Bundestagswahl 1983

Wahl zum 10. Deutschen Bundestag am 6. März 1983
1980Wahl zum
10. Bundestag 1983
1987
(Zweitstimmen)[1]
 %
50
40
30
20
10
0
48,8
38,2
7,0
5,6
0,4
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1980[2]
 %p
   6
   4
   2
   0
  −2
  −4
  −6
+4,3
−4,7
−3,6
+4,1
−0,1

Die Bundestagswahl 1983 fand am 6. März 1983 statt. Als vorgezogene Neuwahl war die Wahl zum 10. Deutschen Bundestag die erste Bundestagswahl nach der Wahl Helmut Kohls zum Bundeskanzler und brachte erstmals die Grünen in das Parlament.

    
Insgesamt 520 Sitze
Verhältnis Regierung-Opposition im
10. Deutschen Bundestag
  
Insgesamt 520 Sitze

Hintergrund

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Bundeskanzler Helmut Kohl im Bundestagswahlkampf 1983
 
CDU-Wahlparty am 6. März 1983 mit Helmut Kohl und Heiner Geißler
 
SPD-Wahlkampfveranstaltung mit Hans-Jochen Vogel Ende Februar 1983 in Köln
 
Pressekonferenz der Grünen zum Ausgang der Bundestagswahl 1983 mit Otto Schily und Petra Kelly

Bei der Bundestagswahl 1980 wurde die sozialliberale Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt bestätigt. Im Laufe der Legislaturperiode traten immer mehr Differenzen zwischen den Regierungsparteien SPD und FDP auf, insbesondere zur Wirtschaftspolitik. Am 5. Februar 1982 stellte Bundeskanzler Schmidt die Vertrauensfrage, deren Ergebnis ihn im Amt bestätigte.

Am 17. September traten die vier FDP-Minister zurück; es wurde eine neue Regierung durch ein SPD-Minderheitskabinett gebildet. Am 1. Oktober wurde Helmut Schmidt mit den Stimmen der Unionsparteien und einer Mehrheit der FDP-Abgeordneten vom Bundestag durch ein konstruktives Misstrauensvotum des Amtes enthoben und Helmut Kohl zu seinem Nachfolger gewählt.

Für die FDP war dies eine Zerreißprobe, da die Parteispitze um Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff einen Koalitionswechsel zur CDU/CSU langfristig betrieben hatte, aber eine parteiinterne Minderheit um Gerhart Baum, Günter Verheugen und Ingrid Matthäus-Maier ihn ablehnte. Auch war das Ergebnis bei der Landtagswahl in Hessen 1982, zwei Wochen nach dem Ende der sozialliberalen Koalition, kein gutes Omen: Die FDP verlor nach einer SPD-Kampagne gegen den „Verrat in Bonn“ mehr als die Hälfte ihrer Wähler und scheiterte mit 3,1 % an der Fünf-Prozent-Hürde.

Damit gab es zwar eine Bundesregierung, die auch eine Mehrheit im Bundestag hatte, doch sie sollte durch eine vorgezogene Bundestagswahl legitimiert werden. Vorgezogene Wahlen sind laut Grundgesetz nur unter strengen Bedingungen möglich; eine ist eine verlorene Vertrauensfrage, die dann am 17. Dezember 1982 von Kanzler Helmut Kohl gestellt wurde. Dabei erhielt er vereinbarungsgemäß keine Mehrheit, Bundespräsident Karl Carstens löste den Bundestag auf, und es kam zu Neuwahlen. Das Bundesverfassungsgericht sah diesen Vorgang als verfassungskonform an.[3]

Nachdem Altbundeskanzler Helmut Schmidt auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte, wurde der ehemalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel als Kanzlerkandidat der SPD aufgestellt. Für die CDU/CSU trat, zum zweiten Mal nach 1976, Helmut Kohl als Bundeskanzler an.

Amtliches Endergebnis

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ListenErststimmenZweitstimmenMandateBerliner
Abg.
Stimmen%+/-MandateStimmen%+/-MandateAnzahl+/-
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)15.686.03340,4–4,16814.865.80738,2–4,7125193–259
Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)15.943.46041,0+5,413614.857.68038,2+3,955191+1711
Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU)4.318.80011,1+0,7444.140.86510,6+0,3953+1
Freie Demokratische Partei (FDP)1.087.9182,8–4,42.706.9427,0–3,73434–191
Die Grünen (GRÜNE)1.609.8554,1+2,22.167.4315,6+4,12727+281
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)57.1120,1+0,191.0950,2+0,1
Deutsche Kommunistische Partei (DKP)96.1430,2±0,064.9860,2±0,0
Europäische Arbeiter-Partei (EAP)7.4910,0±0,014.9660,0±0,0
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)3.3410,0N/A11.0280,0N/A
Christliche Bayerische Volkspartei (CBV)2.0680,0±0,010.9940,0±0,0
Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML)N/A3.4310,0N/A
Unabhängige Soziale Demokraten (USD)4500,0N/A3.3330,0N/A
Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK)6860,0±0,02.1290,0±0,0
Wählergruppen/Einzelbewerber31.9960,1+0,1
Gesamt38.845.35310024838.940.687100250498+122
Ungültige Stimmen434.1761,1-0,2338.8420,9-0,1
Wähler39.279.52989,1+0,539.279.52989,1+0,5
Wahlberechtigte44.088.93544.088.935
Quelle: Der Bundeswahlleiter

Ein weiterer Berliner Bundestagsabgeordneter wurde von der Alternativen Liste für Demokratie und Umweltschutz (AL) gestellt.

