Differenzierbarkeit

Möglichkeit zur linearen Approximation (Differenzierung)
(Weitergeleitet von Differenzierbar)

Als Differenzierbarkeit bezeichnet man in der Mathematik die Eigenschaft einer Funktion, sich lokal um einen Punkt in eindeutiger Weise linear approximieren zu lassen. Der Begriff Differenzierbarkeit ist nicht nur für reellwertige Funktionen auf der Menge der reellen Zahlen erklärt, sondern auch für Funktionen mehrerer Variablen, für komplexe Funktionen, für Abbildungen zwischen reellen oder komplexen Vektorräumen und für viele andere Typen von Funktionen und Abbildungen. Für manche Typen von Funktionen (zum Beispiel für Funktionen mehrerer Variablen) gibt es mehrere verschiedene Differenzierbarkeitsbegriffe.

Graph der differenzierbaren Funktion

Die Frage nach der Differenzierbarkeit gehört zu den Problemstellungen der Differentialrechnung, eines Teilgebiets der Analysis.

Reellwertige Funktionen einer reellen Veränderlichen

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Definitionen

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Schwarz: Graph der Funktion f
Rot: Graph der linearen Funktion g, die f in der Nähe der Stelle x0 approximiert
 
Zur 2. Definition der Differenzierbarkeit
 
Differenzierbare Funktionen sind genau diejenigen Funktionen, die lokal durch genau eine lineare Funktion approximierbar sind.

Im einfachsten Fall betrachtet man eine reellwertige Funktion einer reellen Variablen, also eine Funktion  , deren Funktionswerte reelle Zahlen sind und deren Definitionsbereich   ein offenes Intervall reeller Zahlen ist. Eine solche Funktion   ist differenzierbar an einer Stelle   aus ihrem Definitionsbereich, wenn die Ableitung von   an dieser Stelle existiert. Es gibt im Wesentlichen zwei äquivalente Definitionen für die Existenz der Ableitung:

1. Definition
Eine Funktion   ist genau dann differenzierbar an der Stelle   ihres Definitionsbereichs, wenn der beidseitige Grenzwert der Differenzenquotienten
 
existiert. Diesen Grenzwert bezeichnet man als die Ableitung von   an der Stelle  , geschrieben  .
2. Definition
Eine Funktion   ist genau dann differenzierbar an der Stelle   ihres Definitionsbereichs, wenn eine reelle Zahl   (die von   abhängen darf) und eine (ebenfalls von   abhängige) Funktion   (Fehler der Approximation) mit folgenden Eigenschaften existieren:
  1.  
  2. Für   geht   schneller als linear gegen 0, das heißt:
  für  
Die Funktion   lässt sich also in der Nähe von   durch eine lineare Funktion   mit
 
bis auf den Fehler   approximieren. Den Wert   bezeichnet man als die Ableitung von   an der Stelle  .
Differenzierbare Funktionen sind damit genau diejenigen Funktionen, die sich lokal durch lineare Funktionen approximieren lassen (siehe Abbildung). Diese Definition geht auf Karl Weierstraß zurück und wird Weierstraßsche Zerlegungsformel genannt.

Eine Funktion heißt genau dann differenzierbar (ohne Einschränkung auf einen speziellen Punkt), wenn sie an jeder Stelle ihres Definitionsbereichs differenzierbar ist. Die Funktion   heißt dann Ableitungsfunktion oder kurz Ableitung von  .

Erläuterungen

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Grafisch lässt sich die Eigenschaft Differenzierbarkeit so deuten, dass eine Funktion genau dann an der Stelle   differenzierbar ist, wenn im zugehörigen Punkt   des Graphen von   genau eine Tangente existiert, die nicht senkrecht verläuft. Die Tangente ist der Graph der in der 2. Definition genannten linearen Funktion  .

