Missionsemblem
[[Datei:|alt=|zentriert|100px|Emblem der Mission Wostok 1]]
Missionsdaten
Mission Wostok 1
NSSDCA ID 1961-012A
Raumfahrzeug Wostok 3KA Nr. 3
Rufzeichen Кедр (Kedr, für (sibirische) „Zeder“)
Masse 4.725 kg (Start)
2.400 kg (Landung)
Trägerrakete Wostok-K
GRAU-Index 8K72K
Besatzung 1
Start 12. April 1961, 06:07 UT
Startplatz Baikonur 1/5 (Gagarins Start)
45° 55′ 13″ N, 63° 20′ 32″ O
Landung 12. April 1961, 07:55 UT
Landeplatz 26 km SW von Engels
51° 16′ 49,4″ N, 45° 58′ 36,3″ O
Flugdauer 1h 48min
Erdumkreisungen 1
Umlaufzeit 89,34 min
Bahnneigung 64,95°
Apogäum 327 km
Perigäum 169 km
Zurückgelegte Strecke ca. 41.000 km
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Korabl-Sputnik 5
(unbemannt)
Wostok 2
(bemannt)

Wostok 1 (russisch Восток-1 für Osten-1) war der erste bemannte Weltraumflug und zugleich der erste bemannte Orbitalflug. Mit dem sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin gelangte am 12. April 1961 erstmals ein Mensch in einen Erdorbit und damit über die international als Grenze zum Weltraum anerkannte Kármán-Linie von 100 km Höhe. Gagarin startete mit einer Wostok-K (GRAU-Index 8К72К), einer speziellen Version der Trägerrakete R-7, an Bord eines Wostok-Raumschiffs vom Weltraumbahnhof Tjuratam (dem heutigen Kosmodrom Baikonur) und landete nach etwas mehr als einer vollständigen Erdumkreisung in der Nähe der südwestrussischen Stadt Engels. Der Flug zählt zu den größten Erfolgen des sowjetischen Raumfahrtprogramms und gilt als Meilenstein des Wettlaufs ins All zwischen der UdSSR und den Vereinigten Staaten. Die ersten bemannten Flüge der NASA über die Kármán-Linie, Mercury-Redstone 3, bzw. der erste Orbitalflug, Mercury-Atlas 6, erfolgten drei Wochen (Mai 1961) bzw. zehn Monate später (Februar 1962).

Die ursprüngliche sowjetische Bezeichnung für die Mission lautete Wostok (ohne den Zusatz der Nummerierung 1); inzwischen wird der Flug als Wostok 1 bezeichnet.

Die ersten ernstzunehmenden Planungen für einen bemannten Raumflug begannen in der Sowjetunion im Dezember 1957, als am Entwicklungsinstitut OKB-1 eine Abteilung für Studien zur bemannten Raumfahrt geschaffen wurde.[hall 1] In der Folge entwickelte die Arbeitsgruppe eine sphärische Kapsel, die mit der Interkontinentalrakete R-7 gestartet werden sollte. Das Projekt wurde unter der Rivalität mit den Vereinigten Staaten mit hoher Priorität bearbeitet, um der NASA zuvorzukommen, die im Rahmen des Mercury-Programms ebenfalls ein bemanntes Raumfahrzeug entwickelten.[siddigi 1]

Ein Erlass vom 4. Juni 1960 sah den Abschluss des Testprogramms für das aus drei separaten Modulen bestehende Wostok-Raumschiff für Ende 1960 vor.[hall 2] Im September desselben Jahres schlugen einige der führenden Chefkonstrukteure auf dem Gebiet der bemannten Raumfahrt in einem geheimen Memorandum für das ZK der KPdSU vor, ein Raumfahrzeug für einen bemannten Start im Dezember 1960 vorzubereiten.[hall 3] Der Antrag wurde am 11. Oktober mit der Begründung genehmigt, die Mission habe eine „besondere Bedeutung“.[siddigi 2]

Der Flug verzögerte sich letztendlich aus bisher nicht offiziell bekanntgegebenen Gründen bis April 1961. Der Start der ersten sowjetischen Venus-Sonde Venera 1 bekam wegen des Startfensters im Februar Priorität.[hall 4] Sehr wahrscheinlich hatte auch die („Nedelin-Katastrophe“) vom Oktober 1960 mit mehr als 100 Todesopfern noch erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Kosmodroms.[siddigi 3] Teilweise werden auch technische Probleme verantwortlich gemacht.[1]

Testflüge

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Neben zahlreichen Bodentests wurde zum Abschluß der Entwicklung des Wostok-Raumschiffes eine Reihe unbemannter Testflüge durchgeführt, die unter der Bezeichnung Korabl-Sputnik (KS) zusammengefasst werden:[A 1]

