Sindermann, Kurt Alfred (1904 – 1945) Biografie: Geboren am 13. April 1904 in Dresden, Sohn des Buchdruckers und (seit 1892) sozialdemokratischen Funktionärs Karl Sindermann (* 1869 – † 1922), der von 1899 bis 1904 an der Spitze der Landesorganisation Sachsen stand, von 1903 bis 1907 SPD-Reichstagsabgeordneter und von 1909 bis 1922 sächsischer Landtagsabgeordneter war. Kurt Sindermann lernte Eisenschiffbauer, arbeitete dann als Schlosser und Elbschiffssteuermann. Er schloß sich 1920 zunächst der SAJ und später der SPD an. 1923 Mitglied der KJD und der KPD, 1925 wurde er Leiter des KJVD Ostsachsens, Anfang 1927 dort Leiter des RFB. Von November 1927 bis März 1929 Kursant der Internationalen Leninschule in Moskau. Im Mai 1929 als Abgeordneter in den Sächsischen Landtag gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Im August 1929 Polleiter des Bezirks Ostsachsen. Nach der Zusammenlegung der sächsischen Bezirke von 1930 bis 1933 UB-Leiter in Chemnitz und hier wesentlich an der Ausschaltung der KPO-Gruppe beteiligt. Sindermann leitete ab März 1933 die illegale KPD in Dresden, dann im Bezirk Niederrhein. Bereits am 23. Juni 1933 in Wuppertal festgenommen, am 31. Oktober 1934 vom VGH zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, dann im KZ Sachsenhausen, zuletzt in Buchenwald eingesperrt. Anläßlich der Amnestie zu Hitlers 50. Geburtstag am 20. April 1939 freigelassen, aber am 1. September 1939 wieder verhaftet und erneut nach Buchenwald überführt. Dort am 16. Januar 1940 entlassen, aber in Dresden wiederholt festgenommen und verhört. Über das weitere Schicksal Kurt Sindermanns liegen widersprüchliche Informationen vor. Im März 1964 berichtete beispielsweise Wilhelm Grothaus (* 1893 – † 1966), Mitglied der Widerstandsgruppe von Georg Schumann für Dresden: »Infolge Verrates durch den früheren Kommunisten Brüderlein in Leipzig und den Kommunisten Kurt Sindermann in Dresden wurde die aktive Leitung der Widerstandsgruppe Schumann, der ich selbst angehört habe, und auch viele andere Mitglieder dieser Widerstandsgruppe Mitte des Jahres 1944 verhaftet ... Etwa Anfang des Jahres 1943 sprach in meiner Wohnung in Dresden ein Mann vor, der sich als Kurt Sindermann vorstellte und vorgab, sich im Auftrag von Schumann-Leipzig bei mir zu melden, um für illegale Arbeit im Bezirk Dresden eingesetzt zu werden. Ich kannte Sindermann nicht ...Ich bin am folgenden Tag nach Leipzig gefahren, um festzustellen, ob Schumann über diesen angeblichen Sindermann unterrichtet war. Schumann erklärte mir folgendes: Es handele sich tatsächlich um Kurt Sindermann. In der Annahme, daß Sindermann mir bekannt sei, habe er ihm das vereinbarte Erkennungszeichen nicht ausgehändigt. Sindermann sei aus einer seit langem sozialistischen Familie hervorgegangen und auf der Leninschule in Moskau ausgebildet. Er sei auch Abgeordneter des Sächsischen Landtags gewesen ... Auf meine Frage, aus welchen Gründen Sindermann als Kommunist aus dem Konzentrationslager entlassen worden sei ... erklärte Schumann: Seine Frau habe ein Entlassungsgesuch eingereicht und sich dafür verbürgt, daß er sich in Zukunft nicht mehr in staatsfeindlicher Weise betätigen würde. Restlos überzeugt war ich zwar nicht, aber auf Anweisung Schumanns habe ich Sindermann für die illegale Arbeit in Dresden eingesetzt. In der Folgezeit kam es zu einzelnen Verhaftungen von Kommunisten in den Bezirken Dresden, Leipzig und Chemnitz. Auf meine Rückfrage bei Schumann erklärte dieser, daß es ausgeschlossen sei, daß Sindermann mit diesen Verhaftungen in Verbindung gebracht werden könne ... Kurz darauf setzte die Verhaftungswelle gegen die Widerstandsgruppe Schumann ein. Daß Sindermann aber der Verräter und Agent der Gestapo war, stellte ich selbst im Polizeigefängnis in Dresden-Schießgasse fest, wo Sindermann, der zum Schein auch verhaftet worden war, seine Spitzelarbeit unter den politischen Gefangenen fortsetzte ... Sindermann tauchte in den Tagen des Zusammenbruches in einem Flüchtlingslager in Radebeul unter. Er wurde erkannt und hat vor seinem Tode folgendes erklärt: Die Leitung des Konzentrationslagers Dachau sei an ihn herangetreten und habe ihm unter der Zusage sofortiger Entlassung und der Zusicherung materieller Vorteile angetragen, Spitzeldienste für die Gestapo zu leisten. Er habe das zunächst abgelehnt, sei aber dann doch auf das Angebot eingegangen, in der Annahme, dass er die Gestapo hinhalten und hinters Licht führen könne ... Er [habe] zunächst einzelne kleinere Fälle verraten, sei dann aber immer tiefer in die Netze der Gestapo verstrickt worden ... Sindermann wurde im Flüchtlingslager Radebeul erschlagen.