisteramt: die Grafen von Schwarzburg
- Erbtürhüteramt: die Grafen von Werthern
- Erbgeneral- oder Oberpostmeisteramt im römischen Reich und in den Niederlanden: die Grafen von Thurn und Taxis
- Das kaiserliche Obrist-Hof- und Feldpostamt: die Grafen von Paar
- Das Recht der Vorstreit zwischen Rhein und Weser: die Grafen von Werl-Arnsberg, zuletzt an das Haus Nassau.
Diese Familien führten meist das Symbol ihres Amtes im Wappen.
Zeremonielle Aufgabe und Bedeutung der Erz-Erbämter
BearbeitenBei der Krönung eines Kaisers oder Römischen Königs hatten Vertreter dieser Familien in Stellvertretung der Kurfürsten die Insignien zu tragen und vor bzw. beim anschließenden Krönungsmahl symbolische Handlungen zu vollziehen:
- Der Erbmarschall trug das Reichsschwert und ritt beim Krönungsmahl mit seinem Pferd in einen aufgeschütteten Haferhaufen, der dem Pferd bis zum Bauch reichen musste.
- Der Erbkämmerer trug das Reichszepter und reichte beim Krönungsmahl dem Kaiser einen Krug mit Wasser und ein Tuch zum Händewaschen.
- Der Erbmundschenk brachte dem Kaiser einen silbernen Becher mit Wein.
- Der Erbtruchsess trug den Reichsapfel und schnitt beim Krönungsmahl eine Scheibe von einem auf dem Platz vor dem Römer in Frankfurt gebratenen Ochsen ab und überreichte sie dem Kaiser.
- Der Erbbannerträger trug das Reichsbanner und die Reichssturmfahne.
- Der Erbschatzmeister versah erstmals 1658 zur Krönung Leopolds I. sein Amt, indem er Gedenkmünzen ins Volk warf. Er trug bei der Krönung dann die Reichskrone. Dieses Amt wurde nach 1648 verliehen, um ein entsprechendes Erbamt, in Anlehnung an die achte Kurwürde der Pfalzgrafen bei Rhein zu schaffen, denen das Erzschatzmeisteramt verliehen wurde.
Nach diesen Zeremonien wurden Hafer, Wein und Ochse dem Volk gegeben, was regelmäßig zu Tumulten führte.
Nicht alle Erbämter hatten Bestand. Graf Rainald II. von Geldern bekam 1339 zusammen mit der Herzogswürde den Titel Erzgarderobemeister (Protovestiarius), doch konnte sich das entsprechende Amt angeblich nicht durchsetzen.
Kategorie historische Amtsbezeichnung Liste Hofämter Liste Namensbestandteil
Hofämter in den Territorien des Heiligen Römischen Reiches
BearbeitenAauch in den Landesherschaften des späten Mittelalters werden die dort seit alters her bekannten Hofämter in den Familien der adeligen Vasallen erblich. Doch behalten hier einige der Erbämter ihre administrative Bedeutung Mit dem Amt des Hofmeisters entsteht in der zweiten Hölfte des 13 Jahrhunderts sogar ein neuer Aufgabenkreis.
Hessen
BearbeitenIn der Landgrafschaft Hessen seit 1342 ein erbliches Hofamt, das auch nach der Teilung der Landgrafschaft Bedeutung behielt.
Der Marschall war ursprünglich der Aufseher der fürstlichen Pferdeställe, also der „Stallmeister“. Seine Bedeutung wandelte sich später im Sinne „Kommandeur der Reiterei“. Der Marschall war im Mittelalter eines der vier bzw. fünf alten Hofämter.
Der erste Landgraf von Hessen, Heinrich I., ernannte Gottfried von Rodenstein 1255 zu seinem Marschall. Dieser diente in diesem Amt bis zum Ende des Thüringisch-hessischen Erbfolgekriegs und schied 1265 aus. Nach ihm hatten Rupert von Ruhne (1271 bis zu seinem Tode vor 1285) und Heinrich Romrod (1296–1298) das Amt inne.