Die Ableitung von   an der Stelle   ist die Steigung dieser Tangente. Die in der ersten Definition genannten Differenzenquotienten sind die Steigungen von Sekanten durch den Punkt   und einen anderen Kurvenpunkt  . Die Funktion   ist also an der Stelle   differenzierbar, wenn die Steigungen dieser Sekanten beim Grenzübergang   gegen die Steigung der Tangente konvergieren.

Aus Differenzierbarkeit folgt Stetigkeit: Jede an einer Stelle differenzierbare Funktion ist dort auch stetig. Jede auf ihrem Definitionsbereich differenzierbare Funktion ist stetig. Die Umkehrung gilt nicht. Die unten angeführten nicht differenzierbaren Funktionen sind alle stetig.

Beispiele für differenzierbare Funktionen

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Aus den Ableitungsregeln folgt:

  • Jede Funktion, die sich durch ein Polynom darstellen lässt, ist differenzierbar.
  • Summen, Produkte und Quotienten von differenzierbaren Funktionen sind differenzierbar.
  • Verkettungen von differenzierbaren Funktionen sind differenzierbar.
  • Die Umkehrfunktion   einer bijektiven differenzierbaren Funktion   ist genau dann an der Stelle   differenzierbar, wenn   ist.
  • die Parabelfunktion   ist für alle   differenzierbar. Sei   dann ist
 
und ihre Ableitung ist  .

Aus den Grenzwertsätzen für Potenzreihen folgt:

  • Jede Funktion, die lokal durch eine Potenzreihe dargestellt werden kann, ist differenzierbar.

Beispiele für nicht differenzierbare Funktionen

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Die Heaviside-Funktion ist an der Stelle 0 nicht stetig und deshalb auch nicht differenzierbar. Im Sinne von Distributionen wird die Dirac-Distribution als Ableitung der Heaviside-Funktion betrachtet.

Da jede differenzierbare Funktion stetig ist, ist umgekehrt jede unstetige Funktion (zum Beispiel eine Treppenfunktion oder die Dirichlet-Funktion) ein Beispiel für eine nicht differenzierbare Funktion. Es gibt aber auch Funktionen, die zwar stetig sind, aber nicht oder nicht überall differenzierbar.

Wurzelfunktion

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Graph der Wurzelfunktion

Die Wurzelfunktion  ,   ist an der Stelle   nicht differenzierbar. Der Differenzenquotient

 

strebt für   gegen unendlich, konvergiert also nicht. Der Graph der Funktion hat an der Stelle   eine Tangente, diese verläuft aber vertikal und besitzt deshalb keine Steigung.

Betragsfunktion

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Funktionsgraph und Graph der Ableitung von  

Die Betragsfunktion   ist an der Stelle   nicht differenzierbar.

Für   ist   und damit

 .

Für   ist dagegen   und folglich

 .

Da der links- und der rechtsseitige Grenzwert nicht übereinstimmen, existiert der Grenzwert nicht. Die Funktion   ist somit an der betrachteten Stelle nicht differenzierbar.

Es existieren an der Stelle   jedoch die rechtsseitige Ableitung

 

und die linksseitige Ableitung

 .

Der Funktionsgraph hat an der Stelle   einen Knick. Es gibt sozusagen eine linksseitige Tangente mit Steigung   und eine rechtsseitige mit Steigung  . Zu jeder Steigung zwischen   und   gibt es eine Gerade, die den Funktionsgraph im Punkt   „berührt“, aber sich nicht „anschmiegt“.

Dies ist ein typisches Verhalten für abschnittsweise definierte Funktionen, wo an den Nahtstellen zwar die Funktionswerte zusammenpassen, aber nicht die Ableitungen. Die Graphen von differenzierbaren Funktionen haben demgegenüber keine Knicke.

Ein drittes Beispiel

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Graph der Funktion   mit   für   und  .

