Bondgraph

grafische Darstellung des mathematischen Modells eines physikalischen dynamischen Systems
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Ein Bondgraph ist die grafische Darstellung (oder graphische Darstellung) des mathematischen Modells eines physikalischen dynamischen Systems. Graphen bestehen aus Kanten und Knoten, wobei die Knoten Objekte oder Zustände repräsentieren und Kanten für materielle, energetische oder informatorische Verbindungen zwischen den Knoten stehen. Andere bekannte Formen grafischer Darstellungen von Modellen dynamischer Systeme sind das Blockdiagramm (Blockschaltbild) und der Signalflussplan. Während die Kanten im Blockdiagramm uni-direktional sind, stellen die Kanten des Bondgraphen (englisch Bond, deutsch ,Verbindung' ) den bi-direktionalen Austausch von physikalischer Energie zwischen den Knoten dar. Mit Bondgraphen fällt es leicht, Multi-Domänen-Systeme[1] darzustellen, wie sie typischerweise im Fachgebiet der Mechatronik häufig auftreten.

Ein physikalisches dynamisches System besteht aus Objekten, die beispielsweise in der Elektrotechnik als Eintore (Zweipole), Zweitore (Vierpole) oder Vieltore (Multipole, englisch ,multiport') bezeichnet werden. Schon im 19. Jahrhundert wurde von dem britischen Physiker Oliver Heaviside die Elektro-Hydraulische Analogie entwickelt, in der Bezüge zwischen den Gesetzmäßigkeiten hydraulischer und elektrischer Systeme dargelegt wurden. Ähnliches lässt sich auch für andere Domänen wie der Mechanik, dem Magnetismus und der Thermodynamik feststellen. Zwischen den Systemobjekten fließt Energie (), d. h. es wird Leistung übertragen. Der Übertragungsweg wird als Bond bezeichnet, wobei die Leistung immer als das Produkt zweier Leistungsvariablen, einer Flussvariablen und einer Potentialvariablen (auch „Potenzialvariable“) darstellt werden kann. Die Flussvariable wird im Englischen als Flow (deutsch Fluss) und mit dem Kleinbuchstaben „f“ bezeichnet, die Potentialvariable heißt Effort und wird mit dem Kleinbuchstaben „e“ bezeichnet. Diese Variablen werden auch als allgemeingültige oder generalisierte Variablen bezeichnet. Beispielsweise ist in der elektrischen Domäne die Flussgröße der elektrische Strom i und die Effortgröße die elektrische Spannung U, weil für die elektrische Leistung gilt: .

Zwei Multiports A und B, die durch einen Leistungsbond untereinander verbunden sind.

Die in Signalflussplänen üblichen Verbindungen zwischen Blöcken werden als „normale“ Pfeile ( ) dargestellt. Ein Leistungsbond[2] wird in einem Bondgraphen als Halbpfeil[3] dargestellt, der zwei Objekte des Systems miteinander verbindet. Die Wahl des Halbpfeils dient zur Unterscheidung von Signalverbindungspfeilen. Tritt in einem Bondgraphen keine wesentliche Leistungsübertragung zwischen zwei Multiports auf, sondern nur eine Informationsübertragung, so wird diese Verbindung als Informationsbond bezeichnet und mit dem üblichen Pfeilsymbol dargestellt. Am Leistungsbond kann man zur Kennzeichnung oberhalb des Halbpfeils den Effort e und unterhalb den Flow f notieren. Die Richtung des positiven Energieflusses kann mit Hilfe der Richtungsinformation des Halbpfeils willkürlich gewählt werden, sollte sich aber sinnvollerweise an den tatsächlichen physikalischen Gegebenheiten orientieren. Ist beispielsweise der Multiport A eine Energiequelle und der Multport B eine Energiesenke, so entspricht die Richtung des Leistungsbonds der physikalischen Richtung des Energieflusses.

Um aus einem Bondgraphen eine Zustandsraumdarstellung ableiten zu können, die in der Regel für eine computergestützte Simulation des Systems benötigt wird, ist als weitere Information im Bondgraphen die Kausalität der Leistungsbonds erforderlich. Dazu wird mit einem kurzen Querstrich am Anfang oder am Ende des Bonds die Richtung des Efforts in diesem Bond gekennzeichnet. Die Kennzeichnung der Kausalität ist dabei nicht willkürlich, sondern erfolgt nach den weiter unten beschriebenen Regeln. Die Kausalität legt fest, welche der beiden Leistungsvariablen die unabhängige und welche die abhängige Variable darstellen.

Das Konzept des Bondgraphen wurde von dem amerikanischen Professor Henry PaynterHenry Paynter am MIT entwickelt[4] und von seinen Schülern weitergeführt[5].

Allgemeingültige (generalisierte) Variablen

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Da es in allen Domänen Effort- und Flow-Größen gibt, werden die Variablen e und f als allgemeingültige oder generalisierte Variablen[6] bezeichnet. Die Leistung, die in einen Multiport hinein- oder herausfließt, ist bei dynamischen Prozessen von der Zeit t abhängig, so dass die Leistung P mit Hilfe der generalisierten Variablen als   geschrieben werden kann. Man kann mit Bondgraphen sowohl konzentrierte Bauelemente[7] ( engl. lumped systems) der unterschiedlichen Domänen als auch Bauteile mit verteilten Parametern und außerdem nichtlineare Systeme modellieren. In der Gruppe der konzentrierten Bauelemente gibt es folgende Typen unterschiedlicher Systemeigenschaften:

Bei der Speicherung von Energie wird entweder die Flow- oder die Effortgröße im Speicher integriert, so dass dieser je nach Vorzeichen gefüllt oder geleert wird. Für die gespeicherte Energie   gilt:

 

Um daher Speicherelemente modellieren zu können, werden die Integrale über den Effort und den Flow benötigt. Diese Größen sind zwei weitere generalisierte Größen des Bondgraphenmethodik und werden als generalisierter Impuls  [5] und generalisierte Verschiebung  [5] (engl. displacement) bezeichnet:

   

Die Darstellung dieser Zusammenhänge findet man auch in der Form:

 

Man kann die Energie anstelle in Abhängigkeit von der Zeit t als abhängig vom Impuls p(t), oder von der Verschiebung q(t) darstellen:

 
 

Daraus folgt für die Energie:

 

Als Beispiel für diese Abhängigkeit möge die Domäne der Mechanik dienen. Zwei wichtige Energiegrößen sind hier die potentielle Energie   und die kinetische Energie   einer Masse m.

  g: Gravitationskonstante h = q: Verschiebeweg im Gravitationsfeld der Erde

Hieraus erhellt die Bezeichnung „Verschiebung“ für die generalisierte Variable q. Die kinetische Energie einer Masse m ist vom mechanischen Impuls   abhängig:

 
Zustandstetraeder mit den 4 generalisierten Variablen
  v: Geschwindigkeit der Masse m

Der generalisierte Impuls p hat demnach seine Bezeichnung vom Impulsbegriff der mechanischen Domäne.

Die Zusammenhänge zwischen den vier generalisierten Variablen kann man gut mit dem sogenannten Zustandstetraeder[5] als mnemotechnische Hilfe verdeutlichen.

Die Bedeutung der vier generalisierten Variablen in den unterschiedlichen Domänen Mechanik, Elektrotechnik und Hydraulik kann man der folgenden Tabelle entnehmen.

Generalisierte Variablen unterschiedlicher Domänen[5][9]
Generalisierte Variablen Translation Rotation Elektrisch Hydraulisch Magnetisch
e (Effort) F (Kraft) [F] = N M (Drehmoment) [M] = Nm U (Potential) [U] = V p (Druck) [p] = N/m² UM (magnetische Spannung)  

RM : magnetischer Widerstand

[RM] =1/Henry = A/V·s [UM] = (Windungszahl) ·A

f (Flow) v (Geschwindigkeit) [v] = m/s ω (Winkelgeschwindigkeit) [ω] = rad/s i (Strom) [i] = A   (Volumenstrom) [Q] = m³/s   (Flussänderung)

[ ] = Weber/s = Volt

p (Impuls) p (Impuls) [p] = Ns D (Drehimpuls)   [D] = Nms λ (Windungsfluss) [λ] = Vs pp (Druckimpuls) [pp] = Ns/m²   (Windungsfluss) = N ·  

[ ] = (Windungszahl) ·Weber

q (Verschiebung) x (Verschiebung) [x] = m α (Verschiebung) [α] = rad q (Ladung) [q] = As = Coulomb V (Volumen) [V] = m³   (magnetischer Fluss)

[ ] = V·s = Tesla · m² = Weber

P (Leistung)   [P] = Nm/s = Watt   [P] = Watt   [P] = Watt   [P] = Watt   [P] = Watt
E (Energie)  

[E] = Ws = Nm = Joule

 

[E] = Joule

 

[E] =Joule

 

[E] = Joule

 

[E] = Joule

Wort-Bondgraphen

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Erregter Einmassenschwinger

Andere grafische Darstellungen von mathematischen Modellen dynamischer Systeme wie Blockdiagramme oder Signalflusspläne sind signalflussorientiert[10] bzw. funktionsorientiert. Sie bilden das mathematische Modell des Systems ab und nicht direkt die Objekte oder Komponenten eines Systems. Ein sehr einfaches Beispiel eines mechanischen Systems ist der Einmassenschwinger. Dies ist ein idealisiertes Modell eines schwingungsfähigen Systems aus einer Masse m, einer elastischen Feder mit der Steifigkeit k und einem fluidischen Dämpfer mit viskoser Reibung und einer Dämpfungskonstante d. Als Idealisierung ist alle Masse als im Schwerpunkt S (Massenmittelpunkt) von m konzentriert gedacht und zwischen Masse und Untergrund hat die Reibung den Wert Null. Die Masse wird durch eine Kraft F(t) ausgelenkt und kann sich nur horizontal in der Bewegungsrichtung mit der Wegkoordinate x bewegen. Das mathematische Modell eines solchen Systems ist eine gewöhnliche Differentialgleichung 2. Grades[11]:

 
 
Signalflussplan eines erregten Einmassenschwingers

Will man dieses mathematische Modell als Signalflussplan darstellen, so enthalten die Blöcke des Modells mathematische Übertragungsfunktionen wie die Multiplikation des Eingangssignals mit einem Parameter oder die Integration des Signals oder die Addition von Signalen. Die Signale werden als unidirektionale Pfeile dargestellt. Der fertige Signalflussplan enthält nicht mehr die Objekte des Systems (s. Bild).

 
Wort-Bondgraph eines Einmassenschwingers

Im Unterschied zu dieser Art der grafischen Darstellung des Modells eines dynamischen Systems ist ein Bondgraph strukturorientiert[12]. In einem Wort-Bondgraphen werden die Komponenten des Systems mit ihrem Namen eingefügt und durch Leistungsbonds entsprechend dem Energiefluss im System untereinander verbunden. Er enthält alle realen Komponenten und die Systemstruktur wird so abgebildet, wie sie in der Realität vorliegt. Der abgebildete Wort-Bondgraph des Einmassenschwingers verwendet für die Leistungsbonds der Einfachheit halber stark stilisierte Halbpfeile. Durch die Erregerkraft F(t) wird Leistung auf die Masse m übertragen. Die Energie fließt anteilig über zwei Leistungsbonds in die beiden Komponenten Feder und Dämpfer, die dadurch gedehnt bzw. bewegt werden. Abschließend fließt die Energie über zwei Leistungsbonds in die ruhende Wand, wodurch dort Auflagerkräfte (Effort) hervorgerufen werden. Da aber die Geschwindigkeit (Flow) der Wand den Wert Null hat, fließt keine Leistung in die Wand, da   gilt.

Ein Wort-Bondgraph ist gut geeignet, um die Struktur und die Leistungsflüsse zwischen den Komponenten zu visualisieren. Allerdings kann man hieraus noch nicht direkt ein mathematisches Modell ableiten, um das Modellverhalten beispielsweise durch eine Simulation zu untersuchen. Der einfache Einmassenschwinger enthält nur Komponenten mit konzentrierten Parametern. Für solche Bauelemente kann man sehr einfache grundlegende Typen von Bondgraph-Elementen definieren, die die oben bereits aufgeführten Eigenschaften besitzen. Diese werden dann idealisiert, um die wesentlichen Eigenschaften hervorzuheben und voneinander zu trennen. Beispielsweise wird bei der Feder angenommen, dass diese Energie – in Form potentieller Energie – speichern kann, aber keinerlei Verluste durch Reibung oder Ähnliches auftreten. Dissipative Verluste treten dafür im Dämpfer auf, der aber keinerlei Energie speichern kann. Die Masse wiederum ist ein starrer Körper, der Energie in Form von kinetischer Energie speichert und verlustfrei wieder abgibt. Im folgenden Abschnitt werden die unterschiedlichen Typen grundlegender Bondgraph-Elemente und ihre mathematische Beschreibung aufgelistet.