1343 erhielt Heinrich von Eisenbach das Amt des Marschalls, nunmehr erstmals als erbliches Amt. Von Rörich II. von Eisenbach, der ohne leibliche Lehnserben geblieben war, ging es 1422 auf die Brüder Eckhard II. und Friedrich von Röhrenfurth über, und als diese 1432 ohne männliche Nachkommen gestorben waren kam das Erbmarschallamt an Eckhards Schwiegersohn Hermann II. Riedesel. Das Amt bestand auch nach der Teilung der Landgrafschaft Hessen für deren Nachfolgelandgrafschaften ungeteilt weiter, und es blieb bis zu seiner Aufhebung 1918 im Hause Riedesel. (Für das Kurfürstentum Hessen erlosch das Amt mit der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866.) Das Amt hatte jeweils der älteste männliche Riedesel inne. Auch wenn es sich um ein Erblehen handelte, musste das Lehen nach dem Tod eines Amtsinhabers formell neu verliehen werden. Ab der Teilung Hessens erfolgte diese neue Belehnung durch den jeweils älteren der beiden Landgrafen. Die Belehnung wurde dem jüngeren dann lediglich angezeigt. In seltenen Ausnahmen konnten durch kaiserliche Verfügung Personen aus der Erbfolge ausgeschlossen werden. So wurde Johann Volprecht Riedesel zu Eisenbach krankheitshalber kein Erbmarschall, obwohl er nach dem Tode von Hermann Riedesel zu Eisenbach (1682–1751) eigentlich erbberechtigt war. Der gegen diese Enterbung gerichtete Prozess vor dem Reichskammergericht wurde nach drei Jahren ohne Urteil eingestellt.
Der Erbmarschall stand der Althessischen Ritterschaft vor. Er führte den Vorsitz auf den Landtagen der Landstände der Landgrafschaft Hessen und führte bis zur Teilung Hessens die Akten der Stände in Lauterbach.
Während der Zeit des Deutschen Bunds hatten die Senioren des Hauses Riedesel Virilstimmen in der ersten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen und in der Kurhessischen Ständeversammlung. Im Kurfürstentum Hessen hatte August Riedesel zu Eisenbach bereits den Vorsitz im Landtag von 1815/16. Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen nahm der Erbmarschall einen Sitz im preußischen Herrenhaus ein.
Mit dem Ende der Monarchien im Deutschen Reich 1918 erlosch das Hofamt des hessischen Erbmarschalls. Die Althessische Ritterschaft besteht jedoch als Stiftung unter der Bezeichnung Ritterschaftliches Stift Kaufungen bis heute, und das Oberhaupt der Familie Riedesel steht mit dem Ehrentitel Erbmarschall dieser vor.
> siehe Liste Erbmarschalle
Österreich
BearbeitenIn der Habsburgermonarchie gab es in den zum früheren Deutschen Bund gehörenden Ländern zahlreiche Erbhofämter. In den Erblanden bestanden von Beginn an die vier Erbämter: Erbtruchsess, Marschall, Erbschenk und Erbkämmerer, in Kärnten auch das Pfalzgrafenamt.
Preußen
BearbeitenAuch in Preußen waren in den verschiedenen Landesteilen vielfach Erblandeshofämter geschaffen worden. So bestanden im Herzogtum Preußen vier solcher Ämter:
- der Landhofmeister
- der Oberburggraf
- der Kanzler
- der Obermarschall
Bayern
BearbeitenIm Königreich Bayern wurden durch die Verfassungsurkunde vom 1. Mai 1808 vier lehnbare Reichskronämter geschaffen. Von diesen Würden bekleidete das des Kronobersthofmeisters der Fürst von Öttingen-Öttingen bzw. Öttingen-Spielberg, das des Kronoberstkämmerers der Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst und das Amt des Kronoberstmarschalls der Fürst von Fugger-Babenhausen. Der vierte Kronbeamte des Reichs war der Kronoberstpostmeister, der von der Familie Thurn und Taxis gestellt wurde. Die Inhaber aller dieser Ämter waren Mitglieder der Kammer der Reichsräte.