  • Der erste Prototyp eines Wostok-Raumschiffs Korabl-Sputnik 1 wurde am 15. Mai 1960 mit einer modifizierten R-7-Interkontinentalrakete gestartet. Ein Versuch, den Wiedereintritt des Raumfahrzeugs einzuleiten, misslang wegen einer fehlerhaften Ausrichtung zum Bremsmanöver, das Raumschiff gelangte auf eine höhere Bahn. Teile davon stürzten 1962 auf eine Straßenkreuzung in Manitowoc im US-Staat Wisconsin.
  • Am 28. Juli 1960 erfolgte der nächste Versuch. Nur 19 s nach dem Abheben kollabierte der Block-G, die Rakete stürzte in die Steppe. Die beiden Hunde Lisitschka (Pfifferling) und Tschaika (Möwe) starben. Diese Mission erhielt wie bei Fehlstarts damals üblich keine Missionsbezeichnung.
  • Nach diesem Fehlstart erfolgte im August 1960 mit Korabl-Sputnik 2 der zweite und erstmals erfolgreiche Probeflug. An Bord des verbesserten Raumschiffs befanden sich mit Belka und Strelka (russisch für Eichhörnchen bzw. „Weißchen“ und Pfeilchen bzw. „Wegweiser“) auch zwei Hunde zusammen mit mehreren Mäusen, um ihre Reaktionen auf die Schwerelosigkeit zu untersuchen. Die Tiere wurden nach der 24-stündigen Mission geborgen. Es war der erste Flug von Lebewesen in den Erdorbit, der mit einer erfolgreichen Rückführung endete.
  • Korabl-Sputnik 3 startete im Dezember 1960 und war weitestgehend eine Wiederholung des vorhergegangenen Fluges. Die beiden Hunde Pchelka („Bienchen“) und Mushka („kleine Fliege“) starben während des Wiedereintritts, da die Kapsel die korrekte Flugbahn verließ und durch den Selbstzerstörungsmechanismus vernichtet wurde.
  • Eine weitere Mission endete nach dem Start am 22. Dezember 1960 wegen einer Störung in der Oberstufe der Trägerrakete mit einer Notlandung in Sibirien. Die Hunde Schulka (kirgisisch für „Julka“) und Zemchuzina („Perle“) an Bord konnten zwei Tage später gerettet werden. Die Mäuse waren inzwischen erfroren. Die Mission erhielt keine offizielle Bezeichnung.
  • Die für bemannte Flüge entwickelte Version des Wostok-Raumschiffs wurde erstmals am 9. März 1961 eingesetzt. Im Raumfahrzeug befand sich neben der Hündin Tschernuschka („Schwärzchen“) eine Testpuppe Iwan Iwanowitsch mit einem Druckanzug.
  • Der letzte Testflug erfolgte am 25. März 1961 und diente als Generalprobe für die bemannte Mission. Die Hündin Swjosdotschka („Sternchen") war nach der Landung in der Nähe der Stadt Perm zunächst verschwunden. Nach intensiver Suche in der Umgebung fand man Swjosdotschka bei einem Bauern, der sie gerade fütterte.

Auswahl des Kosmonauten

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Die Erste Kosmonautengruppe der Sowjetunion wurde im Jahr 1960 gebildet und bestand aus 20 Luftwaffenpiloten, die zuvor intensiven medizinischen Untersuchungen unterzogen worden waren. Bei der Rekrutierung stand die physische Tauglichkeit im Vordergrund, während die Flugerfahrung wegen der hohen Automatisierung der sowjetischen Raumschiffe eine eher untergeordnete Rolle spielte. Das offizielle Training der Anwärter begann unter der Aufsicht von Nikolai Kamanin am 14. März 1960 in Moskau, da das neu gegründete Ausbildungszentrum außerhalb der Hauptstadt noch nicht fertiggestellt worden war. Der Schwerpunkt der Ausbildung lag zunächst auf medizinischen Versuchen und akademischen Vorträgen; später kamen Fallschirmsprünge und Parabelflüge an Bord der Tu-104 hinzu.

Nachdem der Simulator des Wostok-Raumschiffs betriebsbereit war, wurden am 30. Mai sechs Angehörige der Hauptgruppe ausgewählt, um in einer neu geformten Untergruppe ein beschleunigtes Trainingsprogramm für den ersten Flug zu absolvieren. Die Mitglieder der inoffiziell als „Sechs für Wostok“ bekannten Gruppe waren

Kartaschow und Warlamow schieden wegen medizinischen Problemen aus dem Trainingsprogramm aus, die beiden Kandidaten

rückten nach. Am 18. Juni 1960 besuchten die Absolventen der "Vorhut-Gruppe" zum ersten Mal die Entwicklungsabteilung OKB-1, dem Hersteller der Wostok-Raumfahrzeuge.

Mitte Januar 1961 nahmen die Kandidaten an mündlichen und schriftlichen Prüfungen teil, die ihre Bereitschaft für einen Flug bewerteten. Eine Sonderkommission ermittelte anschließend anhand der Ergebnisse mit Gagarin, Titow und Neljubow die drei aussichtsreichsten Anwärter für die erste bemannte Mission. Gagarin galt als Favorit; so schrieb ein Ausschuss aus Luftwaffenärzten im August 1960 über seinen Charakter:

„[B]escheiden; (…) hoher Grad an intellektueller Entwicklung in Juri offenkundig; fantastisches Gedächtnis; (…) eine gut entwickelte Vorstellungskraft; schnelle Reaktionen; ausdauernd; bereitet sich akribisch auf seine Aktivitäten und Trainingsaufgaben vor; (…) wirkt, als ob er das Leben besser versteht als viele seiner Freunde.[siddigi 4]

Am 17. März 1961 reisten die Mitglieder der Sechsergruppe zum Kosmodrom Tjuratam (Baikonur), um parallel mit den Vorbereitungen für die letzte unbemannte Korabl-Sputnik-Mission (siehe oben) bei einer gemeinsamen Trainingseinheit in der MIK-Montagehalle unter anderem das Anlegen der SK-1-Raumanzüge und den Einstieg in die Wostok-Kapsel zu proben.[2] Der Besuch der Kandidaten wurde vom Tod des Kosmonautenanwärters Walentin Bondarenko überschattet, der am 23. März 1961 bei einem Brand in einer Druckkammer in Moskau ums Leben gekommen war.

Die endgültige Entscheidung für den Einsatz Gagarins als Insassen der ersten bemannten Raummission traf ein staatliches Komitee unter dem Vorsitz von Konstantin Rudnew am 8. April bei einem Treffen in Tjuratam. Die Kommission billigte den Vorschlag Nikolai Kamanins, Gagarin diesen Flug durchführen zu lassen, einstimmig. Als Backup von Gagarin wurde Titow nominiert, dessen Ersatzmann wiederum Neljubow war. Die restlichen Mitglieder der Kosmonautengruppe übernahmen unterstützende Aufgaben, wie die Tätigkeit als Verbindungssprecher zwischen den Bodenstationen und Gagarin an Bord von Wostok 1.