Grundlegende Elemente des Bondgraphen

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Einfache Bauelemente mit konzentrierten Parametern haben in der Regel nur 1-Port, über das sie Leistung aufnehmen oder abgeben können. Diese 1-Port Elemente werden im Bondgraphen als einzelner Großbuchstabe dargestellt, in welchen Leistungsbonds hinein- oder herausführen[5][9]. Für einen vollständigen Bondgraphen sind dann noch weitere Multi-Port-Elemente erforderlich.

1-Port Elemente

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Symbole des Bondgraphen für Quellen von Effort oder Flow und Beispiele

Quellen für Effort und Flow

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Quellen für Effort sind beispielsweise in der Elektrotechnik eine Spannungsquelle, oder für Flow in der Hydraulik eine Zahnradpumpe. Als Symbol wird entsprechend dem englischen Wort Source für eine „Quelle“ der Großbuchstabe „S“ verwendet. Zur Unterscheidung wird dem S-Symbol ein Index e oder f beigefügt (Se, Sf). Alternativ kann man als Symbol auch die folgende Schreibweise verwenden SE: Source of Effort, SF: Source of Flow. Bei Quellen führt der Halbpfeil des Leistungsbonds immer aus der Quelle heraus in das System. Aus einer Quelle kann man eine Senke machen, indem man der abgegebenen generalisierten Variablen ein Minuszeichen zuweist. Die aus der Quelle herausführenden Leistungsbonds in Form von Halbpfeilen können oberhalb und unterhalb mit dem Effort und Flow der Quelle beschriftet werden. Das Symbol selbst kann mit einem erläuternden Text (hier SE1, SF1) versehen werden. Der Leistungsbond führt zu einem beliebigen Port eines weiteren Multiports ( s. spätere Beispiele). So wird die im Wort-Bondgraphen des Einmassenschwingers verwendete Größe F(t) durch eine „Source of Effort“ geliefert.

1-Port Widerstand (Resistor)

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Das R-Element ist ein Widerstandselement (englisch Resistor), das Leistung dissipiert. Dabei wird die in das Element fließende Energie meist durch Reibvorgänge in Wärmeenegie umgewandelt. Das Element Dämpfer im Bondgraph des Einmassenschwingers kann durch ein R-Element modelliert werden. Die Definitionsgleichung oder konstituierende Gleichung (engl. constitutive relationship) eines R-Elementes lautet:

 

Das typische R-Element der Domäne Elektrotechnik ist der elektrische Widerstand, nach dessen Anfangsbuchstaben das R-Element benannt wurde. Für ihn gilt das ohmsche Gesetz  . Vergleicht man dies mit der Definitionsgleichung des R-Elementes, bei Kenntnis der in dieser Domäne geltenden generalisierten Variablen, so erkennt man die Identität dieser Ausdrücke:

 

Der viskose Dämpfer aus der Domäne der Mechanik verhält sich entsprechend folgender Modellgleichung, weil die Dämpferkraft F der Dämpfergeschwindigkeit v proportional ist:   (Stokes-Reibung). Der Parameter d wird als Dämpfungskonstante bezeichnet. Vergleicht man die Gleichung für die Dämpferkraft wieder mit der Definitionsgleichung des R-Elementes, so stellt man deren Identität fest:

 

Ein R-Element aus der Domäne der Hydraulik ist der Volumenstrom   durch ein Rohr. Hier gilt, dass der Druckabfall   entlang des Rohres proportional zum Volumenstrom ist:  . Ein wiederholter Vergleich liefert:

 

Entsprechende R-Elemente kann man in den meisten Domänen identifizieren. Die folgende Tabelle zeigt eine Zusammenstellung von R-Elementen unterschiedlicher Domänen.

R-Elemente unterschiedlicher Domänen
Domäne Beziehung Maßeinheit
elektrisch Spannung = R · Strom; R : elektrischer Widerstand [R] = Volt/Ampere = Ohm
Translation Kraft = D · Geschwindigkeit; D : Dämpfungsfaktor [D] = N·s / m
Rotation Moment = D · Winkelgeschwindigkeit; D : Dämpfungsfaktor [D] = N·s · m
hydraulisch Druck = R · Volumenstrom; R : hydraulischer Widerstand [R] = N · s / m5
 
R-Element mit Ableitung von Wärmeverlusten

Hat man ein R-Element in einen Bondgraphen eingefügt, so fließt Leistung aus dem Gesamtsystem in das Element. Dabei entsteht die Frage, wo diese Leistung verbleibt. Man kann solche 1-Port-Elemente leicht um zusätzliche Ports erweitern, um beispielsweise das Abfließen der Verlustleistung in die Umwelt als Wärmestrom zu modellieren (siehe Bild). Dabei ist der Effort die Temperatur T und der Entropiestrom   der Flow des Wärmetransportes. Tritt bei einem Reibvorgang außer der viskosen Reibung auch noch coulomb'sche Reibung auf, so ist die Reibkraft außer von der Geschwindigkeit auch noch von anderen Parametern, wie z. B. der Oberflächenqualität der Reibpartner, abhängig. Dieses Modellverhalten lässt sich aber gut in den Wert des Parameters R integrieren,[13] da die Parameterwerte von Bauelementen des Bondgraphen ausdrücklich nichtlinear sein können.

1-Port C-Element (Capacity, Compliance)

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Das C-Element ist ein weiteres 1-Port Element, dessen Bezeichnung sich vom Begriff Kapazität (englisch Capacity) aus der Domäne Elektrotechnik, bzw. Nachgiebigkeit (engl. Compliance) aus der Domäne Mechanik ableitet. Es wird daher im Bondgraphen durch den Großbuchstaben „C“ symbolisiert. Dabei handelt es sich um ein Speicherelement, das idealisiert Energie verlustlos speichern kann. Das C-Element hat folgende Definitionsgleichung:

 
C-Elemente des Bondgraphen
  oder  

Ein Beispiel für ein C-Element aus der Domäne der Elektrotechnik ist der Kondensator. Er integriert den Ladestrom i auf, was in umgekehrter Proportionalität zur Kapazität C die Klemmenspannung U am Kondensator hervorruft:

 

Vergleicht man dies mit der Definitionsgleichung des C-Elementes, bei Kenntnis der in dieser Domäne geltenden generalisierten Variablen, so erkennt man die Identität dieser Ausdrücke:

  wegen  

Die ideale mechanische Schraubenfeder, die die Steifigkeit k besitzt und dem Hooke'schen Gesetz   gehorcht, ist ebenfalls ein C-Element, das proportional zur Dehnung x Energie speichert. In der Feder wird Flow (Geschwindigkeit v) proportional zur Steifigkeit k zur Dehnung x ((Verschiebung q) aufintegriert, wodurch in der Feder ein Effort (Federkraft F) auftritt:

  mit   : Nachgiebigkeit

Ein C-Element aus der Domäne der Hydraulik ist ein Vorratstank mit einem Volumen V, der über eine Zuleitung mit einem Fluid gefüllt wird. Die Beziehung für den Füllvorgang des Behälters (Speicherung) entspricht ebenfalls der Definitionsgleichung für das C-Element. Der Effort in diesem System entspricht der Druckdifferenz zwischen Fluidspiegel und der Behälterunterseite, der einfließenden Volumenstrom  entspricht dem Flow des Systems.

  wegen   N: hydraulische Nachgiebigkeit

Entsprechende C-Elemente kann man in den meisten Domänen identifizieren. Die folgende Tabelle zeigt eine Zusammenstellung von C-Elementen unterschiedlicher Domänen.

C-Elemente unterschiedlicher Domänen
Domäne Beziehung Maßeinheit
elektrisch Spannung = Ladung (q) / C; C : Kapazität [C] = A ·s / V = Farad
Translation Kraft = k · Verschiebung (q); k: Federsteifigkeit; N = 1 / k : Nachgiebigkeit [k] = N / m
Rotation Drehmoment = kt · Verdrehwinkel; kt : Drehsteifigkeit [kt] = N · m / rad
hydraulisch Druck = Volumen / C ; C : hydraulische Nachgiebigkeit [C] = m5 / N

1-Port I-Element (Inductance, Inertia)

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I-Elemente des Bondgraphen

Das I-Element ist ein weiteres 1-Port Element, dessen Bezeichnung sich vom Begriff Induktivität (englisch Inductance) aus der Domäne Elektrotechnik, bzw. Trägheit (englisch Inertia) aus der Domäne Mechanik ableitet. Es wird daher im Bondgraphen durch den Großbuchstaben „I“ symbolisiert. Dabei handelt es sich um ein Speicherelement, das idealisiert Energie verlustlos speichern kann. Das I-Element hat folgende Definitionsgleichung:

  oder  

Ein Beispiel für ein I-Element aus der Domäne der Elektrotechnik ist eine Induktivität in Form einer Spule. Die Klemmenspannung U an der Spule ist proportional zur Stromänderung  , der Proportionalitätsfaktor L wird ebenfalls als Induktivität bezeichnet.

 

Vergleicht man dies mit der Definitionsgleichung des I-Elementes, bei Kenntnis der in dieser Domäne geltenden generalisierten Variablen, so erkennt man die Identität dieser Ausdrücke:

  oder   wegen    : Windungsfluss

Der Parameter I entspricht der Induktivität L einer Spule.

In der mechanischen Domäne stellt eine träge Masse m ein I-Element dar. Für sie gilt das Newton'sche Bewegungsgesetz, dessen Übereinstimmung mit der Definitionsgleichung des I-Elementes wieder einfach herzuleiten ist:

 

Der Parameter I entspricht der trägen Masse m eines Körpers.

Im hydraulischen Beispiel eines mit einem Fluid gefüllten Rohres tritt die hydraulische Trägheit I auf, die der Trägheit der Masse des Fluids entspricht. Für ein Rohr mit der entsprechenden Füllung durch ein Fluid tritt ein Druckimpuls pp auf, für den gilt:

 
 
Zustandstetraeder der elektrischen Domäne

Entsprechende I-Elemente kann man in den meisten Domänen identifizieren. Die folgende Tabelle zeigt eine Zusammenstellung von I-Elementen unterschiedlicher Domänen.

I-Elemente unterschiedlicher Domänen
Domäne Beziehung Maßeinheit
elektrisch Windungsfluss (λ) = L · Strom ; L : Induktivität [L] = V ·s / A = Henry
Translation Impuls = m · Geschwindigkeit; m : Masse [m] = N·s² / m = kg
Rotation Drehimpuls = J · Winkelgeschwindigkeit; J : Trägheitsmoment [J] = N · m ·s²
hydraulisch Druckimpuls = I · Volumenstrom; I : hydraulische Trägheit [I] = N · s² / m5

Die Zusammenhänge zwischen R-, C- und I-Elementen und den generalisierten Variablen kann man auch grafisch mit dem bereits oben erwähnten Zustandstetraeder darstellen. Dabei treten beispielsweise in der Domäne „Elektrotechnik“ die Parameter R, C und L entlang der Kanten des Tetraeders auf, die die Ecken verbinden, welche die vier generalisierten Variablen repräsentieren.

2-Port Elemente

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2-Port Bauelemente innerhalb eines Systems nehmen aus einer anderen Systemkomponente Leistung am Eingangsport auf und übertragen diese zum Ausgangsport, wo sie verlustfrei wieder an das System abgegeben wird. Dies ist natürlich wie auch schon bei den I- und C-Elementen mit nur einem Port ein idealisiertes Verhalten. Sollten im realen System in den Bauelementen Verluste auftreten, so sind diese durch zusätzliche R-Elemente zu modellieren. Es gibt zwei wichtige 2-Port Bauelemente, nämlich den Transformer[5] und den Gyrator[5]. Diese werden in den folgenden Unterabschnitten behandelt. Natürlich ist die Zahl der 2-Ports nicht auf diese zwei beschränkt, denn wie man am Beispiel des R-Elementes oben sieht, kann jedes 1-Port-Element zum 2-Port erweitert werden. Aber nur die beiden oben genannten 2-Ports bringen neue elementare Eigenschaften in die Bond-Methodik ein.

