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Persönliche Betrachtungen eines einfachen Wikipedianers

Diese Unterseite reflektiert und kommentiert Ereignisse rund um meine Anwesenheit und Arbeit als einfacher Benutzer ohne besondere Rechte in Wikipedia.--KarlV 16:00, 18. Feb. 2019 (CET)


Schwarze Listen - Teil 1

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19. Februar 2019

Eine Schwarze Liste, Negativliste, Sperrliste, Blacklist, auch Schwarzliste, oder einfach nur Index (englisch blacklist) ist eine Liste von Personen oder Dingen, die gegenüber den nicht aufgeführten in irgendeiner Form benachteiligt werden sollen. Diese Benachteiligung kann sich unter anderem in sozialer Diskriminierung oder technischer Einschränkung äußern und kann sowohl dem eigenen Schutz wie der Unterdrückung dienen.

aus unserem Wikipedia-Artikel Schwarze Liste.

Viel Feind - viel Ehr?

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Nun, seitdem ich als Jugendlicher 16-jährig begann zum Thema Rechtsextremismus zu recherchieren, bin ich mit sogenannten schwarzen Listen oder ähnlichem konfrontiert worden. Das setzte sich im Erwachsenenalter fort – bis heute. Als ich anfing neben meinem Studium über das Thema zu schreiben, zu informieren und zu dokumentieren, damals noch mit Klarnamen, hörte der Spaß exakt dann auf, als ich meinen Namen auf solcherlei Listen von Rechtsextremisten wiederfand. Parallel hierzu gab es die üblichen Morddrohungen, Einschüchterungsversuche, Versuche mich zu Hause zu besuchen und ähnliches. Mich hat es damals – und auch heute noch – nicht eingeschüchtert, sondern darin bestärkt weiterzumachen, denn offensichtlich trafen meine geschriebenen Worte. Es gab also rechtsextreme Kreise, die meine Artikel, Aufsätze und Reportagen störten, weil die Informationen darin ihren Wirkungskreis einschränkten. Die Konsequenz, die ich damals daraus zog war dann nur noch unter Pseudonym zu schreiben, denn meine Familie verdiente Schutz vor politischen Fanatikern.

Bonner Pranger - in der Nähe habe ich mal gewohnt
2005 machte mich ein Freund auf Wikipedia aufmerksam. Dort würden offenbar Rechtsextreme Artikel schreiben, manipulieren und schönen. Natürlich schaute ich mir das an und fand tatsächlich verschiedene Schönungen, Falschinformationen, Legenden und ähnliches, welche ich dann korrigierte beziehungsweise löschte. Das ging natürlich nicht reibungslos von statten, denn wer sich in politische Gefilde wagt, muss mit Auseinandersetzungen rechnen, welche von fanatischen Zeitgenossen auch mal gerne unter der Gürtellinie ausgetragen werden. Das ist bis heute im Wesentlichen meine bescheidene und selbsterlegte Aufgabe, nämlich in Wikipedia einen sehr eingegrenzten politischen Bereich zu betreuen – und das mit einem wissenschaftlichen, aber auch journalistischen Anspruch, sprich Artikel inhaltlich auf ein hohes qualitatives Niveau anzuheben, indem sehr gute Belege und Quellen verwendet werden. Das Neutralitätsgebot wird von mir nicht in Frage gestellt, im Gegenteil, als promovierter Akademiker weiß ich, dass man zu einem Thema alle Quellen und Dokumente sichten muss, um zu beurteilen, was relevant ist und was nicht.

Listen als Pranger zur Einschüchterung

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Im Laufe meiner freiwilligen Arbeit in Wikipedia stellte sich interessanterweise das ein, was ich aus meinem Realleben bereits kannte. Meine Arbeit rund um Themengebiete im Bereich Ideologie, Ideologen und Protagonisten des Rechtsextremismus und ihrer Grauzone zum demokratischen Spektrum hatte zur Konsequenz, dass einige sich in ihrem Wirkungskreis in Wikipedia, der hauptsächlich aus dem Einpflegen von Propaganda, Desinformation, Falschinformationen oder Legenden bestand, massiv gestört und eingeschränkt fühlten. Einige dieser Benutzer und IPs zogen in andere Wkis um. Zur Belohnung wurde ich dort aus Rache, ich spreche konkret von Pluspedia, Metapedia und Thiazi.net, in öffentlichen Listen aufgenommen, die, analog der Schwarzen Listen, als Pranger dienten, beziehungsweise weiterhin dienen um einzuschüchtern und die Person zu diskreditieren.

Zur politisch motivierten Desinformation gehört es einen Gegner zu diffamieren und in eine Ecke zu stellen ohne jemals einen konkreten Beweis zu präsentieren. In meinem Fall werde ich – wie früher auch – als Linksradikaler präsentiert. Das ist eigentlich ziemlich normal und wundert und stört mich überhaupt nicht, denn Rechtsextremisten differenzieren nicht, und egal ob man Mitglied einer Partei wie etwa CDU oder SPD ist oder gar parteiloser Demokrat, der das Grundgesetz verteidigt, man kann sich ziemlich sicher sein, dass man von denen in die linke politisch extreme Ecke einsortiert wird.


Schwarze Listen - Teil 2

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27. Februar 2019

Am 30. Oktober 2017 präsentierte ein Waldorfschule-Biologielehrer einen privat erstellten Film auf dem Youtube-Sender KenFM mit dem Namen Zensur. Dort tauchte mein Pseudonym zum ersten Mal auf einer Pranger-Liste, falsch geschrieben und zusammen mit anderen Wikipdia-Benutzern in einem nicht-rechtsextremistischen Kontext auf (spätere Schwarze Listen wo ich als KarlV erwähnt werde tauchen im Film Wikihausen #2 und auf Vortragsfolien eines Journalisten auf). Was war geschehen? Welche Kreise habe ich durch meine Arbeit in Wikipedia in ihrem Wirken gestört beziehungsweise eingeschränkt? Was war der Anlass oder Grund für die Anprangerung und den Einschüchterungsversuch?

Wer nicht für uns ist - ist gegen uns

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Die Daltons stehen hier stellvertretend für die Kopfgeld Aussetzung auf einen Wikipedia-Benutzer und angeblichen „Junta-Mitglied“ in Wikihausen #14
Natürlich beschränkte sich mein Interesse nach so vielen Jahren Mitarbeit in Wikipedia nicht nur auf das von mir eingegrenzte Themenfeld. Zunehmend spannend fand ich das Thema Wikipedia selbst und hier insbesondere das weite Feld von Manipulationen, Interessenskonflikte. So z.B. entstanden mehrere meiner Unterseiten zum Thema Manipulationen und auch eine Dokumentation über Wiki-Watch. Letztere eigentlich nur, weil ich selbst begreifen wollte, was da vor sich ging.