« Grothaus verwies darauf, daß Kurts jüngerer Bruder Horst Sindermann (* 1915 – † 1990) einer der Führer der SED war. Im Zusammenhang mit der nach der Befreiung einsetzenden Untersuchung gegen Kurt Sindermann liegt eine ganz andere Mitteilung der KPD-Kreisleitung Großenhain vom 3. November 1945 an die Abteilung Kader der KPD-BL Sachsen über den Tod von Kurt Sindermann vor. In ihr heißt es: »Der ehemalige Landtagsabgeordnete Kurt Sindermann war in Radeberg im KZ. Er wurde dort am 17. März 1945 von seinem Arbeitsplatz von 2 Gestapoleuten abgeholt. Er wurde auf der Chaussee abtransportiert und ungefähr 500 m weit vom Lager von der Gestapo erschossen.« Kurt Sindermanns Frau Anni Sindermann, geborene Nietsche (* 17. Februar 1912 – † 4. 2. 1990), Textilarbeiterin, war seit 1925 im KJVD und 1929 in der KPD. Am 14. März 1933 wurde sie als Geisel für ihren Lebensgefährten, den sie dann 1934 heiratete, verhaftet und neun Monate in »Schutzhaft« festgehalten. Am 27. April 1935 erneut festgenommen und am 6. August 1936 vom OLG Dresden zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, die sie in Waldheim verbüßte. Von 1939 bis 1943 Kartonagenarbeiterin. Am 26. Juni 1944 mit ihrem Mann verhaftet, saß sie bis 1945 im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Sehr um die Aufklärung des Schicksal ihres Mannes bemüht, mußte Anni Sindermann im Sommer 1945 der KPD- Untersuchungskommission unter Max Opitz Auskunft geben. Sie widersprach der Behauptung, daß Kurt Sindermann ein Verräter gewesen sei, bestätigte aber, daß er dem Druck der Gestapo nicht gewachsen war. 1956 teilte Anni Sindermann dann schriftlich mit: »Im Frühjahr 1944 kam nach Dresden der Genosse Saefkow, um auch Dresden mit in die zentrale Arbeit der Partei einzubeziehen. Bei dieser Zusammenkunft hat mein Mann dem Genossen Saefkow alles berichtet, in welcher mißlichen Lage mein Mann gegenüber der Gestapo war. Der Genosse Saefkow hatte aber Vertrauen zu meinem Mann und hat ihn mit in die illegale Arbeit der zentralen Leitung einbezogen. Die Gestapo konnte hier meinem Mann viel Konkretes nachweisen, weil auch hier mein Mann mit einem Genossen zusammengearbeitet hat, der zum Spitzel geworden war. Es handelt sich hier um einen jungen Genossen aus Leipzig, der mit meinem Mann in Buchenwald war. Der Name ist mir leider entfallen. Zu einem Prozeß ist es nicht gekommen, aber am letzten Freitag im März 1945 hat die Gestapo meinen Mann in Radeberg bei Dresden erschossen. Ich möchte hier sagen, daß das Verhalten meines Mannes vor der Gestapo vielleicht nicht immer eines Genossen würdig war. Wichtig ist aber, er ist nicht zum Verräter geworden.« In einem überlieferten Bericht der Gestapoleitstelle Dresden vom Sommer 1944 ist schließlich vermerkt: »Die Stapoleitstelle Dresden nahm den ehemaligen kommunistischen Landtagsabgeordneten Kurt Alfred Sindermann (geb. am 13. 3. 04 zu Dresden) und dessen Ehefrau fest. Sindermann war für das Referat IV H tätig gewesen. Er hatte über diese Tätigkeit mit anlaufenden KPDFunktionären gesprochen, seiner auftraggebenden Dienststelle diese Funktionäre jedoch verheimlicht. « Anni Sindermann wurde im August 1946 Sekretärin des Landesvorstandes der IG Druck und Papier Sachsens, 1949 Leiterin der Abteilung Kader und bis 1961 Sekretariatsmitglied bzw. bis 1972 des Präsidiums des Zentralvorstandes der IG Druck und Papier. Ab 1962 politische Mitarbeiterin für internationale Arbeit im ZV der IG Druck und Papier. Sie erhielt 1987 den Karl-Marx-Orden.

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