Die Funktion

 

ist an der Stelle 0 stetig, aber nicht differenzierbar (aber überall sonst). Für den Differenzenquotient an der Stelle 0 gilt

 

Der Limes für   existiert nicht. Es existieren auch keine einseitigen Grenzwerte. Vielmehr pendelt der Differenzenquotient, wenn   gegen 0 geht, unendlich oft zwischen den Werten −1 und 1 und nimmt dabei jeden Zwischenwert unendlich oft an.

Weierstraß-Funktion

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Graph einer reellen Weierstraß-Funktion im Intervall  . Sie ist stetig, aber nirgends differenzierbar.

Die nach ihrem Entdecker benannte Weierstraß-Funktion

 

ist überall stetig, aber nirgends differenzierbar.

Wiener-Prozess

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Pfad eines Wienerprozesses

Weitere Beispiele liefert die mathematische Brownsche Bewegung: Fast jeder Pfad eines Wiener-Prozesses ist als Funktion   stetig, aber nirgends differenzierbar.

Stetige Differenzierbarkeit und höhere Ableitungen

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Beispiel einer nicht stetig differenzierbaren Funktion
 
Die Funktion   mit   für   und   ist differenzierbar, aber nicht stetig differenzierbar

Eine Funktion heißt stetig differenzierbar, wenn sie differenzierbar ist und ihre Ableitung stetig ist. Selbst wenn eine Funktion überall differenzierbar ist, muss die Ableitung nicht stetig sein. Zum Beispiel ist die Funktion

 

an jeder Stelle, inklusive  , differenzierbar, weil

 

Die Ableitung

 

ist aber an der Stelle 0 nicht stetig.

Eine Funktion   heißt zweimal differenzierbar, wenn ihre Ableitungsfunktion   differenzierbar ist. Entsprechend wird dreimal, viermal, …,  -mal differenzierbar definiert. Die höheren Ableitungen werden mit  ,  ,  , …,   bezeichnet.

Da aus der Differenzierbarkeit einer Funktion die Stetigkeit folgt, sind bei einer zweimal differenzierbaren Funktion die Funktion   selbst und die erste Ableitung   automatisch stetig. Die zweite Ableitung   braucht jedoch nicht stetig zu sein. Entsprechend sind bei einer  -mal differenzierbaren Funktion die Funktion selbst und alle Ableitungen  ,  , … bis zur  -ten Ableitung   stetig. Für die  -te Ableitung   braucht dies jedoch nicht zu gelten. Ist diese auch stetig, so nennt man    -mal stetig differenzierbar. Sind alle Ableitungen wieder differenzierbar, so nennt man die Funktion unendlich oft differenzierbar oder glatt.

Die Menge aller  -mal stetig differenzierbaren Funktionen mit der Definitionsmenge   bezeichnet man als  . Die Menge der unendlich oft differenzierbaren Funktionen heißt  . Eine  -mal stetig differenzierbare Funktion nennt man daher auch Funktion der Differentiationsklasse  , kurz: Funktion der Klasse   oder  -Funktion. Eine unendlich oft differenzierbare Funktion heißt entsprechend Funktion der (Differentiations-)Klasse   oder  -Funktion.

Die Funktion

 

ist differenzierbar, ihre Ableitung ist die Funktion  , die stetig, aber an der Stelle 0 nicht differenzierbar ist. Die Funktion   ist also stetig differenzierbar, aber an der Stelle 0 nicht zweimal differenzierbar. Entsprechend ist die Funktion

 

 -mal stetig differenzierbar, aber an der Stelle 0 nicht  -mal differenzierbar.

Komplexe Funktionen

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Für komplexe Funktionen, also komplexwertige Funktionen einer komplexen Variablen, definiert man Differenzierbarkeit ganz analog zu reellen Funktionen. Es sei   eine offene Teilmenge der komplexen Ebene und   ein Punkt dieser Teilmenge. Eine Funktion   heißt komplex differenzierbar im Punkt  , falls der Grenzwert

 

existiert.[1] In diesem Fall bezeichnet man diesen Grenzwert als  .