Besatzung

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Ersatzmannschaft

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Unterstützungsmannschaft

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Vorbereitungen

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Modell des Wostok-1-Raumfahrzeugs im Pariser Musée de l’air et de l’espace. In der Bildmitte befindet sich die kugelförmige Landekapsel, die den Kosmonauten beherbergte. Dahinter schließt sich das 2.050 kg schwere Versorgungsmodul mit den grünen Sauerstoffbehältern an.
 
Gagarins Elektrokardiogramm, aufgenommen am 11. April 1961, um 19.35 Uhr, ausgestellt im Kosmonautenmuseum in Moskau.

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Testflugs Korabl-Sputnik-5 (siehe oben) sandte die staatliche Kommission, der die Beaufsichtigung des Wostok-Programms oblag, ein formales Dokument an die kommunistische Partei, in welchem sie die Genehmigung für einen bemannten Start beantragte. Das streng geheime Memorandum, das die Kommission am 29. März unter der Leitung von Rudnew bei einer Sitzung in Moskau ausgearbeitet hatte, sprach von einer Erdumkreisung und einer anschließenden Landung in einem Korridor zwischen den Städten Rostow, Kuibyschew und Perm. Weiterhin wurde festgelegt, entgegen der sonst üblichen Geheimhaltung der sowjetischen Raumfahrtaktivitäten, die erste TASS-Meldung über den Start direkt nach dem Eintreten in die Erdumlaufbahn zu veröffentlichen. Sollte das Raumschiff wegen einer zu geringen Geschwindigkeit der Trägerrakete im Pazifik notlanden, würde dies ebenfalls durch die TASS bekanntgegeben, um die Bergung des Kosmonauten zu „erleichtern“. Das Raumfahrzeug sollte in der öffentlichen Presse die vorher geheime Bezeichnung Wostok bekommen. Das Zentralkomitee der kommunistischen Partei der Sowjetunion, an welche das Gesuch der staatlichen Kommission gerichtet war, erteilte am 3. April 1961 die Genehmigung für einen Start zwischen dem 10. und den 20. April.

Am 2. März 1961 erstellte Konstantin Feoktistow, ein Gruppenleiter im Entwicklungsinstitut OKB-1, zusammen mit seinem Assistenten Oleg Makarow eine Reihe von Anweisungen für Gagarin, die sowohl die geplanten Missionsphasen als auch verschiedene Notsituationen abdeckten. Die Möglichkeiten für den Kosmonauten, die wichtigsten Systeme selbst zu kontrollieren, wurden begrenzt; wichtige Abschnitte wie die Bremszündung gegen Ende des Fluges waren vollständig automatisiert.

Die für den Flug vorgesehenen Kosmonauten Gagarin und seine Ersatzkandidaten Titow und Neljubow hielten sich gemeinsam mit Kamanin bereits ab dem 17. März 1961 auf dem Kosmodrom Tjuratam (heute Baikonur) auf. Der Großteil der Startmannschaft traf dann Anfang April dort ein. Am 6. April fand dort die erste Sitzung der vollen staatlichen Kommission statt, bei der unter anderem Bedenken über die Einsatzfähigkeit der Lufttrockner an Bord der Wostok-Kapsel besprochen wurden. Langzeittests hatten ergeben, dass aus den fraglichen Einheiten bei einem längeren Flug eine Salzlösung austreten könnte. Aufgrund der vorgesehenen Flugdauer von nur eineinhalb Stunden entschloss sich das Komitee, das System im Ist-Zustand zu belassen. Während des nächsten Treffens am 8. April stand die Auswahl des Kosmonauten im Mittelpunkt; die Nominierung Gagarins wurde einstimmig angenommen. Außerdem wurden die Missionsdauer von einer Erdumkreisung sowie die Bahnhöhe von 180 bis 230 Kilometern bestätigt. Der letzte Zusammentritt der Kommission vor dem Start erfolgte am Morgen des 10. April und war in erster Linie eine Formsache für die sowjetische Presse. Am selben Tag wurde die Wostok-Trägerrakete zur Startrampe 1 gebracht, von welcher bereits Sputnik 1 gestartet wurde. Darüber hinaus berechneten Ingenieure die exakte Startzeit (9:07 Moskauer Zeit am 12. April 1961).

Missionsverlauf

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Flugbahn von Wostok 1. Wegen der ostwärts gerichteten Rotation der Erde liegt der Landepunkt zwar geringfügig westlich, jedoch deutlich weiter nordlich Startpunktes.

Nachdem ein Tier während des Testprogramms Symptome der Raumkrankheit gezeigt hatte, wurde der Erstflug des Wostok-Raumschiffs auf einen Erdumlauf (Orbit) verkürzt. Des Weiteren wurden mehrere Notfallprozeduren entwickelt, die die Sicherheit des Kosmonauten gewährleisten sollten. So wählte man für das Raumschiff beispielsweise eine Umlaufbahn, die im Falle einer Fehlfunktion der Bremstriebwerke einen natürlichen Wiedereintritt nach zwei bis sieben Tagen gewährleistet. In der Kapsel befanden sich außerdem ein Vorrat an Wasser und Nahrung für zehn Tage sowie ein Sender, mit dem die Landestelle des Raumfahrers bestimmt werden konnte. Falls die Landung auf nichtsowjetischem Boden erfolgen würde, war der Kosmonaut laut einer Mitteilung an das Zentralkomitee der UdSSR mit „angemessenen Instruktionen“ ausgestattet. Die bemannte Variante des Wostok-Raumschiffs besaß keinen Selbstzerstörungsmechanismus.

