Dieselelektrische Seitenrad-Passagierschiffe der Weißen Flotte Dresden

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In den Jahren 1961 bis 1964 baute die VEB Schiffswerft Roßlau für die Weiße Flotte Dresden vier identische moderne Dieselelektrische Seitenrad-Passagierschiffe der Weißen Flotte Dresden. Diese Luxusmotorschiffe erhielten die Namen politischer Persönlichkeiten:

Luxusmotorschiff Friedrich Engels vor der Carolabrücke

Die Schiffe versahen bis zu ihrer Außerdienststellung zuverlässig ihren Liniendienst und Einsatz als Ausflugsschiffe. Nur zwei dieser dieselelektrischen Schiffe blieben als Hotel- und Herbergsschiffe erhalten.

Modell Schifffahrtsmuseum-Rosslau Luxusmotorschiff Karl Marx

Auftrag, Planung und Produktion

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Laut Beschluss des Ministerrates der DDR erhielt die VEB Schiffswerft Roßlau vom Wirtschaftsministerium im Sommer 1960 die Anweisung zum Bau dieser Schiffe zur Erweiterung und Verbesserung der Erholungsmöglichkeiten der Werktätigen. Somit sollte eine entstehende Lücke durch Ausmusterungen von älteren Dampfern vermieden werden. Bei der Investition handelt es sich um einen neuen Schiffstyp auf der Oberelbe, um Luxusmotorschiffe. In einer intensiven Entwicklungsarbeit zwischen der VEB Fahrgastschifffahrt Dresden und den VEB Schiffswerft Roßlau wurden folgende wichtigen Parameter festgelegt:

  • moderne Antriebsform, dieselelektrischer Antrieb mit Kupplungsgetriebe, um beide Schaufelräder unabhängig von einander arbeiten zu lassen
  • Fassungsvermögen
  • Geschwindigkeit, DresdenBad Schandau und zurück sollte an einem Tag bedient werden können
  • geringer Tiefgang 95 cm mit Seitenschaufelrädern
  • Aussehen der Schiffe in Anpassung der vorhandenen Dampfschiffflotte.

Den Konstrukteuren gelang es, die sichtbare Linienführung der Schiffe über Jahre hinweg einheitlich zu gestalten. Durch den Einsatz von Aluminium in den Aufbauten konnte der geforderte Tiefgang auf 0,80 m unterboten werden. Im Jahr 1961 begannen die Arbeiten am ersten Schiff in der Schiffswerft Roßlau. Mit produktionsbedingten Unterbrechungen folgten die restlichen Schiffe bis 1964. Die Schiffe überzeugten in allen Belangen und stellten einen Fortschritt der Schifffahrt auf der Oberelbe dar.[1][2]

Name Schiffstyp-Bezeichnung Baujahr: Werft und Ort Registernr. Amtl Baujahr nach

DSRK-Schiffsregister

Baunr. Indienststellung Abmessungen Maschine, Leistung, Reisegeschw. Passagiere Besatzung Verbleib
Ernst Thälmann Seitenrad-Motorschiff 1961
Werft Roßlau
P-245 1962 2847 9.12.1961 Dresden lbTg= 69,80 m
blTg= 13,55 m
Tglb= 1,33 cm
leer 80 cm
2 Hauptmaschinen Typ SKL 6 NVD 26A
4-Takt-Diesel-Generatorsatz GMB 3854 S (250 kW (340 PS))
17 km/h 1012 4 + 7 Stewards Ab 1991 August der Starke, 1994 aufgelegt, 1998 abgewrackt, Schaufelräder stehen in Roßlau
Karl Marx Seitenrad-Motorschiff 1962-63
Werft Roßlau
P-246 1963 2848 22.05.1963 Dresden lbTg= 69,80 m
blTg= 13,55 m
Tglb= 1,24 cm
leer 80 cm
2 Hauptmaschinen Typ SKL 6 NVD 26A 4 Takt Diesel – Generatorsatz GMB 3854 S (250 kW = 340 PS) 17 Km/h 1025 4 + 7 Stewards Ab 1991 M. D. Pöppelmann, 1992 außer Dienst gestellt - Maschinen ausgebaut und verschrottet, 1992/1994 zum Wohnschiff umgebaut
Friedrich Engels Seitenrad-Motorschiff 1963
Werft Roßlau
P-247 1963 2858 Oktober 1963 Dresden lbTg= 69,91 m
blTg= 13,30 m
Tglb= 80 cm
2 Hauptmaschinen Typ SKL 6 NVD 26A 4-Takt-Diesel-Generatorsatz GMB 3854 S (250 kW (340 PS)) 17 km/h 1012 4 + 7 Stewards Ab 1991 J. F. Böttger, 1992 außer Dienst gestellt - Maschinen ausgebaut und im Verkehrsmuseum Dresden ausgestellt, 1992/94 Umbau zum Jugendschiff
Wilhelm Pieck Seitenrad-Motorschiff 1964
Werft Roßlau
P-248 1964 2859 24.03.1964 Dresden lbTg= 69,91 m
blTg= 13,30 m
Tglb= 80 cm
2 Hauptmaschinen Typ SKL 6 NVD 26A 4-Takt-Diesel-Generatorsatz GMB 3854 S (250 kW (340 PS))