Eine Funktion   heißt holomorph im Punkt  , falls eine Umgebung von   existiert, in der   komplex differenzierbar ist. Holomorphe Funktionen sind automatisch unendlich oft komplex differenzierbar und sogar analytisch.

Reellwertige Funktionen mehrerer Variablen

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Für Funktionen mehrerer Veränderlicher, also Funktionen, die auf offenen Teilmengen des euklidischen Raums definiert sind, gibt es mehrere verschieden starke Begriffe der Differenzierbarkeit. Im Folgenden sei   eine offene Menge. Die Elemente des   können als  -Tupel   geschrieben werden. Weiter sei eine Funktion   gegeben. Wir betrachten einen festen Punkt   und betrachten Differenzierbarkeit im Punkt  .

Partielle Differenzierbarkeit

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Dies ist der schwächste Differenzierbarkeitsbegriff. Die Funktion   heißt partiell differenzierbar am Punkt   in Richtung  , falls die partielle Ableitung

 

existiert. Man betrachtet also alle Variablen bis auf   als konstant und betrachtet die so erhaltene Funktion einer Veränderlichen.

Die Funktion   heißt partiell differenzierbar, wenn in jedem Punkt alle partiellen Ableitungen existieren. Sie heißt stetig partiell differenzierbar, falls alle partiellen Ableitungen stetige Funktionen von   nach   sind.

Aus partieller Differenzierbarkeit folgt nicht die Stetigkeit, sondern nur Stetigkeit in Richtung der Koordinatenachsen.

Richtungsableitung

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Ist   ein Einheitsvektor, so ist die (beidseitige) Richtungsableitung von   in Richtung   an der Stelle   definiert als

 .

Betrachtet man nur positive  , so erhält man die einseitige Richtungsableitung

 .

Die Funktion   heißt (einseitig) differenzierbar in Richtung von  , falls die (einseitige) Richtungsableitung von   in Richtung   existiert. Die Richtungsableitungen in Richtung der Einheitsvektoren der Standardbasis sind gerade die partiellen Ableitungen

 .

Totale Differenzierbarkeit

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Die Funktion   heißt total differenzierbar im Punkt  , falls eine lineare Abbildung   und eine Funktion   existieren, so dass sich   bis auf den Fehler   durch   approximieren lässt,

 

und   von höherer als erster Ordnung gegen 0 geht, das heißt   für  .

Die lineare Abbildung   heißt totale Ableitung von   im Punkt  . Sie wird mit   bezeichnet. Die Matrixdarstellung bezüglich der Standardbasis heißt Jacobi-Matrix und wird mit   oder auch   bezeichnet. Die Funktion   heißt total differenzierbar, falls sie in jedem Punkt total differenzierbar ist.

Eine total differenzierbare Funktion ist auch stetig.

In der neueren mathematischen Literatur spricht man statt von totaler Differenzierbarkeit meist einfach von Differenzierbarkeit. Die totale Ableitung wird auch Differential genannt.

Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Differenzierbarkeitsbegriffen

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  • Ist   beidseitig differenzierbar in jede Richtung, so ist   insbesondere partiell differenzierbar.
  • Ist   total differenzierbar, so ist   differenzierbar in jede Richtung (also insbesondere auch partiell differenzierbar). Die Einträge der Jacobi-Matrix sind die partiellen Ableitungen
     .
Man erhält die Richtungsableitung in Richtung  , indem man die totale Ableitung (eine lineare Abbildung) auf den Vektor   anwendet.
 

Die Umkehrungen gelten nicht:

  • Aus der partiellen Differenzierbarkeit folgt weder die totale Differenzierbarkeit noch die beidseitige oder einseitige Differenzierbarkeit in Richtungen, die keine Koordinatenrichtungen sind.
  • Auch aus der beidseitigen Differenzierbarkeit in alle Richtungen folgt nicht totale Differenzierbarkeit. Selbst dann nicht, wenn der Kandidat für die totale Ableitung, die Abbildung  , linear ist.