Wegen der höheren Anforderungen eines bemannten Flugs wurde das Netzwerk aus Bahnverfolgungspunkten, das sich über die gesamte sowjetische Landmasse erstreckte, auf 13 Stationen erweitert. Daneben betrieb das sowjetische Raumfahrtprogramm eine Flotte von Marineschiffen, da man sich sträubte, wie die USA Bodenstationen im Ausland zu errichten. Jeder der Bahnverfolgungspunkte konnte die Kommunikation mit dem Raumschiff im Orbit für etwa fünf bis zehn Minuten aufrechterhalten, wenn sich die Kapsel in einer Entfernung von weniger als 2000 Kilometern befand. Das Kontrollzentrum für Wostok 1 lag auf dem Gelände des militärischen Forschungsinstitut NII-4 in einem Vorort von Moskau, dem damaligen Bolschwewo-1, seit 2014 Stadtteil von Koroljow. Für die Zusammenstellung der Bergungstruppen für den gelandeten Kosmonauten war eine Einheit der Luftwaffe verantwortlich, der eine Flotte aus 25 Flugzeugen und 10 Helikoptern unterstand.

 
Nachbildung Wostok-Trägerrakete in Moskau
Gagarins Pojechali (Los geht's)
beim Start von Wostok 1

Am Tag vor dem Start erhielt Gagarin von den Raumfahrtingenieuren Konstantin Feoktistow und Boris Rauschenbach eine weitere Unterweisung über den vorgesehenen Flugverlauf. Außerdem besuchte er zusammen mit anderen Kosmonauten die Arbeiter an der Startrampe, die die Trägerrakete in den vorhergegangenen Tagen vorbereitet hatten. Die Nacht auf den 12. April 1961 verbrachte Gagarin zusammen mit seinem Ersatzmann Titow in einer Holzhütte in der Nähe des Startgeländes. Beide Männer trugen Sensoren an ihrem Körper, die die wichtigsten Vitalfunktionen für die Flugärzte überwachten.

Gegen 3:00 Uhr Moscow Standard Time (MSK) am 12. April wurden die verschiedenen Stationen im Kontrollbunker und den Bodenstationen in der Sowjetunion besetzt, womit die Startoperationen offiziell begannen. Um 5:30 Uhr MSK wurden Gagarin und Titow durch den Luftwaffenarzt Jewgeni Karpow geweckt, worauf ein kurzes Frühstück und eine letzte medizinische Untersuchung folgten. Anschließend legten sich beide mit der Hilfe zweier Assistenten ihre SK-1-Raumanzüge an. Die mehrlagigen, orangefarbenen Garnituren wogen rund zehn Kilogramm und sollten den Raumfahrer vor einem möglichen Druckverlust schützen. Gegen 6:30 Uhr MSK bestiegen Gagarin und Titow zusammen mit den Kosmonautenanwärtern Grigori Neljubow und Andrijan Nikolajew den Bus, der sie die kurze Strecke zur Startrampe brachte. Bei seiner Ankunft berichtete Gagarin kurz gegenüber dem Vorsitzenden der staatlichen Kommission, Konstantin Rudnew, dass er für die ihm zugewiesene Mission bereit sei. Danach brachte ihn ein Aufzug an die Spitze der Wostok-Rakete, wo er durch eine Luke das Raumschiff bestieg.

Um 7:10 Uhr MSK aktivierte Gagarin das Funkgerät, das ihn mit dem Konstrukteur Sergei Koroljow im Startkontrollzentrum verband. Gagarin benutzte das Rufzeichen Kedr („Zeder“), während die Bodenstationen Sarja-1 („Morgenröte-1“) verwendeten. Um 7:50 Uhr MSK, eine Stunde nach dem Einstieg Gagarins in die Kapsel, wurde die Luke des Wostok-Raumschiffs geschlossen. Nachdem eine Anzeige darauf hinwies, dass die Luke nicht korrekt verriegelt war, entfernten drei Techniker alle 30 Sicherungsschrauben und schlossen danach die Luke ein zweites Mal. Diese Panne führte zu leichten Verzögerungen, so dass die Umgebung der Startrampe erst 30 Minuten vor dem Abheben geräumt werden konnte. Eine Viertelstunde später wurden die Wartungsplattformen, die die Trägerrakete umgaben, zurückgefahren. Der Countdown wurde eine Minute vor dem Start planmäßig für fünf Minuten angehalten. Gagarin berichtete, dass er bereit für den Start sei und das Arbeiten der Ventile spüren könne.

Wenige Sekunden vor dem Start begann die Zündungssequenz der fünf Triebwerke der ersten und zweiten Raketenstufe. Nachdem die Rakete die volle Schubkraft von knapp 4000 kN erreicht hatte, lösten sich die vier Haltearme. Um 9:06:59,7 Uhr MSK am 12. April 1961 startete Wostok 1 mit Juri Gagarin an Bord.

„Start! Wir wünschen dir einen guten Flug. Alles ist in Ordnung.“

Sergei Koroljow

„Pojechali! [Los geht’s!] Auf Wiedersehen, bis bald, liebe Freunde.[hall 5]

Juri Gagarin

Während des Aufstiegs der Wostok-Trägerrakete erhöhte sich wegen der zunehmenden Beschleunigung die g-Kraft, wodurch Gagarin in seine Liege gedrückt wurde. Die Abtrennung ersten Stufe, die sich aus vier Strap-On-Boostern zusammensetzte, erfolgte 119 Sekunden nach dem Abheben. Eine knappe Minute später wurde die Nutzlastverkleidung abgeworfen, die das Raumschiff während des Aufstiegs vor den aerodynischen Belastungen schütze. Bei einer Belastung von 5 g bemerkte Gagarin leichte Schwierigkeiten beim Sprechen. Nach fünf Minuten Flugzeit schalteten die Triebwerke der zweiten Stufe ab, wodurch die g-Kraft rapide abnahm und Gagarin in den Gurt seines Sitzes gedrückt wurde. Nach dem Ablösen der zweiten Stufe beschleunigte das Triebwerk der dritten Stufe die Wostok auf Orbitalgeschwindigkeit. Gagarins Pulsfrequenz erreichte während der Startphase einen Höchststand von 150 Schlägen pro Minute. Um 9:21 MSK – 676 Sekunden nach dem Abheben – erreichte das Raumschiff die Erdumlaufbahn, nachdem kurz zuvor die dritte Raketenstufe abgetrennt worden war. Wegen geringer Abweichungen des durch die Trägerrakete geleisteten Gesamtimpulses erreichte das Wostok-Raumschiff einen höheres Apogäum als den vorgesehenen Orbit; das Apogäum (größter Erdabstand) lag 70 Kilometer über dem geplanten Wert. Bei einem Versagen der Bremszündung hätte das zu einem längeren Flug geführt.[siddigi 5]

Im Orbit

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Sofort nach dem Eintreten in die Erdumlaufbahn stellte Gagarin eine Funkverbindung mit dem Kontrollzentrum her und bestätigte, dass er sich sehr gut fühle. Er schilderte außerdem die Eindrücke, die er beim Blick aus einem der Bullaugen erhielt.