Am 21. Oktober 2015 veröffentlichte oben genannter Biologielehrer auf KenFM den Film Die dunkle Seite der Wikipedia. Bis die Thematik zu mir durchdrang und ich mir den Film ansah war es irgendwann Mitte 2016 und ich war überrascht, mit welchen Methoden ein Wikipedia-Benutzer dort angegangen und angeprangert wurde. Ich empfand den Inhalt des Filmes als manipulativ, sowie Falschinformationen und Desinformation enthaltend. Das führte dazu, dass ich mich mal mit der Thematik näher beschäftigte, die Aussagen im Film nach den Fakten überprüfte, über die Intention der Verfasser nachdachte und analysierte, welche Stoßrichtung das eigentlich hat. Dies mündete nach längerer Reifungszeit im November 2016 in meiner Dokumentation Benutzer:KarlV/Wissen ist Macht – über helle und dunkle Seiten der Wikipedia. Und das genau scheint der Stein des Anstoßes gewesen zu sein, der zum Eintrag in die Schwarze Liste in die Wikihausen-Staffel führte.

Zwar ist das Umfeld der Wikihausen-Macher nicht als rechtsextrem einzustufen (sie bezeichnen sich selbst ja als links) - die Methoden ähneln jedoch denen, die man von politisch extremen Gruppen und Anhängern totalitaristischer Ideen kennt. Kritik wird nicht reflektiert und akzeptiert - wer nicht für uns ist - ist gegen uns, das scheint auch das Motto der Wikihausen-Macher zu sein. Für eigenständige Positionen und Betrachtungen ist da kein Platz - und als kritischer Beobachter landet man so schnell in das Töpfchen oder die Schublade, die eigens dafür fabriziert wurde. Die Schublade für mich heißt dort Transatlantifa, das Töpfchen Junta.

Kollateralschaden oder höherer Zusammenhang?

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„Manchmal lässt sich der Fanatiker an einem eigenartigen Glitzern in seinen Augen erkennen, an seinem verzerrten Gesicht oder an der ständigen Wiederholung und Sterilität seiner Argumente; vor allem erkennt man ihn daran, dass er kein wirkliches Interesse am anderen und dessen Problemen hat, es sei denn, sein eigener Narzissmus ließe sich in den Problemen des anderen wiederfinden.“ Erich Fromm
Transatlantifa – unter dieser Schublade möchten die Verfasser der Pranger-Liste suggerieren, dass Wikipedia angeblich majorisiert wird von erstens sogenannten Antideutschen, die zweitens zudem Befürworter der NATO sind, die auch noch von der Administration der USA und von Israel gelenkt werden. So die Arbeitshypothese, gebetsmühlenartig wiederholt damit sie faktisch wird. Als Antideutsch wurde ich bisher nur in der von einem Rechtsextremisten erstellten Pranger-Liste auf PlusPedia (oben bereits erwähnt) bezeichnet, für die natürlich jeder, der gegen Rechtsextremismus ist ein Verräter am deutschen Volk, also ein Antideutscher ist. Offenbar haben das die Wikihausen-Macher von dort naht- und problemlos übernommen, wie einige andere Dinge über andere Benutzer auch. Junta – damit soll suggeriert werden, dass ich Macht besitzen würde. Ein weiterer verwendeter Begriff Politbüro soll suggerieren, dass ich Mitglied eines „Büros“ sein soll, der im Hintergrund die Strippen zieht.

Sämtliche Behauptungen treffen gar nicht zu, folgen jedoch exakt einem Muster, der unter dem Begriff Whataboutism bekannt geworden ist. In meinem Fall konkret: meine Kritik an dem Film Die dunkle Seite der Wikipedia wurde mit der Aufnahme auf die Pranger-Liste nebst Gegenvorwürfen beantwortet, um meine Kritik zu relativieren und gleichzeitig zu diskreditieren. Oder mit anderen Worten, weil ich die Arbeitshypothese des Waldorflehrers nach meiner Einschätzung für eine Verschwörungstheorie halte, gehöre ich selbst der Verschwörung an.

Die Frage, die sich mir bei dem Vorgang stellt ist, geht es nur um meine Kritik, oder gibt es da einen höheren Zusammenhang bei den Aktionen der Wikihausen-Macher? Eins vorweg, in meinem Realleben wurde und werde ich von Menschen, die mit mir zu tun haben, stets als sehr höflicher und diplomatischer Mensch bezeichnet. In brenzligen Situationen fungierte ich oft als Schlichter und habe so manche Krise in einer „Feuerwehraktion“ lösen können. Das kann man übrigens auch an meinem Sperrlog in Wikipedia erkennen oder auch daran, dass ich eher selten auf die Vandalismusmeldung renne oder dort gemeldet werde. Natürlich gibt es in Wikipedia (wie im realen Leben auch) immer einen Punkt, wo eine sachliche Diskussion unmöglich ist, besonders dann, wenn man es mit Fanatikern zu tun hat.

Macht - Machtlosigkeit und ihre Projektion

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Menschen, die sich häufig machtlos fühlen, sind besonders anfällig für Verschwörungstheorien. Denn Verschwörungstheorien suggerieren ja, dass wir tatsächlich keine Kontrolle über unser Leben haben, weil "die da oben" uns belügen und manipulieren. Der Glaube an die Verschwörungstheorie hat also eine Art Selbstermächtigungs-Funktion.

Zitat aus dem Artikel Verschwörungstheorien in der Wissenschaft vom 22. Mai 2016
Ein Hoax: Die „Junta“ bei der Arbeit
Die Sprache der Wikihausen-Macher verrät viel über das Ziel und die Stoßrichtung der Kampagne. Mit Junta assoziiert man automatisch despotische Diktatoren, die man nur gewaltsam, durch Tyrannenmord etwa, beseitigen kann. Auch ein Politbüro entmachtet man, indem man das Büro zerstört und neutralisiert. Diese Begriffswahl transportiert somit auch das Endziel, nämlich dass die Benutzer auf der Wikihausen-Proskriptionsliste dauerhaft aus der Wikipedia ausgeschlossen werden sollen. Das gewogene Publikum jedenfalls versteht diese Botschaft sehr genau und kommentiert mit dementprechenden Gewaltphantasien.