Anders ist es, wenn man nicht nur die Existenz, sondern auch die Stetigkeit der partiellen Ableitungen voraussetzt.

  • Ist   stetig partiell differenzierbar, so ist   auch total differenzierbar.

Man nennt stetig partiell differenzierbare Funktionen deshalb auch einfach stetig differenzierbar. Auch hier gilt die Umkehrung nicht:

  • Aus totaler Differenzierbarkeit folgt nicht die Stetigkeit der partiellen Ableitungen.

Insgesamt gilt somit:

stetige partielle Differenzierbarkeit ⇒ totale Differenzierbarkeit ⇒ Differenzierbarkeit in jede Richtung ⇒ partielle Differenzierbarkeit,

es gilt jedoch keine der Umkehrungen.

Beispiele

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  • Jede Funktion, die sich als Polynom in den Variablen   darstellen lässt, ist stetig differenzierbar.
  • Summen, Produkte, Quotienten und Verkettungen von stetig differenzierbaren Funktionen sind stetig differenzierbar.

Gegenbeispiele

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Alle Gegenbeispiele sind Funktionen auf dem  . Die Koordinaten werden mit   und   bezeichnet statt mit   und  . Von Interesse ist hier nur die Differenzierbarkeit und Stetigkeit am Ursprung  . Überall sonst sind die Funktionen stetig differenzierbar.

Partiell differenzierbar, aber nicht stetig und nicht alle Richtungsableitungen

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Graph der Funktion  

Die Funktion

 

ist an der Stelle (0,0) partiell differenzierbar. Auf den Koordinatenachsen hat die Funktion konstant den Wert 0, das heißt für alle   und   gilt

 .

Daraus folgt

 .

Die Funktion ist jedoch bei (0,0) nicht stetig. Auf der ersten Winkelhalbierenden (mit Ausnahme des Ursprungs) hat   konstant den Wert eins ( ). Nähert man sich dem Ursprung auf der ersten Winkelhalbierenden, so streben die Funktionswerte also gegen 1. Die Richtungsableitung in andere Richtungen als die der Koordinatenachsen existieren nicht.

 
Graph der Funktion  

Die Funktion

 

ist an der Stelle (0,0) partiell differenzierbar und stetig. Alle einseitigen Richtungsableitungen existieren, aber außer in die Koordinatenrichtungen nicht die beidseitigen.

Einseitige, aber keine beidseitigen Richtungsableitungen

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Graph der Funktion  

Die euklidische Norm

 

verallgemeinert die Betragsfunktion. Sie ist überall stetig.

Für jeden Einheitsvektor   existiert die einseitige Richtungsableitung von   in   und es gilt

 

Der Grenzwert existiert nur einseitig, also existieren die beidseitigen Richtungsableitungen nicht. Insbesondere ist die Funktion auch nicht partiell differenzierbar.

Alle Richtungsableitungen existieren, aber definieren keine lineare Abbildung

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Graph der Funktion  
 

Hier existieren alle Richtungsableitungen, für die partiellen Ableitungen gilt

 

Die Abbildung   ist jedoch nicht linear. Für den Einheitsvektor   gilt

 

während

 

Alle Richtungsableitungen existieren und definieren eine lineare Abbildung, aber nicht total differenzierbar

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Graph der Funktion  
 

Hier existieren alle Richtungsableitungen, für jeden Vektor   gilt  . Insbesondere ist   partiell differenzierbar mit

 

und die Abbildung

 

ist die Nullabbildung, also trivialerweise linear.

Die Funktion ist auch stetig. Sie ist jedoch an der Stelle (0,0) nicht total differenzierbar. Wäre sie es, so wäre   die Nullabbildung und für jeden Vektor   gälte

 .

Für das Fehlerglied   gälte also

 .

Setzt man   und   mit  , so erhält man

  und  , also  .

Für   gegen 0 geht dieser Term gegen   statt gegen 0.

