Benutzer:Markscheider/Spielwiese/Tiefer Hamburger Stolln

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Markscheider/Spielwiese/Tiefer Hamburger Stolln (Deutschland)
Markscheider/Spielwiese/Tiefer Hamburger Stolln (Deutschland)
Alte Hoffnung Gottes
Sangerhausen
Rammelsberg
Mundloch
Tiefer Hamburger Stolln
Rothschönberger Stolln, Hauptstollnmundloch
Das Areal des geplanten Mundloches im Jahre 2012

Der Tiefe Hamburger Stolln war ein nicht verwirklichtes Stollnprojekt im erzgebirgischen Bergbau. Er wäre mit einer Gesamtlänge von über 600 Kilometern der längste und größte Wasserlösestolln der Welt gewesen und hätte im Freiberger Revier gegenüber dem Rothschönberger Stolln 185 m Teufe eingebracht.

Geschichte

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Pläne einer tieferen Wasserlösung des Freiberger Reviers bestanden schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Oberberghauptmann von Herders Projekt des Tiefen Meißner Erbstollns, der die Grubenwässer des Freiberger Reviers bei Meißen in die Elbe führen sollte, wurde aus Kostengründen nicht verwirklicht und stattdessen 90 m über der von Herder favorisierten Teufe von 1844 bis 1882 der Rothschönberger Stolln aufgefahren. Diese Lösung konnte nicht wirklich befriedigen und so begannen bereits während des Baues des Rothschönberger Stollns Planungen für eine definitive Wasserlösung des Freiberger Revieres. Der fiskalische Teil des projektierten Stollns sollte nördlich von Halsbrücke beginnen und zunächst in nordwestlicher Richtung südlich an Leipzig vorbeiführen, das Mansfelder Revier streifen, unter dem Harz dann in nördliche Richtung schwenken und schließlich bei Hamburg-Cranz in die Unterelbe münden.

Oberberghauptmann Friedrich Constantin von Beust trieb das Projekt entscheidend voran; ihm wurde nachgesagt, dass er seinen Vorgänger von Herder unbedingt übertrumpfen habe wollen. Doch von Beust legte 1867 sein Amt aus Protest gegen das neue sächsische Berggesetz nieder, was dem Tiefen Hamburger Stolln einen herben Rückschlag versetzte. Von Beusts Kritiker erhielten nun Oberwasser. Durch die Reichseinigung 1871 musste das Königreich Sachsen auch finanziell andere Prioritäten setzen und der Tiefe Hamburger Stolln geriet endgültig ins Hintertreffen. Spätestens mit der Einstellung des Freiberger Bergbaus 1913 war das Projekt dann tatsächlich Geschichte.

Der Tiefe Hamburger Stolln sollte die Probleme der Wasserhaltung des Freiberger Bergbaues auf lange Sicht beheben. Doch mit seiner projektierten Gesamtlänge allein des fiskalischen (=staatlichen) Teiles von etwa 360 km wäre er für den Staat Sachsen nicht finanzierbar gewesen. Deshalb versuchte bereits der Initiator des Projektes, Freiherr von Beust, seine Amtskollegen in den anderen deutschen Staaten, namentlich v. d. Knesebeck (Königreich Hannover) und v. Nidda (Preußen), mit in die Finanzierung des Tiefen Hamburger Stollns einzubinden, indem er den Nutzen eines solchen Bauwerkes für die Kupferbergwerke des Mansfelder Revieres, die Silberbergwerke des Oberharzes und den Rammelsberg in den Vordergrund stellte. Immerhin hätte der Tiefe Hamburger gegenüber dem Schlüsselstollen 70 m, und gegenüber dem Ernst-August-Stollen 186 m Teufe eingebracht. Die Kosten wären allerdings gigantisch gewesen – bei einer geschätzen Bauzeit von 42 Jahren wurde für den Tiefen Hamburger Stolln die Summe von 6,5 Millionen Talern veranschlagt.