Bei mir persönlich und als einfacher Wikipedianer kommt diese Botschaft recht eliminatorisch daher. Nicht nur, dass die mir „Macht wegnehmen“ wollen, also etwas, was ich gar nicht besitze, sondern meine bloße Anwesenheit ist den Herrschaften nicht genehm. Spätestens hier merkt der Leser vielleicht, dass wir es mit Projektionen zu tun haben, welche die eigene Machtlosigkeit zu kompensieren versucht, indem man irgendwelchen Gruppen Macht zuspricht, um sie dann anzugreifen mit dem Ziel sie zu entmachten, um selbst wieder Macht spüren zu können. Solche Szenarien kennen auch historische Beispiele.

Noch absurder wird es, wenn man tatsächlich der Argumentation der Wikihausen-Macher folgt und Wikipedia als Presserzeugnis ansieht (hiezu ausführlich eine andere Unterseite lesen). Es gab noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik und des deutschen Pressewesens eine Kampagne, in der ein Teil der Redaktion einer Zeitung auf einer Schwarzen Liste gelandet wäre mit dem Ziel, sie aus der Redaktion auszuschließen.

Gibt es einen übergeordneten Kontext der Kampagne?

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Der letzte Absatz im Abschnitt zuvor schreit geradezu nach einer letzten Frage, nämlich der, ob diese Kampagne nicht auch in einem anderen Kontext zu betrachten wäre. Schließlich wurde ich als „Karl V“ in einem Medium erwähnt, dass vom russischen Staat betrieben wird und sich Sputnik nennt. Titel war „Wird Wikipedia von der „Transatlantifa“ gesteuert?“.

Abgesehen davon, dass sich die Wikihausen-Macher gerne von RT oder Sputnik interviewen lassen, wird in den letzten Wikihausen-Folgen vermehrt darauf hingewiesen, dass es ein Skandal sei, dass russische Medien wie RT und Sputnik nicht als reputable Quellen behandelt werden würden. Man bekommt also die Botschaft aus den Wikihausen-Filmen vermittelt, dass in Wikipedia ein „Transatlantifa-Politbüro“ bestehen würde, der „widerrechtlich“ und „manipulativ“ diese Quellen ausgrenzen würde. Der Umkehrschluss offenbart auch hier das mögliche Ziel – erst wenn das „Politbüro“ beseitigt ist, können endlich die russischen Staatsmedien in Wikipedia-Artikel verwendet werden.

Desinformation wirkt wie diese Illusion
Bevor ich fortfahre, auch hier eine Klarstellung. Ich bin sehr empfindlich gegenüber Geheimdiensten. Das liegt an einigen einschlägigen Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit machte und die mich zu einer grundsätzlich negativen Haltung diesbezüglich brachten (vielleicht mache ich dazu einen ganz eigenen Thread auf). Geheimdienste sind mir aus Prinzip suspekt und ich unterscheide hier nicht zwischen Stasi, BND, CIA oder anderen. Die Desinformationen, welche solche Dienste betreiben, machen natürlich auch nicht vor Wikipedia halt, und wenn ich auf so etwas stoßen würde, wäre es mir ziemlich egal ob das von der NATO oder aus Russland oder China stammt, es gehört nicht in die Wikipedia! Daher empfinde ich den Umstand, dass mein Pseudonym, beziehungsweise jemand wie ich auf einem russischen Staatsmedium in diesem Zusammenhang genannt werde, als reine Desinformation.

Aus Sicht der russischen Staats-Agenda, konkret Russland stärken mittels gleichzitiger Schwächung des Rests der Welt, macht es Sinn die Demokratien in Europa zu schwächen, indem man rechtspopulistische Strömungen unterstützt um so den Zusammenhalt Europa zu destabilisieren. Gemeinsame Interessen gibt es etwa mit der AfD in Bezug auf den Angriff der freien Presse, Stichwort „Lügenpresse“. Hierbei nutzen - übrigens nicht nur die russischen, sondern alle möglichen Dienste - vermehrt die Sozialen und „Alternativen“ Medien, um gezielte Manipulationen und Dekontextivierungen von Nachrichten bis hin zur Erstellung von Fake-News zu erstellen. Das Pendant zur „Lügenpresse“ ist die „Lügenwikipedia“ - und in diesem Kontext (Delegitimierung der freien Presse) sehe ich nun mal die jüngsten Angriffe auf Wikipedia. Ob sich die Wikihausen-Macher dessen bewusst sind, das sie möglicherweise von RT oder Sputnik instrumentalisiert werden, diese Frage kann ich leider nicht beantworten.


Interview mit KarlV – ein Selbstgespräch

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13. März 2019

Querdenker, Nonkonformist und Einzelkämpfer

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Frage: Herr V., sind Sie ein Antideutscher?

KarlV: Bin ich nicht etwas zu alt dafür, einer zu sein? Spaß beiseite – nein, ich bin kein „Antideutscher“ – die Bezeichnung „Antideutscher“ kam in den 1990er Jahren am politischen Rand der extremen Linken auf. Damals wie heute halte ich diese Leute für Spinner. Jeder Mensch hat eine Heimat und darf stolz auf sie sein, es gibt jedoch immer eine Komponente, welche ich soziale Verantwortung nenne und etwas mit der Geschichte der jeweiligen Heimat zu tun hat. Als Deutscher habe ich eine soziale Verantwortung, dass sich dunkle Kapitel unserer Geschichte nicht wiederholen. Ich spreche gerade vom Nationalsozialismus aber auch vom totalitären Regime in der DDR. Aufgrund meiner Sozialisation habe ich mich sehr früh für den Rechtsextremismus interessiert. Von Vertretern dieser Richtung wurde ich in den vergangenen 40-50 Jahren manchmal als „Volksverräter“ oder eben synonym „Antideutscher“ bezeichnet, einer drohte mir mal auf der Straße mit Standrechtlicher Erschießung nach der Machtübernahme. Seit den 1990er Jahren wird der Begriff zudem bei Streitigkeiten innerhalb von linken Kleinstgrüppchen verwendet, welche ich nicht mitbekommen habe, weil sie mich eigentlich auch gar nicht interessierten. In den letzten Jahren hat der Begriff zudem Konjunktur in einigen sektenartigen Verästelungen und kleinen Polit-Grüppchen. Der Begriff wird manchmal in den sozialen Medien als Label benutzt, um Meinungsgegner abzukanzeln und gehört bei diesen als Werkzeug für das Doxing.