2-Port Transformer

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Symbol des Transformers im Bondgraphen

Der Transformer ist ein Bauelement, in das an einem Port Leistung hineinfließt, im System verlustlos umgewandelt wird und am zweiten Port wieder herausfließt. Die verlustlose Umwandlung wird durch folgende Gleichung beschrieben, bei der die Indizes 1 und 2 sich auf das Bild des Transformersymbols beziehen:

 
 
Beispiele für Transformer unterschiedlicher Domänen

Bei einem Transformer stehen der Eingangseffort und der Ausgangseffort in einem bestimmten Verhältnis, das durch einen Transformerfaktor m (engl. transformer modulus) gekennzeichnet ist. Das gleiche Übersetzungsverhältnis gilt zwischen Eingangs- und Ausgangsflow. Dieser Übertragungsfaktor, der über dem Transformersymbol „TF“ durch einen waagerecht liegenden Doppelpunkt abgetrennt wird, beeinflusst die Ein- und Ausgangseigenschaften wie folgt:

  und  

Das Transformer-Bauelement tritt in vielen Systemen auf. Im nebenstehenden Bild ist jeweils ein Beispiel für einen Transformer aus den Domänen Elektrotechnik und Mechanik aufgeführt. Das Beispiel aus der Elektrotechnik ist der ideale elektrische Transformator (engl. Transformer), von dessen englischer Bezeichnung sich auch der Elementname ableitet. Von diesem System weiß man, dass die Eingangsspannung U1 und die Ausgangsspannung U2 im Verhältnis der Windungszahlen der Spulen auf der Eingangsseite n1 und Ausgangsseite n2 stehen und das die zugehörigen Ströme sich umgekehrt proportional verhalten:

  und  

Daraus kann man bei Kenntnis des Transformatorgesetzes für den Transformator mit den Windungszahlen n1 und n2 den Wert des Transformerfaktors m ableiten:

 

Ein Beispiel aus der Mechanik ist das in nebenstehenden Bild dargestellte Radgetriebe. Bei einem rotatorischen System ist der Effort ein Drehmoment M und der Flow eine Winkelgeschwindigkeit ω. Von einem solchen Getriebe weiß man, dass die Winkelgeschwindigkeiten (Drehzahlen) auf der Eingangsseite ω1 und der Ausgangsseite ω2 umgekehrt proportional zum Verhältnis der Durchmesser d1 und d2 der Räder sind, während die Drehmomente direkt proportional zu diesem Verhältnis sind. Für das mechanische Getriebe kann man die Definitionsgleichungen dann folgendermaßen schreiben:

  und  

woraus sich der Transformerfaktor m wie folgt berechnet:

 

In einer kompakteren Vektorschreibweise lauten die konstituierenden Gleichungen:

 
 
Gyratorsymbol und Beispiele aus unterschiedlichen Domänen

2-Port Gyrator

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Während bei einem Transformer jeweils zwischen Eingangseffort und Ausgangseffort, bzw. dem Eingangsflow und dem Ausgangsflow eine Beziehung über den Transformerfaktor hergestellt wird, bildet der Gyrator eine Beziehung zwischen Eingangseffort und Ausgangsflow, bzw. zwischen Ausgangseffort und Eingangsflow. Die zugehörigen Definitionsgleichungen lauten daher:

  und  

Der Gyratorfaktor r (engl. gyrator ratio, gyrator modulus)) ist wie beim Transformer die Verknüpfungsgröße zwischen Ein- und Ausgang. Für den idealen Gyrator gilt ebenso wie beim Transformer, dass er weder Leistung dissipiert noch speichert. Ein- und Ausgangsleistung sind daher gleich. Im nebenstehenden Bild sind wieder zwei Beispiele für Gyratoren aus den Domänen Elektrotechnik und Mechanik dargestellt. Teilbild b) zeigt das Funktionsschema eines fremderregten Gleichstrommotors. Bei diesem Motor wird elektrische in mechanische Energie umgewandelt. Auf der elektrischen Eingangsseite wird die Leistung durch die innere Motorspannung Ui und den Ankerstrom IMot bestimmt. Mit Bezug auf Definitionsgleichungen des Gyrators gilt dann:

 

Auf der mechanischen Ausgangsseite wird die Leistung durch das Motormoment MMot und die Winkelgeschwindigkeit ω bestimmt:

 

Treffen auf dieses System die Definitionsgleichungen des Gyrators zu, so lauten diese:

 

Der Gyratorfaktor r muss dann aufgrund der Gesetzmäßigkeiten über den Gleichstrommotor folgenden Wert besitzen:  

d. h. er ist gleich dem Produkt zweier Motorkenngrößen, der Motorkonstanten cMot (Maschinenkonstante) und dem magnetischen Fluss im Stator Φ. Bei einer kompletten Modellierung des Gleichstrommotors müssen natürlich noch Widerstände, Induktivitäten, Trägheit und Reibung berücksichtigt werden. Dies wird später noch einmal aufgegriffen.

Das mechanische Beispiel stellt einen Kreisel (engl. gyro) dar, von dessen englischer Bezeichnung sich auch der Elementname ableitet. Die Efforts sind hier senkrecht aufeinander stehende Kräfte, die am Kreiselende angreifen, die Flows sind senkrecht aufeinander stehende Geschwindigkeiten, mit denen sich das Kreiselende im Raum bewegen kann. Wenn sich der Kreisel mit hoher Winkelgeschwindigkeit ω dreht, so wird ein in Richtung der Kraft F1 aufgebrachter leichter Stoß eine Bewegung des Kreiselendes in Richtung der Geschwindigkeit v2 zur Folge haben. Da bei einem realen Kreisel die Schwerkraft in Richtung F2 wirkt, führt der Kreisel eine Präzessionsbewegung in Richtung von v1 aus. Zeigen die Kräfte in x- und y-Richtung eines kartesischen Koordinatensystems, so ist die Drehachse des Kreisels die z-Richtung. Wenn das Trägheitsmoment des Kreisels um die z-Achse mit Jzz bezeichnet wird, so gilt entsprechend den Definitionsgleichungen des Gyrators:

  und  

Daraus kann man den Gyratorfaktor r ablesen:  

In einer kompakteren Vektorschreibweise lauten die konstituierenden Gleichungen:

 
Äquivalenzen von Reihenschaltungen
 

Ein Gyrator ist ein grundlegenderes Element als ein Transformer[14]. Schaltet man zwei Gyratoren in Reihe, so ist diese Anordnung äquivalent mit einem Transformer, während die Reihenschaltung zweier Transformer wiederum die Eigenschaft eines Transformers besitzt (s. Bild). Durch die Eigenschaft des Gyrators kann man durch Reihenschaltungen mit Gyratoren und Transformern neue Elemente mit Eigenschaften von sowohl Gyratoren als auch Transformern bilden. Weiterhin führen die Eigenschaften von Transformer und Gyrator dazu, dass man Reihenschaltungen dieser 2-Ports mit R-, C- und I-Elementen innerhalb eines Bondgraphen, wie im nebenstehenden Bild aufgelistet, vereinfachen kann. Diese Vereinfachungsregeln können zur Reduzierung der Modellelemente in Bondgraphen eingesetzt werden.

Multi-Port Elemente

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Die oben beschriebenen 1- und 2-Port Elemente sind in komplexeren Systemen entweder in Reihenschaltungen oder Parallelschaltungen angeordnet. Für die Aufteilung der Leistungen auf verschiedene Kanten des Graphen werden Multi-Ports benötigt, die Leistung an einem Bond aufnehmen und diese verteilt auf mehrere Ausgangsports verlustlos durchleiten. Solche Verzweigungspunkte werden als Junctions[5] bezeichnet. Für die Reihen- und Parallelschaltungen werden zwei verschiedene Typen von Junctions benötigt, die Effort- und die Flow-Junction. Die einfachste Form der Junction, die im Folgenden behandelt wird, ist eine 3-Port Junction, wobei Junctions natürlich beliebig viele Ports haben können. Da Leistung dort weder dissipiert noch gespeichert wird, gilt für eine solche Junction:  

Flow-Junction

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Flow-Junction mit drei Ports

Die Flow-Junction wird auch als „Parallel-Junction“, „0-Junction“ oder „Common Effort-Junction“ bezeichnet. Sie wird benötigt, um Komponenten des Bondgraphen parallel anzuordnen und wird durch das Symbol der Zahl Null (0) im Graphen dargestellt. Die Bezeichnung „Common Effort-Junction“ wird deshalb verwendet, weil in allen Leistungsbonds der Junction der dortige Effort gleich groß ist. Da die Junction den Flow verzweigt, haben die Flows der Leistungsbonds verschiedene Werte. Demnach gelten folgende Definitionsgleichungen für die im Bild gezeigte Flow-Junction:

  und  

Die Definitionsgleichung des Flows ergibt sich als Konsequenz aus der Gleichung über die Summe der Leistungen in der Beispieljunction, die auch als   geschrieben werden kann. Die Vorzeichen des Leistungsflusses orientieren sich dabei an der Richtung der Leistungsbonds, mit positivem Leistungsfluss in die Junction hinein.

 
Parallelschwingkreis und Bondgraph

Ein Beispiel für ein System, zu dessen Modellierung mit Bondgraphen eine Flow-Junction benötigt wird, ist der Parallelschwingkreis aus der Domäne der Elektrotechnik. Daher stammt die alternative Bezeichnung Parallel-Junction. In einem Parallelschwingkreis liegt über allen Bauelementen die gleiche Eingangspannung Ue, was der Bedingung für die Efforts an einer Flow-Junction entspricht. Die Summe der Ströme, die beispielsweise in die obere Verbindungsstelle der Bauelemente hineinführen, also die Summe der Flows, muss entsprechend der Definitionsgleichung der Flow-Junction gleich Null sein. Diese Tatsache ist in der Domäne Elektrotechnik als 1. Kirchhoff'sches Gesetz (Knotenregel ) bekannt. Der Parallelschwingkreis besteht aus einer Effortquelle (Spannungsquelle) SE, einem R-Element (Widerstand), einem C-Element (Kondensator) und einem I-Element (Spule), so dass eine Flow-Junction mit vier Ports benötigt wird. Die Elemente hängt man an die Leistungsbonds der Parallel-Junction, was zu dem Bondgraphen im Bild führt.

Effort-Junction

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Effort-Junction mit drei Ports

Vertauscht man nun die Rolle von Effort und Flow, so erhält man eine 3-Port-Verknüpfung oder Junction, die als Effort-Junction, Reihen- (Serien-) Junction oder 1-Junction bezeichnet wird, oder wegen seiner Eigenschaften auch als „Common Flow-Junction“. Zur Darstellung eines solchen 3-Ports dient eine Eins (1) als Symbol im Graphen, was zu der alternativen Bezeichnung 1-Junction führt. Die Definitionsgleichungen für die im Bild gezeigte Effort-Junction lauten:

  und  
 
Serienschwingkreis und Bondgraph

Ein Beispiel für ein System, zu dessen Modellierung mit Bondgraphen eine Effort-Junction benötigt wird, ist der Serienschwingkreis aus der Domäne der Elektrotechnik. Bei einem Serienschwingkreis sind alle Bauelemente in Reihe geschaltet und werden vom gleichen Strom durchflossen. Daher sind hier alle Flows gleich. Die Eingangsspannung Ue teilt sich auf die R-, C- und I-Elemente auf und ein kompletter Spannungsumlauf hat den Wert Null. Dies ist in der Domäne Elektrotechnik als 2. Kirchhoff'sches Gesetz (Maschenregel) bekannt. Mit der wie beim Parallelschwingkreis vorhandenen Effort-Quelle wird zur Modellierung eine Effort-Junction mit vier Ports benötigt, an die die Elemente wiederum angehängt werden. Obwohl die Topologie der realen Systeme Parallel- und Serienschwingkreis unterschiedlich ist, ist die Anordnung der Elemente im Bondgraphen gleich und unterscheidet sich nur im Typ der Junctions.

 
Vergleich des dynamischen Verhaltens von Serienschwingkreis und Einmassenschwinger

Im Abschnitt „Wort-Bondgraphen“ war bereits das System des Einmassenschwingers aus der Domäne der Mechanik beschrieben und ein Wort-Bondgraph aufgestellt worden. Will man nun einen Bondgraphen mit den besprochenen Grundelementen aufstellen, so kann man feststellen, das die drei Komponenten Masse (I-Element), Feder (C-Element) und Dämpfer (R-Element) an einem Punkt zusammengebunden sind, so dass an allen Bauteilen die gleiche Geschwindigkeit (Flow) herrscht. Zusätzlich gilt für die Masse das d'Alembert'sche Prinzip, das besagt, dass die Summe aller angreifenden Kräfte (Efforts) gleich Null sein muss. Die auf die Masse wirkende Kraft F(t) ist wieder eine Effortquelle SE. Daher wird zur Modellierung des Einmassenschwingers ebenfalls eine 1-Junction benötigt, an die wie beim Serienschwingkreis die vier genannten Komponenten angehängt werden. Infolgedessen gilt der gleiche Bondgraph in der mechanischen wie in der elektrischen Domäne, Unterschiede bestehen nur im Wert und der Maßeinheit der Parameter der Komponenten. Im Wort-Bondgraphen war noch als weitere Systemkomponente die Wand aufgeführt. Da aber keine Leistung in die Wand fließt, weil hier die Geschwindigkeit (Flow) Null herrscht, kann diese Komponente im Bondgraph einfach entfallen. Die gleiche Maßnahme war stillschweigend auch beim Serienschwingkreis vorgenommen worden, indem die Verbindung zum Nullpotential (Ground: Effort) einfach als Komponente weggelassen wurde.