Als Ansatzpunkt im Freiberger Revier war das Grubenfeld von Alte Hoffnung Gottes zu Kleinvoigtsberg angedacht. Während das Mansfelder Revier und der Bergbau am Rammelsberg vom Tiefen Hamburger Stolln direkt unterfahren werden sollten, war geplant, das Zwickauer und Oelsnitzer Revier sowie alle anderen wichtigen Bergbaureviere durch Flügelörter zu erschließen. Ähnlich wie beim Rothschönberger Stolln verwirklicht, so sollten auch beim Tiefen Hamburger Stolln die Seitenflügel durch die zu entwässernden Bergwerke selbst aufgefahren werden. Eine Verlängerung mit dem Plauener Flügel bis Dresden-Plauen zur Wasserlösung des Freitaler Steinkohlenreviers war angedacht. Auch die mitteldeutschen Braunkohlenreviere wären mit relativ kurzen Anbindungen von all ihren Wassersorgen befreit gewesen. Da es sich hierbei größtenteils um in erheblicher Menge zusitzende Oberflächenwässer handelt, war ab der Höhe von Grimma vorgesehen, den Stollenquerschnitt auf 45 m² zu erweitern (Zum Vergleich: ein Straßentunnel für eine zweispurige Straße hat ein Profil von etwa 50 m²). Da ein so großer Querschnitt mit den traditionellen Vortriebsmethoden des 19. Jahrhunderts nicht machbar gewesen wäre, sollte hierzu die Neue Österreichische Tunnelbauweise angewendet werden. Selbst die Grafen zu Stolberg-Wernigerode waren bereit, sich als Gewerken am Tiefen Hamburger Stolln zu beteiligen, obwohl der Bergbau in der Grafschaft relativ unbedeutend war.[1]

Mit der im Stollnbau üblichen Steigung von 2 Promille hätte der Tiefe Hamburger Stolln bei Ankunft im Grubenfeld von Alte Hoffnung Gottes ein Niveau von 726 m ü. NN erreicht und damit sein Ziel verfehlt, denn Obergruna liegt lediglich 332 m ü. NN. Deshalb entschied sich v. Beust, den Stolln söhlig zu planen. Die erforderliche Strömungsgeschwindigkeit sollte allein durch den hydrostatischen Druck entstehen.

Wiederaufnahme während des Zweiten Weltkrieges

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Während der Vorbereitung der deutschen Wirtschaft auf den Zweiten Weltkrieg wurde Albert Speer durch Hermann Göring beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zum Tiefen Hamburger Stolln durchzuführen. Speer erkannte das große Potenzial einer derartigen Anlage für den deutschen Bergbau im Rahmen der Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches und dessen Rüstungsindustrie. Die nach Fertigstellung des Tiefen Hamburger Stollns trockenfallenden Bereiche der vielen Bergwerke sollten für verschiedene U-Verlagerungen genutzt werden, im thüringeschen Lehesten, das über den Thüringer Flügel mit dem Tiefen Hamburger Stolln verbunden werden sollte, war ein atombombensicherer U-Boot-Hafen mit angeschlossener Reparaturwerft vorgesehen. Als Alternativvariante war die Nutzung älterer Grubenbaue (Querschlag Q 235 a/22/4 von Lehesten zu den Schwedenlöchern in Flöha, die über einen uralten Wasserlösungsstolln mit der Reichen Zeche in Freiberg verbunden waren, von da ab über den Querschlag Q 5568 l/122/4 zum Tiefen Hamburger Hafen Stolln[sic!]) vorgesehen. Durch die söhlige (ohne Gefälle) Ausführung des Stollns wäre das möglich gewesen, die Boote hätten allerdings einen größeren Umweg in Kauf nehmen müssen.

Die Torpedo-Bewaffnung der Boote sollte unweit der Maxhütte im Rahmen der U-Verlagerung „Schneehase“ hergestellt werden. Die Torpedos sollten dann über den oben erwähnten Querschlag Q 235 a/22/4 nach Lehesten transportiert werden.

Für den Tiefen Hamburger Stolln waren insgesamt 120 Lichtlöcher vorgesehen. Dadurch wären insgesamt etwa (nur fiskalischer Teil) 240 Vortriebspunkte entstanden, denen jeweils etwa 1500 m bergmännischen Vortrieb zugewiesen worden wäre. Die Gesamtbauzeit hätte theoretisch etwa zwei Jahre betragen.

Speer war der Meinung, dass die Verwirklichung dieses Projektes zuviele Ressourcen verschlingen würde, das Geld (immerhin 13,1 Mrd. RM) im Westwall besser investiert wäre und die Organisation Todt zu wenig Arbeitskräfte zur Verfügung hätte, doch Göring wischte diese Argumente vom Tisch, ließ Himmler genügend KZ-Häftlinge bereitstellen und gab 1938 bei der symbolischen ersten Sprengung in der Nähe von Sangerhausen den Startschuss für den Tiefen Hamburger Stolln.

