Übersetzung des Interviews mit Matha Bühler in Lebenslinien:

(Text möglichst nahe am Originalton – Lichtensteiner Dialekt aus Triesenberg)

"Ich bin am 6. Februar anno 1951 im Berg (Triesenberg) droben auf die Welt gekommen. Wir haben in einem ganz alten Haus gewohnt. Es steht heute nicht mehr, man hat es abgebrochen. Dort war dann später das Hotel Marha Bühler. In den 50er Jahren war es noch nicht so exklusiv – muss ich sagen. Wir hatten keine Heizung im Haus und auch keine Dusche/WC. Aber wir hatten trotzdem eine wunderbare Jugend. Ich bin im Berg zusammen mit einer älteren Schwester aufgewachsen. In diesem Haus Nr. 15, wie es damals noch geheissen hat. Heute haben sie andere Nummern. Das Haus stand leicht in einem Loch (Mulde). Der Däta (Vater) hiess Egon Bühler. Darum sagte man zu ihm; Loch Egon – weil das Haus in einem Loch drinnen war – dort sind wir miteinander aufgewachsen. Der Vater hatte einen Landwirtschaftsbetrieb und darum mussten wir heuen (helfen das Heu einsammeln) oben in allen Hügeln. Meistens ging man zu Fuss. Die Mutter kam dann hinterher. Sie hatte in einer Kanne drinnen eine Suppe und diese hat man dann gegessen. Und auf diese Weise hat man den Sommer verbracht. Im Frühling waren wir unter der Woche jeweils drinnen im Steg (Weiler Richtung Malbun) mit dem Vieh. Dort mussten wir auf das Vieh aufpassen und die gingen ja nicht auf die Alp, und dann fing man an zu heuen. Und dann kam der Winter und damals gab es im Berg oben noch richtige Winter. Damals konnte man noch auf der Strasse Skifahren. Oberhalb des Hauses mussten wir noch treten (mit den Skiern den Hang hoch treten), weil es noch keine Lifte gab. Mit den Nachbarn haben wir eine Piste gemacht und dort habe ich eigentlich Skifahren gelernt - an das kann ich mich noch erinnern. Der Vater konnte auch gut Skifahren – er war einmal Landesmeister - in den 40er Jahren - glaube ich. Und er hat uns damals mit dem Jeep - da war hinten ein Strick - an dem wir uns halten konnten. Und dann ist er jeweils am Mittwochnachmittag - den ganzen Nachmittag mit uns zum Tunnel hinauf gefahren und dort sind wir dann über den Hügel hinunter gefahren. Früher ging dies noch, es hatte noch wenig Strassen, praktisch keine und auch kein Verkehr im Winter, weil im Malbun gab es noch keine Lifte oder sonst etwas. Und da fuhren wir den ganzen Mittwochnachmittag hinunter bis ganz nach Hause. In der Zwischenzeit stand er auch wieder da und wir hatten uns wieder an den Strick angehängt. Und das war eigentlich das erste Training, das ich hatte. Ich ging im Berg in die Volksschule. Wir waren eine ganz grosse Klasse. Wir waren etwa 22 Buben und nur acht Mädchen, 30. Und dann musste man damals natürlich zu Fuss in die Schule, es hat einem niemand gebracht. Aber wir waren ja im Zentrum im Berg zuhause, für mich war dies kein Problem. Im Winter hat man natürlich für die Pause den Schlitten mit, weil man dann in jener Viertelstunde, in der wir Pause hatten, da sind wir jeweils im Hof hinunter geritten, mit dem Schlitten. Dann musste man ihn natürlich wieder hinauf ziehen und auf diese Weise hat man den Winter verbracht in der Schule. Es war also sehr schön - das muss ich sagen.

Mit dem Lehrer weiss ich eigentlich keinen Streich, es kommt mir nichts in den Sinn. Als wir Kinder waren, hatten wir jeweils auf der Strasse, an einen Bändel eine (kleine) Geldtasche gebunden, diese legten wir in die Mitte der Strasse, den Bändel mit Kies zugedeckt, und wenn jemand kam, dachten diese, sie fänden eine Geldtasche mit Geld. Und wenn die Leute kamen, zogen wir es wieder zurück und mussten natürlich lachen, weil nichts drinnen war.