Total differenzierbar, aber nicht stetig partiell differenzierbar

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Graph der Funktion  

Diese Funktion ist der entsprechenden Beispielfunktion einer Variablen nachgebildet, der Nachweis verläuft im Prinzip genauso wie dort.

 

Die Funktion ist an der Stelle (0,0) total differenzierbar, die Ableitung ist die Nullfunktion. Nähert man sich dem Nullpunkt, so divergieren jedoch die partiellen Ableitungen, zum Beispiel geht der Betrag von

 

gegen unendlich für   gegen 0.

Abbildungen zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen

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Eine Abbildung   von einer offenen Menge   in den Vektorraum   lässt sich durch ihre Komponentenfunktionen darstellen:

  mit   für  .

Differenzierbarkeit von   lässt sich dann auf Differenzierbarkeit der   zurückführen.   ist (im Punkt  ) genau dann partiell differenzierbar (differenzierbar in Richtung des Vektors  , total differenzierbar, stetig partiell differenzierbar), wenn alle Komponentenfunktionen   diese Eigenschaft haben.

Ist   im Punkt   total differenzierbar, so ist   eine lineare Abbildung von   nach  . Ihre Darstellungsmatrix, die Jacobi-Matrix, besteht aus den partiellen Ableitungen

 

und die Richtungsableitung von   im Punkt   in Richtung   ist das Bild des Vektors   unter der linearen Abbildung  .

Funktionen und Abbildungen auf unendlichdimensionalen Vektorräumen

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Auf unendlichdimensionalen Vektorräumen gibt es keine Koordinaten, deshalb gibt es keine partielle Differenzierbarkeit. Die Begriffe Richtungsableitung und totale Differenzierbarkeit lassen sich jedoch auf unendlichdimensionale Vektorräume verallgemeinern. Dabei spielt im Gegensatz zum Endlichdimensionalen die Topologie auf den Vektorräumen eine wichtige Rolle. Typische Beispiel für unendlichdimensionale Vektorräume sind Funktionenräume, also Vektorräume, deren „Vektoren“ Funktionen sind. Zur Unterscheidung nennt man die auf diesen Vektorräume definierten Funktionen Funktionale und nennt Abbildungen zwischen solchen Vektorräumen Operatoren.

Gâteaux-Differenzierbarkeit

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Der Richtungsableitung entspricht die Gâteaux-Ableitung. Gegeben sei ein normierter Vektorraum   (das heißt ein (typischerweise unendlichdimensionaler) Vektorraum zusammen mit einer Norm  ), eine offene Teilmenge   und ein Funktional  . Die Gâteaux-Ableitung von   an einem „Punkt“   in Richtung eines Vektors   ist dann gegeben durch

 ,

falls der Grenzwert existiert.

Falls die Gâteaux-Ableitung für jedes   existiert, dann ist eine Abbildung  ,   erklärt. Aus der Definition folgt sofort, dass diese Abbildung positiv homogen ist, also   für alle  . Wie im Endlichdimensionalen folgt aus der Existenz aller Richtungsableitungen nicht, dass   additiv und damit linear ist. Auch wenn die Abbildung linear ist, folgt nicht, dass sie stetig ist.

Für den Begriff Gâteaux-Differenzierbarkeit gibt es mehrere nicht verträgliche Konventionen:

Manche Autoren nennen ein Funktional   Gâteaux-differenzierbar im Punkt  , falls alle   existieren, und bezeichnen dann die Abbildung   als Gateaux-Ableitung von   im Punkt  . Andere fordern zusätzlich, dass   linear und stetig ist.

Ganz analog definiert man Gâteaux-Differenzierbarkeit und Gâteaux-Ableitung für Operatoren   von einem normierten Vektorraum   in einen andern normierten Vektorraum   (typischerweise ein Banachraum). Die in der Definition der Gâteaux-Ableitung geforderte Konvergenz versteht sich dann im Sinne der Norm von  . Entsprechendes gilt für die Stetigkeit von  .