Hannover
BearbeitenIm Königreich Hannover war 1814 ein Erblandmarschallamt errichtet und Georg zu Münster übertragen worden.
Württemberg
BearbeitenAuch im Königreich Württemberg wurden 1808 vier lehnbare Kronerbämter geschaffen:
- der Reichserbmarschall (Hohenlohe-Öhringen)
- der Reichserboberhofmeister (Waldburg-Zeil-Wurzach)
- der Reichserboberkämmerer (Löwenstein-Wertheim) und
- der Reichserbpanner (Zeppelin).
Die aus älterer Zeit stammenden Erbämter des Erbkämmerers (Freiherr von Gültlingen) und des Erbmarschalls (Freiherr Thumb von Neuburg) gehören nicht zu den Kronerbämtern Württembergs.
andere Länder
BearbeitenKirchenstaat
BearbeitenIn der Römischen Kurie gab es zahlreiche traditionelle Hofämter, darunter sind die Kardinäle und Prälaten des Apostolischen Palasts (der Hofmeister – Maggiordomo – Seiner Heiligkeit, der Päpstliche Oberkämmerer – Maestro di Camera –, der Auditor Seiner Heiligkeit), der Magister des Heiligen Hospizes, der Großfurier des Päpstlichen Hauses, der Oberstallmeister, der Generalpostmeister, die Träger der Goldenen Rose, der Legationssekretär, der Exemte Tribun der Päpstlichen Nobelgarde, die Ehrenkammerherren, die Ehrenkammerherren „extra Urbem“ (außerhalb Roms), die Geheimkapläne, die Geheimen Ehrenkapläne, die Geheimen Ehrenkapläne „extra Urbem“, die Geheimkleriker, die gewöhnlichen Kapläne, der Beichtvater der „Päpstlichen Familie“, der Geheime Speisenvorkoster. Diese Hofämter wurden 1968 von Papst Paul VI. im Rahmen der Reformen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durch § 3 des Motu proprio „Pontificalis Domus“ abgeschafft. Papst Franziskus gab im Jahre 2013 bekannt, dass er beschlossen habe, keine Gentiluomini di Sua Santità mehr zu ernennen.
England
BearbeitenIn England waren der Lordsiegelbewahrer, der First Lord of the Treasury (Erster Lord des Schatzes oder Schatzkanzler) und der Lordkanzler seit dem Hochmittelalter die wichtigsten Regierungsämter. Zahlreiche Hofämter bestehen bis heute und sind oft bestimmten Familien erblich verliehen, so etwa der Earl Marshal of England an den Duke of Norfolk aus dem Hause Howard.
Skandinavien
BearbeitenIn Schweden und Dänemark waren Reichskanzler, Reichsmarschall, Reichsadmiral, Reichsschatzmeister und Reichsdrost die wichtigsten Reichsämter. Ihre Inhaber waren Mitglied des Reichsrats.
Böhmen
BearbeitenAls im Königreich Böhmen zur Zeit der Hussiten die Macht des Königs schwand, wandelten sich die Hofämter zu Landesämtern. Bei der Besetzung musste der König auf die Stände Rücksicht nehmen. Die wichtigsten Positionen (Oberstburggraf, Oberstkanzler, Oberstlandrichter, Oberstlandhofmeister und Oberstlandkämmerer) waren für Angehörige des Herrenstands reserviert. Ein Großteil der Regierungsgewalt lag bei den genannten Ämtern, die, abgesehen vom Oberstkanzler, seit dem 15. Jahrhundert kaum mehr vom Hof abhängig waren.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
BearbeitenListe der Erbämter
Quellen
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Karl Schnith: . In: . Band 5. Artemis & Winkler, München/Zürich 1991, ISBN 3-7608-8905-0, Sp. 1547–1549.
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