Die Übereinstimmung der Modelle für Serienschwingkreis und Einmassenschwinger bedeutet natürlich, dass die beiden unterschiedlichen Systeme das gleiche dynamische Verhalten aufweisen müssen. Da sie jeweils zwei Speicherelemente enthalten, handelt es sich um Systeme 2. Ordnung, die bei geringen Dämpfungswerten schwingungsfähig sind. Um das gleichartige dynamische Verhalten zu demonstrieren, kann man ein computergestütztes Simulationssystem verwenden, das die Differentialgleichungen der mathematischen Modelle löst und die Lösungen visualisiert. Das Simulationssystem „20-sim“ erlaubt die Eingabe sowohl funktionsorientierter Blockschaltbilder, als auch die Eingabe strukturorientierter Modelle wie Bondgraphen. Da Bondgraphen einfacher Systeme nur Objekte mit konzentrierten Parametern enthalten, findet man im Bondgraphen im Gegensatz zum Blockschaltbild alle Objekte des Systems und deren physikalische Verbindungen wieder. Man kann daher in Simulationssystemen die Elemente des Bondgraphen auch durch grafische Symbole ersetzen, die als „Icons“ bezeichnet werden und den realen Bauelementen ähneln. Das nebenstehende Diagramm wurde mit 20-sim erzeugt, wobei die beiden Systeme Reihenschwingkreis und Einmassenschwinger direkt mit Icons modelliert wurden. Diese Graphen sind in das Diagramm eingefügt. Die Signalverläufe zeigen beim Reihenschwingkreis den Spannungsverlauf am Widerstand und beim Einmassenschwinger die Geschwindigkeit der Masse. Zu Simulationsbeginn werden die Systeme durch einen Spannungssprung von Ue bzw. durch einen Kraftsprung der Erregerkraft F angeregt. Die Parameter der Systeme wurden so gewählt, dass sie schwingungsfähig sind. Aufgrund der Richtung der Anregung schwingen die beiden Systeme um 180° phasenverschoben, aber ansonsten sind die Amplitudenverläufe vergleichbar.

Kausalität

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In unserer physikalischen Welt bezeichnet der Begriff Kausalität (engl. causality) den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Um aus einem Bondgraphen das mathematische Modell in Form von Zustandsgleichungen gewinnen zu können, muss das Konzept der Kausalität dem Graphen hinzugefügt werden[15]. Denn wenn beispielsweise eine Spannungsquelle ein System speist (Effort), so hängt es vom Innenwiderstand des Systems ab, welcher Strom (Flow) aus der Quelle herausfließt. Mit Bezug auf die Kausalität ist die Spannung die Ursache dafür, dass als Wirkung ein Strom durch das System auftritt. Dies bedeutet, es gibt eine unabhängige Systemvariable und eine weitere Systemvariable, die von den Eigenschaften des betreffenden Multiports (System) abhängt. Diese Information über die Kausalität, mit dem Informationsgehalt von einem Bit, muss auch im Bondgraphen berücksichtigt werden. Bei der Kausalisierung eines Bondgraphen kann es zu Kausalitätskonflikten kommen, die in der Regel auf eine algebraische Schleife hinweisen. Dies tritt auf, wenn eine Variable rekursiv als Funktion von sich selbst definiert wird. Oben wurde bereits ausgeführt, dass die Richtung des positiven Leistungsflussses durch die Richtung des Halbpfeils festgelegt wird, nicht aber die Richtung von Effort oder Flow. Diese Festlegung erfolgt durch die Kausalisierung.

Kausalität von Quellen

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Kausalitätszuweisung von Quellen

Im Teilbild a) ist eine Effortquelle in Form einer Kraft F dargestellt, die auf die Masse eines Systems wirkt. Dabei fließt „Effortinformation“ (Größe und Richtung der Kraft) in die Masse des Systems, aber die Größe der Masse bestimmt die Größe des Flows und sendet quasi dadurch „Flowinformation“ an die Quelle zurück. Dies wird im Bild durch kleine Richtungspfeile dargestellt. Aufgrund der Kausalität – jede Wirkung muss eine Ursache haben – sind die Richtungen von Effort und Flow immer entgegengesetzt. Daher reicht die Kennzeichnung nur einer Richtung (Informationsgehalt 1 Bit) aus. Dazu wird ein Kausalitäts-Querstrich an einem Ende eines Leistungsbonds verwendet, der die Richtung des Efforts anzeigt[5]. Da zusätzliche Richtungspfeile für Effort und Flow nur verwirren würden, beschränkt sich die Darstellung der Kausaliät in den meisten Bondgraphen auf den Kausalitätsquerstrich der Bonds. In den Teilbildern b) und c) sind die Kausalitäten von Effort- und Flowquellen dargestellt, einerseits durch den Kausalitäts-Querstrich und zur Verdeutlichung noch einmal mit Richtungspfeilen. Bei der Effortquelle fließt Effortinformation aus der Quelle heraus und das gespeiste System liefert Flowinformation zurück. Daher steht der Querstrich am Ende des Pfeils. Bei der Flowquelle fließt Flowinformation in das System und dieses sendet Effortinformation zurück. Daher ist die Effortrichtung umgekehrt wie bei der Effortquelle und der Querstrich muss am Anfang des Bonds eingetragen werden.

Kausalität von Transformer und Gyrator

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Kausalitätszuweisungen von Transformern und Gyratoren

Bei dem 2-Port Transformer stehen sowohl der Effort als auch der Flow an einem Port des Transformers in einem durch den Transformerfaktor bestimmten Verhältnis zu Effort und Flow am anderen Port. Es ist aber nicht festgelegt, welches Port Eingang bzw. Ausgang des Transformers ist. Daher sind, wie in Teilbild a) dargestellt, zwei unterschiedliche Kausalstrukturen möglich. Im ersten Fall fließt Flow auf der linken Seite in den Transformer und dieser sendet Effortinformation zurück. Dies legt die Position des Querstrichs am linken Ende des Bonds fest. Entsprechend muss der andere Bond den Querstrich an der gleichen Position besitzen. Im zweiten Fall sind alle Richtungen der generalisierten Variablen umgekehrt und die Querstriche an den jeweils anderen Enden der Bonds. Diese beiden unterschiedlichen Kausalitätszuweisungen ermöglichen es, durch entsprechende Wahl noch zu erläuternde Kausalitätskonflikte zu vermeiden.

Bei dem 2-Port Gyrator steht der Effort auf der einen Seite des Gyrators in einem durch den Gyratorfaktor bestimmten Verhältnis zum Flow am anderen Port und umgekehrt. Fließt im ersten Fall von Teilbild b) der Flow auf der linken Seite in den Gyrator, so muss die Effortinformation am rechten Port die gleiche Richtung haben. Entsprechend sind die Kausalitäts-Querstriche in Richtung der Efforts an den Leistungsbonds angebracht. Auch hier ist die umgekehrte kausale Struktur möglich (Teilbild b) unten).

Kausalität von Junctions

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Kausalitätszuweisung von Junctions

Bei einer Multiport Flow-Junction (0-Junction Teilbild a)) sind die Efforts an allen Bonds gleich, während die Flows unterschiedlich sind. Genau einer der Bonds führt der Junction die Effortinformation zu und alle anderen Bonds führen die gleiche Information von der Junction weg. Daher muss ein Leistungsbond im Bild ( Bond 1) den Kausalitäts-Querstrich am zugehörigen Port der Junction und alle anderen Leistungsbonds (1.1–1.4) am abgewandten Ende besitzen. Der den Effort zuführende Leistungsbond wird auch als starker Bond bezeichnet.

Bei einer Multiport Effort-Junction (1-Junction Teilbild b)) sind die Efforts an allen Bonds gleich, während die Flows unterschiedlich sind. Genau einer der Bonds führt der Junction die Flowinformation zu und alle anderen Bonds führen die gleiche Information von der Junction weg. Daher muss ein Leistungsbond im Bild (Bond 2) den Kausalitäts-Querstrich an der von der Junction abgewendeten Seite des Bonds erhalten und alle anderen Leistungsbonds (2.1–2.4) an den Ports der Junction. Diese jeweilige Kausalstruktur ist für die Junctions zwingend, es gibt keine alternativen Möglichkeiten wie bei Transformer und Gyrator.

Kausalität von Speichern

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Speicherelemente nehmen bei einem System in einem bestimmten Zeitraum Energie auf und geben sie in einem anderen Zeitraum wieder an das System ab. Je nachdem wie die Definitionsgleichungen von Speicherelementen (C- und I-Elemente) formuliert sind, besitzen Speicherelemente dann integrale oder differentielle Kausalität. Integrale Kausalität bedeutet, dass die Ursachen integriert oder angesammelt wurden, um den augenblicklichen Zustand zu erreichen:

Zustandsgröße (aktuell) =  Ursache (Vergangenheit) 

Differentielle Kausalität bedeutet, dass die Ableitung der momentanen Ursache den Zustand in der Zukunft bestimmt:

d(Ursache (aktuell)) / dt = Zustandsgröße (zukünftig)

Da differentielle Kausalität das System von der Zukunft abhängig macht, ist diese weniger akzeptabel als integrale Kausalität. Allerdings ist integrale Kausalität von Speichern nicht immer einzuhalten, vor allem wenn das System mehrere Speicher enthält. Dabei kann es vorkommen, dass deren Zustandsvariablen nicht unabhängig voneinander sind, was differentielle Kausalität eines Speichers nach sich zieht. Dies kann darauf hinweisen, dass bei der Modellierung unzulässige Annahmen getroffen wurden.

 
Kausalitäten von I-Elementen

Eine Form der Definitionsgleichung eines I-Elementes lautet:

 

Daher ist der Flow hier integrierter oder akkumulierter Effort. Dies kann man so interpretieren, dass über die Zeit akkumulierter Effort den Flow verursacht, was der integralen Kausalität entspricht. Also liegt integrale Kausalität beim I-Element vor, wenn die Effortrichtung in das I-Element gerichtet ist, d. h. wenn der Kausalitäts-Querstrich sich am Ende des zuführenden Leistungsbond befindet. Lautet die Definitionsgleichung eines I-Elementes

 
 
Kausalität von C-Elementen

so liegt differentielle Kausalität vor und der Kausalitäts-Querstrich befindet sich am Anfang des zuführenden Leistungsbonds.

Eine Form der Definitionsgleichung eines C-Elementes lautet:

 

Daher ist der Effort hier integrierter oder akkumulierter Flow. Dies kann man so interpretieren, dass über die Zeit akkumulierter Flow den Effort verursacht, was der integralen Kausalität entspricht. Also liegt integrale Kausalität beim C-Element vor, wenn die Effortrichtung aus dem C-Element herausgerichtet ist, d. h. wenn der Kausalitäts-Querstrich sich am Anfang des zuführenden Leistungsbond befindet. Lautet die Definitionsgleichung eines C-Elementes

 

so liegt differentielle Kausalität vor und der Kausalitäts-Querstrich befindet sich am Ende des zuführenden Leistungsbonds.

Kausalität des R-Elementes

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Alternative Kausalitäten von R-Elementen

Das R-Element kann keine Energie speichern, sondern dissipiert diese. Seine Definitionsgleichung   ist ein algebraischer Ausdruck, so dass keine zeitlichen Präferenzen zwischen Effort und Flow vorliegen. Es kann sowohl die Effort- als auch die Flowinformation in das Element gerichtet sein, so dass die beiden im Bild gezeigten kausalen Strukturen möglich sind. Wie beim Transformer und Gyrator kann dies benutzt werden, um Kausalitätskonflikte in Bondgraphen zu beheben.

Kausalitätszuweisung

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Für die Zuweisung der Kausalitäten im Bondgraphen gibt es eine algorithmische Vorgehensweise. Die Schritte dazu lauten:

 
Beispiel für eine Kausalitätszuweisung
  1. ) Man beginnt die Kausalitätszuweisung mit irgendeiner Quelle und gibt ihr die erforderliche Kausalität. Dann fährt man von dort in den Graphen hinein mit der Zuweisung fort, in dem man 0-, 1-, TF- und GY-Elementen mögliche Kausalitäts-Querstriche zuweist.
  2. ) Schritt 1.) wird nacheinander für alle Quellen durchgeführt.
  3. ) Nun wählt man einen Speicher (C-, I-Element) aus und weist ihm integrale Kausalität zu. Wie in Schritt 1.) wird dann die Kausalitätszuweisung der 0-, 1-, TF- und GY-Elemente fortgesetzt.
  4. ) Schritt 3.) wird nacheinander für alle Speicherelemente durchgeführt.
  5. ) Man wählt ein R-Element und gibt ihm eine beliebige Kausalität. Diese wählt man so, dass es zu keinem Kausalitätskonflikt an 0-, 1-, TF- und GY-Elementen kommt.
  6. ) Schritt 5.) wird nacheinander für alle R-Elemente durchgeführt.
  7. ) Allen noch nicht mit einem Kausalitäts-Querstrich versehenen Bonds wird nun beliebig ein solcher zugewiesen, ohne dass es zu einem Kausalitätskonflikt kommt.

Im folgenden Beispiel wird die Vorgehensweise an einem Bondgraphen durchgeführt, an dem anfangs die Orientierung der Bonds durch Halbpfeile noch nicht vorgenommen wurde, um zu zeigen, dass diese Orientierung nicht an die Kausalitätszuweisung gebunden ist.

