Bonitarisches Eigentum

Recht des Eigentumserwerbs an res mancipi im römischen Geschäftsverkehr

Bonitarisches Eigentum – auseinanderlaufend und den Begriff des Eigentums entkräftend, sind die Bezeichnungen im klassischen Recht, wo es als Besitzstandshaltung (in bonis habere)[1][2] beziehungsweise Doppeldomäne[3] (duplex dominum)[4] bezeichnet wird – bedeutet im römischen Geschäftsverkehr das Recht des Eigentumserwerbs an res mancipi. Die Übereignungserfordernisse richteten sich zunächst nach den Grundsätzen, die für eine mancipatio[5] (ritualisierter Kauf als Übereignungsritual bei res mancipi) beziehungsweise eine in iure cessio (Scheinprozess als Übereignungsritual bei allen Sachen) galten. Später genügten geringere Anforderungen an den Übertragungsakt durch bloße traditio ex iusta causa (Übereignung durch Übergabe aufgrund eines Rechtsgrunds).[6] Der Begriff des bonitarischen Eigentums wiederum geht auf die moderne Lehre zurück.[1]

Der bonitarische Eigentümer war in seinen Befugnissen dem zivilen Eigentümer nahezu gleichgestellt, er genoss den vollen Eigentumsschutz des Prätors, allerdings verteidigte er sein Recht bei Verlust der Sache im Gegensatz zu einem quiritischen Eigentümer nicht mit der rei vindicatio, sondern mit der honorarischen actio Publiciana. Die rei vindicatio findet im deutschen Recht sein Pendant im § 985 BGB, die actio Publicania im § 1007 BGB (Schutz des Ersitzungsbesitzes oder auch des Eigentums bei Übereignung des Berechtigten in Form der traditio).[7]

Wurde der bonitarische Eigentümer einer Sache vom quiritischen Eigentümer mit der rei vindicatio auf Herausgabe der Sache – hilfsweise Geldersatz – verklagt, konnte er sich mit der exceptio doli verteidigen und obsiegte, sofern er an der Sache vom quiritischen Eigentümer oder einem Verfügungsbefugten aufgrund einer iusta causa (= wirksamer Grund für einen Eigentumsübergang) fehlerfreien Besitz erhalten hatte.

Mit Ablauf der Ersitzungszeit (usucapio) erwarb der bonitarische Eigentümer binnen einem Jahr oder auch zwei Jahren ziviles (quiritisches) Eigentum,[1] je nachdem, ob es sich um mobile Gegenstände oder Grundstücke handelte. Ab diesem Zeitpunkt stand auch ihm die rei vindicatio offen.

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten

Anmerkungen

Bearbeiten
  1. a b c Max Kaser: Das Römische Privatrecht. Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Zehnte Abteilung, Dritter Teil, Dritter Band, Erster Abschnitt). 2. Auflage. C. H. Beck, München 1955, § 97, S. 342.
  2. Zur Betrachtung des gesamten Rechtskomplexes, Hans Ankum, Marjolijn van Gessel-De Roo, Eric Pool: Die verschiedenen Bedeutungen des Ausdrucks in bonis alicuius esse/in bonis habere im klassischen römischen Recht. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung). Band 104, Heft 1, 1987. S. 238–436.
  3. Bedeutung: Zweiteilung des Eigentums, also kein auf eine Person vereintes Volleigentum
  4. Gaius, Institutiones 1, 54; 2, 40 f. (kein Allod)
  5. Gaius, Institutiones 1, 119 f.
  6. Gaius, Institutiones 2, 41.
  7. Thomas Rüfner: Erwerb und Verlust des Eigentums / Schutz des Eigentums