Benedikt Paul Göcke
Benedikt Paul Göcke, 1981, dr. phil., dr. theol, ist Universitätsprofessor für Religionsphilosophie und Wissenschaftstheorie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum und assoziiertes Mitglied der Faculty of Theology and Religion an der Universität Oxford, UK. 2018 wurde ihm der Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der DFG für herausragende Nachwuchswissenschaftler verliehen.
1. Forschungsgebiete Göckes Forschungen erstrecken sich sowohl auf den Bereich der theoretischen als auch auf den der praktischen und historischen Philosophie und lassen sich in drei Schwerpunkte ein- teilen: Wissenschaftstheorie und Metaphysik, Transhumanismus und Ethik der Digitalisierung, Karl Christian Friedrich Krause (1781–1832) und die Klassische Deutsche Philosophie. 1.1 Wissenschaftstheorie und Metaphysik Hier steht besonders die Frage nach der wissenschaftstheoretischen Verortung der Theolo- gie im Mittelpunkt. Die Wissenschaftlichkeit der Theologie wird aufgrund der metaphysischen und erkenntnistheoretischen Implikationen der Theologie und ihrer konfessionellen Vorgaben oft kritisiert (Offenbarung, Existenz Gottes, Handeln Gottes in der Welt etc.). Göckes Arbeit beschäftigt sich daher mit wissenschaftstheoretischer Grundlagenforschung, die den Begriff der Wissenschaftlichkeit menschlicher Tätigkeiten zu spezifizieren versucht, um darauf basierend allgemeine Strukturmerkmale geistes- und naturwissenschaftlicher Forschung auszuloten und ein Demarkationskriterium zur Unterscheidung von Wissenschaften und Pseudo- Wissenschaften zu entwickeln. Darüber hinaus werden ausgehend von den wissenschafts- theoretischen Grundlagen die spezifischen Bedingungen konfessionsgebundener und wissenschaftlicher Theologie untersucht. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die naturalistischen und atheistischen Einwände gegen die Wissenschaftlichkeit der Theologie. 1.2 Transhumanismus und Ethik der Digitalisierung Theologie in Wissenschaft und Bildung beansprucht, sich zeitdiagnostisch mit wichtigen gesellschaftlichen Strömungen auseinanderzusetzen. Der Transhumanismus in seinen verschiedenen Spielarten muss mittlerweile als Teil der großen Transformationsprozesse, die das Leben des Einzelnen und der Gesellschaften insgesamt nachhaltig verändern, an- gesehen werden. Er hat sich zum Teil in Verbänden und Parteien organisiert und hat seine Agenda in öffentlich geförderte Forschungsprojekte wie etwa das EU-„Human Brain Pro- ject“ eingeschrieben. Selbst wenn die utopistischen Visionen einer totalen Digitalisierung der Wirklichkeit Science-Fiction bleiben, ist unbestreitbar, dass die zunehmende Abhängigkeit von digitalen Geräten unsere Lebenswelt und unser Verständnis von Autonomie nachhaltig verändert. Theologie und Philosophie werden gerade durch transhumanistische Projekte in die Verantwortung genommen, technologische Entwicklungen viel offensiver als bisher mit einer kritischen Grundlagenreflexion zu begleiten, um auf das dem Menschen Mögliche und ihm Dienliche solcher Technologien zu verweisen. Göckes Forschung in diesem Bereich konzentriert sich zum einen darauf, die philosophische Agenda des Transhumanismus zu analysieren und die Argumente, die gegen und für eine kybernetische Veränderung der biologischen Natur des Menschen sprechen, kritisch im Dialog mit den Neurowissenschaften und der Philosophie abzuwägen. Zum anderen forscht Göcke zu den religiös-kodierten Annahmen der transhumanistischen Agenda und ihrer Heilsversprechen und untersucht, inwiefern Elemente transhumanistischen Denkens aus christlicher Perspektive, etwa im Sinne der Prozesstheologie, unterstützt werden können. 