Damals hat sich heraus kristallisiert, dass ich gut Skifahren kann. Und damals gab es schon fast so etwas, wie ein Jugendkader. Ich ging dann in die Realschule nach Vaduz und um frei zu bekommen, war jeweils schwierig dazumal - also man bekam fast nicht frei. Da mussten die Eltern ein Schreiben einreichen, dass man an ein Skirennen ging oder was immer auch. Nur wenn der Lehrer mir gut gesinnt war, bekam ich frei und konnte ins Training. Sonst war dies eigentlich fast nicht möglich damals. Man hatte vielleicht noch nicht so viel Verständnis für den Sport, wie heute - hatte auch einen anderen Stellenwert - ist ja klar. Damals ging es ja auch erst los mit dem Skifahren - in den 60er Jahren. Wir hatten auch mit dem Training nicht Möglichkeiten gehabt. Anno 64 wurde der erste Skilift im Malbun gebaut und dann konnte man dort hinein. Jeweils an einem Mittwochnachmittag, damals hatte man noch frei am Mittwochnachmittag, gingen wir ins Malbun Skifahren - am Samstagnachmittag ein wenig und am Sonntag. Aber sonst hatte man keine Trainingsmöglichkeiten. Und vom Sommer gar nicht sprechen, es war nicht möglich zu einen Gletscher hinauf - das kam erst viel später. Wir konnten nur im November, wenn es Schnee hatte, wie heute zum Beispiel, dann konnte man ins Malbun Skifahren. Im Berg oben gab es auch keine Velos (Fahrräder) zu dieser Zeit - weil die Velos waren natürlich nicht so entwickelt, dass man mit ihnen hätte ins Malbun hinauf fahren können, wie heute. Dann im Sommer – also ich musste viel heuen gehen mit dem Vater in alle Hügel hinauf – das war auch ein Training. Und natürlich ist man viel gelaufen - in die Berge sehr viel. Ich habe damals alle Gipfel bezwungen - heute käme ich nicht mehr hinauf - aber dank des Vaters hatten wir jeden Sonntag eine Bergtour gemacht. Ja - das war, denke ich, das einzige Training. Und ein wenig Krafttraining hatte man gemacht – aber Velofahren gab es nicht. Ich kann mich nur noch erinnern - damals hatte man die Liechtensteiner Jugendmeisterschaften, diese wurden von Rudolf Schädler ins Leben gerufen. Ich war damals die erste Jugendmeisterin, die es gab, in diesem Land. Meine Schwester war Zweite (2. Rang). Und von da an, hat man Regionalrennen gefahren in der Schweiz. Und anno 67 waren wir in Gries am Brenner, schon mit einer kleinen Delegation. Für die Junioren - Weltmeiserschaft, das weiss ich jetzt zwar nicht mehr, aber für die Europameisterschaft sicher, sind wir nach Gries gefahren und haben die Rennen dort mitgemacht. Aber ich kann mich nicht mehr erinnern, die wievielte ich war. Aber ich kann mich noch erinnern, Arnold Beck, der heute das Skimuseum führt, war ein ganz guter Wachskollege. Und wir hatten eigentlich die bestgewachsten Skier dort drinnen, dank Noldi Beck - mag mich noch gut erinnern.

Ich habe die drei Jahre Realschule gemacht, was damals für die Mädchen fast das einzige war – ein Gymnasium hat es ja noch nicht gegeben. Und nach den drei Realschuljahren ging ich in ein Büro arbeiten in Vaduz. Und im Herbst habe ich gesagt; Ich kann jetzt leider nicht mehr bleiben - weil - ich muss jetzt ins Training. Im November sind wir tatsächlich drei Wochen nach Zermatt hinauf - auf den Gletscher zum trainieren - das war anno 67. Und damals wusste man auch, dass ich anno 68, im Februar, als erste Frau an die Olympiade nach Grenoble gehen kann. Und ich war damals 16, als wir abgereist waren. Und am Eröffnungstag, am 6. Februar, wurde ich 17. Die Alpinen, wir haben in Chamrousse gewohnt – es war ziemlich weit von Grenoble entfernt. Das war ein wenig ein Nachteil an den Olympischen Spielen – man hatte keinen Zusammenhang zu anderen Athleten. Man war ein wenig isoliert in diesem Chamrousse oben. Und dann kann ich mich noch erinnern - da hat man das Abfahrtstraining bestreiten müssen. Früher sagte man Nonstop-Training - man konnte ja nur einmal hinunterfahren. Und dann, Rudolf Schädler, er war mein treuer (Versprecher) Betreuer und Trainer, ging mit mir zum Start hinauf, hat mir eigentlich einen Helm aufgesetzt und gesagt; jetzt musst du diesen Steilhang hinab fahren. Da habe ich gesagt; da hinab trau ich mich nicht zu fahren. Ich war ja erst 17 und hatte ja gar kein Abfahrtstraining in meinen Füssen. Und dann hat er gesagt; da musst du hinab fahren, das ist die Olympiade. Wir hatten von der Ausrüstung her jeweils das Beste, wie heute, das Beste gehabt, was es gab, wie heute auch. Sie waren die Vorläufer, von dem was wir danach fahren und so.(unklar) Wir hatten sicher Top-Ausrüstungen und das weiss ich noch, damals hat es auch den ersten Rennanzug gegeben - das war auch eine Sensation - am Stück und bereits dehnbar. Aber er war so fest, man konnte fast nicht in die Hocke hinunter - das Material war so fest. Heute ist es ja wie eine zweite Haut. Wir hatten auch damals bereits Sturzhelme - vorher hatten sie keine Metallsturzhelme - so mit Leber - aber wir hatten damals bereits richtige Sturzhelme. Und die Stecken (Stöcke) waren gerade, nicht gebogen. Und was früher noch war, wir hatten keine Kip-Stangen. Dazumal sind die Tore stehen geblieben. Da ging es oftmals zwei Stunden, bis ein Lauf über die Bühne war, weil die Stecken (Stangen) jeweils brachen und man musste sie neu einstecken. Also da hat sich schon viel getan - das muss man sagen. (08:37/22:41)

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