D-Wave Systems

kanadischer Hersteller von "Quantencomputern"

D-Wave Systems Inc. ist ein Hardwarehersteller mit Hauptsitz in Burnaby, British Columbia, Kanada. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet und am 11. Mai 2011 durch die Entwicklung des nach ihren Angaben ersten kommerziellen Quantencomputers bekannt.

D-Wave Systems

Logo
Rechtsform Inc.
Gründung 1999
Sitz Burnaby, British Columbia, Kanada Kanada
Leitung Vern Brownell, CEO
Mitarbeiterzahl 160+ (2020)
Branche Hardware, Computersysteme
Website D-Wave Systems

Geschichte

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Foto eines Chips, hergestellt von D-Wave Systems Inc. und entworfen für 128-qubit.

D-Wave wurde von Haig Farris, Geordie Rose, Bob Wiens und Alexandre Zagoskin 1999 gegründet.

Sie verkauften 2011 einen Computer mit nach eigenen Angaben 128 Qubits an Lockheed Martin und erhielten daraufhin eine Finanzierung von 30 Millionen Dollar von Jeff Bezos, dem Gründer von Amazon, und dem Unternehmen In-Q-Tel, das dem amerikanischen Geheimdienst CIA zugeordnet wird.

Im Mai 2013 wurde der Kauf eines Quantencomputers von der NASA und Google bekanntgegeben.[1] Dieser Computer soll auf 512 Qbits rechnen können, wobei jedes Qbit durch die Flussrichtung von Strom durch supraleitende Schleifen auf einem Chip dargestellt wird.

Verlauf und Stand des Quantenvorteils der D-Wave Quantencomputer

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Das System von D-Wave ist kein universeller Quantencomputer, der jegliche Quantenalgorithmen wie beispielsweise den Shor-Algorithmus zur Primfaktorzerlegung ausführen kann. Stattdessen handelt es sich um einen Annealing Quantencomputer,[2] der zur Lösung einer speziellen Klasse von Problemen konzipiert ist, der aber nicht mit der Überklasse der Adiabatischen Quantencomputer zu verwechseln ist, die selbst (nicht Gatter-basierte) universelle Quantencomputer sind.[3] Ein Annealing Quantencomputer nutzt Quanteneffekte, insbesondere den Tunneleffekt, um eine spezielle Unterklasse an Problemen potentiell effizienter als klassische Computer lösen zu können, beispielsweise Such-, Sortier- und spezielle Optimierungsprobleme (sogenannte Ising-Modelle). Jedoch werden diese Probleme nur heuristisch, also nicht bestmöglich, gelöst.

Lange Zeit gab es unter Kritikern Zweifel, ob die Quantencomputer von D-Wave bei diesen spezifischen Problemstellungen tatsächlich schneller arbeiten als herkömmliche Computer, die Simulated Annealing verwenden.[4][5] Eine im Jahr 2013 durchgeführte Leistungsbewertung, angeführt von einer D-Wave nahestehenden Gruppe um Catherine McGeoch, kam zu dem Schluss, dass das D-Wave-System herkömmliche Computer übertreffe.[6] Dieser Vorteil basierte jedoch auf dem Vergleich mit klassischen exakten Algorithmen, während leistungsfähigere heuristische Methoden nicht berücksichtigt wurden. In diesen Vergleichen war das D-Wave-System unterlegen, weshalb zu diesem Zeitpunkt keine Quantum Supremacy nachgewiesen werden konnte.[7]

Im Jahr 2014 zeigten Studien von Kunden, dass die D-Wave-Systeme noch keinen klaren Vorteil gegenüber optimierten Algorithmen auf konventioneller Hardware boten.[8] Dies veranlasste Google dazu, eigene Entwicklungen im Bereich der Quantenhardware anzukündigen.[9] Am 8. Dezember 2015 teilte Google in einem Blogpost mit, dass auf einem im Jahr 2013 erworbenen D-Wave-Quantencomputer bestimmte Berechnungen 100 Millionen Mal schneller durchgeführt werden konnten als auf herkömmlichen Computern.[10] Der Einsatz von Quanteneffekten in diesen Berechnungen wurde zunächst 2014 indirekt nachgewiesen,[11] und schließlich Ende 2015 bestätigt.[12]

Die hohe Beschleunigung, die in den frühen Tests demonstriert wurde, betraf sehr spezifische Algorithmen, die gezielt für die Demonstration der Quantum Supremacy entwickelt worden waren. Bei realistischeren Algorithmen wurde 2019 immerhin eine Beschleunigung um den Faktor 2600 gemessen.[13] Diese weiterführenden Untersuchungen konnten viele frühere Kritiker weitgehend überzeugen. Dennoch wurde darauf hingewiesen, dass möglicherweise performantere klassische Algorithmen für diese Problemstellungen existieren könnten, auch wenn sie bislang unbekannt sind. Wie es der Kritiker Scott Aaronson ausdrückte, liegt „die Beweislast [einen besseren klassischen Algorithmus zu finden] nun auf Seiten der Zweifler.“[14][15] Im Jahr 2021 wurde nachgewiesen, dass klassische, sogar exakte Algorithmen dem D-Wave 2000Q Quantencomputer (mit 2000 Qubits) überlegen sind. Dies galt selbst für Problemstellungen, die speziell auf die Architektur des Quantencomputers abgestimmt waren.[16]

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Einzelnachweise

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  1. BBC.CO.UK: NASA buys into ‘quantum’ Computer vom 16. Mai 2013, abgerufen am 18. Mai 2013.
  2. Quantum Computing -- How D-Wave Systems Work. D-Wave Systems Inc., abgerufen am 17. November 2020 (englisch).
  3. Erica K. Grant, Travis S. Humble: Adiabatic Quantum Computing and Quantum Annealing. 30. Juli 2020, abgerufen am 17. November 2020 (englisch).
  4. S. Aaronson: D-Wave: Truth finally starts to emerge. 5. Juni 2013, abgerufen am 17. November 2020 (englisch).
  5. Robert Gast: Ein Quantenmärchen, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 26. Mai 2013, S. 63.
  6. Catherine C. McGeoch, Cong Wang: Experimental evaluation of an adiabiatic quantum system for combinatorial optimization. In: Proceedings of the ACM International Conference on Computing Frontiers (= CF 2013). Association for Computing Machinery, Ischia, Italy 14. Mai 2013, S. 1–11 (acm.org [abgerufen am 17. November 2020]).
  7. S. V. Isakov, I. N. Zintchenko, T. F. Rønnow, M. Troyer: Optimised simulated annealing for Ising spin glasses. In: Computer Physics Communications. Band 192, 1. Juli 2015, ISSN 0010-4655, S. 265–271, doi:10.1016/j.cpc.2015.02.015 (sciencedirect.com [abgerufen am 17. November 2020]).
  8. Die Zeit vom 19. Juni 2014.
  9. Heise online vom 10. September 2014.
  10. Google Research Blog vom 8. Dezember 2015
  11. T. Lanting, A. J. Przybysz, A. Yu. Smirnov, F. M. Spedalieri, M. H. Amin: Entanglement in a Quantum Annealing Processor. In: Physical Review X. Band 4, Nr. 2, 29. Mai 2014, S. 021041, doi:10.1103/PhysRevX.4.021041 (aps.org [abgerufen am 17. November 2020]).
  12. Tameem Albash, Itay Hen, Federico M. Spedalieri, Daniel A. Lidar: Reexamination of the evidence for entanglement in a quantum annealer. In: Physical Review A. Band 92, Nr. 6, 14. Dezember 2015, S. 062328, doi:10.1103/PhysRevA.92.062328 (aps.org [abgerufen am 17. November 2020]).
  13. James King, Sheir Yarkoni, Jack Raymond, Isil Ozfidan, Andrew D. King: Quantum Annealing amid Local Ruggedness and Global Frustration. In: Journal of the Physical Society of Japan. Band 88, Nr. 6, 1. März 2019, ISSN 0031-9015, S. 061007, doi:10.7566/JPSJ.88.061007 (jps.jp [abgerufen am 17. November 2020]).
  14. S. Aaronson: Insert D-Wave Post Here. 17. März 2017, abgerufen am 17. November 2020 (amerikanisches Englisch).
  15. Elizabeth Gibney,Nature magazine: D-Wave: Scientists Line Up for World’s Most Controversial Quantum Computer. Abgerufen am 17. November 2020 (englisch).
  16. Michael Jünger, Elisabeth Lobe, Petra Mutzel, Gerhard Reinelt, Franz Rendl: Quantum Annealing versus Digital Computing: An Experimental Comparison. In: ACM Journal of Experimental Algorithmics. Band 26, 31. Dezember 2021, ISSN 1084-6654, S. 1–30, doi:10.1145/3459606 (acm.org [abgerufen am 15. Januar 2022]).