1984 neue Generatorsätze Typ MFC 280 L 3 K 900 S vom VEB Elbtal Heidenau mit (254 kW (345 PS))

17 km/h 1012 4 + 7 Stewards Ab 1991 Gräfin Cosel, 1994 aufgelegt, 1998 abgewrackt

Ausstattung

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Die Schiffe hatten einen dieselelektrischen Antrieb - dabei lieferten die Dieselaggregate den Strom, welcher für die Elektromotoren benötigt wurde. Die Radwelle, welche die Schaufelräder antrieb, ist unterbrochen, sodass beide Teile getrennt angetrieben werden konnten. Dies erleichterte den Manövriervorgang beim An- und Ablegen. Die Schaufelräder wurden mittschiffs angeordnet. Damit bestimmte die Anordnung gleichzeitig die Aufteilung der Salons. Die Schaufelräder wurden für diese Schiffe konstruiert und sind robuster und wirksamer als bei den älteren Dampfschiffen.[3][4]

Vom SKL Schwermaschinenbau Karl Liebknecht, Magdeburg stammen die Schiffsantriebsmotoren der Typenreihe NVD 26 A:

  • Die Motoren werden in 3-, 4- und 6-Zylinderreihenbauweise als Saugmotoren und in 6- und 8-Zylinderbauweise als aufgeladene Motoren gefertigt.
  • Dabei handelt sich um nicht umsteuerbare Motoren, die entweder mit einem Schiffswendegetriebe vom Typ SW mit Freifahrt- und Rückwärtsgang oder vom Typ MS mit Freifahrt-, Schlepp- und Rückwärtsgang in verschiedenen Untersetzungsstufen ausgerüstet sind.
  • Motoren und Getriebe sind auf einem gemeinsamen Schiffsrahmen aufgebaut.

Daten:

  • SKL 6 NVD 26 A (270 PS (199 kW)) + Generatorsatz GMB 3854 S (250 kW (340 PS))
  • Zylinderbohrung: 180 mm,
  • Kolbenhub: 260 mm,
  • Nenndrehzahl des Motors: 750 1/min,
  • Nenndrezahl am Getriebeabtriebsflansch: 360 1/min

Die Schiffe hatten zwei Decksalons, einen Oberdeck-Tanzsalon, zwei Sonnendecks sowie eine Mokka-Bar und einen Speisesaal. Die Ausstattung der Küche entsprach dem Standard der Zeit. Bei Tagesfahrten konnten 1200 Essensportionen angeboten werden. Ein Speiseaufzug bediente jedes Deck. Auf jeden Deck befand sich ein Steward und ein Getränketresen. Im Oberdeck war für die Musiker eine erhöhte Bühne vorhanden. Im Dresdner Volksmund wurden die Schiffe kurz Luxer genannte, es wurde Luxuszuschlag bei Einsatz eines solchen Schiffes erhoben.[5]

Indienststellungen, Einsatz und Umgestaltungen

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Alle vier Schiffe erfüllten die gestellten Ansprüche und versahen zuverlässig den Linienbetrieb auf der Oberelbe. Umbauten wurden in der Laubegaster Werft in den Jahren von 1967 bis 1970 vorgenommen.

