Computertomographie des Herzens

Medizinische Bildgebung der Koronargefäße

Die Computertomographie des Herzens (Herz-CT, Kardio-CT, CT-Koronarangiografie[1]) ist eine medizinische CT-Angiographie der Koronargefäße am Herzen. Sie wird auch Computertomografie-Koronarangiografie (CCTA) genannt. Die CCTA gehört zu den nichtinvasiven Verfahren, mit denen eine vermutete koronare Herzkrankheit (KHK) festgestellt oder ausgeschlossen werden kann.

Spiral-CT des Herzens als Volumenrendering

Andere nicht-invasive Verfahren sind das Belastungs-EKG, die Belastungs-Echokardiografie[2] sowie Belastungsuntersuchungen mittels Magnetresonanztomographie und Myokardszintigraphie (SPECT). Sie sind ungefährlicher und auch wesentlich billiger als der Goldstandard, die invasive Angiografie der Koronargefäße (Koronarangiografie, kurz Koronarographie), bei der über eine Arterie ein Katheter in die Herzkranzgefäße eingeführten werden muss. Die nicht-invasiven Verfahren erlauben im Gegensatz zur Koronarangiografie aber keinen Behandlungseingriff in derselben Sitzung.

Anders als die verschiedenen Belastungsuntersuchungen, bei denen die Durchblutung des Herzmuskels unter körperlicher Anstrengung oder bei medikamentösem Stress („funktionell“) geprüft wird, stellt die CCTA die Gefäße bildlich („morphologisch“) dar, sodass Gefäßengstellen direkt ausgemessen werden können. Hauptindikation dieser Untersuchung ist eine mittlere Wahrscheinlichkeit für eine KHK (Vortestwahrscheinlichkeit) von 15-50 % (laut Versorgungsleitlinie auch höher, falls die Belastungsuntersuchungen keinen krankhaften Befund brachten). Dagegen sollten Hochrisikopatienten und solche mit instabiler (= nicht medikamentös unterbrechbarer) Angina pectoris oder mit einem Herzinfarkt direkt eine invasive Katheteruntersuchung bekommen. Damit kann Zeit gespart und ein verschlossenes Gefäß kann eventuell wiedereröffnet werden.[3]

Indikationen

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Kontraindikationen

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Schwangere und Kinder sollen wegen der hohen Strahlenempfindlichkeit nicht mit Röntgenverfahren, zu denen die CCTA zählt, untersucht werden. Die Strahlendosis einer CCTA schwankt je nach Gerät, Untersuchungsgang und Gewicht des Patienten. Bei einer Kohorte der Universitätsklinik Würzburg wurden im Median 0,63 mSv für die Standardtechnik und 4,77 mSv für die Spiraltechnik gemessen (letztere benötigt man bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen).[8] Da jodhaltige Kontrastmittel verwendet werden, ist eine Jodallergie eine absolute Kontraindikation. Sonstige Kontrastmittelallergien, eine Hyperthyreose und eine eingeschränkte Nierenfunktion gelten dagegen als relative Kontraindikationen. Hochgradige Verkalkungen stören die Ausmessung des durchbluteten Gefäßquerschnitts. Herzrhythmusstörungen, Koronararterienstents und eine Tachykardie verschlechtern meist die Bildqualität.

Durchführung

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Kalkscore

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Agatston-Kalkscore

Zunächst werden Aufnahmen mit geringer Strahlendosis und ohne Kontrastmittelgabe durchgeführt. Die Koronarkalkmenge wird für jedes Gefäß einzeln und insgesamt quantitativ gemessen. Der Agatston-Score wird aus Dichte und Volumen der Kalkplaques berechnet und aufaddiert. Ein Score von >400 gilt als unabhängiger Risikofaktor für eine KHK;[9] man spricht hier von einem Schwellenphänomen.[10]

CT-Angiographie

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Verschiedene Rekonstruktionen einer hochgradigen Verengung des Ramus interventrikularis anterior

Die aktuellen Qualitätskriterien fordern für die CCTA bei gesetzlich Krankenversicherten einen CT-Scanner mit mindestens 64 gleichzeitig aufgenommenen Schichten. Zunehmend sind Geräte mit 256 Schichten verbreitet, oft mit zwei im rechten Winkel zueinander angeordneten Röntgenröhren. Ein solches Gerät kann das Herz in sechs bis sieben Rotationen aufnehmen, die insgesamt 0,5 Sekunden dauern, d. h. bei ausreichend langsamem Herzschlag im Bruchteil einer einzigen Herzaktion. Es gibt auch spezielle Scanner mit Kegelstrahl und breitem Detektor, die nur eine einzige Rotation ausführen.[11] Um eine geringere Herzfrequenz- und -variabilität zu erreichen, kann vor der Untersuchung ein Betablocker verabreicht werden. Viele Untersucher setzen außerdem Glyceroltrinitrat ein, um den Gefäßdurchmesser der Koronarien zu vergrößern.

Während der Untersuchung wird ein EKG abgeleitet und der Scanner damit gesteuert, sodass die Bildgebung in einer Herzphase mit schwacher Bewegung einsetzt (meist in der mittleren Diastole). Für die Darstellung der Gefäße wird jodhaltiges Kontrastmittel in hoher Konzentration und hohem Fluss appliziert. Für die Auswertung sind spezialisierte Befundungscomputer üblich geworden, die meist in anderen Räumen aufgestellt sind. Stenosen innerhalb der Koronargefäße können erkannt und ausgemessen werden. Dabei kann unterschieden werden, ob es sich um Stenosen durch kalzifizierte Plaques oder durch nichtkalzifizierte Plaques handelt. Für die standardisierte Befundbeurteilung hat sich der CAD-RADS-Score[12] etabliert, der auch Empfehlungen für das weitere Vorgehen umfasst.

Literatur

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Commons: Computed tomography images of the heart – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Willibald Pschyrembel: Pschyrembel - Klinisches Wörterbuch. 269. Auflage, Verlag Walter de Gruyter, Berlin / Boston 2023, ISBN 978-3-11-078334-6, S. 335.
  2. Harald Becher: Stressechokardiografie. In: Andreas Helfen, Harald Becher: Kursbuch Kontrastmittelechokardiografie. Springer-Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-662-49565-0, S. 189–244.
  3. Joseph Loscalzo, Dennis L. Kasper, Dan L. Longo, Anthony Stephen Fauci, Stephen L. Hauser, J. Larry Jameson (Hrsg.): Tinsley Randolph Harrison: Harrisons’s Principles of Internal Medicine. 21. Auflage, Band 2, McGraw-Hill, New York / Chicago / San Francisco / Athen / London / Madrid / Mexico City / New Delhi / Milano / Singapur / Sydney / Toronto 2022, ISBN 978-1-264-26848-1, S. 1836 f.
  4. S3-Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK. S. 40 der aktuellen Version 7.0 in Langfassung, Empfehlung 3.16. Hrsg.: Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung und Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften 2022(register.awmf.org).
  5. Gemeinsamer Bundesausschuss, Beschlussdatum 18. Januar 2024: Computertomographie-Koronarangiographie zur Diagnosestellung bei Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine chronische koronare Herzkrankheit (§ 135 SGB V).
  6. KBV - Bei Verdacht auf koronare Herzerkrankung künftig CCTA möglich. In: kbv.de. Abgerufen am 4. Februar 2025.
  7. Martin Soschynski, Muhammad Taha Hagar, Jana Taron, Tobias Krauß, Philipp Ruile, Manuel Hein, Thomas Nührenberg, Maximilian Russe, Fabian Bamberg, Christopher L. Schlett: Update for the Performance of CT Coronary Angiography – Evidence-Based Application and Technical Guidance According to Current Consensus Guidelines and Practical Advice from the Clinical Routine. In: RöFo: Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der bildgebenden Verfahren. Band 194, Nr. 06, 2022, S. 613–624, doi:10.1055/a-1747-3554, PMID 35231938.
  8. Aleksander Kosmala, Bernhard Petritsch, Andreas Max Weng, Thorsten Alexander Bley, Tobias Gassenmaier: Radiation dose of coronary CT angiography with a third-generation dual-source CT in a “real-world” patient population. In: European Radiology. Band 29, Nr. 8, 1. August 2019, ISSN 1432-1084, S. 4341–4348, doi:10.1007/s00330-018-5856-6.
  9. Raimund Erbel et al.: Kardiale CT-Diagnostik zur verbesserten Vorhersage kardiovaskulärer Ereignisse. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 120, Nr. 3, 2023, S. 25–32, doi:10.3238/arztebl.m2022.0360, PMID 36518091.
  10. Marcello F. di Carli, Raymond Y. Kwong, Scott D. Solomon: Nicht invasive kardiale Bildgebung: Echokardiografie, nuklearmedizinische bildgebende Verfahren, Magnetresonanztomografie und Computertomografie. In: Tinsley Randolph Harrison: Harrisons Innere Medizin. 20. Auflage, 2. Band, Georg Thieme Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-13-243524-7, S. 2106 f.
  11. The Merck Manual. 20. Auflage. Kenilworth 2018, ISBN 978-0-911910-42-1, S. 615.
  12. Ricardo C. Cury et al.: CAD-RADS™ 2.0 – 2022 Coronary Artery Disease-Reporting and Data System. In: Journal of cardiovascular computed tomography. Band 16, Nr. 6, 2022, S. 536–557, doi:10.1016/j.jcct.2022.07.002, PMID 35864070.