Zuerst wird in Teilbild b) Schritt 1.) durchgeführt und am Bond der Flowquelle SF der Kausalitäts-Querstrich an dem der Quelle zugewandten Ende gesetzt. Dies bedeutet, dass Flow aus der Quelle ins System fließt und das System die Effortinformation an die Quelle zurücksendet. Im Teilbild c) wird dem ersten Speicher am Bond 2 (C-Element) integrale Kausalität zugewiesen. Dies hat wegen der erforderlichen Kausalität der 0-Junction zur Folge, dass Bond 3 den Kausalitäts-Querstrich an der 1-Junction erhält. Der Bond 2 ist der „starke Bond“, weil er der 0-Junction den Effort zuführt. In Teilbild d) werden die Schritte 4.) und 5.) durchgeführt. Zuerst erhält das I-Element integrale Kausalität, indem der Kausalitätsquerstrich des Bonds 5 direkt am I-Element gesetzt wird. Zum Schluss erhält das R-Element seine Kausalitätszuweisung so, dass die Kausalitätsbedingung der 1-Junction erfüllt wird. Hier ist 5 der „starke Bond“, da dieser der 1-Junction die Flowinformation zuführt. Zum Schluss werden in Teilbild e) die Leistungsbonds mit den Halbpfeilen orientiert. Bond 1 ist ins System gerichtet, da die Flowquelle Energie ins System liefert. 1-Port Elemente (R-, C-, I-) haben den Leistungsfluss immer in das Element hinein orientiert. Bond 3 kann prinzipiell beliebig orientiert werden, es bietet sich aber die gewählte Orientierung an, damit positive Leistung in den 2. Speicher (I-Element) fließen kann.

Erstellung von Bondgraphen

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Erstellen des Bondgraphen für ein einfaches elektrisches System

Im Abschnitt über Junctions wurde schon für einfache Systeme mit konzentrierten Bauelementen gezeigt, wie man in der elektrischen Domäne aus Schaltplänen die dort vorhandenen Reihen- und Parallelschaltungen mit Hilfe von 0- und 1-Junctions modelliert. Auch in der mechanischen Domäne waren solche Betrachtungen möglich. Im Folgenden soll eine algorithmische Vorgehensweise zur Erstellung des Bondgraphen-Modells für diese beiden Domänen dargestellt werden[16].

Elektrische Domäne

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Ausgangspunkt für die algorithmische Vorgehensweise der Erstellung des Bondgraphen ist in elektrischen Systemen die Feststellung aller unterschiedlichen Potentialpunkte im System, d. h. die Ermittlung aller unterschiedlichen Potentiale. Diese Potentiale entsprechen 0-Junctions, in denen der Effort an allen Ports gleich ist.

  1. ) Für jedes unterschiedliche Potential im Netzwerk zeichne eine 0-Junction.
  2. ) 1-Port Elemente (C-, I-, R-,SE-, SF-Elemente) werden mit einem Leistungsbond an eine 1-Junction angehängt und diese dann zwischen den entsprechenden 0-Junctions (unterschiedliche Potentiale) eingefügt.
  3. ) Allen Leistungsbonds wird eine Richtung des Leistungsflusses zugeordnet.
  4. ) Wenn das Null-Potential bekannt ist, lasse alle 0-Junctions und alle mit ihnen verbundenen Leistungsbonds weg, die dieses Potential besitzen. Wenn das Null-Potential nicht bekannt ist, so wähle irgendeine 0-Junction aus und gehe wie gesagt vor.
  5. ) Vereinfache den Bondgraphen entsprechend den Regeln für Vereinfachungen.

Einfaches Beispiel

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Im Teilbild a) ist als Beispiel nochmals ein Serienschwingkreis dargestellt. In ihm sind die unterschiedlichen Potentiale durch griechische Buchstaben markiert. Im Teilbild b) werden entsprechend Schritt 1.) des Algorithmuses für die vier unterschiedlichen Potentiale 0-Junctions an beliebigen Orten des Bondgraphens platziert. Entsprechend Schritt 3.) werden dann zwischen den vier 0-Junctions entsprechende 1-Junctions eingefügt, mit denen die 1-Port Elemente SE, R, I und C mit einem Leistungsbond verbunden werden. Deren Richtung entsprechend Schritt 3.) ist durch die 1-Port Elemente vorgegeben. Die übrigen Leistungsbonds können beliebige Richtungen aufweisen, der physikalische Leistungsfluss erfolgt aber natürlich von der Quelle zum Nullpotential.

In Teilbild c) wird nun die mit δ markierte 0-Junction und ihre beiden zuführenden Leistungsbonds entsprechend Schritt 4.) weggelassen. Dadurch ist jetzt das C-Element über eine 1-Junction mit nur 2 Ports mit der durch γ markierten 0-Junction verbunden. Da eine Junction Leistung weder speichert noch dissipiert, muss bei einer 2-Port Junction die an einem Port hineinfließende Leistung unverändert am anderen Port wieder austreten. Daher kann eine solche Junction einfach weggelassen werden.

 
Kausalitätszuweisung des Bondgraphen

Dies führt zum im Teilbild d) nach Schritt 5.) vereinfachten Bondgraphen, bei dem die genannte 1-Junction und alle 0-Junctions, die ja ebenfalls nur zwei Ports besitzen, weggelassen wurden. Der erhaltene vereinfachte Bondgraph entspricht dem im Abschnitt über Effort-Junctions bereits ermittelten Bondgraphen für den Serienschwingkreis.

Diesen Bondgraphen kann man dann, wie oben dargestellt, kausalisieren. Die Effortquelle SE liefert Effort in die 1-Junction, so dass der Kausalitäts-Querstrich am Ende des Bonds angebracht werden muss. Nimmt man für die beiden Speicher (I- und C-Element) integrale Kausalität an und bringt die Kausalitäts-Querstriche entsprechend an den beiden zuführenden Leistungsbonds an, so muss das R-Element nun zwingend den Kausalitäts-Querstrich am Anfang des zuführenden Bonds bekommen. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass der Bond mit dem I-Element der starke Bond ist, der der Effort-Junction (1-Junction) die Flowinformation zuführt. Alle anderen Bonds müssen daher den Flow von der Junction wegführen.

Komplexeres Beispiel

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Erstellung des Bondgraphen für ein komplexeres elektrischen Systems

In diesem Beispielsystem in Teilbild a) speist eine Konstantstromquelle ein System mit einem Transformator. Zu der Primär- und Sekundärspule ist jeweils ein Kondensator parallelgeschaltet und auf der Sekundärseite noch ein zusätzlicher Widerstand. Der erste Schritt zur Erstellung des Bondgraphen ist, die unterschiedlichen Potentiale im System zu identifizieren. Dabei lassen sich vier mit den griechischen Buchstaben α, β, γ, δ bezeichnete Potentiale feststellen. Für diese Orte im Schaltplan werden vier 0-Junctions gezeichnet. Die im Schaltplan vorhandenen konzentrierten Bauelemente SF, C und R werden zwischen den Potentialen mit einer 1-Junction eingefügt. Der Transformator wird als Transformer TF modelliert und ebenfalls mit 1-Junctions zwischen den Potentialen platziert.

Dies ergibt den Bondgraphen in Teilbild b). Die unteren Enden der Transformatorwicklungen befinden sich jeweils auf Nullpotential. Daher können die mit β und δ bezeichneten 0-Junctions weggelassen werden. Dies führt zum umgezeichneten Bondgraphen in Teilbild c). Zwischen den Bauelementen und den 0-Junctions befinden sich nun sechs 1-Junctions, die nur über zwei Ports verfügen und daher weggelassen werden können. Das führt zu dem in Teilbild d) gezeigten vereinfachten Bondgraphen des Systems.

 
Kausalitätszuweisung des elektrischen Beispiels

Für die Kausalitätszuweisung beginnt man mit der Flowquelle, die Flow ins System liefert, worauf dieses Effortinformation an die Quelle zurücksendet. Der Kausalitäts-Querstrich steht daher direkt an diesem Port der Quelle. Dem linken Bond des Transformers gibt man beispielsweise eine Kausalität, die einen Flowzufluss (Strom durch die Primärwicklung) entspricht. Der rechte Bond muss dann die gleiche Kausalität besitzen. Nun kann man dem C-Element C2 integrale Kausalität zuweisen, ohne die an der zugehörigen 0-Junction erforderliche Kausalität zu verletzen, da das R-Element beliebige Kausalität haben kann. Es verbleibt das C-Element C1, das nun wegen der schon festgelegten Kausalität an ihrer 0-Junction eine differentielle Kausalität erhalten muss. Das ist zwar kein Fehler in der Kausalitätszuweisung, aber beinhaltet die Information, dass die Zustandsvariablen der beiden Speicher (C-Elemente) nicht unabhängig voneinander sind. Dies wird klar, wenn man sich vorstellt, was passiert, wenn die Flowquelle eingeschaltet wird. Das Laden von Speicher C2 hängt dann davon ab, wie voll der Speicher C1 bereits ist.

Mechanische Domäne

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Erstellung des Bondgraphen für ein einfaches mechanisches System

Ausgangspunkt für die algorithmische Vorgehensweise der Erstellung des Bondgraphen ist in mechanischen Systemen die Feststellung aller unterschiedlichen Geschwindigkeiten im System, d. h. die Ermittlung aller unterschiedlichen Translations- und Rotationsgeschwindigkeiten. Diese Geschwindigkeiten entsprechen 1-Junctions, in denen der Flow an allen Ports gleich ist.

  1. ) Für jede unterschiedliche Geschwindigkeit (Translation oder Rotation) zeichne eine 1-Junction. Dabei kann es sich um absolute oder relative Geschwindigkeiten handeln.
  2. ) Füge die 1-Port Elemente, die Kräfte (Momente) erzeugen, durch 0-Junctions zwischen den 1-Junctions ein. Dabei werden R- und C-Elemente (Dämpfer, Federn) durch einen Leistungsbond mit den 0-Junctions, I-Elemente (Massen) direkt mit der zugehörigen 1-Junction verbunden.
  3. ) Allen Leistungsbonds wird eine Richtung des Leistungsflusses zugeordnet.
  4. ) Eliminiere alle 1-Junctions, die der Geschwindigkeit „Null“ entsprechen und die zugehörigen Leistungsbonds.
  5. ) Vereinfache den Bondgraphen entsprechend den Regeln für Vereinfachungen.

Einfaches Beispiel

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Aus der mechanischen Domäne war bereits der Einmassenschwinger diskutiert und ein Wortbondgraph dargestellt worden. Charakteristisch für ihn ist, dass die Feder und der Dämpfer an jeweils einem Ende fest mit der Masse verbunden sind (Teilbild a) und damit gleiche Geschwindigkeit besitzen. Daher muss dieser Koppelpunkt durch eine Effort-Junction modelliert werden, da dort alle Flows gleich sind. In Schritt 1.) wird jeweils eine 1-Junction für die Geschwindigkeiten der Wand (Befestigungspunkt) und der Masse gezeichnet, da diese unterschiedliche Geschwindigkeiten v1 und v2 besitzen. Entsprechend Schritt 2.) wird das I-Element (Masse) direkt mit einem Bond an die 1-Junction angebunden, die die Geschwindigkeit v2 repräsentiert. Die beiden Bauelemente Feder (C-Element) und Dämpfer (R-Element) werden mit 0-Junctions zwischen den 1-Junctions eingefügt. Die Effortquelle (Kraft auf Masse) liefert Leistung in die obere 1-Junction und verursacht daher den Flow v2. Die Geschwindigkeit der Wand v1 muss von einer Flowquelle geliefert werden.

 
Kausalitätszuweisung Einmassenschwinger

Im vorliegenden Fall des gefesselten Einmassenschwingers ist die Wandgeschwindigkeit zwar Null, aber innerhalb eines größeren Systems könnte auch der Fall auftreten, dass sich der Befestigungspunkt mit einer Geschwindigkeit ungleich Null bewegt. In Schritt 3.) erhalten die Bonds Richtungen des Leistungsflusses, der wie bereits erläutert für Quellen und 1-Port Elemente festgelegt ist. Die Richtung der übrigen Leistungsbonds ist hier beliebig.

In Schritt 4.) kann man die Flowquelle und die 1-Junction mit der Wandgeschwindigkeit weglassen, da diese gleich Null ist. Die beiden von dieser 1-Junction zu den 0-Junctions führenden Bonds entfallen ebenfalls. Dadurch können in Schritt 5.) die beiden 0-Junctions entfallen, da sie jeweils nur noch zwei Ports besitzen. Dies ergibt dann den vereinfachten Bondgraph.

Für die Kausalitätszuweisung des Bondgraphen beginnt man mit der Effortquelle, die Effort ins System liefert. Daher steht der Kausalitätsquerstrich des zuführenden Bonds direkt an der 1-Junction. Den beiden Speichern kann man jeweils integrale Kausalität zuweisen, da man die Kausalität des R-Elementes so wählen kann, dass die Kausalitätsbedingungen der 1-Junction nicht verletzt werden.

Mechanisches Hebelsystem

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Erstellung des Bondgraphen für ein komplexeres mechanisches System
 
Modelländerung für Kausalitätszuweisung

Um dieses aus zwei Federn, einem Dämpfer, einem Hebel und einer Umlenkrolle bestehende mechanische System zu modellieren wird angenommen, dass alle Bauelemente masselos, bzw. trägheitslos sind (Teilbild a)). Diese physikalisch unrealistische Annnahme soll später aufzeigen, dass dies Konsequenzen in der Kausalitätszuweisung hat. Das über eine Umlenkrolle laufende Seil wird als dehnstarr[17] angenommen, da man seine Elastizität mit der der Feder mit der Steifigkeit k1 zusammenfassen kann.