Frage: Ja – und wo stehen Sie nun politisch?

KarlV: Tja – das weiß ich manchmal selbst nicht genau. Ich komme aus einem starken freigeistigen, intellektuellen Elternhaus, wo das freie Denken, die Analyse und die Reflektion von Ereignissen mich geprägt haben. Ich war somit von der Wiege auf nicht kompatibel mit irgendeiner Partei, einer Religion oder etwa einer Ideologie. Nach wie vor bin ich einfach nur ein Querdenker, Nonkonformist und Einzelkämpfer, der sich jedoch manchmal durchaus für eine spezifische Sache engagieren kann. So etwa bei den neulich großen Demonstrationen in München gegen Pegida und AfD. Ich bin in erster Linie Humanist, der die egalitären Werte der französischen Revolution zu schätzen weiß und unser Grundgesetz für eines der besten europäischen Gesetze hält. Wenn Infratest mich heute fragen würde, was ich wählen würde, könnte ich wenig dazu sagen, denn ich bin einer der gefürchteten Wechselwähler. Ich wähle immer, jedoch nie extrem links oder extrem rechts. In einer der letzten Wahlen habe ich sogar mal CSU gewählt. Na ja – jeder macht mal einen Fehler.

Frage: Und woher kommt Ihr frühes Interesse am Rechtsextremismus?

KarlV: Der Nationalsozialismus, seine Ursachen und auch Folgen waren in meiner Familie ein permanentes Thema. Hinzu kommt, dass ein Teil meiner Familie von französischen Juden abstammt, so dass ich, wenn ich im Zeitraum 1933-1945 gelebt hätte mit Sicherheit unter die Nürnberger Rassegesetze gefallen wäre. Ich denke, das beantwortet Ihre Frage.

Frage: Wie stehen Sie zu Israel und dem Nahostkonflikt?

KarlV: Nun – zunächst einmal steht das Existenzrecht Israels bei mir nicht zur Disposition. Ich bin für die Zweistaatenlösung. Ich bin Gegner der Siedlungspolitik, die Unrecht und Leid über die palästinensische Bevölkerung bringt. Die jetzige rechtsgerichtete Regierung fördert die Radikalisierung und heizt den Konflikt zusätzlich an. Ein Ende der Gewaltspirale ist nicht in Sicht. Ich weiß aber, warum Sie diese Frage stellen. Als Kritiker der israelischen Politik kommt es öfters vor, dass man als Antisemit bezeichnet wird. Das finde ich persönlich auch nicht in Ordnung. Es kommt aber halt stets auf die Wortwahl an, wie diese Kritik hervorgebracht wird. Da stellen sich viele ungeschickt an und liefern somit die Angriffsfläche. Auf meiner Benutzerseite habe ich 2010 den Vorfall mit dem Schiff Mavi Marmara kommentiert, der die Gaza-Blockade durchbrechen wollte. Die Enterung durch das israelische Militär war einen Vorgang, den ich ungeheuerlich fand. Auf meiner archivierten Diskussionseite kann man noch heute Reaktionen zu meinen Kommentaren nachlesen.

Frage: Was halten Sie von den USA?

KarlV: Mein Verhältnis zu den USA ist ambivalent. Ich weiß, dass es viele gute Menschen in den USA gibt. Nichtdestotrotz muss ich gestehen, dass ich in gewisser Weise anti-amerikanisch eigestellt bin. Die Entstehung der USA heute ist eine Folge von blutigen Kriegen und Unrecht. Zunächst an den Ureinwohnern, die enteignet und teilweise ausgerottet wurden, und wo die Verbliebenen heute an den Profiten der Bodenschätze ihrer Mutter Erde nicht partizipieren dürfen. Trump will heute eine Mauer mitten durch das historische Mexiko bauen. Kalifornien, Texas, Nevada, Utah, Arizona, New Mexico und Colorado waren bis 1848 mexikanisches Staatsgebiet, bis es widerrechtlich annektiert wurde. Seit Ende des zweiten Weltkrieges gab und gibt es so viele Kriege, in denen die USA beteiligt sind, und alles aus hegemonialen wirtschaftlichen Interessen, und nicht wie vorgeschoben, als „Weltpolizist“. Muss ich noch mehr ausführen? Das wird sicher lang...

Frage: Nein, nein – das reicht – und wie stehen Sie zu Russland?

KarlV: Ebenfalls ambivalent. Den Zweiten Weltkrieg haben die Russen zum größten Teil fast im Alleingang bestritten. Als abzusehen war, dass sie gewinnen werden, sprangen die Amerikaner ein. Die Verluste der russischen Bevölkerung mit über 20 Millionen Toten sind die höchsten gewesen und ich habe neben Scham großen Respekt vor diesen historischen Tatsachen. Mit dem Kommunismus habe ich so meine Probleme. Im Grunde setzt sich mit Putin die Tradition autoritärer Staatsformen fort. Ich jedenfalls möchte nicht als beispielsweise kritischer Journalist im heutigen Russland leben.

Frage: Herr V. arbeiten Sie für einen Geheimdienst?

KarlV: Ist diese Frage ernst gemeint? Natürlich arbeite ich nicht für einen Geheimdienst, aber ich frage mich jetzt, was ich getan haben sollte, dass Sie mir eine solche Frage stellen. Ich bin ziemlich allergisch gegen solche Dienste und die Gründe hierfür liegen an einigen Schlüsselerfahrungen sowohl in meiner Jugend, als auch in der Zeit, als ich als investigativer Journalist unterwegs war.

Frage: Könnten Sie Beispiele für solche Schlüsselerfahrungen nennen?