1.3 Karl Christian Friedrich Krause (1781–1832) und die Klassische Deutsche Philosophie Karl Christian Friedrich Krause hinterließ uns ein System der Philosophie, das in der gegen- wärtigen Diskussion kaum beachtet wird. Das ist verwunderlich und bedauerlich, denn Krau- se gilt in Spanien und Lateinamerika oft als der größte deutsche Philosoph. Er hinterließ uns das erste konsequent panentheistische System der Philosophie, das als Alleinheitsphilosophie von Gott und Welt eine allumfassende metaphysische Theorie darstellt, die alle wesentlichen Bereiche philosophischen Denkens vereint. Eine Auseinandersetzung mit dem Werk Krauses zeigt schnell, dass es durch seine inhaltliche Ausrichtung und argumentative Absicherung unmittelbar anschlussfähig an zahlreiche gegenwärtige Diskussionen, wie beispielsweise in der Nachhaltigkeitsethik, der Religionsphilosophie, der Anthropologie und der politischen Philosophie, ist. Die Analyse von Krauses Einfluss auf seine Zeitgenossen und ihm nachfolgende Generationen zeigt schnell, dass er zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist: So wurde beispielsweise nicht nur Arthur Schopenhauer in seinem Denken durch seine Diskussionen mit Krause beeinflusst, auch Friedrich Fröbel, der „Vater der Kindergärten“ unterhielt wertvolle pädagogische Diskussionen mit Krause.
2. Publikationen (Auswahl):
- Göcke, Benedikt Paul. Alles in Gott? Zur Aktualität des Panentheismus Karl Christian Friedrich Krauses. Friedrich Pustet. 2012. - Göcke, Benedikt Paul „Karl Christian Friedrich Krause’s Influence on Scho- penhauer’s Philosophy.“ In: Robert Wicks (Hrsg.): The Oxford Handbook on Schopenhauer. Oxford: Oxford University Press. Im Erscheinen. - Göcke, Benedikt Paul. „Gott und die Welt? Bemerkungen zu Karl Christian Friedrich Krauses System der Philosophie.“ In: Theologie und Philosophie. Vol. 87. 2012. 25–45. - Göcke, Benedikt Paul. The Panentheism of Karl Christian Friedrich Krause. From Transcendental Phenomenology to Metaphysics. Berlin: Peter Lang [Open Access] - Göcke, Benedikt Paul. Designobjekt Mensch. Der Transhumanismus auf dem Prüfstand (hrsg. mit Frank Meier-Hamidi). Freiburg im Breisgau: Herder. 2018. - Göcke, Benedikt Paul. „Designobjekt Mensch?! Ein Diskursbeitrag über Probleme und Chancen transhumanistischer Menschenoptimierung.“ In: B. Göcke/F. Meier-Hamidi (Hrsg.): Designobjekt Mensch. Der Transhumanismus auf dem Prüfstand. Freiburg im Breisgau: Herder. 2018. - Göcke, Benedikt Paul. „Christian Cyborgs: A Plea for a Moderate Transhumanism.“ In: Faith and Philosophy. Vol. 34 (3). 2017: 347–364. - Göcke, Benedikt Paul. „Theologie als Wissenschaft? Erste Antworten auf die Herausforderun- gen von Naturalismus und Wissenschaftstheorie.“ In: Theologie und Glaube. Vol. 107/2. 2017: 113–136. ( - Göcke, Benedikt Paul, mit Ruben Schneider: „Gibt es einen prinzipiellen Konflikt von Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft? Eine kurze Analyse am Beispiel des Handelns Gottes in der Welt.“ In: B. Göcke/R. Schneider (Hrsg.): Handelt Gott in der Welt? Neue Ansätze aus Theologie und analytischer Philosophie. Regensburg: Friedrich Pustet. 2017: 7–38. - Göcke, Benedikt Paul. „Did God do it? Metaphysical Models and Theological Hermeneutics.“ In: International Journal for Philosophy of Religion. Vol. 78/2. 2015: 215–231.