In Schritt 1.) in Teilbild b) stellt man fest, dass das System fünf unterschiedliche Translationsgeschwindigkeiten hat. Für diese fünf Geschwindigkeiten v1 bis v5 werden für den Bondgraphen fünf 1-Junctions gezeichnet, in denen der Flow jeweils den Geschwindigkeiten entspricht. Ein Hebel kann durch einen Transformer modelliert werden. Da der Hebel auf der Ausgangsseite zwei unterschiedliche Hebelarme b und c besitzt, wird die Kraftübertragung vom Seil auf zwei Transformer mit unterschiedlichem Transformerfaktor m = b/a und m = c/a (Übersetzungsverhältnis der Hebelarme) modelliert. Die Wandgeschwindigkeit wird wieder durch eine Flowquelle vorgegeben und die C- und R-Elemente werden mit 0-Junctions zwischen den 1-Junctions, die ihre Geschwindigkeiten an den Enden der Bauelemente repräsentieren, eingefügt. Die Richtung der Leistungsbonds ergibt sich wie bereits erläutert aus physikalischen Gegebenheiten und Bauteileigenschaften.

In Schritt 4.) wird in Teilbild c) wieder unter der Annahme einer Wandgeschwindigkeit v5 = 0 die Flowquelle für die Geschwindigkeitsvorgabe und die zugehörige 1-Junction weggelassen. Nun können in Schritt 5.) in Teilbild d) weitere 0- und 1-Junctions, die nur über zwei Ports verfügen, weggelassen werden, um den vereinfachten Bondgraphen in Teilbild d) zu erhalten.

Führt man nun eine Kausalitätszuweisung am gefundenen Bondgraphen in Teilbild a) des rechten Bildes durch, so muss wegen der erforderlichen Kausalität der Effortquelle an Bond 1 und der der folgenden 0-Junction das C-Element an Bond 2 differentielle Kausalität erhalten. Dies weist auf ein Problem hin. Die übrige Kausalitätszuweisung ist problemlos, da das C-Element an Bond 6 aufgrund der Wahlmöglichkeit beim R-Element integrale Kausalität erhalten kann.

Den Grund für diese problematische differentielle Kausalität kann man im Verlauf der Vereinfachung des Bondgraphen im vorherigen Bild finden. Die 1-Junction zwischen der Effortquelle und der 0-Junction steht für die Geschwindigkeit v1 des Federendes von k1, an dem die Kraft F angreift. Diese 1-Junction konnte eliminiert werden, da sie nur zwei Ports besitzt. Dies aber beruhte auf der unrealistischen Modellannahme, dass alle Bauelemente im System masselos sind.

Korrigiert man diese Modellannahme, indem man wie in Teilbild b) des rechten Bildes gezeigt, eine Masse m ergänzt, auf die die Kraft F wirkt, so ändert sich der Bondgraph. Nun wird an die 1-Junction ein I-Element angehängt und die Junction hat nun drei Ports. Jetzt ist es möglich, sowohl dem I-Element am neuen Bond 3, als auch dem C-Element am neuen Bond 4 integrale Kausalität zuzuordnen. Damit sind alle Kausalitätsprobleme behoben. Die Diskussion weiterer Kausalitätskonflikte und deren Behandlung finden sich in der Literatur[5][9].

Nach der Kausalisierung eines Bondgraphen kann man die Reihenfolge der konstituierenden Gleichungen festlegen (Gleichungssortierung), um daraus die Zustandsgleichungen zu ermitteln[18]. Diese aufwendige Aufgabe kann bei einem kausalisierten Bondgraphen von einem Simulationssystem wie Dymola oder 20-sim automatisch ausgeführt werden.

Vereinfachung von Bondgraphen

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Vereinfachung komplexerer Junction-Strukturen

Um einen möglichst einfachen Bondgraphen zu erhalten, kann man natürlich im Modellbildungsprozess Annahmen treffen, die die Anzahl der Bauelemente reduzieren. Dies sind Modellannahmen, die physikalische Effekte vernachlässigen, die nur zu tolerierbaren Abweichungen des Modellverhaltens gegenüber dem realen System führen. Dies ist beispielsweise bei der Modellbildung des Einmassenschwingers, dass die Masse von Feder und Dämpfer vernachlässigt und mit der schwingenden Hauptmasse zusammengefasst werden kann. Um zu einer höheren Übersichtlichkeit und klareren Strukturen eines Bondgraphen zu gelangen, gibt es aber zusätzliche Möglichkeiten der Vereinfachung, wie das oben erwähnte Weglassen von Flowquellen, die die Geschwindigkeit Null liefern. Weiterhin wurde bereits erwähnt, dass Junctions mit nur maximal zwei Ports ebenfalls weggelassen werden können. Auch auf die Möglichkeit der Substitution aufeinander folgender Transformer (Gyratoren) und weiterer 1-Port-Elemente wurde bereits hingewiesen.

Im Teilbild a) ist eine Hintereinanderschaltung von zwei 0-Junctions dargestellt. Die Leistung, die aus der linken 0-Junction über den Bond 3 fließt, wird vollständig von der rechten 0-Junction aufgenommen. Die Efforts in diesen beiden 0-Junctions sind also identisch, so dass man diese beiden Junctions zusammenziehen und den Bond 3 weglassen kann. Das Gleiche würde natürlich für eine Struktur mit zwei 1-Junctions gelten[19]. Die Anzahl der Leistungsbonds wird dadurch von 5 auf 4 und die Anzahl der Junctions von 2 auf 1 reduziert.

Häufig treten in Bondgraphen Strukturen aus je zwei 0- und zwei 1-Junctions auf, wie in Teilbild b) gezeigt wird. Diese kann man entsprechend Teilbild b) auf je eine 0- und eine 1-Junction reduzieren. Die Äquivalenz der beiden Strukturen kann gezeigt werden, indem man die Efforts und Flows in die hinein- und herausführenden Bonds miteinander vergleicht[20]. Die Anzahl der Leistungsbonds wird dadurch von 8 auf 5 reduziert und die Anzahl der Junctions von 4 auf 2. Werden die 0-Junctions und die 1-Junctions der Struktur vertauscht, so gilt ebenfalls die gleiche Vereinfachungsregel.

Zustandsgleichungen

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Wenn man einen vollständig kausalisierten Bondgraphen für ein System erstellt hat, so ist der nächste Schritt für eine Simulation des Systemverhaltens die Erstellung der Zustandsgleichungen des Systems. Die Zustandsraumdarstellung ist hilfreich, um die Differentialgleichungen eines Systems höherer Ordnung als einen Satz von Differentialgleichungen erster Ordnung darzustellen. Die allgemeine Form lautet:

 

Dabei ist   der Spaltenvektor der ersten Ableitungen der unbekannten Zustandsvariablen   des Systems und   ein Spaltenvektor der Eingangsvariablen des Systems. Die Größen   und   sind Matrizen, die Parameterwerte des Systems und der Eingangsvariablen enthalten. Die Matrix   wird als Systemmatrix bezeichnet und enthält die Parameter der Systems, die Matrix   wird als Steuermatrix bezeichnet und enthält die Parameter der Eingangsvariablen.

Die Zustandsvariablen des Bondgraphen sind die generalisierten Variablen Impuls und Verschiebung   und  . Die beiden übrigen generaliserten Variablen Effort und Flow   und   sind die ersten Ableitungen von Impuls und Verschiebung, denn es gilt:

 

Am folgenden Beispiel, das wegen der drei enthaltenen Speicher drei Zustandsvariablen besitzt, soll dargestellt werden, wie man aus einem gegebenen kausalisierten Bondgraphen die Zustandsgleichungen herleiten kann. Dazu kann man die bekannten Definitionsgleichungen aller Bauelemente einschließlich der Junctions heranziehen. Die Vorgehensweise soll anhand des geänderten Bondgraphen des komplexeren mechanischen Systems (Siehe: Geändertes Beispiel mit Masse) herangezogen werden. Die Definitionsgleichungen aller Bauelemente werden von links nach rechts aufgelistet, wobei die Zustandsgrößen den Index des jeweiligen Bonds (1…9) erhalten:

1.)  

2.)  

3.)  

4.)  

5.)  

6.)  

7.)   Minuszeichen, da f8 und f6 entgegengesetzt orientiert sind

8.)  

9.)  

10.)  

Die Zustandsgleichungen enthalten die generalisierten Variablen p und q mit den Indizes 3, 4 und 8, sowie deren erste Ableitungen, da sich die Speicher an den Bonds mit diesen Indizes befinden. Die Zustandsvariablen p3, q4 und q8 sind bereits in den 10 oben aufgeführten Gleichungen enthalten. Deren Ableitungen kann man aus diesen Gleichungen wie folgt ermitteln:

1-Junction

  wegen  
  1. Zustandsgleichung

0-Junction

  wegen  
 
 
 
  2. Zustandsgleichung

1-Junction

 
 
  3. Zustandsgleichung

Diese drei Zustandsgleichungen bilden die Zustandsraumdarstellung und lauten in Vektorschreibweise:

 
 
Anregung eines Feder-Masse-Dämpfer-Systems durch Kraftsprung

Das Verhalten dieses Systems kann man durch Eingabe der Zustandsraumdarstellung simulieren. Diese wurde mit dem Simulationssystem „Scilab/Xcos“ durchgeführt, indem ein Kraftsprung von F auf den Eingang des Systems gegeben wurde. Bei dem grafikunterstützten System „Xcos“ handelt es sich um einen sogenannten Blockschaltbild-Editor[21], bei dem man die Übertragungsglieder eines Systems grafisch als Blöcke eingibt und mit einem Verbindungswerkzeug untereinander verbindet, um ein Blockschaltbild des Systems zu erzeugen. Die Kurve im Diagramm zeigt den Verlauf der Verschiebung q4 der Feder mit der Steifigkeit k2. Durch die an der anderen Feder angreifende Kraft wird das betrachtete Federende um eine konstante Ruhelage ausgelenkt, um welche das System eine gedämpfte Schwingung ausführt. Die gleiche Darstellung erhält man, wenn man die Elemente des Bondgraphen in ein Simulationssystem wie „20-sim“ eingibt. Aus dem Bondgraphen werden im Simulationssystem direkt automatisch die Zustandsgleichungen ermittelt, ohne das man den oben gezeigten komplizierten Rechengang selbst durchführen muss.

Umwandlung Bondgraph/Blockschaltbild

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Hat man einen Bondgraphen mit einer konfliktfreien Kausalitätszuweisung versehen, so kann man diesen auch in ein Blockschaltbild umwandeln. Die umgekehrte Vorgehensweise ist nicht möglich.[22] Ein Bondgraph ist meist von einfacherer Struktur als ein Blockschaltbild, da ein Leistungsbond für zwei unterschiedliche Informationsströme in Blockschaltbildern steht und diese redundante Informationen enthalten. Das Bild links zeigt entsprechende Blockschaltbildsymbole für Elemente des Bondgraphen. Wie man sieht, haben viele dieser Bauelemente doppelt so viele Blöcke wie Bondgraphsymbole. Auch die Struktur von Reihen- und Parallelschaltungen stellen sich in Bondgraphen deutlich einfacher dar, wie man an den Entsprechungen zwischen Junction-Symbolen und zugehörigen Blockschaltbildkonstrukten im Bild rechts sieht. Dem 0- oder 1-Symbol des Bondgraphen entspricht im Blockschaltbild je ein Summenpunkt und eine Verzweigungsstelle, welche durch Informations-, Materie- oder Energieflüsse untereinander verbunden sind.

 
Äquivalente Blockschaltbilder von Junctions des Bondgraphen
 
Äquivalente Blockschaltbilder von Standardelementen des Bondgraphen

An dem einfachen Beispiel des Einmassenschwingers soll die Vorgehensweise bei der Umwandlung demonstriert werden. Das Teilbild a) des Beispiels zeigt den Bondgraphen, der aus vier Bauelementen und einer 1-Junction besteht. Entsprechend der Äquivalenzdarstellung der 1-Junction wird in Teilbild b) zuerst ein Summenpunkt und eine Verzweigungsstelle gezeichnet. Im Beispiel werden im Summenpunkt die Kräfte (Efforts) des Systems, die an der Masse angreifen, aufsummiert. Der Verzweigungspunkt verzweigt die Geschwindigkeit   (Flow) zu verschiedenen Punkten des Blockschaltbildes. Die Summe der Kräfte ergibt den Wert  , welcher durch das I-Element integriert und durch die Masse m dividiert wird. Dadurch wird die Größe   erzeugt. Dieser Wert wird durch das C-Elemet integriert und mit k multipliziert, so dass die Kraft Fk erzeugt wird. Das R-Element multipliziert   mit dem Dämpfungswert d, wodurch die Dämpferkraft Fd erzeugt wird.