KarlV: Ich versuche es mal. Ich war mal als Reporter in einer Stadt unterwegs, wo eine größere Demonstration von Schülern stattfand. Die Lage eskalierte plötzlich an einer Polizeisperre. Am Rande des Geschehens bemerkte ich eine Gruppe von Schülern um die 16 Jahre, die im Kreis um einen Typen standen, der wild gestikulierte. Da ich den Typen als Mitglied der PoPo (Politischen Polizei) aus anderen Anlässen kannte, schloss ich mich dem Kreis an um zuzuhören. Der Typ animierte gerade die Jugendlichen die Polizeisperre zu durchbrechen und auf die Polizei Steine zu werfen. Ich beendete den Spuk auf der Stelle und klärte die Anwesenden auf. Nur 2 Minuten danach wurde ich als Rädelsführer festgenommen. Das wäre so eine Schlüsselerfahrung zum Thema Agent-Provocateur. Andere Erfahrungen betreffen meine Recherchen im rechtsextremen Milieu, wo ich immer wieder auf zwielichtige Gestalten traf, die als V-Männer arbeiteten. Meine Recherchen zur Colonia Dignidad beispielsweise hatten ihren Anfang im rechtsextremen Milieu. Ein Aussteiger berichtete mir, dass das Maschinengewehr, das ein bekannter Neonazi-Führer besaß, angeblich von einem Waffenhändler war. Die Recherche führte mich zu Merex, einem Unternehmen von dem man heute weiß, dass hierüber der BND seine illegalen Waffengeschäfte durchführte. Im Zuge der Recherche lernte ich auch Gero Gemballa kennen. Ich selbst glaube übrigens nicht, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist. Todesängste hatte ich selbst, als ich bei einer Auslandsreise aus einem Reisebus gezerrt wurde und durch einen ausländischen Geheimdienst verhört wurde. Es ist aber nochmal alles gut gegangen. Es gibt auch eine andere Sache, die mich bis heute seelisch belastet und über die ich nicht detailliert reden kann. Diese Sache ist aber der Grund, warum ich den Einsatz von V-Männern strikt ablehne. Ein Bekannter von mir hatte die ziemlich dumme Idee sich in Wallraff-Manier bei einer militanten rechtsextremen Gruppe einzuschleichen. Alle Versuche es ihm auszureden scheiterten. Als investigativer Journalist hatte er meinen Informantenschutz, aber schon damals dachte ich, es ist eigentlich eine ähnliche Situation, wie wenn ich bei einem Dienst wäre und der Bekannte mein V-Mann ist, der mich mit Interna füttert. Nun, es gab dann einen Zwischenfall, den ich hier nicht ausbreiten werde. Fakt ist jedoch, dass bis heute ein Rechtsextremist, der mit einer scharfen Waffe einen Anschlag verübt hat, für diese Tat nicht verfolgt und bestraft wurde und bis heute frei herumläuft. Personen sind bei diesem Anschlag gottseidank nicht zu Schaden gekommen, aber dies auch nur knapp, und mich ärgert und belastet das bis heute. Eine Offenlegung der Geschichte hätte unmittelbare Lebensgefahr für meinen Bekannten bedeutet.[1] Neben den Abgründen der Milieurecherche gibt es aber auch positive Sachen. Bei einer Recherche für die ARD-Sendung Monitor lernte ich meine Frau kennen. Wir recherchierten unabhängig voneinander an der gleichen Geschichte.

  1. Nachtrag 18.06.2019: Der Mordanschlag auf Walter Lübcke, begangen vom Neonazi Stephan E., stimmt mich auch heute nachdenklich. Der von mir oben erwähnte Rechtsextremist weist ebenfalls die gleiche „Sozialisation“ und ein ähnliches Vorstrafenregister wie Lübckes Mörder auf (organisierte Beteiligung an den Serien-Anschlägen gegen Asylbewerberwohnheime in den frühen 1990er Jahren, hantieren mit Waffen, usw.). Zudem war er mit Frank S. bekannt, dem Attentäter von Köln.

Mein Fachthema ist ein politisches Thema

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Frage: Ok – kommen wir zum Thema Wikipedia – arbeiten Sie aus politischen Gründen bei Wikipedia mit?

KarlV: Die Antwort ist eigentlich ein klares Nein. Ich arbeite seit 13 Jahren bei Wikipedia mit aus den gleichen Gründen wie andere, die ihr Fachwissen freiwillig und unentgeltlich zur Verfügung stellen. Mein Fachthema sind jedoch nicht Orchideen, Autos, Briefmarken, Chemie oder Biologie, mein Fachthema ist ein politisches Thema, nämlich der Rechtsextremismus. Von daher erklärt sich mein „eigentlich“ vor dem klaren Nein. Mit anderen Worten, auch wenn ich keine politische Agenda habe, trifft man gerade bei politischen Themen auf Konflikte und Streitpunkte, auf Manipulationen und Desinformationen, mit denen ich konfrontiert werde. Die Artikel haben in der Regel ja nicht nur einen Autor, sondern unzählige Autoren. Meine Haltung zum Aufeinandertreffen von Meinungsgegnern hat sich in den 13 Jahren Wikipedia-Arbeit nicht geändert: ein Rechtsextremist hat nach meiner Ansicht natürlich auch das Recht bei Wikipedia mitzuarbeiten, solange er sich an die WP-Spielregeln und Richtlinien hält. Ich hatte in den letzten Jahren unzählige Auseinandersetzungen in den Artikeln, die ich bearbeite. Vielleicht für Sie erstaunlich aber ich kann aus dieser Erfahrung schlussendlich eine positive Erkenntnis herausziehen, dass nämlich gerade durch die Konflikte die Qualität der Artikel gesteigert werden konnte.

Frage: Das hört sich nach einer Gratwanderung an. Wie sehen Sie die Arbeit in Wikipedia?

KarlV: Das möchte ich gerne mit einem frischen Zitat einer WP-Kollegin beantworten:

Nur sind unsere WP-Autoren eben keine Autoren im landläufigen Sinn: Sie sind keine Journalisten, keine Romanciers, keine Dichter und keine Sachbuchautoren – allen diesen Spielarten von Autoren oder Autorschaft wird man mehr oder weniger Freiheit bei der Abfassung von Texten zugestehen; sogar Fiktion in einem Roman, sogar einen klaren POV (z. B. in einem journalistischen Meinungsbeitrag). Unsere WP-Autoren sind Berichterstatter: Sie tragen zusammen, werten aus und geben belegt wieder, was namentlich bekannte Autoren geschrieben und berichtet haben.

Ich verwende anstatt „Berichterstatter“ gerne, dass wir als „Chronisten“ arbeiten. Ob der Chronist KarlV oder anders heißt, spielt keine Rolle. Einzig wichtig ist, dass KarlV und jeder andere die Grundprinzipien der Wikipedia einhält, seriöse Quellen verwendet und seine Quellen korrekt nachweist.

Frage: Was ist Ihre Meinung zu dem Berliner Urteil vom August 2018, dass Wikipedia-Autoren die gleichen Sorgfaltspflichten beachten müssten, wie Journalisten?