  • Als erstes Schiff kam die Ernst Thälmann am 9. Dezember 1961 von der VEB Schiffswerft Roßlau nach Dresden. Nach Probefahrten auf der Oberelbe begann im Jahr 1962 der planmäßige Linienbetrieb. Im Jahr 1970 erhielt die Ernst Thälmann in der Laubegaster Werft eine Verlängerung des Oberdeck-Tanzsalon um 3,65 m und um zwei Fenster. Die Ernst Thälmann erhielt im Jahr 1984 eine umfassende Modernisierung an der Maschinenanlage.
  • Das zweite Schiff, die Karl Marx, kam am 22. Mai 1963 nach Dresden und nahm unmittelbar den Betrieb auf. Die Karl Marx erhielt im Jahr 1967 eine Verlängerung des Oberdeck-Tanzsalon nach hinten um 3,75 m und um zwei Fenster. Im Jahr 1988 wurde das Schiff zur Großrekonstruktion in der Laubegaster Werft an Land genommen.
  • Im Oktober 1963 wurde das dritte Schiff, die Friedrich Engels, dem VEB Fahrgastschifffahrt Dresden (Weiße Flotte Dresden) übergeben. Im Jahr 1968 wurde auch die Friedrich Engels am Oberdeck-Tanzsalon um 3,75 m und um zwei Fenster verlängert.
  • Die Wilhelm Pieck kam am 24. März 1964 nach Dresden und nahm unmittelbar den Linienbetrieb auf. Im Jahr 1969 wurde die Wilhelm Pieck am Oberdeck-Tanzsalon um 3,75 m und um zwei Fenster erweitert. Von 1982 bis 1984 wurde die Maschinenanlage der Wilhelm Pieck in der Werft Laubegast umfassend modernisiert, dabei wurden neue Generatorsätze Typ MFC 280 L 3 K 900 S vom VEB Elbtal Heidenau mit (254 kW (345 PS)) eingebaut.[6]

In den Jahren 1965 und 1970 fuhren die Karl Marx wie auch die Friedrich Engels als Jugendschiff auf der Oberelbe. Es wurde ein Jugendkollektiv gegründet und der Titel Jugendschiff an das Schiff offiziell vergeben, dazu trug das Schiff am Bug oder am Hauptmast zusätzlich den FDJ-Wimpel. Diese Zusatzbezeichnung bekam ein Schiff, wenn es entweder viele Auszubildende an Bord hatte oder aber in den meisten Fällen, weil eine besonders junge Besatzung an Bord war.

Mit der Wende in der DDR erfolgte ein politischer Umbruch und es veränderten sich die Eigentümerrechte. Die Fahrgastzahlen sanken beträchtlich und ein neuer Investor wurde erst sehr spät von der Treuhand gefunden. Die daraus resultierenden Veränderungen übertrugen sich auf die VEB Fahrgastschifffahrt Dresden (Weiße Flotte Dresden), welche von der Treuhand an die Conti Reederei verkauft wurde und von 1992 bis 2020 den Namen Sächsische Dampfschiffahrts GmbH & Co. Conti Elbschiffahrts KG innehatte. Im August wurde für den Weiterbetrieb der Schiffe die Weiße Flotte Sachsen GmbH gegründet.