 
Umwandlung des Bondgraphen eines Einmassenschwingers in ein Blockschaltbild
 
PKW-Antriebsstrang als Bondgraph und Blockschaltbild

Schließt man alle Signalleitungen zusammen und zeichnet die Darstellung so um, wie es in Blockdiagrammen üblich ist (links Eingang F, rechts Ausgang x), so erhält man in Teilbild c) das Blockschaltbild des Einmassenschwingers. Es entspricht dem Blockschaltbild, wie es schon im Abschnitt über Wort-Bondgraphen gezeigt wurde. Vergleicht man die Teilbilder a) und c), die den Bondgraphen und das Blockschaltbild des sehr einfachen Systems „Einmassenschwinger“ darstellen, so sieht man bereits eine erhöhte Komplexität des Blockschaltbildes gegenüber dem Bondgraphen. Dazu kommt, dass der Bondgraph aus den Objekten des realen Systems besteht, während das Blockschaltbild verschiedenste Rechenbausteine enthält, die die Systemgleichungen nachbilden. Bei sehr komplexen realen Systemen führt die Darstellung als Blockschaltbild zu sehr unübersichtlichen Strukturen.

Als weiteres Beispiel zeigt das Bild oben rechts in Teilbild a) den Antriebsstrang eines PKW in schematischer Schrägansicht. Hieraus kann man leicht einen Wortbondgraphen (Teilbild b)) gewinnen, indem man alle relevanten Bauelemente als Wortobjekte im Leistungsfluss anordnet und diese durch Leistungsbonds verbindet. Die nicht zum Antriebsstrang gehörenden Vorderräder werden mit der Masse des Chassis zusammengefasst. In Teilbild c) werden dann die Wortelemente durch die Standardsymbole des Bondgraphen ersetzt.

Dabei wird der Motor durch eine modulierbare Effortquelle[23] MSe ersetzt, deren Leistungsvorgabe vom Gaspedal durch einen Informationsbond geliefert wird. Zusätzlich wird die Motorträgheit durch ein I-Element modelliert, Reibung wird im gut geschmierten Motor als vernachlässigbar angenommen. Die Kupplung ist im Modell ein modulierbares R-Element, dessen Reibwert, variabel zwischen den Werten „Null“ für Kupplung unbetätigt und „Unendlich“ für Kupplung komplett betätigt, durch das Kupplungspedal verändert werden kann. Das Schaltgetriebe ist ein modulierbarer Transformer MTF, der durch die Gangschaltung verschiedene Transformerfaktoren (hier Übersetzungen) bekommen kann. Die Antriebswelle wird als elastisch verformbares Torsionselement (C-Element) modelliert, da deren Masse für die Betrachtung wiederum vernachlässigt werden kann. Das Differentialgetriebe wird als Tranformer mit festem Transformerfaktor und unter Vernachlässigung der Massenträgheit modelliert. Die Hinterräder haben als wesentliche Modelleigenschaft ihre Massenträgheit, die durch I-Elemente modelliert werden, Elastizität (Federung, Reifenelastizität) wird für das Antriebsproblem nicht berücksichtigt. Die Übersetzung der Radrotation in eine Fahrzeugtranslation wird über Transformer mit festen Transformerfaktoren, der Rollwiderstand zwischen Rädern und Straße durch R-Elemente modelliert. Abschließend in der Kette des Leistungsflusses steht die Fahrzeugmasse, die durch ein I-Element modelliert wird. Der auf die Karosserie wirkende Luftwiderstand ist stark von der Fahrzeuggeschwindigkeit abhängig und wird durch ein modulierbares R-Element modelliert, dessen Parameter R durch die Fahrzeuggeschwindigkeit beeinflusst wird.

Dieser Aufbau ist sehr gut nachvollziehbar und verdeutlicht die Struktur und den Leistungsfluss in diesem komplexen System. Entwickelt man nun das äquivalente Blockschaltbild aus dem Bondgraphen in Teilbild d), so erhält man eine verwirrende grafische Darstellung, die den eigentlichen Sinn solcher Darstellungen, nämlich das Systemverständnis zu erleichtern, ad absurdum führt. Kommen in solchen Systemen auch noch Bauelemente aus verschiedenen Domänen zum Einsatz, so liefert der Bondgraph deutlich einfachere und verständlichere Darstellungen, als sie durch Blockschaltbildfer möglich sind.

Bondgraphen anderer Domänen

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In der Technik wurden schon frühzeitig Analogien im Verhalten von elektrischen und hydraulischen Systemen festgestellt. Die elektro-hydraulische Analogie stellt Bezüge in den Gesetzmäßigkeiten zwischen hydraulischen und elektrischen Systemen her. Sie geht auf Arbeiten des britischen Physikers Oliver Heaviside zurück, welcher diese Beziehungen nutzte, um die Ende des 19. Jahrhunderts neuartige elektrische Schaltungstechnik mit Hilfe von Rohrleitungen und darin befindlichen Flüssigkeiten anschaulich darzustellen. Im Abschnitt über die generalisierten Variablen waren bereits deren in der Hydraulik verwendeten Variablenbezeichnungen genannt worden. So ist der Effort e die Druckdifferenz Δpd an einer Stelle des Systems in Bezug zu einem Referenzdruck (z. B. Atmosphärendruck), der Flow f der durch einen Querschnitt fließende Volumenstrom  , der Impuls p ist der in der Hydraulik eher unübliche Druckimpuls pp und die Verschiebung q entspricht dem Volumen V eines Fluids.

In der Domäne des Magnetismus sind vor allem elektro-magnetische Systeme von Bedeutung. Hier spielt als Element für den Übergang von der elektrischen zur magnetischen Domäne vor allem der Gyrator eine Rolle. Im Abschnitt über den 2-Port Gyrator war bereits der Gleichstrommotor als durch einen Gyrator zu modellierendes System festgestellt worden. Die generalisierten Variablen der magnetischen Domäne sind bereits in der entsprechenden Tabelle aufgelistet worden. Analog zur elektrischen Domäne treten hier die magnetische Spannung Um und der magnetische Widerstand Rm auf.

In der Domäne der Thermodynamik lässt sich ebenfalls eine Analogie zwischen elektrischen und thermischen Größen herstellen. Man kann die Temperatur T analog zur Spannung U als Effortgröße und den Wärmestrom   als Flowgröße für den elektrischen Strom verwenden. Allerdings ist das Produkt aus diesen beiden Größen keine Leistung, wie es sonst in Bondgraphen üblich ist. Darauf beruhende Graphen werden als Pseudo-Bondgraphen bezeichnet. Wählt man für die Flowgröße die physiklische Größe Entropiestrom  , so ist das Produkt aus Effort und Flow wieder eine Leistung. Hiermit kann man echte Bondgraphen eines Wärmetransportes aufstellen, wobei man R- und C-Elemente definieren kann, I-Elemente gibt es allerdings nicht.

Hydraulische Domäne

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Die oben behandelten 1-Port-Elemente wie das R-, I- und C-Element sind die Reibungsverluste im Fluid, die hydraulische Trägheit und die Kompressiblität von Fluiden. Für sie gelten die folgenden Gesetzmäßigkeiten.[24]

Der Volumenstrom unterliegt stark nichtlinearen Einflüssen und ist von der Reynolds-Zahl abhängig. Die Definitionsgleichung des R-Elementes lautet dann:

  mit n=1 für laminare Strömung, n=2 für turbulente Strömung

Der R-Wert selber, der die Reibungsverluste im Fluid charakterisiert, ist ebenfalls nichtlinear abhängig vom durchströmten Querschnitt und beträgt für bei Rohren typische kreisförmige Querschnitte mit Durchmesser d und Rohrlänge l :

  mit η: dynamische Viskosität

Der C-Wert des C-Elementes tritt vor allem in hydraulischen Systemen in der Form der schwerkraftabhängigen Nachgiebigkeit eines Flüssigkeitsvolumens auf:

  mit ρ: Dichte; g: Gravitationskonstante; A: Querschnittsfläche

Den I-Wert des I-Elementes eines Fluidsegmentes in einem Rohr mit der Länge l und der Querschnittsfläche A kann man bestimmen, indem man die Trägheitskraft eines Massensegmentes mit der hydraulischen Druckkraft gleichsetzt:

Trägheitskraft auf hydraulische Masse m nach Newtonschem Bewegungsgesetz:   mit  
Druckkraft in der Hydraulik:   mit  

Eine Zusammenfassung der beiden letzten Gleichungen ergibt den Wert des Parameters I:

 
 
Hydraulikzylinder
 
Transformersymbol des Hydraulikzylinders

Ein in der Hydraulik häufig verwendetes Bauelement ist der Hydraulikzylinder, ein Rohr, in dem sich ein Kolben bewegen kann und der sowohl als Druckerzeuger oder als Stellglied verwendet wird. Im Bild ist der Querschnitt durch solch einen Zylinder mit den wichtigsten Kenngrößen schematisch dargestellt. Der Kolben mit der Querschnittsfläche A wird mit der Kraft F eingedrückt und bewegt sich dadurch mit der Geschwindigkeit v. Hinter dem Kolben entststeht dadurch der Druck pd und es wird ein Volumenstrom Q aus dem Zylinder ausgetrieben. Den Hydraulikzylinder kann man als Transformer modellieren, bei dem der Eingangseffort die Kraft und der Eingangsflow die Kolbengeschwindigkeit sind. Der Ausgangseffort ist der Druck im Zylinder und der Ausgangsflow ist der Volumenstrom. Das zugehörige Transformersymbol des Bondgraphen ist im Bild rechts dargestellt. Der Transformerfaktor m = A folgt aus der Definitionsgleichung für den Effort eines Transformers:

 
Bondraph des Hydrozylinders mit Verlustgrößen
 

Bei diesem technischen System wird jedoch sofort klar, das eine verlustfreie Transformation der mechanischen Leistung in hydraulische Leistung, wie es bei einem idealen Transformer wäre, nicht möglich ist. Zwischen Kolben und Zylinder tritt Reibung auf und im Dichtspalt entstehen Leckölverluste. Hier ist es aber aufgrund der Bondgraph-Methodik einfach, diese Verluste im Modell zu berücksichtigen. Sie werden im Bondgraphen durch zwei R-Elemente dargestellt, die über eine 1- und eine 0-Junction am Ein- und Ausgang des Transformers eingefügt werden. Da die Reibungsverluste sich durch eine Reibkraft manifestieren, wird auf der Eingangsseite eine 1-Junction verwendet. Die aufgebrachte äußere Kraft steht mit der Reibkraft und der Kolbenkraft im Gleichgewicht (Summe aller Efforts ist gleich Null). Der Leckverlust hat einen Leckölvolumenstrom zur Folge, weshalb dieser mit einer 0-Junction eingefügt wird, in der ja die Summe aller Flows (Volumenströme) gleich Null sein muss.

 
Hydraulisches System aus Tank mit Rohrleitung

Zum Zeichnen des Bondgraphens eines hydraulischen Systems kann man die gleiche Vorgehensweise wie bei elektrischen Systemen benutzen. Anstelle der Potentialgröße Spannung muss man nur die Potentialgröße Druck verwenden. Im Bild rechts ist ein hydraulisches System aus einem zylinderförmigen Tank mit Querschnittsfläche AB und einem Zuleitungsrohr mit Durchmesser d und Länge l dargestellt. Da die Potentialgröße der Druck ist, muss zu Anfang festgestellt werden, welche unterschiedlichen Drücke im System auftreten. Dies ist am Eingang ins System der Speisedruck pa mit der Kennzeichnung „a“. Der Druck am Behälterboden wird mit der Kennzeichnung „b“ und der Druck über dem Flüssigkeitsspiegel des Behälters mit „c“ gekennzeichnet. In hydraulischen Systemen ist der Druck ein Effort und der Volumenstrom Q ein Flow.

Die beiden Sektionen „Zuleitungsrohr“ und „Behälter“ haben jeweils unterschiedliche dominierende Eigenschaften. Die Fluidmasse im Zuleitungsrohr fließt mit höherer Geschwindigkeit, so dass ihr Trägheitsverhalten gegenüber der Nachgiebigkeit dominiert. Zusätzlich treten Reibungsverluste auf. Im Behälter ist die Fließgeschwindigkeit sehr klein mit geringen Reibungsverlusten, aber das große Volumen hat eine deutliche Nachgiebigkeit.

Infolgedessen werden für das Zuleitungsrohr der hydraulische Widerstand R und die Trägheit des Fluids IF modelliert:

  ;  
 
Bondgraph mit Vereinfachung des hydraulischen Systems

Für die Nachgiebigkeit des Behälterinhalts gilt:

 

Entsprechend der Regel 1.) werden zur Erstellung des Bondgraphen in Teilbild a) zuerst für alle unterschiedlichen Druckpotentiale 0-Junctions gezeichnet. Die Speisepumpe wird als Se-Element modelliert und entsprechend Regel 2.) über eine 1-Junction an das Druckpotential a (0-Junction) angehängt. Das Zuleitungsrohr zwischen den Druckpotentialen a (Zuleitungsbeginn) und b (Behälterboden) wird als R- und I-Element mit einer 1-Junction zwischen den 0-Junctions eingefügt. Die Nachgiebigkeit des Behältervolumens wird als C-Element modelliert und mit einer 1-Junction an des Druckpotential b angehängt.