Mit 48,8 % erzielten CDU/CSU ihr bis heute zweitbestes Zweitstimmenergebnis bei einer Bundestagswahl (das beste erreichten sie 1957 mit 50,2 %).

Ergebnisse in den Bundesländern

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Erststimmenmehrheiten in den Wahlkreisen:
  • SPD
  • CDU/CSU
  • Bundesland Wahl-
    berechtigte
    Wähler Wahl-
    beteiligung
    CDU/CSU SPD FDP Grüne
    Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit Erst Zweit
    Baden-Württemberg 06.544.795 05.785.570 88,4 57,2 52,6 33,8 31,1 3,5 9,0 4,6 6,8
    Bayern 08.012.989 07.020.065 87,6 62,2 59,5 30,2 28,9 3,1 6,2 4,0 4,7
    Bremen 00.523.260 00.462.122 88,3 37,0 34,2 52,3 48,7 2,8 6,5 7,1 9,7
    Hamburg 01.246.089 01.105.844 88,7 40,5 37,6 50,8 47,4 2,2 6,3 6,0 8,2
    Hessen 04.071.991 03.673.072 90,2 48,3 44,3 44,1 41,6 2,7 7,6 4,4 6,0
    Niedersachsen 05.480.450 04.909.061 89,6 49,0 45,6 43,4 41,3 2,7 6,9 4,5 5,7
    Nordrhein-Westfalen 12.576.604 11.254.374 89,5 48,3 45,2 45,0 42,8 2,4 6,4 3,9 5,2
    Rheinland-Pfalz 02.816.609 02.546.266 90,4 52,8 49,6 40,5 38,4 3,2 7,0 3,0 4,5
    Saarland 00.841.073 00.761.886 90,6 47,6 44,8 46,3 43,8 2,5 6,0 3,0 4,8
    Schleswig-Holstein 01.975.075 01.761.269 89,2 49,8 46,5 44,3 41,7 2,1 6,3 3,4 5,2

    Konsequenz

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    Mögliche Koalitionen Sitze
    Sitze gesamt 520
    voll stimmberechtigt 498
    Zweidrittel-Mehrheit 332
                CDU/CSU, SPD 457
    absolute Mehrheit 250
                CDU/CSU, FDP 290
    keine Mehrheit bis 249
                SPD, Grüne 230

    Der schwarz-gelben Koalition war für die nächsten vier Jahre eine klare Mehrheit gesichert. Kohl bildete das Kabinett Kohl II. Mit den Grünen zog – zum ersten Mal seit 1953 mit dem BHE – eine vierte Fraktion in den Bundestag ein.

    Die FDP erlitt zwar deutliche Verluste, konnte aber mit 7,0 % der Zweitstimmen erneut in den Bundestag einziehen. Vor der Wahl war spekuliert worden, ob die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern würde.

    Die Union erreichte ihr bis heute zweitbestes Ergebnis aller Zeiten, die SPD ihr schlechtestes Ergebnis seit 1961. Zugleich konnte die Union so viele Direktmandate wie zuletzt 1957 erringen, die SPD halbierte fast ihre Direktmandate und errang so wenige wie zuletzt 1957.

    Siehe auch

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    Literatur

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    • Uwe Andersen, Wichard Woyke: Wahl '83. Bundestagswahl 1983 – Parteien und Wähler, politische Entwicklung, Wahlen und Wahlverfahren, Leske + Budrich, Opladen 1983, ISBN 3-8100-0419-7.
    • Hans-Dieter Klingemann, Max Kaase (Hg.): Wahlen und politischer Prozess. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 1983, Westdeutscher Verlag, Opladen 1986, ISBN 3-531-11827-7. (Schriften des Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, 49)
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    Commons: 1983 Germany Bundestagswahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

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    1. Wahl zum 10. Deutschen Bundestag am 6. März 1983 (Memento vom 14. Oktober 2013 im Internet Archive) Der Bundeswahlleiter
    2. Wahl zum 9. Deutschen Bundestag am 5. Oktober 1980 (Memento vom 21. Dezember 2013 im Internet Archive) Der Bundeswahlleiter
    3. BVerfGE: 62, 1