Brachistochrone

der schnellste Weg zwischen zwei Punkten mit verschiedener Höhe

Die Brachistochrone (griechisch brachistos kürzeste, chronos Zeit) ist die Bahn zwischen einem Anfangs- und einem gleich hoch oder tiefer gelegenen Endpunkt, auf der ein sich reibungsfrei bewegender Massenpunkt, der mit Geschwindigkeit null startet, unter dem Einfluss der Gravitationskraft am schnellsten zum Endpunkt gleitet. Der tiefste Punkt der Bahn kann tiefer liegen als der Endpunkt.

Experiment: Welche Bahn ist die schnellste? (Ausstellung Elementa im Landesmuseum für Technik und Arbeit, Mannheim)
Brachistochrone
Tautochronie der Brachistochrone – von jedem Startpunkt auf der Kurve erreichen die Kugeln das Ziel gleichzeitig.

Der Körper gleitet auf einer solchen Bahn schneller zum Ziel als auf jeder anderen Bahn, auch wenn diese kürzer ist, beispielsweise geradlinig.

Wenn die Kurve am Ende waagrecht verläuft, also am tiefsten Punkt endet, dann ist sie zugleich eine Tautochrone, das heißt von jedem anderen Startpunkt auf der Kurve benötigt der Massepunkt die gleiche Zeit, um zum Endpunkt zu gelangen.[1] Dieser Sachverhalt wird beim sogenannten Zykloidenpendel ausgenutzt, bei dem die Pendelmasse auf einer Tautochrone schwingt.

Die Brachistochrone ist Teil einer Zykloide.

Geschichte

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Johann I Bernoulli hat sich mit dem Problem des schnellsten Falles beschäftigt. Im Jahre 1696 fand er schließlich die Lösung in der Brachistochrone.[2] Heute sieht man dies oft als die Geburtsstunde der Variationsrechnung.

Christiaan Huygens veröffentlichte 1673 in seiner Abhandlung Horologium Oscillatorium eine ganggenaue Pendeluhr mit einem Zykloidenpendel, bei dem er sich die Tatsache zunutze machte, dass die Evolute der Zykloide selbst wieder eine Zykloide ist. Der Vorteil der Ganggenauigkeit wird jedoch durch die erhöhte Reibung wett- bzw. zunichtegemacht.

Funktion

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Die Brachistochrone lässt sich in einer Parameterdarstellung beschreiben, das heißt, man kann ihre Punkte als Ortsvektor darstellen, der sich mit einem Parameter ändert. Als Funktion des Winkels   (im Bogenmaß), um den sich das Rad mit Radius   beim Abrollen gedreht hat, sind die  - und  -Koordinaten:

 
 

Hilfreich für das Verstehen dieser Kurve ist: Der Radius mal dem Winkel „Berührungspunkt des Kreises-Kreismittelpunkt-Brachistochronenpunkt“ ist die bereits abgerollte Strecke.

Herleitung

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Betrachten wir in der  - -Ebene eine Kurve  , längs welcher der Massepunkt vom Start   mit fortlaufender Zeit   zum Ziel   gleite.

Er hat die kinetische Energie

 

und die potentielle Energie

 

Dabei ist   die Höhe im Gravitationsfeld und   die Schwerebeschleunigung.

Gleitet der anfänglich ruhende Massepunkt vom Ursprung los, so ist längs seiner Bahn die Gesamtenergie erhalten und hat den anfänglichen Wert Null,

 

Dies kann nach   aufgelöst werden. Die Ableitung der Umkehrfunktion,  , die angibt, zu welchem Zeitpunkt das Teilchen den Ort   durchläuft, ist hierzu invers

 

Integrieren wir über den  -Bereich von 0 bis  , so ergibt sich die zu minimierende Laufzeit   als Funktional der Bahnkurve  

 

Um an die bei physikalischen Variationsproblemen üblichen Bezeichnungen anzuschließen, nennen wir die Integrationsvariable die "Zeit"   (also  ), bezeichnen   mit   und minimieren einfachheitshalber das mit   multiplizierte Funktional.

Wir minimieren also die "Wirkung"

 ,

wobei die "Zeit"-Grenzen fest sind.

Der Integrand hat also die Rolle einer Lagrangefunktion:

 

Da die Lagrangefunktion nicht vom Integrationsparameter, der "Zeit"   abhängt, ist die nach dem Noether-Theorem zugehörige "Energie" / Hamilton-Funktion

 

auf der Bahn   erhalten, für die   minimal wird.

Die Funktion   erfüllt also mit einer positiven Konstanten   die Gleichung

  oder  

wie ein Teilchen, das im Keplerpotential   senkrecht aus der Gipfelhöhe   fällt.

Statt diese Gleichung mit getrennten Veränderlichen nach   aufzulösen und zu integrieren, bestätigt man einfach, dass

 

eine parametrische Lösung dieser Gleichung ist, wobei man

 

ausnutzt.

Also ist die gesuchte Bahn   parametrisch gegeben durch

 

Dabei wird an der letzten Zerlegung deutlich, dass die Bahn   sich aus den Ortsvektoren   der Nabe eines Rades mit Radius   zusammensetzt, das unter der  -Achse rollt, plus dem Speichenvektor, der anfänglich nach oben zeigt und mit dem Winkel   gedreht wird. Die Kurve ist die Bahn eines Randpunktes eines rollenden Rades.

Spezielle Eigenschaften der Bahn

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  • Die Bahn ist unabhängig von der Masse und der Gewichtskraft des Körpers, also unabhängig von der Größe der Erdbeschleunigung.
  • Ebenso ändert eine rollende Kugel, die Rotationsenergie aufnimmt, nichts an der Idealkurve.
  • Die Tangente im Anfangspunkt ist senkrecht.
  • Haben zwei Brachistochronen dasselbe Gefälle zwischen Anfangs- und Endpunkt, sind sie ähnlich.
  • Ist das Gefälle nicht kleiner als 2/π (63,66 %), so ist der Endpunkt der tiefste Punkt der Kurve, bei kleinerem Gefälle liegt der Tiefpunkt zwischen Anfangs- und Endpunkt.
  • Ist das Gefälle 0, also liegen Anfangs- und Endpunkt auf derselben Höhe, ist die Kurve symmetrisch.
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Commons: Brachistochrone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Für die anderen Startpunkte beginnt die Bahn jedoch nicht vertikal, für diese ist sie damit keine Brachistochrone (#Spezielle Eigenschaften der Bahn).
    Siehe auch Seite 17 von Ulrich Mende: Brachistochrone - Ableitung, Eigenschaften und lineare Approximation. Abgerufen am 23. September 2023.
  2. Acta eruditorum. (1696). Siehe Istvan Szabó: Geschichte der mechanischen Prinzipien. Dritte korrigierte und erweiterte Auflage 1987, S. 110, ISBN 978-3-0348-9980-2.