„Ich sehe die Erde! Ich sehe die Wolken, es ist bewundernswert, was für eine Schönheit![hall 6]

Juri Gagarin

Nach Ende des Flugs schrieb Gagarin, er habe deutlich Gebirgszüge, ausgedehnte Wälder, Inseln und Küstenstriche erkennen können. Darüber hinaus kommentierte er, dass seine Gewöhnung an den Zustand der Schwerelosigkeit reibungslos verlaufen sei.

„Ich nahm keine physiologischen Schwierigkeiten wahr. Das Gefühl der Schwerelosigkeit war ein wenig fremdartig im Vergleich mit [irdischen] Bedingungen. Hier fühlt man sich, als ob man aufgehängt ist. Offensichtlich drückt das straff anliegende Federsystem auf den Brustkorb. (..) Später habe ich mich daran gewöhnt und hatte keine unangenehmen Empfindungen.[siddigi 6]

Juri Gagarin

Während des gesamten Flugverlaufs beschrieb Gagarin in regelmäßigen Abständen seine gesundheitliche Verfassung und den Zustand der Systeme des Raumschiffs. Seine Berichte wurden durch die Kommunikationsanlage auf den Kurzwellenfrequenzen 9,019 MHz und 20,006 MHz sowie auf der Ultrakurzwellenfrequenz 143,625 MHz zu den Bodenstationen in der Sowjetunion weitergeleitet. Daneben konnten Gagarins Kommentare durch ein Tonbandgerät aufgezeichnet werden, falls sich das Raumschiff nicht in Reichweite der Bodenstationen befand . Daneben waren in der Kapsel zwei Fernsehkameras montiert, die eine Profil- sowie eine Frontalansicht Gagarins lieferten.

Gagarins Arbeitsbelastung während des Flugs war äußerst niedrig; die Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen war für Wostok 1 nicht vorgesehen, es ging ausschließlich um den ersten bemannten Weltraumflug an sich. Die Zeit im Orbit nutzte Gagarin im Wesentlichen für Beobachtungen der Erdoberfläche und die Überwachung der Geräte an Bord der Kapsel. Die manuelle Steuerung des Raumschiffs war vor dem Flug blockiert worden, da Mediziner Bedenken wegen möglicher negativer Auswirkungen des Zustands der Schwerelosigkeit auf den Kosmonauten geäußert hatten. Gagarin hätte einen sechsstelligen Code eingeben müssen, um das manuelle Kontrollsystem zu entsichern. Die ersten drei Ziffern waren ihm bekannt, während die drei verbliebenen Stellen des Codes in einem speziellen Umschlag aufbewahrt wurden, den Gagarin nur im Fall eines Verlusts der Funkverbindung öffnen durfte. Dieser Code wurde ihm vor dem Start trotzdem von NN mitgeteilt.

Um 9:49 Uhr MSK trat Wostok 1 über dem Pazifischen Ozean in den Erdschatten ein. Den Übergang zwischen Tag- und Nachtseite beschrieb Gagarin später als sehr abrupt. Gegen 9:51 Uhr MSK aktivierten sich die Sonnensensoren der Lagesteuerung, die das Raumschiff später für die Bremszündung ausrichteten. Außerdem wurde um 9:57 Uhr MSK der Befehl zum Starten des Landesystems durch eine Bodenstation in Chabarowsk an das Raumschiff gesendet. Unterdessen meldete Gagarin fälschlicherweise, dass er sich über den Vereinigten Staaten befinde, obwohl er zu diesem Zeitpunkt den Südpazifik in Richtung Kap Hoorn überflog.

Gegen Ende des Erdumlaufs nahm Gagarin eine kleine Menge von in Tuben gepresster Nahrung zu sich. Er gab an, dass er bei der Nahrungsaufnahme zwar keine Probleme habe, die pürierten Lebensmittel aber keinen Ersatz für irdische Speisen böten. Insgesamt hatten die mitgeführten Nahrungsmittel einen Nährwert von 2.772 Kilokalorien, der von Experten der sowjetischen Akademie der Wissenschaften berechnet worden war.

Rückkehr zur Erde

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Bremsmanöver

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Knapp eine Stunde nach dem Start begann Gagarin mit den Vorbereitungen für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, indem er unter anderem die Rollladen von zwei der drei Bullaugen herunterfuhr und sein Helmvisier schloss. Das Wostok-Raumschiff, das um 10:09 Uhr MSK den Erdschatten verlassen hatte, befand sich derweil in einer leichten Drehung, um die Sonneneinstrahlung gleichmäßig über die Oberfläche zu verteilen. Später wurde das Raumfahrzeug mit Hilfe der Sonnensensoren in die richtige Position für die Bremszündung gebracht, bei der das Triebwerk entgegen der Flugrichtung ausgerichtet ist. Um 10:25 Uhr MSK zündete die Bremsrakete TDU-1 für den geplanten Bremsimpuls, um Geschwindigkeit zu verringern und damit den Wiedereintritt einzuleiten. Beim Brennschluss über Afrika nahm Gagarin eine leichte Zunahme der g-Kräfte wahr.

