Digitonin, auch Digitin, ist ein natürliches Steroid-Glycosid.

Strukturformel
Strukturformel von Digitonin
Allgemeines
Name Digitonin
Andere Namen
  • (2α,3β,5α,15β,25R)-2,15-Dihydroxyspirostan-3-yl-β-D-glucopyranosyl-(1→3)-β-D-galactopyranosyl-(1→2)-[β-D-xylopyranosyl-(1→3)]-(4ξ)-β-D-xylo-hexopyranosyl-(1→4)-β-D-galactopyranosid (IUPAC)
  • Digitin
Summenformel C56H92O29
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 11024-24-1
EG-Nummer 234-255-6
ECHA-InfoCard 100.031.129
PubChem 25444
ChemSpider 23753
Wikidata Q410968
Eigenschaften
Molare Masse 1229,31 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

234–240 °C[2]

Löslichkeit

wenig in Wasser (10 g·l−1 bei 80 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​373
P: 301+310+330​‐​314[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Vorkommen

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Roter Fingerhut (Digitalis purpurea)

Das Glycosid aus der Gruppe der Saponine (Steroidsaponine) kommt im Samen des Fingerhuts Digitalis purpurea vor.

Struktur und Eigenschaften

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Das Steroid Digitogenin ist das Aglycon, welches mit einem verzweigten Pentasaccharid glykosyliert ist. Wie die meisten Saponine ist auch Digitonin giftig, es bewirkt die Auflösung der roten Blutkörperchen durch Zerstörung der Zellmembran (Hämolyse).[2]

Photolumineszenzeigenschaften von mit Basen behandelter Digitonin

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Durch Zugabe von ein paar Tropfen einer starken Base in der wässrigen Digitonin-Lösung entsteht eine fluoreszierende Lösung mit einem Emissionsmaximum bei 460 nm. Diese Lösung fluoresziert bläulich unter UV-Licht. Dieses Phänomen beruht auf dem AIE-Effekt (Aggregation-induced emission).

Die starke Base deprotoniert Hydroxygruppen des Zuckerrests, was zu verstärkter Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Digitonin-Molekülen führt. Diese intensiveren inter- und intramolekularen Wechselwirkungen bewirken, dass sich die Moleküle einander annähern (verstärkte Aggregation) und die Rotation um die C-O-Einfachbindung verhindert wird. Die vorhandene Rotationsenergie steht nun für die Anregung der Elektronen auf höhere Zustände zur Verfügung. Dies bedingt die Lichtemission von Digitonin.

Die Photolumineszenz-Intensität von Digitonin ist pH-abhängig. Unter den Zuckern (Galactose, Glucose und Xylose) hat Xylose den niedrigsten  , was darauf hindeutet, dass die Hydroxylgruppen von Xylose bei pH 11,5 deprotoniert werden. Bei einem pH-Wert von 14 wird das System nicht-lumineszent und verhält sich wie reines Digitonin. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei weiterer Erhöhung des pH-Werts die repulsiven Wechselwirkungen zwischen den Molekülen die attraktiven Wasserstoffbrücken- und Ion-Dipol-Wechselwirkungen überwiegen, was zu einer Abnahme der Emissionsintensität führt. Die Photolumineszenz-Intensität des basischen Digitonins nimmt ebenfalls ab, wenn der pH-Wert von 11,5 auf 2,7 abnimmt.[4]

Herstellung

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Zur Abtrennung von Digitonin werden die Samen gepulvert und mit Ether oder Sheerwood-Öl entfettet. Nach dem Trocknen an der Luft wird das Feinpulver zweimal sukzessiv mit Alkohol, zum Beispiel Methanol, unter Rückfluss extrahiert. Das Methanol wird abschließend wieder abdestilliert und das Digitonin Rohprodukt ist entstanden. Zur Reinigung des Digitonins werden oft chromatografische Methoden eingesetzt.[5]

Verwendung

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Digitonin ist ein mildes nichtionisches Tensid. Es wird in der Biochemie zur Solubilisierung von Membranproteinen, zur Permeabilisierung von Zellmembranen und zur Präzipitation von Cholesterin genutzt. Cholesterin ist durch Fällung mit Digitonin noch in einer Verdünnung von 1:10.000 nachweisbar.[2]

Einblick in das Zytoskelett

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Die Behandlung mit Digitonin führt zur Freisetzung von Großteilen oder allen zytoplasmatischen Proteinen, verursacht jedoch keinen Verlust von membranlimitierten Organellen wie Mitochondrien, endoplasmatischem Retikulum und Lysosomen aus den Zellen. Die funktionale Integrität der Mitochondrien in den mit Digitonin behandelten Zellen ist genauso gut wie oder sogar besser als die von isolierten Mitochondrien.

Der Verlust zytoplasmatischer Färbematerialien ermöglicht daher die Visualisierung eines umfangreichen zytoskelettalen Netzwerks aus Filamenten. Digitonin ist daher sowohl nützlich, um die Plasmamembran selektiv permeabel zu machen, als auch, um das Erscheinungsbild intrazellulärer Strukturen wie Mikrofilamente zu intensivieren, die in Zellen wie Hepatozyten normalerweise schwer zu beobachten sind. Die Verwendung von Digitonin in relativ niedrigen Konzentrationen (0,005 % – 0,015 %) erhöhte wirksam die Permeabilität von Ehrlich-Aszites-Tumorzellen für zytoplasmatische Proteine sowie kleine Moleküle.[6]

Einzelnachweise

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  1. a b c Datenblatt Digitonin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. März 2011 (PDF).
  2. a b c Eintrag zu Steroidsaponine. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Juni 2014.
  3. a b Eintrag zu Digitonin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  4. Meegle S. Mathew, K. Sreenivasan, Kuruvilla Joseph: Hydrogen-bond assisted, aggregation-induced emission of digitonin. In: RSC Advances. Band 5, Nr. 121, 20. November 2015, S. 100176–100183, doi:10.1039/C5RA16379J.
  5. Patent CN103113452B: Digitonin extraction and purification technology. Angemeldet am 7. November 2011, veröffentlicht am 3. Juni 2015, Anmelder: Hebei Bailing Weichao Fine Material Co Ltd, Erfinder: Xiongfei Deng.
  6. G Fiskum, S W Craig, G L Decker, A L Lehninger: The cytoskeleton of digitonin-treated rat hepatocytes. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 77, Nr. 6, Juni 1980, doi:10.1073/pnas.77.6.3430.