Die Glockengießerei Gnadenfeld war eine von vier Glockengießereien der Herrnhuter Brüdergemeine und deren einzige im damals preußischen Oberschlesien.[1] Die Ortsgemeinde Gnadenfeld wurde erst 1780 auf dem Gut Pawlowitzke gegründet und ist nach einigen Eingemeindungen heute wieder Bastandteil des Dorfes Pawłowiczki in der polnischen Woiwodschaft Oppeln.[1] Gnadenfeld befand sich inmitten von mehrheitlich katholischen Orten, denn die Habsburger konnten bis 1742 in Oberschlesien die Gegenreformation erfolgreich durchsetzen.[1] Während Johann Georg Knie in der ersten Auflage seiner Alphabetisch-statistisch-topographische[n] Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königlich Preussischen Provinz Schlesien von 1830 noch keine Glockengießerei erwähnt,[2] taucht sie in der zweiten erweiterten Auflage 1845 erstmalig auf.[3] Koordinaten: 50° 14′ 30,8″ N, 18° 2′ 45,2″ O
Heinrich Philipp Liebold
BearbeitenHeinrich Philipp Liebold wurde am 18. Oktober 1798 in Gnadenfeld geboren.[4] Er war der Sohn eines Strumpfwirkers, ging als Lehrling in die Glockengießerei Pühler nach Gnadenberg und besuchte Werkstätten in Kassel, Frankfurt am Main, Stuttgart, Ulm, München und Dresden.[4] 1825 machte er sich in seinem Heimatort selbstständig und goss später sein erstes Geläut für die auch von evangelischen Einwohnern der Umgebung genutzte katholische Kirche in Zauditz (damals im preußischen Landkreis Ratibor, ab 1920 unter dem Namen Sudice in der Tschechoslowakei, liegt heute in der tschechischen Region Mährisch-Schlesien) noch auf freiem Felde.[4]
- Philipp Reinhold [wohl richtig Heinrich] Liebold (* 1798; † 1877 in Gnadenfeld)[5]
Heinrich (Philipp) Liebold (???)
Testamentsakten 1843–1876[6] und 1878–1880[7]
Aus Krause 21:
- 1834 Garten (auch für Nachfolger als Werkplatz)
- 1836 Hauskauf und Hochzeit Henriette Friederike Gotz
- 7. April 1878 gestorben; Erbin Brüdergemeine
- 1833 Mocker Kr. Leobsch.
- 1834 Bladen und Roben Kr. Leobsch.
- 1837 evangelische Kirche Oppeln
- 1838 Timmendorf Kreis Pleß; Rydultau Kr. Rybn.; Umguss einer Glocke aus Sohrau
- 1840 Umguss drei Glocken Krappitz, 2 Glocken Deutsch Neukirch
- 1840, 1861, 1875 Marienkirche Ratibor
- 1841 Myslowitz, Matka-Bozak. Ratibor (zuerst Altendorf)
- 1842 Branitz Kr. Leobsch.
- 1847 4 Glocken Deutsch-Rasselwitz Kr. Neustadt
- 1848 Wanowitz und Zauchwitz (?) Kr. Leobsch.
- 1849 Neustadt Umguss
- 1850 Leobschütz (Umguss) und Schönau Kr. Leobsch.
- 1853 (?1833) Löwitz Kr. Leobsch.
- 1854 Berun 4 Glocken
- 1856 Rösnitz Kr. Leobsch.; 2 Glocken Umguss Beneschau Hultschiner Ländchen
- 1858 Hennerwitz Kr. Leobsch.
- 1860 Benkowitz Kr. Ratibor 3 Glocken; St. Barbara in Königshütte
- 1861 Slawikau Kr. Ratibor
- 1873 Dorfkapelle Schardzin Kr. Ratibor; evangelische Kirche Loslau 2 Glocken (Zeit?)
- ? Bauerwitz
Reinhold Hoberg
BearbeitenNachfolger wurde Reinhold Hoberg (* 1834 in Gnadenfrei; † 13. Mai 1891 in Gnadenfeld)[8], Neffe und Lehrling des vorigen[5]
ging im Alter von 19 bei seinem Onkel in die Lehre
Obwohl in beiden Weltkriegen Glocken als Metallspende für Rüstungszwecke eingeschmolzen wurden, sind aus Gnadenfeld noch mindestens zwei Glocken erhalten (siehe Tabelle). Eine finden sich noch am Originalort, die andere kamen nach 1945 als Leihglocke nach Hessen.
