Churfürstlich Sächsische Cassen Billets
Die Churfürstlich Sächsischen Cassen Billets waren ab 1772 im Kurfürstentum Sachsen ausgegebene Papiergeldscheine. Mit den Billets gab Sachsen als erster deutscher Staat Papiergeld heraus.
Vorgeschichte
BearbeitenNach Beendigung des Siebenjährigen Krieges 1763 war das Kurfürstentum Sachsen ökonomisch weitestgehend zerstört. Die Staatsverschuldung war hoch, Reparationszahlungen an Preußen verschärften die Lage noch und Hungersnöte verteuerten Lebensmittel und es herrschte Geldknappheit. Auch die konsequente Schuldentilgung schränkte den finanziellen Spielraum Sachsens nach 1763 stark ein. Im Zuge des Rétablissements empfahl deshalb das sächsische Obersteuerkollegium dem bestehenden Kapitalmangel mit der Ausgabe von Staatspapiergeld entgegenzuwirken.
Nach dem Vorbild von Wien, wo seit 1762 die Wiener-Stadt-Banco-Zettel ausgegeben wurden, sollte dies erfolgen. Auch wurden bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts pfälzisch-jülich-bergische Geldscheine von der Privatbank Banco di gyro d’affrancatione emittiert. Viele ähnliche Papiergeldemissionen in Frankreich und Schweden scheiterten allerdings oft schon nach kurzer Zeit und die Scheine wurden wertlos.
Ausgabe von 1772
BearbeitenUm die Krise zu beenden und ein Wirtschaftswachstum anzuregen, gab Sachsen unter Kurfürst Friedrich August III. am 1. Oktober 1772 die „Churfürstlich Sächsischen Cassen Billets“ heraus (Edict vom 6. Mai 1772).
Die Erstemission 1772 war auf eine Papiergeldmenge auf maximal 1,5 Millionen Taler streng limitiert. Auch widerstand der sächsische Staat danach erfolgreich der Versuchung, die Geldmenge durch Neudruck der Billets später auszuweiten. Neue Geldscheine wurden nur gedruckt, um schadhafte und verschlissene alte zu ersetzen. Die somit wertstabilen Cassenbillets konnten bei Auswechselungskassen in Münzgeld zurücktauscht werden. Allerdings musste dafür ein Abschlag gezahlt werden, der bis zu neun Pfennig pro Taler betragen konnte.
Anders als beispielsweise die Wiener-Stadt-Banco-Zettel, die im Hochformat gehalten waren, wurden die sächsischen Geldscheine im Querformat hergestellt. Die Cassenbillets besaßen damit ein Format, das bis in die Gegenwart beim Geldscheindruck dominiert. Zukunftsweisend war auch das klare und übersichtliche Design der einseitig bedruckten Scheine. Für den Druck wurde ein in der Papiermühle in Penig durch den Papierfabrikanten Christian August Käferstein hergestelltes Spezialpapier verwendet. Das Hauptwasserzeichen in der Mitte des Geldscheins zeigt die Großbuchstaben CSCBILL (Abkürzung für: Churfürstlich Sächsisches Cassen- BILLet). Als Sicherheitsmerkmaldiente die handschriftlich vorgenommene zweifache Nummerierung der Cassenbillets. Die Geldscheinnummern wurden zur Kontrolle in Listen festgehalten. Wurde ein Schein – beispielsweise wegen Verschleißes – aus dem Verkehr gezogen, blieb seine Kontrollnummer bestehen und wurde auf das neu gedruckte Exemplar übertragen. Die Scheine im Nennwert von einem bis hundert Talern (Stückelung zu 1, 2, 5, 10, 50 und 100 Talern) wurden in der Meinhold’schen Hofbuchdruckerei in Dresden gefertigt.[1]
Alle 783.750 Scheine trugen zwei Unterschriften, je eine von einem der Mitglieder der 1772 eingesetzten „Cassen-Billet-Commission“ und eine vom Buchhalter dieser Kommission. Im Jahre 1790 sind als Mitglieder der Cassen-Billets-Commission Carl August von Schönberg, Friedrich Wilhelm von Ferber, Johann Hilmar Adolph von Schönfeld, Carl Wilhelm Benno von Heynitz und Johann Friedrich Gürtler sowie als Buchhalter Johann Gottfried Jacobi verzeichnet.[2]
Neuausgaben ab 1804
BearbeitenDurch den regen Umlauf machten sich die Gebrauchsspuren auf den Billets deutlich bemerkbar und umso schwerer ließen sich echte von falschen Scheinen unterscheiden. Die Hauptauswechslungskasse hatte Probleme, die beschädigten Stücke durch neue zu ersetzen und auch die Anzahl der Fälschungen nahm immer weiter zu. Deshalb wurde am 2. Januar 1804 eine neue, grafisch aufwendige gestalteten Serie ausgegeben (Edict vom 1. Juli 1803).