Fréchet-Differenzierbarkeit

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Der totalen Differenzierbarkeit im Endlichdimensionalen entspricht bei unendlichdimensionalen Vektorräumen die Fréchet-Differenzierbarkeit. Gegeben seien Banachräume   und  , eine offene Teilmenge  , eine Abbildung   und ein Punkt  .

Die Abbildung   heißt Fréchet-differenzierbar, wenn eine beschränkte (also stetige) lineare Abbildung   und eine Abbildung   existieren, sodass für alle   mit   gilt

 

und

 

Dabei steht im Zähler die Norm von  , im Nenner die von  .

Der lineare Operator   heißt in diesem Fall Fréchet-Ableitung von   an der Stelle  .

Zusammenhänge

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Wie im Endlichdimensionalen ist jede Fréchet-differenzierbare Abbildung   auch Gâteaux-differenzierbar und die Gâteaux-Ableitung stimmt mit der Fréchet-Ableitung überein. Umgekehrt braucht   im Punkt   selbst dann nicht Fréchet-differenzierbar zu sein, wenn die Gâteaux-Ableitung   linear und stetig ist.

Differenzierbare Abbildungen zwischen differenzierbaren Mannigfaltigkeiten

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Die Differenzierbarkeit von Abbildungen zwischen differenzierbaren Mannigfaltigkeiten wird auf die Differenzierbarkeit ihrer Kartendarstellungen zurückgeführt. Dabei muss Stetigkeit schon vorausgesetzt werden.

Es seien   und   differenzierbare Mannigfaltigkeiten der Dimensionen   bzw.   und der Differenzierbarkeitsklasse   und es sei   eine stetige Abbildung. Zu jedem Punkt   existiert dann eine Karte   von   um  , das heißt eine offene Umgebung  , die   enthält, und ein auf   definierter Homöomorphismus   auf eine offene Teilmenge des  . Genauso existiert auch eine Karte   von   um den Bildpunkt  . Da   stetig ist, können die Karten so gewählt werden, dass   ganz in   liegt. Unter der Kartendarstellung von   bezüglich dieser Karten versteht man dann die Abbildung

 

Dies ist eine Abbildung von der offenen Teilmenge   des   in die offene Teilmenge   des  .

Die Abbildung   heißt stetig differenzierbar, falls sie stetig ist und ihre Kartendarstellungen stetig differenzierbar sind. Sie heißt  -mal stetig differenzierbar (für  ), oder von der Klasse  , falls ihre Kartendarstellungen  -mal stetig differenzierbar.

Die Differenzierbarkeit hängt nicht von der Wahl der Karten ab (solange   ist), da die Kartenwechselabbildungen  -Diffeomorphismen sind. Ist   oder   der euklidische Raum, so kann man dort auf die Karte verzichten. Insbesondere gilt:

Eine Funktion   ist genau dann  -mal stetig differenzierbar, wenn das für ihre Kartendarstellungen  , bezüglich Karten   von   gilt.

Analog definiert man die komplexe Differenzierbarkeit für komplexwertige Funktionen auf komplexen Mannigfaltigkeiten und Abbildungen zwischen komplexen Mannigfaltigkeiten.

Für die Definition der Ableitung einer Abbildung   zwischen Mannigfaltigkeiten bzw. einer Funktion   auf einer Mannigfaltigkeit siehe Tangentialraum und Pushforward.

Begriffserweiterungen

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Folgende Konzepte sind Verallgemeinerungen der Differenzierbarkeit:

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Commons: Differenzierbarkeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Guido Walz (Hrsg.): Lexikon der Mathematik. 2. Auflage. Band 3 (Inp bis Mon). Springer Spektrum Verlag, Mannheim 2017, ISBN 978-3-662-53501-1, S. 148 f., doi:10.1007/978-3-662-53502-8.

Literatur

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Im Prinzip sämtliche einführende Literatur zu Analysis und/oder Differentialrechnung. Beispielsweise seien genannt: