Cyclocross-Weltmeisterschaften
Die Cyclocross-Weltmeisterschaften werden vom Radsport-Weltverband UCI seit 1950 jährlich an wechselnden Orten ausgetragen. Die Sportart Cyclocross wird im Deutschen auch Querfeldeinrennen bzw. in der Schweiz Radquer genannt.
Rekordsieger bei den Männern ist der Belgier Erik De Vlaeminck, welcher zwischen 1966 und 1973 insgesamt siebenmal triumphieren konnte, bei den Frauen hat Marianne Vos als Rekordsiegerin acht Titel errungen.
Geschichte
BearbeitenVon 1924 bis 1949 führten die Sportzeitung L’Auto und die UVF, Vorläufer des französischen Radsportverbands, das Critérium international de cyclo-cross durch, welches als Vorläufer der Weltmeisterschaften gilt. Dieser Wettbewerb fand in der Vorkriegszeit bei Paris auf dem Mont Valérien statt, 1947 einmalig in Luxemburg und zuletzt im Bois de Vincennes, wo dann, nunmehr unter Ägide des Weltverbands UCI, 1950 zum ersten Mal ein Weltmeister im Cyclocross ermittelt wurde.[1]
Der Wettbewerb stand zunächst Profis und Amateuren gleichermaßen offen. Von 1967 bis 1993 gab es ein separates Rennen für Amateure. Nach und nach kamen Wettbewerbe für Junioren (1979) und die U23 (1996) hinzu. 2000 wurde das erste Mal eine Weltmeisterin gekürt, die Altersklassen U23 und Junioren der Frauen kamen 2016 bzw. 2020 hinzu. 2021 fanden die beiden Wettbewerbe zur Ermittlung der Juniorenweltmeister aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht statt.[2] 2023 wurde erstmals eine Mixed-Staffel eingeführt, nachdem es im Jahr zuvor einen Test-Wettbewerb gegeben hatte.
Der Termin der Weltmeisterschaften ist grundsätzlich gegen Ende der Cyclocross-Saison, seit den 1980er Jahren waren sie stets Ende Januar oder Anfang Februar. Daher steht Cyclocross als eine der wenigen Disziplinen nicht im Programm der 2023 erstmals eingeführten, allgemeinen Radsport-Weltmeisterschaften, die ihren Termin im August haben.
Internationale Beteiligung
BearbeitenIm Laufe der Zeit haben sich etwa 50 Nationen aus allen Kontinenten an den Weltmeisterschaften beteiligt, die meisten davon aus Europa. Belgien, Frankreich, Italien und die Schweiz waren bei jeder Austragung dabei, Deutschland, Luxemburg und Spanien fehlten nur je zweimal. Von den außereuropäischen Nationen waren die Vereinigten Staaten, Kanada und Japan mit Abstand am häufigsten vertreten. Die USA und Kanada stellen auch die einzigen Medaillengewinner unter diesen Ländern und haben je einen Sieg im Juniorenbereich errungen.
In den 1950er Jahren wurden die Wettbewerbe noch durch Frankreich dominiert, danach stellte sich ein Gleichgewicht zwischen Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden, der Schweiz und der Tschechoslowakei ein, die alle mehrfach den Weltmeister stellten. Seit den 2000ern üben die Fahrer aus Belgien und den Niederlanden eine Dominanz aus, die nur der Tscheche Zdeněk Štybar (drei Siege) und die Deutsche Hanka Kupfernagel (vier Siege) nachhaltig stören konnten. Bei den Wettbewerben der letzten zehn Jahre gingen in der Elite 18 der 20 möglichen Titel an Belgien oder die Niederlande.
Masters-WM
BearbeitenSeit 1997 werden von der UCI auch Cyclocross-Weltmeisterschaften für Senioren durchgeführt. Bis 2011 fanden diese stets im belgischen Mol statt, danach an wechselnden Orten. Zunächst am Anfang des Jahres abgehalten, sind sie seit 2016 am Ende des Jahres. Sie wurden jedoch stets zeitlich und räumlich getrennt von den eigentlichen Weltmeisterschaften organisiert, mit Ausnahme von 2013, als sie in Louisville einen Tag vor den Elite-Wettkämpfen stattfanden. Die nächste Austragung ist Ende November 2024 in Hamburg geplant.[3]
Modus
BearbeitenDie Weltmeisterschaften werden gegen Ende der Cyclocross-Saison, also Ende Januar oder Anfang Februar, an jährlich wechselnden Orten durchgeführt. Im Gegensatz zu den meisten Rennen der Saison treten die Athleten nicht für ihre Vertragsteams, sondern nach Nationalmannschaften an.
Die Einzel-Wettbewerbe werden, wie im Cyclocross üblich, auf einem circa drei Kilometer langen[4] Rundkurs ausgefahren, der mehrfach durchlaufen wird. Pro Nation und Wettbewerb gibt es fünf bis sieben Startplätze, abhängig von der Weltranglisten-Position; diese Quoten werden aber nur selten ausgeschöpft. Ein persönliches Startrecht haben die Gewinner der vorangegangenen WM, des Weltcups, der Europa- und der Panamerika-Meisterschaften.[5] Fahrer und Fahrerinnen der U23-Kategorie können sich freiwillig in die Elite hochstufen lassen, sie verlieren für die Zukunft jedoch das Startrecht in der U23.[6]
In der Mixed-Staffel treten Nationalmannschaften aus sechs Mitgliedern an, die die Alterskategorien Elite, U23 und Junioren repräsentieren, wobei jeder Teilnehmer eine Runde des Parcours fährt.[7]
Die Sieger der Weltmeisterschaften haben das Recht und die Pflicht, ein Jahr lang bei allen Cyclocrossrennen ihrer Kategorie das Regenbogentrikot zu tragen. Von 1996 bis 2015 war dies mit einem blauen Cyclocross-Piktogramm versehen.[8] Seit 2016 ist das Trikot in allen Radsport-Disziplinen gleich.
Austragungen
BearbeitenBis einschließlich 2024 fanden die Weltmeisterschaften 75 Mal statt. Darüber hinaus stehen die Gastgeber bis mindestens 2028 bereits fest.
Die Austragungsorte der Weltmeisterschaften lagen bis 2013 ausschließlich in Europa, seitdem wurden sie zweimal in den Vereinigten Staaten gehalten. Belgien hat bisher mit zehn Wettkämpfen die meisten Veranstaltungen ausgerichtet, die Niederlande neun, Frankreich und die Schweiz jeweils acht, Spanien und Deutschland jeweils sieben. Zusätzlich fand die WM 1955 im damals von der Bundesrepublik getrennten Saarland statt.
- 1950: Paris
- 1951: Luxemburg
- 1952: Genf
- 1953: Oñati
- 1954: Crenna
- 1955: Saarbrücken
- 1956: Luxemburg
- 1957: Edelare
- 1958: Limoges
- 1959: Genf
- 1960: Tolosa
- 1961: Hannover
- 1962: Esch an der Alzette
- 1963: Calais
- 1964: Overboelare
- 1965: Cavaria
- 1966: Beasain
- 1967: Zürich
- 1968: Luxemburg
- 1969: Magstadt
- 1970: Zolder
- 1971: Apeldoorn
- 1972: Prag
- 1973: London
- 1974: Bera
- 1975: Melchnau
- 1976: Chazay-d’Azergues
- 1977: Hannover
- 1978: Amorebieta
- 1979: Saccolongo / Ordizia
- 1980: Wetzikon
- 1981: Tolosa
- 1982: Lanarvily
- 1983: Birmingham
- 1984: Oss
- 1985: München
- 1986: Lembeek
- 1987: Mladá Boleslav
- 1988: Hägendorf
- 1989: Pontchâteau
- 1990: Getxo
- 1991: Gieten
- 1992: Leeds
- 1993: Corva
- 1994: Koksijde
- 1995: Eschenbach
- 1996: Montreuil
- 1997: München
- 1998: Middelfart
- 1999: Poprad
- 2000: Sint-Michielsgestel
- 2001: Tábor
- 2002: Zolder
- 2003: Monopoli
- 2004: Pontchâteau
- 2005: St. Wendel
- 2006: Zeddam
- 2007: Hooglede
- 2008: Treviso
- 2009: Hoogerheide
- 2010: Tábor
- 2011: St. Wendel
- 2012: Koksijde
- 2013: Louisville
- 2014: Hoogerheide
- 2015: Tábor
- 2016: Zolder
- 2017: Bieles
- 2018: Valkenburg
- 2019: Bogense
- 2020: Dübendorf
- 2021: Ostende
- 2022: Fayetteville
- 2023: Hoogerheide
- 2024: Tábor
- 2025: Liévin
- 2026: Hulst
- 2027: Ostende
- 2028: Hoogerheide
- 2029: noch nicht vergeben
- 2030: Namur
Palmarès
BearbeitenDie untenstehende Grafik fasst zusammen, welche Wettbewerbe zu welchen Zeitpunkten seit 1950 ausgetragen wurden. Die Medaillengewinner jedes Wettbewerbs stehen unter dem jeweiligen Verweis.
Die gegenwärtigen, bei den Weltmeisterschaften 2024 ermittelten Titelträger sind wie folgt:
Wettbewerb | Titelträger | |||
---|---|---|---|---|
Männer Elite | Mathieu van der Poel | |||
Frauen Elite | Fem van Empel | |||
Männer U23 | Tibor Del Grosso | |||
Frauen U23 | Zoe Bäckstedt | |||
Junioren | Stefano Viezzi | |||
Juniorinnen | Célia Gery | |||
Mixed-Staffel |
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Medaillenspiegel
BearbeitenUnter Einzelmedaillen Elite sind die Ergebnisse der Männer (Profis bzw. Elite) und Frauen zusammengefasst. Unter Alle Altersgruppen sind auch die Resultate der Amateure, U23 und Junioren sowie die der Staffel enthalten. Die Medaillenverteilung pro Wettbewerb steht in den Unterartikeln über die Wettbewerbe, siehe Palmarès.
Bislang konnten sich Vertreter von 18 verschiedenen Verbänden in den Medaillenrängen platzieren, davon 12 in der Elite.
Stand: nach den Weltmeisterschaften 2024
Platz | Land | Einzelmedaillen Elite | Alle Wettbewerbe | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Gold | Silber | Bronze | Gesamt | Gold | Silber | Bronze | Gesamt | ||
1 | Belgien | 33 | 26 | 26 | 85 | 62 | 55 | 47 | 164 |
2 | Niederlande | 25 | 22 | 22 | 69 | 50 | 41 | 44 | 135 |
3 | Frankreich | 14 | 10 | 20 | 44 | 23 | 17 | 32 | 72 |
4 | Deutschland | 10 | 13 | 7 | 30 | 16 | 22 | 14 | 52 |
5 | Schweiz | 7 | 13 | 11 | 31 | 17 | 22 | 23 | 62 |
6 | Italien | 6 | 5 | 8 | 19 | 12 | 7 | 12 | 31 |
7 | Tschechien | 3 | 4 | 2 | 9 | 9 | 14 | 17 | 40 |
8 | Großbritannien | 1 | 2 | 1 | 4 | 11 | 8 | 5 | 24 |
9 | Tschechoslowakei | 1 | 0 | 0 | 1 | 11 | 9 | 9 | 29 |
10 | Vereinigte Staaten | 0 | 5 | 1 | 6 | 1 | 8 | 3 | 12 |
11 | Dänemark | 0 | 0 | 1 | 1 | 2 | 1 | 2 | 5 |
12 | Luxemburg | 0 | 0 | 1 | 1 | 0 | 0 | 1 | 1 |
13 | Spanien | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 4 | 0 | 5 |
14 | Kanada | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 1 | 0 | 2 |
15 | Polen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 4 | 4 | 8 |
16 | Slowakei | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 | 1 | 3 |
17 | Ungarn | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 1 | 2 |
18 | Österreich | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 1 |
Gesamt | 100 | 100 | 100 | 300 | 216 | 216 | 216 | 648 |
Weblinks
Bearbeiten- Championnats du Monde Cyclo-cross UCI : De Paris à Heusden-Zolder, 66 ans d’histoire. 7. März 2018, archiviert vom am 4. Februar 2019 (französisch).
- Ergebnisse auf Cyclocross24
- In der Datenbank von Procyclingstats.com: WM-Resultate, Amateure
- In der Datenbank von Radsportseiten.net: Profis/Elite, Frauen, U23, Amateure, Junioren, Juniorinnen
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Z Historie Cyclokrosu. In: Cyclistika. Nr. 2/1967. Prag 1967, S. 7–10 (tschechisch).
- ↑ 2021 UCI Cyclo-cross World Championships go ahead for Elite and Under 23 riders – no Junior races. UCI, 15. Januar 2021, abgerufen am 16. Januar 2021 (englisch).
- ↑ UCI 2023 Masters Cyclo-cross World Championships. Cyclocross Hamburg e. V., abgerufen am 8. Februar 2023.
- ↑ Zwischen 2,5 und 3,5 km, siehe Artikel 5.1.017 der UCI-Regeln
- ↑ Artikel 9.2.009, 9.2.043 und 9.2.044 der UCI-Regeln
- ↑ Competition Guide 2023 UCI Cyclocross World Championships. In: UCI. 29. Januar 2023, S. 6 (englisch).
- ↑ Artikel 9.2.045bis der UCI-Regeln
- ↑ Riders’ Apparel. 1. Januar 2015, S. 41, archiviert vom am 2. Februar 2016 (englisch).