Kurz vor dem Abschluss des Bremsmanövers kam es zum einzigen schwerwiegenden Zwischenfall der Mission, da der größere Geräteteil des Raumschiffs sich nicht wie vorgesehen von der bemannten Landekapsel trennte. Gagarin wurde sich des Problems durch die Anzeigenleuchten in der Kabine bewusst. Er vermutete, die zusätzliche Masse des Geräteteils würde die Landestelle der Kapsel in den Fernen Osten der Sowjetunion verschieben. Tatsäch erfolgte auf Grund der fehlerhaften Arbeit eines Ventils Brennschluß des Bremstriebwerkes unplanmäßig ca. 1 s zu früh. Diese Information wurde als Störung im Cockpit angezeigt. Der etwas geringere Bremsimpuls war mit Δv = -132 m·s-1 an Stelle der vorgesehenen Δv = -136 m·s-1 für einen sicheren Abstieg völlig ausreichend. Durch das fehlende Signal des planmäßigen Brennschlusses schlossen sich jedoch die Ventile des Treibstoffsystems nicht, es traten weiterhin unkontrolliert die noch unter Druck stehenden Treibstoffkomponenten durch die Brennkammer und Vernierdüsen aus. Dabei erzeugten sie unkontrollierte Momente an der TDU und den Lageregeldüsen, die das jetzt antriebslose Raumschiff in eine heftige Rotation von ca. 30°·s−1 versetzten.[3] Vorerst erschien nur diese ungeplante Rotation des Raumschiffes ungewöhnlich.

„Die Rotation betrug ungefähr 30 Grad pro Sekunde, mindestens. Es war ein vollkommenes ‚Corps de ballet‘: Kopf, dann Fuß, Kopf, dann Fuß, rasch kreisend. (…) Ich hatte gerade genug Zeit mich abzudecken, um meine Augen vor den Sonnenstrahlen zu schützen.[siddigi 7]

Juri Gagarin

Das fehlende Brennschlußsignal unterdrückte allerdings auch die automatische Trennsequenz der Triebwerkssektion.

Wiedereintritt

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Das Raumschiff samt Triebwerkssektion sank rotierend in die oberen Schichten der Atmosphäre, wodurch sich langsam seine Oberflächentemperatur erhöhte. Temperatursensoren triggerten dann ca. 10 min nach Brennschluss die Trennsequenz. Eine solche Abfolge war bei den Wostok-Raumschiffen ohnehin für den Fall eines sich über maximal eine Woche hinziehenden "langsamen" Absinkens des Perigäums bei Ausfall der TDU vorgesehen. So hatte sich diese alternative unabhängige Initiierung der Trennung bei Gagarins unruhigem Wiedereintritt erfolgreich als redundantes System bewährt. Durch die zunehmenden aerodynamischen Kräfte und auf Grund der exzentrischen Schwerpunktlage stabilisierte sich die Rückkehrkapsel während des Wiedereintritts.[3]

 
Landekapsel von Wostok 1 in der Ausstellung des russischen Raumfahrtkonzerns RKK Energija

Gagarin schilderte nach dem Ende des Fluges ausführlich den Verlauf des Wiedereintritts. So berichtete er beispielsweise von einem violetten Glühen, das rund um die Bullaugen entstanden sei. Des Weiteren spürte er eine kurzzeitige Zunahme des Belastungsgrads auf 10 g, wodurch seine Sehkraft für zwei bis drei Sekunden beeinträchtigt wurde und er die Instrumententafel nur noch verschwommen wahrnahm.

In einer Höhe von 7.000 m öffnete sich der Hauptfallschirm des Raumschiffs. Wenig später wurde die Luke über Gagarins Schleudersitz durch Zündung einer Sprengladung abgetrennt und Gagarin zwei Sekunden aus der Landekapsel katapultiert. Die Landeregion lag ca. 300 km entfernt vom vorausberechneten Gebiet in der Nähe der Stadt Saratow, wo die Trainingssprünge der Kosmonauten stattgefunden hatten. In 4000 m Höhe erfolgte die automatische Trennung Gagarins von seinem Sitz, danach öffnete sich sein Fallschirm. Kurz vor dem Aufsetzen wurde auch der Reservefallschirm ausgelöst, auf Grund der geringen Sinkrate jedoch ohne sich zu entfalten oder sich in den Leinen des Hauptfallschirms zu verfangen. Um 10:55 Uhr MSK landete Gagarin nach einer Stunde und 48 Minuten Flugzeit relativ sanft in einem brachen Feld. Die Landestelle  lag 26 Kilometer südwestlich der Stadt Engels in der Oblast Saratow, nahe dem Dorf Smelowka. Als erste fanden eine Bäuerin nebst Enkeltochter, einige Techniker und Soldaten Gagarin.[1] Die leere Landekapsel ging derweil ca. 2,5 km entfernt in einer kleinen Schlucht in der Nähe eines Hauses nieder.  Am Landepunkt des Raumschiffs wurde einige Tage später ein Monument errichtet.

Gagarin wurde später von den Bergungsmannschaften zu einer Militärbasis in der Nähe von Engels gebracht, wo er ein Glückwunschtelegramm des sowjetischen Regierungschefs Nikita Chruschtschow erhielt. Dem Oberbefehlshaber der sowjetischen Luftstreitkräfte meldete Gagarin telefonisch, er habe die ihm zugetragene Mission erfolgreich abgeschlossen. Anschließend wurde der Kosmonaut zu einer Datsche am Wolgaufer in Kuibyschew gefahren, wo ihm sein Ersatzmann German Titow die Glückwünsche der gesamten Kosmonautengruppe übermittelte. Er erfuhr zudem, dass er noch während des Fluges in den Rang eines Majors befördert worden war. Einen Tag später, am 13. April, trug Gagarin der staatlichen Kommission eine detaillierte Darstellung des Flugs vor. Die Bandaufzeichnung dieses als „streng geheim“ eingestuften Berichts wurde am 19. April den Mitgliedern des Zentralkomitees vorgespielt.

