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Deutschenfeindlichkeit bezeichnet eine deutschenfeindliche Gesinnung oder Einstellung. Im Rahmen aktueller Integrationsdebatten wurde parteiübergreifend von Politikern und in einigen Medien zunehmende Deutschenfeindlichkeit insbesondere bei jungen Migranten in Deutschland festgestellt, die in Übergriffen auf deutsche Schüler durch nicht-deutsche und in Gewaltverbrechen wie dem Fall der „Münchner U-Bahn-Schläger[1] zum Ausdruck komme. Andere Stimmen sehen darin einen Kampfbegriff rechter Gruppierungen.[2]

Ende 2009 wurde in der Berliner Mitgliederzeitung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der blz, ein Beitrag „Deutschenfeindlichkeit in Schulen - Über die Ursachen einer zunehmenden Tendenz unter türkisch- und arabischstämmigen Jugendlichen“ veröffentlicht. Erklärend heißt es dort:

„Mit der zunehmenden Segregation der SchülerInnenschaft, insbesondere in den Schulen, die in sozialen Brennpunkten liegen, verstärkt sich eine Art von Deutschenfeindlichkeit unter vielen SchülerInnen mit Migrationshintergrund. Es kommt zu einer wechselseitigen Abschottung. Viele deutsche SchülerInnen empfinden sich als eine abgelehnte, provozierte, diskriminierte Minderheit, meist ohne nicht-deutsche Freunde. In den Klassen komme es, äußern deutsche SchülerInnen, immer wieder zu Beschimpfungen und Konflikten: Namen werden verballhornt, Schüler bedroht und gemobbt. Bei Konflikten erhielten die nicht-deutschen Schüler meist rasch Hilfe von Verwandten oder Freunden. [...] Auch Richter und Polizisten berichten über eine deutlich zunehmende Deutschenfeindlichkeit vor allem unter türkisch- und arabischstämmigen Jugendlichen.“[3]

Der Artikel rief heftige Diskussionen, Leserbriefe und Folgeartikel hervor und wurde von den GEW-Mitgliedern weitgehend zurückgewiesen.[4] Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Maria Böhmer (CDU) forderte, die Berichte von Berliner Schulen ernst zu nehmen.[5] Verschiedene Medien griffen das Thema auf. Regina Mönch diagnostizierte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen „Rassismus in sozialen Brennpunkten, der von muslimischen Schüler ausgeht“, kritisierte das „Schweigen der Schulen über Deutschenfeindlichkeit“ und erklärte es damit, dass Politik und Schulaufsicht die Lehrer gezwungen hätten, das Problem zu verschweigen: „Wer sich nicht daran hielt, bekam Ärger mit der Schulbehörde, wurde versetzt oder anders gemaßregelt.“[6] Die ARD zeigte im Mai 2009 bei Panorama unter dem Titel „Gemobbt und beschimpft - Deutsche Schüler in Ausländerstadtteilen“ - von der türkisch- sowie kurdischstämmigen Reporterin, Journalistin sowie Buchautorin Güner Balci gedreht - eine Dokumentation über eine Hauptschule in Berlin-Neukölln, an der Beschimpfungen und Tätlichkeiten gegen deutsche Schüler zum Alltag gehörten.[7] Ein halbes Jahr, im Januar 2010, später zeigte Panorama - erneut von Güner Balci gedreht - die Lage nach dem Veröffentlichen der Dokumentation; jene Lage hatte sich für die betroffenen verschlimmert.[8] Widerum ein halbes Jahr später zeigte die ARD unter dem Titel „Kampf im Klassenzimmer – Deutsche Schüler in der Minderheit“ - erneut eine Dokumentation von Güner Balci, diesesmal jedoch in Zusammenarbeit mit ihrer Kollegin Nicola Graef - über eine Hauptschule in Essen-Karnap, wo deutsche Schüler ebenfalls in der Minderheit sind und denen das gleiche widerfährt wie denen in Berlin-Neukölln.[9] Auch Zeit online[10] und n-tv[11] griffen das Thema auf. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) bezeichnete im Oktober 2010 Deutschenfeindlichkeit als eine Form des Rassismus:

„Es gibt in unseren Schulhöfen und es gibt in unseren U-Bahnen und S-Bahnen ein Problem mit Deutschenfeindlichkeit. Da werden deutsche Kinder und Jugendliche dafür angegriffen, weil sie Deutsche sind [...] Auch das ist eine Form von Rassismus.“[12]

Sie selbst sei mehrfach als „deutsche Schlampe“ beschimpft worden, nachdem sie sich als Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema Islamismus geäußert habe. Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und der Bündnis 90/Die Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir forderten ein konsequentes Einschreiten. Özdemir erklärte, die Deutschenfeindlichkeit auf Schulhöfen sei genauso wenig akzeptabel wie jede andere Form von Diskriminierung.[12] Hintergrund von Schröders Äußerungen war neben den Veröffentlichungen der GEW unter anderem eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen[13], die neben „weitestgehend positiven“ Einstellungen von Migranten gegenüber Deutschen auch festgestellt hatte, „dass bei einem kleinen Teil der Migranten ein Verhalten zu beobachten ist, dass als „deutschfeindlich“ bezeichnet werden kann“. So hätten etwa 4,7 % der nichtdeutschen Jugendlichen schon einmal einen Deutschen geschlagen und verletzt, weil er Deutscher war, wobei türkische Jugendliche und Jugendliche aus dem ehemaligen Jugoslawien häufiger als andere Migrantengruppen ein solches Verhalten gezeigt hätten. Der Institutsleiter Christian Pfeiffer sah seine Studie allerdings missverstanden, sprach von einem „Missbrauch unserer Thesen“ und stellte letztlich fest, „eine generelle Deutschenfeindlichkeit gibt es nicht“.[14][15]

Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) warnte vor einer zu beobachtenen Diskriminierung der Deutschen im eigenen Land und vor einem „übersteigerten Ehrgefühl gerade junger türkischer Männer“.[16] Heinz Buschkowsky (SPD), Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, erklärte, Deutschenfeindlichkeit sei „ein kulturell muslimisches Problem“.[17] Der integrationspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Kai Gersch, forderte im November 2010 einen Aktionsplan gegen Deutschenfeindlichkeit.[18]

Theorien zu den Ursachen

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Yasemin Shooman vom Zentrum für Antisemitismusforschung erachtet „Deutschenfeindlichkeit“ in der Gegenwart als Kampfbegriff rechtsextremer und rechtspopulistischer Gruppierungen. Ihrer Auffassung nach deute der Umstand, dass Übergriffe und Beleidigungen gegen „weiße“ Deutsche nicht aus Schulen gemeldet würden, die von gutbürgerlichen Schülerinnen und Schülern mit „Migrationshintergrund“ besucht würden, daraufhin, dass es sich um ein schichtspezifisches und damit soziales Phänomen handele, dessen Ursachen nicht kulturalisiert werden dürften.[19]

Der Sozialwissenschaftler Wolfgang Pohrt, der früher als Vordenker der Antideutschen galt, von denen er sich jedoch inzwischen distanziert, stellte allerdings bereits 2004 fest: „Was die Ressentiments gegen Ausländer betrifft, so sprechen übrigens Indizien dafür, dass es sich dergleichen derzeit am stärksten bei türkischen Jugendlichen entwickelt, nämlich ein ausgeprägter Deutschenhass.“ Als Ursache vermutete Pohrt: „Menschen brauchen soziale Kontrolle, und für die Ausländer in Deutschland gibt es davon derzeit zu wenig.“[20]

Strafrechtliche Relevanz

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Im Rahmen einschlägiger Ermittlungsverfahren prüfte die Berliner Polizei, ob man gegen deutschenfeindliche Gewalttäter auch wegen Volksverhetzung vorgehen könne. Dem stand im Ergebnis entgegen, dass zum einen die Täter trotz Migrationshintergrund selbst deutsche Staatsangehörige waren, und zum anderen Volksverhetzung laut Strafgesetzbuch nur vorliege, wenn zum Hass gegen „Teile der Bevölkerung“ aufgestachelt werde. Kurioserweise seien Deutsche aber kein „Teil“ derselben.[1]

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b Frank Schirrmacher: Jugendgewalt: Junge Männer auf Feindfahrt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Januar 2008, Nr. 12, S. 31
  2. Andrea Dernbach: Rassismus gegen Deutsche? Das falsche Wort. In: ZEIT ONLINE. 5. Juli 2011, abgerufen am 13. August 2013.
  3. Andrea Posor / Christian Meyer: Deutschenfeindlichkeit in Schulen. Über die Ursachen einer zunehmenden Tendenz unter türkisch- und arabischstämmigen Jugendlichen, blz. Die Mitgliederzeitung der GEW Berlin, Nr. 11/2009
  4. blz, 12/2010
  5. Günther Lachmann: Angriff auf die Deutschenfeindlichkeit, Die Welt, 8. Oktober 2010
  6. Regina Mönch: Rassismus: Das Schweigen der Schulen über Deutschenfeindlichkeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Oktober 2010
  7. Einschüchterung in der Ghettoschule - Deutsche Schüler in der Minderheit. Norddeutscher Rundfunk, abgerufen am 14. November 2012.
  8. Panorama - die Reporter: Nachgehakt. Norddeutscher Rundfunk, abgerufen am 14. November 2012.
  9. Rückschau: Kampf im Klassenzimmer, DasErste.de, 21. Juli 2010
  10. Jörg Lau: "Schweinefresser", Zeit online, 8. Oktober 2010
  11. Hilferufe aus deutschen Schulen: Deutschfeindlichkeit nimmt zu, n-tv, 8. Oktober 2010
  12. a b Schröder warnt vor Deutschenfeindlichkeit, Spiegel online, 10. Oktober 2010
  13. Dirk Baier, Christian Pfeiffer, Susann Rabold, Julia Simonson, Cathleen Kappes: Kinder und Jugendliche in Deutschland: Gewalterfahrungen, Integration, Medienkonsum - Zweiter Bericht zum gemeinsamen Forschungsprojekt des Bundesministeriums des Innern und des KFN, 2010
  14. David Böcking: Niemand liebt die Deutschen so wie die Türken, ftd.de vom 11. Oktober 2011, abgerufen am 30. Januar 2011
  15. Simone Schmollack: Kartoffeldebatte ohne Beweise, taz.de vom 15. November 2010, abgerufen am 30. Januar 2011
  16. Integrationsdebatte: Bouffier warnt vor Deutschen-Diskriminierung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Oktober 2010
  17. Buschkowsky im Interview: "Das ist ein kulturell muslimisches Problem", Der Tagesspiegel, 6. Oktober 2010
  18. Berliner Aktionsplan für Toleranz und gegen Deutschenfeindlichkeit, eingebracht von Kai Gersch und Mieke Senftleben, FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus Berlin
  19. Yasemin Shooman: „Deutschenfeindlichkeit“ – Was soll das sein?, Redaktion mut-gegen-rechte-gewalt.de (Amadeu Antonio Stiftung), abgerufen am 29. Januar 2011.
  20. Wolfgang Pohrt: „Zoff im Altersheim“, in: FAQ, Berlin 2004, S. 9-18

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