KarlV: Das Urteil rennt bei mir offene Türen ein, denn ich beachte dies seit Anbeginn meiner freiwilligen Arbeit für Wikipedia. Ich habe natürlich einen Heimvorteil, weil ich bereits sowohl als investigativer Journalist gearbeitet habe, als auch in der wissenschaftlichen Forschung arbeite und in Wikipedia beispielsweise automatisch Sekundärquellen mit den Primärquellen gegenprüfe. Oder wenn ich eine Information aus einer journalistische Quelle nehme überprüfe, ob es dort auch eine Gegendarstellung gibt. Die Ansicht des Gerichts ist dennoch falsch, da ein Artikel in Wikipedia nicht einen Autor hat, sondern viele verschiedene. Wenn also ich die Sorgfaltspflicht in einem speziellen Artikel wahre, und eine Information einfüge, die 1 % des Textes ausmacht und meine anderen 10-100 Mitautoren nicht, die für 99% des Textes verantwortlich sind. Wer soll das überprüfen? Administratoren sind meistens nicht in den Fachartikeln bewandert und können das nicht leisten. Wir werden noch sehen, welche konkreten Auswirkungen das Urteil haben wird. Aber einen Rat kann ich an dieser Stelle loswerden. Menschen, die sich in Wikipedia falsch dargestellt fühlen, haben verschiedene Wege beispielsweise Falschinformationen zu korrigieren. Man kann z.B. auf der Diskussionsseite des betreffenden Artikels eine Nachricht hinterlegen oder man kann sich an das OTRS-Team wenden.

Frage: Die anonymen Autoren sind zurzeit ein Kritikpunkt an Wikipedia. Wie stehen Sie dazu?

KarlV: Ich sage es mal so, ich bin nicht in Wikipedia, weil ich hier anonym schreiben kann. Hätte das Projekt die Klarnamenspflicht, wäre ich vielleicht auch dabei. Aufgrund meines Themas vielleicht aber nur unter Pseudonym. Über die Gründe habe ich mich ja bereits an verschiedenen Stellen ausgelassen. Das Projekt hat zugegebener Maßen Stärken und Schwächen. Der Erfolg von Wikipedia ist das Konzept, nämlich das eine im wahrsten Sinne des Wortes anonyme Schwarmintelligenz das aktuelle Wissen zusammenträgt und kostenfrei für jedermann zugänglich abbildet. Das klappt scheinbar hervorragend, allerdings bringt die Anonymität die Probleme mit sich, die gerade die Community beschäftigt. Da steckt das Projekt im Dilemma. Die verschärften Richtlinien, die sich das Projekt gegeben hat, haben bereits Wirkung gezeigt und helfen den gröbsten Missbrauch zu unterbinden. Das gelingt jedoch nicht 100%. Es ist wie im richtigen Leben. Auch die besten Strafgesetze und Maßnahmen zur Prävention können nicht verhindern, dass trotzdem Straftaten verübt werden.

Frage: Kommen wir zum Thema Wikihausen – haben die Ersteller der YouTube-Filmreihe nicht recht mit ihrer Kritik an Wikipedia?

Die Wikipedia-Verschwörung
KarlV: Sie haben insofern Recht, dass das Projektkonzept Mängel hat, das ist aber nichts Neues oder eine Sensation. Dass Fake-Artikel teilweise 10 Jahre bestehen können oder länger ist Ausdruck des Problems. Was mir nicht gefällt ist, wie die berechtigte Kritik dargeboten wurde und wird. Mir kommt es eher wie ein medialer Infokrieg vor, der nach rein weltanschaulichen Kriterien ausgetragen und orchestriert wird. Fokussiert wird dann auf eine Gruppe von Wikipedia-Benutzern, die angeblich ein Imperium der Macht, eine Meinungsdiktatur sozusagen, errichtet hätten. Gegen diesen Terror wehre man sich jetzt mit der Deanonymisierung, um diese Diktatur zu beseitigen. Dazu passt die Sprache, also die Verwendung von Begriffen wie etwa „Junta“, dazu passen die Gewaltphantasien in den Kommentarzeilen der verschiedenen YouTube-Filme, die übrigens trotz Hausrecht dort toleriert werden, dazu passen die Veröffentlichung von Porträtaufnahmen eines vermeintlichen Mitgliedes der „Junta“ auf Twitter, dazu passt auch der neue Aufruf in der Zeitschrift Compact, den vermeintlichen Mitglied der „Junta“ auch mal zu Hause zu besuchen, nebst Veröffentlichung des Klarnamens und seiner Adresse. Die Leute von Wikihausen verneinen, dass sie eine Hetzjagd veranstalten. Ich erspare mir an dieser Stelle ein Kommentar.

Eine politische Dimension

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Frage: Sie werden ja ebenfalls als Mitglied der Junta benannt und werden auf einer Liste geführt.

KarlV: Oh ja – warum das so ist kann jeder auf meiner Unterseite „Persönliche Betrachtungen eines einfachen Wikipedianers“ nachlesen. Ich hatte es gewagt die Herren Speer und Fiedler in meiner Dokumentation Benutzer:KarlV/Wissen ist Macht – über helle und dunkle Seiten der Wikipedia zu kritisieren. Der Herr Pohlmann gesellte sich später dazu und wenn ich dann auf Facebook seine Kommentare lese, wie etwa „Wir werden versuchen, die Enttarnung von Jonaster, JosFritz und Karl V juristisch durchzubekommen, aber die wehren sich mit Macht und Geld“ oder in einem „Alternativ-Report“ lese, dass „Feliks, JosFritz, Karl V, KurtR, Andropov, etc. regieren absolut, als Sonnenkönige“ oder seinen Kommentar im Exomagazin sehe und höre, wo er sich entrüstet gibt, dass er die Namen (Mehzahl) von „Junta-Mitgliedern“ unter den Kommentaren im Artikel des Standards gelesen hätte (ich war übrigens der Einzige aus der Liste, der dort kommentierte) um daraus zu schließen, dass ich Autor beim Standard wäre. Da tut sich bei mir eine große Kluft auf zwischen der Wirklichkeit und dem Schein, der da über mich vermittelt wird. Bin ich es wirklich, über den er redet? Kennt er mich besser als ich mich? Schlafwandle ich etwa virtuell?