Reaktionen und historische Bedeutung

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Der Flug von Wostok 1 zählt neben den Starts des ersten künstlichen Erdsatelliten Sputnik 1 sowie dem Programm mit den Raumstationen Saljut und Mir zu den größten Erfolgen des sowjetischen Weltraumprogramms. Die Mission von Juri Gagarin wird oft mit anderen bahnbrechenden Forschungsreisen wie der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus oder dem Atlantiküberflug Charles Lindberghs verglichen. In der Sowjetunion wurde die erfolgreiche Durchführung des ersten bemannten Raumflugs ferner als großer Triumph im Kalten Krieg gegen die USA angesehen. Wie der Historiker und Raumfahrtexperte Asif Siddiqi in seinem Buch Challenge to Apollo: The Soviet Union and the space race schrieb, seien die Voraussetzungen der Sowjetunion denkbar ungünstig gewesen.

„Die Tatsache, dass diese Leistung von der Sowjetunion erfolgreich durchgeführt wurde, einem nur 16 Jahre zuvor vom Krieg vollständig verwüsteten Land, macht diesen Erfolg noch beeindruckender. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten begann die Sowjetunion aus einer Position von ungeheurem Nachteil. Die industrielle Infrastruktur war vernichtet worden und ihre technologischen Fähigkeiten bestenfalls überholt. Ein Großteil ihres Landes war vom Krieg heimgesucht worden und sie hatte ungefähr 25 Millionen Bürger verloren. Folglich sind Vergleiche des unheimlich dichten Rennens zwischen den beiden Supermächten in den Jahren nach Sputnik in mancher Hinsicht wegen Mangels an Kontext fehlerhaft.[siddigi 6]

Asif Siddiqi: Challenge to Apollo: The Soviet Union and the space race

Sowjetunion

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Die Nachricht des Starts von Wostok 1 wurde in der Sowjetunion durch eine Mitteilung der amtlichen Nachrichtenagentur TASS verbreitet. Die Meldung wurde vor dem Start im militärischen Forschungsinstitut NII-4 verfasst und im Voraus an wichtige Medieneinrichtungen in der Sowjetunion gesendet. 55 Minuten nach dem erfolgreichen Start wurde das Kommuniqué schließlich vom bekannten Nachrichtensprecher Juri Lewitan bei Radio Moskau verlesen.

„Hier spricht Radio Moskau. Diese Meldung wird von allen Radiostationen in der Sowjetunion gesendet (...) Das erste Raumschiff der Welt, ‚Wostok‘, ist heute von der Sowjetunion aus mit einem Menschen an Bord in einen Orbit über der Erde gestartet worden. Der Kosmonautenpilot des Raumschiffs ‚Wostok‘ ist ein Bürger der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Fliegermajor Juri Alexejewitsch Gagarin.[siddigi 6]

Juri Lewitan beim Verlesen der TASS-Meldung

In dem offiziellen Antrag an die FAI zur Anerkennung als Rekordleistung wurde die Landung Gagarins am Fallschirm aus bisher unbekanntem Grund verschwiegen. Nachfragen der FAI ließ man schlicht unbeatwortet. In der Komsomolskaja Prawda erschien ein wahrheitsgetreuer Bericht von der Landung, nachdem Korrespondentenmit Dorfbewohner nahe des Landeortes gesprochen hatten. Er enthielt die Informationen zu der gtrennten Fallschirmlandungauch von einigen DDR-Zeitungen übernommen wurden, .[1]

Am Morgen des 14. April flog Gagarin mit einer kleinen Gruppe von Offiziellen und Korrespondenten nach Moskau, wo die offiziellen Feierlichkeiten zu seiner Rückkehr stattfanden. Bei seiner Landung auf dem Wnukowo-Flughafen erstatte er Chrustschow Meldung, anschließend nahm er seine Frau Walentina in die Arme. Unterdessen hatte sich in den Straßen Moskaus die größte Menschenmenge seit den Siegesfeiern im Jahr 1945 versammelt. Im offene Wagen legten Gagarin und seine Frau Valentina gemeinsam mit Chrustschow den Weg zum Roten Platz zurück wo sich neben Mitarbeitern des Weltraumprogramms auch die gesamte sowjetische Partei- und Staatsführung wie Leonid Breschnew und Frol Koslow eingefunden hatten. Nach kurzen Ansprachen durch Gagarin und Chrustschow fand dann im Krempalast der offizielle Festakt statt. Gagarin wurden dabei der Titel Held der Sowjetunion und der anlässlich seines Flugs gestiftete Titel Fliegerkosmonaut der Sowjetunion verliehen.

Vereinigte Staaten

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Pressekonferenz der NASA nach der erfolgreichen Wostok-1-Mission

In den USA führte Wostok 1 zu teilweise hysterischen Reaktionen wie bereits vier Jahre zuvor der Flug von Sputnik 1, weshalb diese Reaktionen in Anlehnung an den Sputnikschock gelegentlich auch Gagarin-Schock genannt wurden.

Zum Zeitpunkt des Fluges von Wostok 1 stand in den USA deren erster bemannter Raumflug Mercury-Redstone 3 kurz bevor. Der Start von Mercury-Redstone 3, der ursprünglich für Ende Februar oder Anfang März 1961 geplant worden war, verzögerte sich durch massive Probleme bei dem ursprünglich als abschießenden Qualifikationstest gedachten Flug von Mercury-Redstone 2 am 31. Januar 1961. An der Redstone MRLV mussten essentielle Verbesserungen implementiert und getestet werden, die Mercury-Redstone galt noch nicht als „man-rated“. Die NASA setzte daher einen weiteren und ursprünglich nicht geplanten Testflug mit der Missionsbezeichnung Mercury-Redstone Booster Development an. Dadurch konnte die erstmals bemannte Mission Mercury-Redstone 3 erst Anfang Mai 1961 starten. Allerdings war auch dabei für NASA-Astronaut Alan Shepard mit der MRLV nur ein suborbitaler Flug realisierbar, die für Orbitalflüge ausreichend leistungsfähige Atlas war noch nicht ausreichend flugqualifiziert.