  • Die Ernst Thälmann wurde 1991 zum August der Starke, 1994 in der Laubegaster Werft aufgelegt und 1998 abgewrackt. Die beiden Schaufelräder wurden nach Roßlau verbracht und dort als Denkmal aufgestellt.
  • Die Karl Marx wurde im Jahr 1990 aufgrund offener Finanzierung in der Werft Laubegast 1990 außer Dienst gestellt, die Antriebsmaschinen wurden ausgebaut und verschrottet sowie ein Umbau zum Wohnschiff geplant. Im Jahr 1991 wurde sie in M. D. Pöppelmann umbenannt und von 1992 bis 1994 zum Wohnschiff umgebaut. Seither liegt sie antriebslos in Dresden-Neustadt unter dem Namen Koje als schwimmende Jugendherberge der städtischen Qualifizierungsgesellschaft QAD. Nach Auflösung der QAD mit Zwischennutzung als Notquartier für Asylsuchende wurde sie durch die Stadt zum Verkauf ausgeschrieben. Im Oktober 2013 wurde das Schiff von einer russischen Investorin mit neuem Nutzungskonzept als Hostel für russische Touristen und als öffentliches Restaurant gekauft. Es erhielt am 18. Oktober 2013 den Namen Beherbergungsschiff M. D. Pöppelmann. Es sollten Übernachtungen für russische Einkaufstouristen, die längere Zeit in Dresden verbringen wollten (wöchentlich 3 Flüge Moskau–Dresden) und für Fahrradtouristen angeboten werden. Das Hafengelände wurde ab 2014 zu einer Hafen-City umgebaut und der Investor kündigte den Liegeplatz. Nun Es liegt es im Neustädter Hafen. Am 10. August 2024 wurde es als Schiffsherberge Pöppelmann eröffnet. Das Schiff verfügt über 38 Kajüten unterschiedlicher Größe.[7]
  • Die Friedrich Engels wurde im Jahr 1991 in J. F. Böttger umbenannt und im Jahr 1992 außer Dienst gestellt. Danach wurden die Maschinen und Schaufelräder ausgebaut und im Verkehrsmuseum Dresden ausgestellt. In den Jahren von 1992 bis 1994 erfolgte der Umbau zum Jugendschiff. Die Jahre von 2016 bis 2017 verbrachte das Schiff in Laubegast zum Umbau, danach diente es als schwimmende Jugendherberge des CVJM Böttger. Das Schiff gehört zum Verein Himmlische Herbergen e. V. und wird von CVJM-Schiff-Dresden betrieben. Es bietet in 19 Kajüten mit Platz für 58 Personen sowie zwei Räume für Seminare und Tagungen für um die 30–40 Personen.[8]
  • Die Wilhelm Pieck wurde im Jahr 1991 in Gräfin Cosel umbenannt und 1994 in der Laubegaster Werft aufgelegt sowie 1998 abgewrackt und verschrottet.

Literatur

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  • Ernst Paul Dörfler: Reiseführer Elbe: Vom Elbsandsteingebirge bis nach Geesthacht, Trescher Verlag, 2019, ISBN 978-3-89794-411-4
  • 25 Jahre Weiße Flotte Dresden (Fahrgastschiffahrt und Reparaturwerft), Dresden, 1961
  • Günter Seibt: Weiße Flotte Dresden : auf einer 170 km langen Elbestrecke / Hrsg.: VEB Fahrgastschiffahrt Dresden; DEWAG Dresden; 1984
  • Hans Peter Lühr: Elbeschifffahrt und Weiße Flotte, Manfred Gerlich: Der VEB Weiße Flotte Dresden, mit einem Vorwort von Kurt Biedenkopf in Dresdner Hefte Nr. 105 des Dresdner Geschichtsvereins e. V., Sandsteinverlag 2011
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Einzelnachweise

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  1. Hans Peter Lühr: Elbeschifffahrt und Weiße Flotte, Manfred Gerlich: Der VEB Weiße Flotte Dresden in Dresdner Hefte Nr. 105 vom Dresdner Geschichtsverein e. V., Sandsteinverlag 2011, S. 27
  2. Historikerkreis-Elbeschiffahrt-Dresden
  3. Hans Peter Lühr: Elbeschifffahrt und Weiße Flotte, Manfred Gerlich: Der VEB Weiße Flotte Dresden in Dresdner Hefte Nr. 105 vom Dresdner Geschichtsverein e. V., Sandsteinverlag 2011, S. 76ff
  4. Hans Peter Lühr: Elbeschifffahrt und Weiße Flotte, Manfred Gerlich: Der VEB Weiße Flotte Dresden in Dresdner Hefte Nr. 105 vom Dresdner Geschichtsverein e. V., Sandsteinverlag 2011, S. 28
  5. Hans Peter Lühr: Elbeschifffahrt und Weiße Flotte, Manfred Gerlich: Der VEB Weiße Flotte Dresden in Dresdner Hefte Nr. 105 vom Dresdner Geschichtsverein e. V., Sandsteinverlag 2011, S. 29
  6. http://www.historikerkreis-elbeschiffahrt.de/
  7. schiffsherberge-poeppelmann
  8. himmlische-herbergen