Das bisherige Notenkontingent von 1,5 Millionen Reichstalern wurde auch bei den neuen Kassenbillets anfänglich beibehalten, die Inhaber der Billets von 1772 hatten bis 30. Juni 1804 Zeit, diese in den Auswechselungskassen umzutauschen. Da aber zugunsten der für den Umlauf bedeutenderen niedrigen Wertstufen auf Nominale oberhalb von 5 Reichstalern verzichtet wurde, standen trotzdem 40 Prozent mehr Geldscheine für den Publikumsverkehr zur Verfügung. Dass sich die Kassenbillets mittlerweile im Zahlungsverkehr etabliert hatten, zeigt die Herabsetzung des Zwangsaufgeldes und der Einwechselgebühr auf einen Pfennig pro Reichstaler. Zusätzlich zur Hauptauswechslungskasse in Dresden war es jetzt auch in Leipzig und Chemnitz möglich, die Billets in Münzgeld einzuwechseln. Die Nachfrage nach den Geldscheinen war so hoch, dass selbst an den öffentlichen Kassen ein Mangel entstand und die Billets gegen entsprechende Aufschläge bei anderen Bankanstalten aufgekauft werden mussten. Aufdeckern von Fälschern wurden 500 Taler Belohnung zugesichert.
Mit der Aufwertung Sachsens zum Königreich durch Napoleon kam ab 1806 mit dem größer gewordenen, nunmehr königliche Hof und den neuen militärischen Verpflichtungen ein höherer Finanzbedarf daher. Entgegen der bisherigen soliden Papiergeldpolitik wurde daher bis 1812 die Menge der Kassenbillets sukzessive auf 5 Millionen Reichstaler aufgestockt. Nach der Übertragung des Herzogtums Warschau an den sächsischen König 1807 wurde auch dort drei Jahre später nach sächsischem Vorbild Papiergeld eingeführt wurde.
Die inflationäre Geldpolitik und die zunehmende Kriegsgefahr ließen das Vertrauen der Bevölkerung in das Papiergeld immer weiter schwinden. Als sich dann 1813 der Krieg den eigenen Grenzen näherte, setzte ein Ansturm auf die Auswechslungskassen ein, die daraufhin geschlossen werden mussten. Entsprechend fiel der Kurs der Kassenbillets gegenüber dem Münzgeld auf 79 Prozent des Nennwerts, erholte sich bis 1815 aber wieder vollständig.
Die Commission für die Kassenbillets setzte sich 1806 folgendermaßen zusammen: Carl August von Schönberg, Detlev von Einsiedel, Carl Friedrich Ludwig von Watzdorf, August Wilhelm Gotthelf von Leipziger bzw. George Carl Richter und als Buchhalter Johann Heinrich Nagels.[3]
Entwicklung ab 1815
BearbeitenNach dem militärischen Sieg über Napoleon wurde Sachsen als Verbündeter Napoleons als Verlierer behandelt und musste auf dem Wiener Kongress als Kriegsentschädigung zwei Drittel seines Territoriums und knapp die Hälfte seiner Bevölkerung an Preußen abtreten. Preußen verpflichtete sich, anteilig für die ihm zugesprochenen sächsischen Gebiete die darauf liegenden Staatsschulden zu übernehmen. Dies bezog sich auch auf die Kassenbillets. Preußen übernahm somit sämtliche 1-Reichstaler-Scheine in Höhe von 1,75 Millionen Reichstalern und erklärte sie zu eigenem Staatspapiergeld. In Sachsen verblieben somit nur noch Geldscheine im Umfang von 3,25 Millionen Reichstalern.