Der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA erhielt bereits einige Tage vor dem Start von Wostok 1 Hinweise auf einen bevorstehenden bemannten Flug. Bereits 20 Minuten nach Beginn des Flugs empfing eine Station des Nachrichtendienstes NSA in Alaska Fernsehsignale aus dem Wostok-Raumschiff, die Gagarin in seiner Kabine zeigten. Die Nachricht wurde an das CIA-Hauptquartier in Washington weitergeleitet, dort wurde ein Bericht für Präsidenten John F. Kennedy erstellt.

„Niemand hat es mehr satt als ich[, die Vereinigten Staaten als Zweiten hinter den sowjetischen Triumphen zu sehen]. Wir werden, so hoffe ich, unsere Bemühungen dieses Jahr realisieren können, aber wir liegen zurück. Die Nachricht wird schlimmer werden, bevor sie besser wird, und es wird einige Zeit dauern, bevor wir aufholen.[hall 7]

Erklärung des US-Präsidenten John F. Kennedy

Diskussion über die Anerkennung als neuer Rekord

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In der westlichen Welt brach eine manchmal noch heute geführte Diskussion los, ob Gagarins Flug als neuer Rekord anzuerkennen sei. Dazu wurde auf die Regeln des Internationalen Luftsportverbands FAI verwiesen, wonach der Pilot während des ganzen Fluges das Fluggerät nicht verlassen darf. Da Gagarin jedoch sein Raumschiff noch vor der eigentlichen Landung verlassen hat und mit einem separaten Fallschirm zur Erde zurückkehrte, entsprach das strenggenommen nicht den FAI-Regeln. In dem Zusammenhang wird bis heute immer wieder behauptet, die Sowjetunion habe jahrelang die Details der Landung geheimgehalten, um die Anerkennung des Flugs von Wostok 1 als ersten bemannten Raumflug nicht zu gefährden. Diese Behauptung entspricht definitiv nicht den Tatsachen. So erschienen z. B. am 13. April 1961 in den Zeitungen der Jugendorganisationen Komsomolskaja Prawda in der UdSSR und Junge Welt in der DDR mehrseitige Berichte über Wostok 1, in denen auch der Ausstieg des Kosmonauten aus dem Raumschiff sowohl im Text erwähnt und auch in einer Graphik schematisch dargestellt wurden.

Bis heute wird Gagarins Flug an Bord von Wostok 1 mit einem Apogäum von 327 km von der FAI unter der Nr. 9327 als gültiger Weltrekord für die größte erreichte Flughöhe mit einem einsitzigen Raumschiff (K-2) in einem elliptischen Orbit ausgewiesen.[4] Erst am 15. Oktober 2003 übertraf der chinesische Taikonaut Yang Liwei beim Flug von Shenzhou 5 mit 336 km diese Marke. China beantragte jedoch bisher (Stand November 2022) keine Anerkennung als Rekord.

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Die folgenden in Frage kommende Einzelmissionen habe ich geprüft (≠geringeres Apogäum ✓höher)

  1. Mercury-Programm
  2. Sojus 3
  3. Sojus 4
  4. Sojus 5
  5. Apollo 9 David Scott
    (Soloflug mit CSM-104)≠
  6. Shenzhou 5 Apogäum 336 km

Siehe auch

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Anmerkungen

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  1. Für eine ausführliche Zusammenfassung der Testflüge, siehe Newkirk: Almanac of Soviet Manned Space Flight. S. 18ff und Hall/Shayler. S. 114ff

Literatur

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  • Rex D. Hall, David J. Shayler: The Rocket Men: Vostok & Voskhod. The First Soviet Manned Spaceflights. Springer, Berlin 2001
  • Asif A. Siddiqi: Challenge to Apollo: The Soviet Union and the space race, 1945–1974. NASA SP-2000-4408, 2000
  • Dennis Newkirk: Almanac of Soviet Manned Space Flight. Gulf Publishing Company, Houston 1990
  • Peter Stache: Kedr ruft Sarja – Tonbandaufzeichnungen vom ersten bemannten Weltraumflug. In: Peter Bork (Hrsg.): Fliegerkalender der DDR 1986. Militärverlag der DDR, Berlin 1985, S. 27–35
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Einzelnachweise

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  1. a b c FliegerRevue April 2011, S. 45–47, Gagarins Flug in die Geschichte
  2. Kamanin diaries in der Encyclopedia Astronautica, abgerufen am 2. April 2016 (englisch). Vgl. Eintrag 17. März 1961.
  3. a b Boris E. Chertok: Hot Days of the Cold War. In: Asif Siddiqi (Hrsg.): Rockets and People (= The NASA History Series. SP-2009-4110). NASA, Washington 2012, ISBN 978-0-16-081733-5, Kap. 3, S. 81–83 (englisch, nasa.gov [PDF; 7,5 MB; abgerufen am 17. Mai 2022] russisch: Ракеты и люди. Горячие дни холодной войны. 1999.).
  4. Yuri Alexeevitch Gagarine (URS) (9326) World Air Sports Federation. Altitude in elliptical orbit. FAI; (englisch).
  • Rex D. Hall, David J. Shayler: The Rocket Men: Vostok & Voskhod. The First Soviet Manned Spaceflights. 1. Auflage. Springer Praxis, 2001, ISBN 978-1-85233-391-1.
  1. S. 74
  2. S. 77
  3. S. 135
  4. S. 137
  5. S. 150
  6. S. 151
  7. S. 158
  1. S. 193
  2. S. 255
  3. S. 258
  4. S. 262
  5. S. 277
  6. a b c S. 278
  7. S. 279

Kategorie:Wostok-Mission Kategorie:Raumfahrt (Sowjetunion) Kategorie:Raumfahrtmission 1961