Bis 1942 schritten die Bauarbeiten gut voran, doch dann wurden mehr und mehr Arbeitskräfte für die V-Waffenproduktion abgezogen oder zur Wehrmacht einberufen. Es waren bereits 62,8 km Stolln fertiggestellt, als im Jahre 1943 der Befehl erteilt wurde, den Vortrieb zu stunden (=einzustellen). Charakteristisch für die erratische Politik des dritten Reiches war, dass nur wenig später (Ende 1943) die Bauarbeiten in gegenüber Friedenszeiten nochmals erhöhtem Umfang wieder aufgenommen wurden. Unter Missachtung aller Menschlichkeit erzielte die SS, die mittlerweile mit der Durchführung dieses Projektes betraut worden war, Vortriebsleistungen von mehr als 1000 m pro Monat. Um den Umfang dieser Tätigkeiten zu verdeutlichen, soll hier angemerkt werden, dass das RSHA bei Friemann & Wolf in Zwickau für 1944 2,5 Mio. und für 1945 3 Mio. Karbidgrubenlampen des Einheitstyps 920z bestellt hatte.

Bei Kriegsende[2] waren 2/3 des Tiefen Hamburger Stollns fertiggestellt. Dies war auf verschiedene Schwierigkeiten zurückzuführen: die Organisation Todt wurde nicht mit genügend Kaltstrahlbohrhämmern, wie sie für den Vortrieb in geologisch wehmütigen Gebieten notwendig sind, beliefert. Geeignetes Fachpersonal war nicht leicht zu beschaffen, Zwangsarbeiter konnten diese speziellen Maschinen nicht bedienen. In Kamsdorf waren insgesamt 4710 Torpedos in den Stollen A, B und C fertigestellt, konnten aber aufgrund der fehlenden Anbindung nicht mehr zum Einsatz gebracht werden. Der U-Boot-Hafen Lehesten befand sich noch im Rohbau. Die Hohlräume waren bereits vollständig hergestellt, es fehlte die maschinelle Ausstattung, das Kraftwerk und natürlich die Anbindung nach Hamburg.

Der tiefe Hamburger Stolln in neuerer Zeit

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Anlässlich des bevorstehenden 150. Jahrestages des Erscheinens von v. Beusts Denkschrift „Der tiefe Hamburger Erbstolln“ installierte der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust, ein entfernter Verwandter des sächsischen Oberberghauptmannes, am 1. April 2005 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Wissenschaftlern, Gewerkschaftern, Vertretern der Kirchen, Frauen- und Bürgerbewegungen, die das Potential einer Verwirklichung des Stollenprojektes unter heutigen Bedingungen abschätzen sollte. Dazu wurden aus dem Hamburger Haushalt 15 Mio. € bereitgestellt. Bereits im Jahre 2010 kam die Arbeitsgruppe zu dem Ergebnis, dass der Tiefe Hamburger Elbstolln der Freien und Hansestadt Hamburg keinerlei wirtschaftliche Vorteile bringen würde, und empfahl, die verbliebenen 250.000 € für die Fertigstellung der Elbphilharmonie zu verwenden.

Während der Suche nach dem seit Kriegsende verschollenen Bernsteinzimmer kam der Tiefe Hamburger Stolln immer wieder ins Gespräch. Im sogenannten „Dorsch-Bericht“ ist die Rede davon, dass „im Frühjahr 1945 ein Transport aus Ostpreußen in Helbra eintraf, und durch Häftlinge hunderte von Kisten über den Schmid-Schacht nach Untertage verbracht wurden.“[3]

Schatzsucher versuchen seitdem immer wieder, das Bernsteinzimmer in den Bergwerken des Mansfelder Landes aufzuspüren, bisher jedoch ohne Erfolg.

Literatur

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  • Friedrich Constantin von Beust: Der tiefe Hamburger Erbstolln. Eine hochwohllöbliche Unternehmung zum Segen des gesammten Bergbaues. Graz&Gerlach, Freiberg 1855.
  • Uwe Bergmann: Oberberghauptmann Friedrich Constantin von Beust und der Tiefe Hamburger Stolln. Über den Fehlschlag eines ambitionierten Projektes. In: Tagungsband 11. Internationaler Montanhistorik-Workshop Annaberg-Buchholz. S. 122–130.

Einzelnachweise

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  1. Jörg Brückner: „Aufgeklärtes Glück“ im Thumkuhlental. Aus den Aufzeichnungen von Bergrat Dr. Jaschke. In: Neue Wernigeröder Zeitung. Band 13, Nr. 21, 2002, S. 18.
  2. Bericht Obersturmbannführer Wolczynski an den Reichsführer SS vom 1. April 1945, Signatur BA-Lichterfelde, NS1.4./1945
  3. Paul Enke: Bernsteinzimmer Report. Raub, Verschleppung und Suche eines weltbekannten Kunstwerkes. 2. Aufl., Verlag Die Wirtschaft, Berlin (DDR) 1989, S. 419f., ISBN 3-349-00108-4.
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  • Martin Ebert: Die U-Verlagerung Olivin. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 1. April 2012.@2Vorlage:Toter Link/untertage-übertage.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)

Kategorie:Bergbau Kategorie:U-Verlagerung