Noch existierende Glocken
BearbeitenIn der Tabellenansicht sind die Spalten Jahr, Masse und Land des heutigen Standorts sortierbar. Die Koordinaten sind für die ursprünglichen Standorte angegeben und auch alle zusammen über das Link „Karte mit allen Koordinaten“ (ganz unten) darstellbar.
Name der Glocke und Text vorn |
Text hinten | Jahr | gegossen für (Karte) | Masse und weitere Daten |
Land des heutigen Standorts sowie Bemerkungen |
Bild |
---|---|---|---|---|---|---|
St. Hedwigis (Heimkehrerglocke) |
Gnadenfeld Liebold HP |
1860 | ? Gnadenfeld | 1.100 kg 1,230 m ⌀ e' |
Deutschland Johanneskirche (Düsseldorf) |
|
(Zweite von vier) | Gnadenfeld Liebold HP |
1861 | Kloster Pelplin südlich Danzig | 350 kg h1 |
Polen noch vor Ort |
Noch klären (alle ohne Fotos)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c Matthias Donath, Lars-Arne Dannenberg: Auf Spurensuche: Herrnhuter Siedlungen in Schlesien. Vertriebene und Spätaussiedler in Sachsen 28, Jahrgang 10.2020 Nr. 2, S. 15 16. pdf
- ↑ Johann Georg Knie: Alphabetisch-Statistisch-Topographische Uebersicht aller Dörfer, Flecken, Städte und anderen Orte der Königl. Preuß. Provinz Schlesien, mit Einschluß des ganzen jetzt zur Provinz gehörenden Markgrafthums Ober-Lausitz, und der Grafschaft Glatz; nebst beigefügter Nachweisung von der Eintheilung des Landes nach den verschiedenen Zweigen der Civil-Verwaltung. Graß, Barth und Comp., Breslau 1830 S. 189–190. (Digitalisat).
- ↑ Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuss. Provinz Schlesien. 2. Auflage. Breslau 1845, S. 163 Digitalisat
- ↑ a b c Walter Krause: Grundriss eines Lexikons bildender Künstler und Kunsthandwerker in Oberschlesien von den Anfängen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Teil: 2. Der Oberschlesier, Oppeln 1935. Eintrag „Liebold“, S. 21–22.
- ↑ a b Wolfgang Rudolph: Zur Geschichte der Glockegießereikunst in der Oberlausitz. Beiträge zur Heimatkunde der Westlausitz, Heft 7, Kamenz 1996. ISBN 3-910018-19-X. S. 17–24
- ↑ Annahme des von den Glockengießer Heinrich Philipp und Henriette Fredericke Liebold'schen Eheleuten gemeinschaftlich errichteten Testament. Bestandssignatur 45/1210/0/8.2/3841 1843–1876 Archiwum Państwowe w Opolu link
- ↑ Testament des Glockengießers Heinrich Liebold aus Gnadenfeld [Pawłowiczki]. Bestandssignatur 45/1210/0/8.2/3843 1878–1880 Archiwum Państwowe w Opolu link
- ↑ Sterbeurkunde Gnadenfeld C 4/1891
- ↑ Marceli Tureczek: Leihglocken, dzwony z obszaru Polski w granicach po 1945 roku przechowywane na terenie Niemiec. Ministerstwo Kultury i Dziedzictwa Narodowego, Dep. Dziedzictwa Kulturowego, Warszawa 2011. ISBN 978-83-62622-13-9. S. 730, Nr. 43
- ↑ Marceli Tureczek: Leihglocken, dzwony z obszaru Polski w granicach po 1945 roku przechowywane na terenie Niemiec. Ministerstwo Kultury i Dziedzictwa Narodowego, Dep. Dziedzictwa Kulturowego, Warszawa 2011. ISBN 978-83-62622-13-9. S. 796, Nr. 159
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[[Kategorie:Glockengießerei|Gnadenfeld]] [[Kategorie:Unternehmen (Preußen)]] [[Kategorie:Gegründet 1825]] [[Kategorie:Aufgelöst 1891]] [[Kategorie:Herrnhuter Brüdergemeine]]