Nach zweijähriger Schließzeit wurde dann am 18. Dezember 1815 die Dresdner Hauptauswechslungskasse wieder eröffnet und mit dem Edict vom 28. Dezember 1815 die Kassenbilletskommission mit den Mitgliedern Friedrich Wilhelm von Ferber, Finanzrat von Bünau, Kriegs-Kammerrat von Carlowitz und Hofrat Sahr wiedererrichtet. Als Ausgleich für die im Umlauf fehlenden 1-Reichstaler-Scheine wurden 400.000 „Interims-Cassen-Scheine“ gedruckt. Um den Papiergeldkurs weiter zu stabilisieren, wurde noch 1816 die Gesamtsumme an Kassenbillets auf 2,5 Millionen Reichstaler reduziert. Nach Edict vom 1. Oktober 1818 wurden die alten Kassenbillets von 1803 eingezogen und im selben Gesamtbetrag von 2,5 Millionen Reichstalern durch eine neue, einheitliche Serie ersetzt.[4]
Da der sächsische Staat auch in den folgenden Jahrzehnten eine maßvolle und streng kontrollierte Emissionspolitik betrieb (weitere Emissionen erfolgten 1840, 1855 und 1867[5]), blieben die Cassenbillets im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts ein aufgrund ihrer Stabilität ein solides Zahlungsmittel. Nach der Gründung des Deutschen Reiches und der Einführung der Mark-Währung wurden die letzten Cassenbillets dann bis zum 30. Juni 1876 gegen Banknoten in Reichswährung eingelöst.[6]
Literatur
Bearbeiten- Deutsche Bundesbank: Frühzeit des Papiergeldes, Beispiele aus der Geldscheinsammlung der Deutschen Bundesbank. Frankfurt 1970.
- Deutsche Bundesbank: Glanzstücke Aus der Numismatischen Sammlung der Deutschen Bundesbank. Frankfurt 2014, Seite 36ff.
- Frank Metasch: Papiergeld und Banknoten in Sachsen 1772 bis 1936. in: Sächsische Heimatblätter 65 (2019), Heft 1: Geld in Sachsen, S. 14–24.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Carl B. Lorck: Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst. Zweiter Teil, 1751–1882, J.J. Weber, Leipzig 1883, S. 350.
- ↑ Heinrich Gustav Flörke: D. Johann Georg Krünitz's ökonomisch-technologische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats-, Stadt- und Haus- und Landwirtschaft 107. Teil, Pauli, Berlin 1807, S. 74ff.
- ↑ Collection der das Markgrafthum Oberlasitz betreffenden Gesetzte und Anordnungen. Tomus V. Monse, Buddysin (Bautzen) 1824, S. 656f.
- ↑ Dritte Fortsetzung des Codicis Augustei, worinnen die in dem Königreiche Sachsen ergangenen gesetzlichen Verordnungen vom Jahre 1801 bis zu der am 9ten März 1818 angefangenen Gesetzsammlung enthalten sind. Zweite Abtheilung, Dresden 1824, S. 336ff.
- ↑ Christian Müller: Die Königlich Sächsischen Cassenbillets [1840/1855]. In: Freiberger Münzblätter 22 (2013), S. 9–20 und 23 (2014), S. 23–33.
- ↑ Protokolle über die Verhandlungen des Bundesraths des Deutschen Reichs, Session 1876. Königlich Geheime Ober-Hofbuchdruckerei, Berlin 1876, S. 16f.