Das interessante ist ja, dass die Herren Pohlmann und Fiedler mit Behauptungen arbeiten, ohne diese mit validen Belegen zu beweisen, also ohne Fakten, die für jedermann nachprüfbar sind. Die Aussagen von Fiedler und Pohlmann, etwa die, ich würde als „Sonnenkönig regieren“ oder ich würde offenbar „zu viel Rotwein“ trinken, offenbaren zunächst eine zutiefst menschliche Ebene. Scheinbar geht es um Verletzungen der beiden Herren, welche sie in Wikipedia erlitten haben. Diese Verletzungen werden kompensiert, indem man einem vermeintlichen Gegner die Schuld zuschiebt und diesen verbal angreift. Letztendlich vermittelt mir der Pohlmannsche Satz mit der Aussage über die „Sonnenkönige“ den Neid, dass ich an dem Projekt partizipieren darf, während er ausgesperrt ist. Bei Fiedler sehe ich insgesamt Defizite in der sozialen Kompetenz. Er wird oft unsachlich und kommentiert unter der Gürtellinie. Doch es würde zu kurz greifen, die Wikihausen-Geschichte auf die verletzten Eitelkeiten und den Rachegelüsten der beiden Hauptautoren zu reduzieren.

Frage: Wie meinen Sie das?

KarlV: Ich meine damit, dass diese Geschichte einen politischen Hintergrund, eine politische Dimension hat. Fangen wir mal mit der Schwarzen Liste an. Nach welchen Kriterien wurde die Liste erstellt? Welchen Zweck erfüllt diese? Das sind so Fragen, die den investigativen Journalisten in mir wecken. Gelistet werden dort insgesamt 47 Wikipedia-Benutzer, davon 15 (= 32%) Administratoren. Von den dort gelisteten habe ich mal vor Jahren nur eine Person getroffen. Mit 9 weiteren hatte ich elektronischen Kontakt, was teilweise auch Jahre zurückliegt. Regelmäßigen Austausch habe ich nur mit einem, und der heißt nicht Feliks. Es gibt einige Benutzer auf der Liste, die ich bisher nicht kannte, andere mit denen ich heftige Dispute hatte und wiederum andere, die ich für völlig apolitisch halte. Das wird auch durch einen Tool bestätigt, der die gemeinsame Bearbeitungs-Schnittmenge von bis zu 8 Benutzern anzeigt. Wende ich dieses Tool auf beliebige 8 Benutzer aus der Liste im Verhältnis 1 Administrator zu 3 Benutzer auf, so kommt je nach Konstellation ein anderes, beziehungsweise gar kein Ergebnis heraus. Daraus kann man also keine Gruppe ableiten und das spricht zunächst dafür, dass dort zusammengewürfelt wurde. Geht man davon aus, dass der Ausgangspunkt die Streitereien im Artikel Daniele Ganser liegt und wendet man das Tool nur auf die 6 Hauptautoren des Artikels an, so spuckt das Tool immerhin Schnittmengen bei folgenden Artikel raus: Daniele Ganser, Alex Jones, KenFM, Pegida, Verschwörungstheorie, World Trade Center 7 und Zionismus. Interessant wird es, wenn man das Tool nur an den 15 Administratoren in wechselnden achter Kombinationen anwendet. Die Schnittmenge ist dann: Daniele Ganser, Angela Merkel und Russland. Man kann also daraus zumindest ableiten, dass wenn das also eine Gruppe sein soll, exakt die Bearbeitungen dieser Administratoren in den gelisteten Artikeln dazu geführt hat, dass diese in die Liste aufgenommen wurden. Einige Ausreißer unter den 47 scheinen noch von einer älteren PlusPedia Prangerliste übertragen worden zu sein.

Frage: Hat der investigative Jounalist in Ihnen noch mehr herausgefunden?

KarlV: Selbstverständlich - wenn man die YouTube-Filme analysiert, die Kommentare hierzu, die Verlautbarungen der Protagonisten in den sozialen Medien, das Echo in bestimmten Bereichen der „Alternativen Medien“, dann erfüllt das alles zusammengenommen die Kriterien einer gezielten politischen Kampagne. Interessanterweise kann man dann einen merkwürdigen Schulterschluss von Meinungen erleben, die von extrem links bis extrem rechts gehen. Als moderatere Beispiele für solche „Querfronten“ möchte ich einen Artikel in der Jungen Welt und einen Artikel aus der Jungen Freiheit anführen. Mich reizt also die Frage, was ist die Klammer, die Pohlmann, Speer, Fiedler, Ganser verbindet das zu tun, was sie tun? Gibt es vielleicht etwas anderes, was über die Verabredung zum „Flashmob“ auf die Einleitung im Wikipedia-Artikel von Daniele Ganser hinausgeht?

Daniele Ganser scheint eh der Schlüssel zum Verständnis dessen zu sein, was da vor sich geht. Der erste Film von Fiedler hatte ja als Aufhänger den Wikipedia-Artikel, konkreter die Einleitung des Artikels Ganser. Bis dahin waren mir die sogenannten „Skeptiker“ beispielsweise völlig unbekannt und selbst nach dem zweiten Film konnte ich das Ganze nicht so richtig einordnen. Ich denke es ging nicht nur mir so.

Frage: Und wo liegt der Schlüssel zum Verständnis nun?

KarlV: Wenn ich etwas analysieren möchte, stelle ich mir zunächst selbst möglichst viele Fragen, in unserem Fall Fragen, die zu einem Verständnis dieser politischen Kampagne beitragen könnten: In welchem Milieu wird eigentlich mobilisiert? Welches Milieu hatte vor 2015 Auseinandersetzungen mit den „Skeptikern“? Welches Milieu ist anfällig für Verschwörungstheorien? Welches Milieu ist andockfähig für rechts- und linksextreme Ideologien? Welches Milieu ist gut betucht, so dass es beworben werden kann um längere Kampagnen finanziell unterstützen zu können? Welches Milieu hatte in der Vergangenheit extreme Probleme mit Wikipedia, weil sie Ihre Positionen in Artikeln nicht zu 100% einbringen konnten? Das sind so meine Hauptfragen in den letzten Tagen, deren Beantwortung vielleicht zu einer Arbeitshypothese führen könnte.

Die Beantwortung all dieser Fragen ist möglich, aber ich bin zunächst einmal nicht alleine darauf gekommen. Es waren zwei Wikipedia-Benutzer, die mich darauf aufmerksam machten. Der eine informierte mich darüber, dass Herr Fiedler, der überall als Biologielehrer vorgestellt wird, Waldorflehrer ist. Das habe ich überprüft und es trifft zu. Ich habe mich natürlich gefragt, warum wird in den gesamten „alternativen“ und „sozialen Medien“ dieser Fakt verschwiegen? Also konzentrierte ich mich auf die Anthroposophen und Steiner-Schüler. Und tatsächlich, es trifft zu, dass die Anthroposophen mit den sogenannten „Skeptikern“ vor 2015 im heftigen Clinch lagen. Ferner trifft es zu, dass es rund um Anthroposophische Artikel in Wikipedia langjährige Kämpfe gibt.