In Anwendung von Regel 4.) kann man nun die 0-Junction, die dem Punkt c (Atmosphärendruck) als Referenzgröße entspricht, sowie die beiden Leistungsbonds weglassen. Dann liegen vier Junctions vor, die alle nur über zwei Ports verfügen und daher ebenfalls weggelassen werden können. Dadurch vereinfacht sich der Bondgraph wie in Teilbild b) gezeigt.

Magnetische Domäne

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Ringkernspule

Wie bereits erwähnt, kann man einige Größen der magnetischen Domäne analog zur elektrischen Domäne definieren. Ein wichtiges elektromagnetisches Bauteil ist eine Spule, wie im Bild dargestellt ein Kern mit Querschnitt A aus einem ferromagnetischen Material, umwickelt mit einem Leiter mit N Windungen[25]. Häufiger verwendet man zwar stabförmige Kerne, aber bei der Ringkernspule (Toroidspule, Kreisringspule) breitet sich der magnetische Fluss fast ausschließlich im kreisförmigen Kern aus und das bei stabförmigem Kern meist störende Streufeld im Außenraum ist bei der Kreisringspule vergleichsweise schwach.

Durch das Anlegen der elektrischen Spannung Ue an den Leiter wird ein Strom i hervorgerufen. Dieser induziert im Spulenkern einen magnetischen Fluss Φ und für die Ringspule gilt:

  [Φ] = Weber

Die vektorielle Größe   ist die magnetische Flussdichte, die über die Permeabilität μ mit der magnetischen Feldstärke   verbunden ist:   [B] = Tesla

Wenn in einer idealen Ringspule jede der N Windungen des Leiters den gesamten magnetischen Fluss Φ im Kern verbindet, so beträgt der Windungsfluss (s. a. Verkettungsfluss, Induktionsfluss):  . Dessen Ableitung entspricht der an die Spule angelegten Spannung Ue :  . Diese Spannung wurde früher als elektromotorische Kraft (EMK) bezeichnet und man kann analog dazu eine magnetomotorische Kraft (MMK) definieren, die heute als magnetische Spannung Um bezeichnet wird. Für sie gilt:   [Um] = (Windungszahl) · Ampere. Mit dieser physikalischen Größe, die nicht die Maßeinheit einer elektrischen Spannung besitzt, kann man, analog zum ohmschen Gesetz, den magnetischen Widerstand Rm oder die Reluktanz definieren:  .

 
Bondgraph der Ringspule als Gyrator
 
Bondgraph des fremderregten Gleichstrommotors

Das magnetische System „Ringspule“ hat elektrische Eingangs- und daraus resultierende magnetische Ausgangsgrößen. Ihr Verhalten kann im Bondgraphen durch einen Gyrator modelliert werden. Auf der elektrischen Seite (s. Bild links) ist der Effort die Spannung   und der Flow der Strom i. Auf der magnetischen Seite ist der Effort die magnetische Spannung Um und der Flow die Flussänderung  . Entsprechend den Definitionen der beiden anderen generalisierten Variablen sind dann in der magnetischen Domäne der Impuls   und die Verschiebung  .

Im Abschnitt über den Gyrator war das dynamische Verhalten eines fremderregten Gleichstrommotors bereits mit einem Gyrator modelliert worden, allerdings unter Vernachlässigung der elektrischen Eigenschaften der Ankerspule und der mechanischen Eigenschaften der rotierenden Masse des Ankers. Dies kann man aber leicht im Bondgraphen durch die bekannten Modellelemente für die elektrischen und mechanischen Eigenschaften ergänzen. Auf der elektrischen Eingangsseite sind im Bild rechts für das dynamische Verhalten die Induktivität L und der ohmsche Widerstand RA der Ankerspule und auf der mechanischen Ausgangsseite das Trägheitsmoment J des Ankers und die Lagerreibung RL von Bedeutung. Auf der Eingangsseite sind Ankerspannung, Ankerinduktivität und Ankerwiderstand in Reihe geschaltet, so dass man sie mit einer 1-Junction an den Gyratoreingang anhängen kann. Auch auf der Ausgangsseite muss zur Summierung der „Verlustkräfte“ (Reibung, Trägheit) eine 1-Junction verwendet werden. Mit diesem Modell wurde die Simulation des Systemverhaltens beim Anfahren (Eingangsspannungssprung) des Motors mit 20-sim durchgeführt.

 
Vergleich Gleichstrommotor-Gyrator

In der Simulation wurde ein Diagramm erstellt, in welchem der Vergleich des Anfahrverhaltens des Modells des Gleichstrommotors mit dem Verhalten des einfachen Gyrators dargestellt ist. Da der Gyrator weder Leistung speichert noch dissipiert, folgt er exakt mit proportionaler Verstärkung dem Eingangssprung. Das realistischere Modell zeigt das Verhalten eines Verzögerungsgliedes 2. Ordnung, da dieses Modell zwei Speicherelemente, die Induktivität und die träge Masse, enthält. Aufgrund der Dämpfung durch den ohmschen Widerstand und die Lagerreibung verläuft der Anlaufvorgang als stark gedämpfte Schwingung. Die Systemverstärkung ist bei gleichem Gyratorfaktor entsprechend geringer. Das Zustandsraummodell, das die Zustandsvariable p2 der Induktivität und p7 der Drehträgheit enthält, lautet:

 
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Commons: Bondgraph – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Software

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  • 20-sim Grafische Simulationssoftware für Bondgraphen und Blockschaltbilder (20-sim.com)
  • Dymola Modellierungs- und Simulationssoftware basierend auf der offenen Modellierungssprache Modelica
  • Scilab/Xcos Berechnungs- und Simulationssoftware mit Blockschaltbildeditor und Icondarstellung
  • Matlab/Simulink/Simscape Berechnungs- und Simulationssoftware mit Blockschaltbildeditor (Simulink) und Tool für Bondgraphen (Simscape)

Literatur

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  • Paynter, Henry M.: Analysis and Design of Engineering Systems. The MIT Press, 1960, ISBN 0-262-16004-8.
  • Karnopp, Dean C.; Margolis, Donald L.; Rosenberg, Ronald C.: System Dynamics. John Willey & Sons, New Jersey, 2012, ISBN 978-0-470-88908-4.
  • Roddeck, Werner: Bondgraphen, Reihe essentials. Springer Vieweg, Wiesbaden, 2019, ISBN 978-3-658-25920-4.
  • Roddeck, Werner: Grundprinzipien der Mechatronik, 4. Auflage. Springer Vieweg, Wiesbaden, 2022, ISBN 978-3-658-38088-5.
  • Schmitt, Thomas L.; Andres, Markus: Methoden zur Modellbildung und Simulation mechatronischer Systeme. Springer Vieweg, Wiesbaden, 2019, ISBN 978-3-658-25088-1.
  • Mukherjee, Amalendu; Karmakar, Ranjit: Modeling and Simulation of Engineering Systems through Bondgraphs. CRC-Press, Boca Raton, 2000, ISBN 0-8493-0982-4.
  • Borutzky, Wolfgang: Bond Graph Methodology. Springer, London, 2010, ISBN 978-1-84882-881-0.
  • Das, Shuvra: Mechatronics Modeling and Simulation Using Bond Graphs. CRC Press, USA, 2009, ISBN 978-1-84882-881-0.

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Als Domänen werden in der Physik und Technik unterschiedliche Fachgebiete wie Mechanik, Elektrotechnik, Hydraulik, Magnetismus, Thermodynamik usw. bezeichnet. Multi-Domänen Systeme sind Systeme, die Subsysteme unterschiedlicher Domänen enthalten.
  2. Kante in einem Bondgraphen, über die Leistung in relevantem Ausmaß Leistung übertragen wird.
  3. Beim Halbpfeil wird nur die eine Hälfte der Pfeilspitze in unterschiedlichen Stilen gezeichnet.
  4. Paynter, Henry M.: Analysis and Design of Engineering Systems. The M.I.T. Press. ISBN 0-262-16004-8.
  5. a b c d e f g h i j k Karnopp, Dean C.; Margolis, Donald L.; Rosenberg, Ronald C. (2012). System Dynamics. New Jersey: John Wiley & Sons. ISBN 978-0-470-88908-4.
  6. Dies sind Variablen, die in der Theorie der Bondgraphen definiert sind und die in allen Domänen vergleichbare physikalische Bedeutung haben.
  7. Als konzentrierte Bauelemente werden solche Systeme bezeichnet, deren Modellvariablen direkt oder indirekt von der Zeit t abhängen und mit gewöhnlichen Differentialgleichungen modelliert werden können. Sie heißen "konzentriert", weil alle Komponenten des Systems in einem einzelnen Punkt konzentriert gedacht werden. Systeme mit verteilten Parametern sind außer von der Zeit auch von anderen Parametern wie Ortskoordinaten, Temperatur usw. abhängig und ihre Modelle benötigen zur Beschreibung partielle Differentialgleichungen.
  8. Nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik kann in einem abgeschlossenen System Energie weder erzeugt noch verbraucht werden, sondern nur von einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Erzeugung von Energie meint daher die Umwandlung einer Energieform, die nicht direkt nutzbar ist, in eine vom Menschen nutzbare Form. So wird beispielsweise chemische Energie durch einen Oxidationsvorgang in thermische Energie umgewandelt.
  9. a b c Roddeck, Werner: Grundprinzipien der Mechatronik, Springer Vieweg, 2022, 4. Aufl., ISBN 978-3-658-38088-5.
  10. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt darauf, den Verlauf des Signalflusses zwischen den Blöcken darzustellen, ohne Rücksicht auf die Darstellung konkreter Bauelemente des Systems
  11. Roddeck, Werner: Grundprinzipien der Mechatronik, Springer Vieweg, 2022, 4. Aufl., ISBN 978-3-658-38088-5. S. 17 ff.
  12. Bei dieser Art der Darstellung liegt der Schwerpunkt auf der Abbildung von realen Objekten oder ihren Symbolen und deren räumlicher Anordnung.
  13. Roddeck, Werner: Grundprinzipien der Mechatronik, Springer Vieweg, 2022, 4. Aufl., ISBN 978-3-658-38088-5. S. 42
  14. Karnopp, Dean C.; Margolis, Donald L.; Rosenberg, Ronald C. (2012). System Dynamics. New Jersey: John Wiley & Sons. ISBN 978-0-470-88908-4. S. 55
  15. Das, Shuvra: Mechatronics Modeling and Simulation Using Bond Graphs.CRC Press, USA, 2009, ISBN 978-1-4200-7314-0. S. 83 ff.
  16. Das, Shuvra: Mechatronics Modeling and Simulation Using Bond Graphs.CRC Press, USA, 2009, ISBN 978-1-4200-7314-0. S. 55 ff.
  17. Dehnstarr bedeutet, dass die Steifigkeit in Längsrichtung des Seils unendlich groß ist, wodurch es sich nicht dehnen kann.
  18. Schmitt, Thomas L.; Andres, Markus (2019). Methoden zur Modellbildung und Simulation mechatronischer Systeme. Springer Vieweg, Wiesbaden ISBN 978-3-658-25088-1.
  19. Das, Shuvra: Mechatronics Modeling and Simulation Using Bond Graphs.CRC Press, USA, 2009, ISBN 978-1-4200-7314-0.
  20. Das, Shuvra: Mechatronics Modeling and Simulation Using Bond Graphs.CRC Press, USA, 2009, ISBN 978-1-4200-7314-0. S. 57 ff.
  21. Ein Blockschaltbild-Editor ist ein Simulationssystem mit grafischer Eingabe, bei dem wie früher bei Analogrechnern, Rechenbausteine (Blöcke) mit Hilfe eines Verbindungswerkzeuges mit elektrischen Leitungen untereinander verbunden werden. Ursprünglich sollte dadurch die vertraute Vorgehensweise am Analogrechner für die Implementierung auf einem Digitalrechner übernommen werden.
  22. Karnopp, Dean C.; Margolis, Donald L.; Rosenberg, Ronald C. (2012). System Dynamics. New Jersey: John Wiley & Sons. ISBN 978-0-470-88908-4. S. 67 ff.
  23. Alle Bauelemente des Bondgraphen können auch "modulierbar" sein. Das bedeutet, dass ihre Parameter von außen veränderbar sind. Dies wird dadurch im Symbol dargestellt, dass man den Buchstaben "M" vor dem Bauelement-Symbol platziert und die Stellgröße des Parameters über einen Informationsbond zuführt.
  24. Das, Shuvra: Mechatronics Modeling and Simulation Using Bond Graphs.CRC Press, USA, 2009, ISBN 978-1-4200-7314-0. S. 113 ff.
  25. Karnopp, Dean C.; Margolis, Donald L.; Rosenberg, Ronald C. (2012). System Dynamics. New Jersey: John Wiley & Sons. ISBN 978-0-470-88908-4. S. 519 ff.