Daniele Ganser kapert Rudolf-Steiner-Bewegung?

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Am schönsten sind eh die eigenen Verschwörungstheorien...
Frage: Eine Kampagne von Anthroposophen also?

KarlV: Moment, nicht so schnell bitte. Der zweite Benutzer schickte mir einen Link zu einem sehr interessanten Artikel der Aargauer Zeitung. Titel „Verschwörungsmystiker wie der Basler Daniele Ganser kapern Rudolf-Steiner-Bewegung“. Im Artikel wird auch konstatiert, „dass Verschwörungsmystiker wie Ganser und Jebsen, bisher in der Öffentlichkeit wenig mit der Steiner-Bewegung in Verbindung gebracht worden“ seien. Ken Jebsen war Waldorfschüler und Daniele Ganser besuchte zwölf Jahre lang die Basler Steiner-Schule.

Frage: Ja, aber was hat das mit Pohlmann und Fiedler zu tun?

KarlV: Bei der Recherche im anthroposophischen Milieu, ist mir in einem Artikel von Februar 2016 mit dem Titel „Amerika ist an allem Schuld“, eine interessante Aussage von Dirk Pohlmann aufgefallen. Man muss dazu zu den Kommentaren herunterscrollen. Dirk Pohlmann am 15. Februar 2016 um 16:02 Uhr: „Ich empfehle dazu die Doku zweier Waldorflehrer: «Die dunkle Seite der Wikipedia» bei KenFM“. Laut Pohlmann ist also nicht nur Fiedler Waldorflehrer, sondern auch sein Mitautor Frank Michael Speer.

Frage: War Pohlmann auch Waldorfschüler?

KarlV: Herr Pohlmann besuchte die Albert-Schweitzer-Schule in Mainz. Ich vermute, ähnlich wie bei anderen Albert-Schweitzer-Schulen, einen anthroposophischen Hintergrund. Somit könnte die Sozialisation in der Steiner-Bewegung und die entsprechende Vernetzung die fehlende Klammer sein, die alle Protagonisten (Daniele Ganser, Ken Jebsen, Markus Fiedler und Frank Michael Speer) miteinander verbindet. Vor diesem Hintergrund würden viele Dinge, die wahrscheinlich nicht nur mir vorher merkwürdig vorkamen, plausibel und logisch erscheinen. Beispielsweise in Anlehnung an Methoden der rechtsextremen Anti-Antifa das Arbeiten mit einer schwarzen Liste, oder die Verwendung von Metapedia und Pluspedia als Quellen. Auch das Phänomen, dass manchmal selbst wohlgesonnene Kritiker zu Feinden deklariert werden (wer nicht für uns ist – ist gegen uns), ist Ausdruck einer sektenähnlichen, in sich geschlossenen und beratungsresistenten Argumentation.

Ich würde aber nicht so weit gehen zu behaupten, dass dies eine Kampagne von Anthroposophen wäre. Ich feile noch an meiner Arbeitshypothese und vieles hängt nun vom weiteren Verhalten der Protagonisten ab. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Sujet habe ich immerhin gelernt, dass es lange vor dem ersten Film von Fiedler und Speer einen Konflikt zwischen „Skeptikern“ und der „Steiner-Bewegung“ gab. Diese Auseinandersetzungen, welche mir vorher völlig unbekannt waren, wurden medial ausgetragen, auch in den sozialen Medien. Hier sehe ich den Ausgangspunkt. Offenbar gingen die „Steiner-Schüler“ irrigerweise davon aus, dass ihre „Skeptiker“-Kontrahenten Wikipedia gekapert hätten (das ist auch einer der Kernaussagen der beiden Waldorflehrer Speer und Fiedler - das sieht man auch am neu beworbenen Projekt Freewiki, mit einschlägiger Schlagseite von Freund und Feind). Die Geschehnisse um den Artikel Daniele Ganser, insbesondere der öffentliche Aufruf an Anhänger, die Einleitung des Wikipedia-Artikels zu manipulieren, triggerte schließlich Wikihausen. Wobei sich die „Steiner-Schüler“ recht flexibel auf die erste Situation des Irrtums einstellten (die erste Deanonymisierung betraf keinen Skeptiker) und die Stoßrichtung kurzum auf „Transatlantifa“ erweiterten. Leider glauben diese Leute fest an ihren unausgegorenen Quatsch.

Frage: Wie geht es also weiter?

KarlV: Dass das Projekt Wikipedia seine hausgemachten Probleme hat, ist nichts Neues und ich halte es für durchaus im Rahmen des Möglichen, dass die „Selbstreinigungskräfte“ der Schwarmintelligenz einige Lösungen hervorbringen werden. Bei der Anti-Wikipedia-Kampagne sehe ich zwei Aspekte. Erstens, solange diese Kampagne im anthroposophischen Umfeld betrieben wurde hatte sie keine Chance auf Erfolg. Daher wird jetzt zweitens strategisch auf Eskalation gesetzt, eine Ausweitung auf andere Milieus, wobei durch die Begrifflichkeiten und der Verwendung von Chiffren unter Kaschierung des Hintergrunds in der „Steiner-Bewegung“, Milieus in der Linken wie auch auf der Rechten beworben werden. Wie man aktuell sieht, fallen auch etliche Linke darauf rein. Bei der Rechten ist das etwas anders. Die sind eh auf die Delegitimierung des Rechtsstaates, der Demokratie, der Freiheit von Lehre und Forschung und der freien Presse aus, so dass die Delegitimierung von Wikipedia nur ein weiterer Baustein bedeutet. Zur „Lügenpresse“ gesellt sich dann halt die „Lügenwikipedia“ dazu. Daher darf es nicht verwundern, wenn die Kampagne in nächster Zeit die meisten Befürworter im neurechten bis rechtsextremen Lager, von Junge Freiheit bis AfD und NPD finden wird. Ob das ein Erfolgsrezept sein wird, wird die Zeit zeigen. Wir können dann ja zu gegebener Zeit ein neues Interview halten, wenn Sie möchten.

Frager: Vielen Dank für das anregende Gespräch!