Rudolf Steiner: Ethischer Individualismus statt allgemeines Moralprinzip!

In seiner PHILOSOPHIE DER FREIHEIT (1893 / 1918) vertritt Rudolf Steiner einen ethischen Individualismus, der auf moralischen Intuitionen beruht. Mit deutlichen Worten grenzt er sich von Kants kategorischem Imperativ ab [Kapitel IX: DIE IDEE DER FREIHEIT]:

  • "Der gerade Gegensatz dieses Sittlichkeitsprinzips ist das Kantsche: Handle so, dass die Grundsätze deines Handelns für alle Menschen gelten können. Dieser Satz ist der Tod aller individuellen Antriebe des Handelns. Nicht wie alle Menschen handeln würden, kann für mich maßgebend sein, sondern was für mich in dem individuellen Falle zu tun ist. Ein oberflächliches Urteil könnte vielleicht diesen Ausführungen einwenden: Wie kann das Handeln zugleich individuell auf den besonderen Fall und die besondere Situation geprägt und doch rein ideell aus der Intuition heraus bestimmt sein? Dieser Einwand beruht auf einer Verwechselung von sittlichem Motiv und wahrnehmbarem Inhalt der Handlung. Der letztere kann Motiv sein, und ist es auch zum Beispiel beim Kulturfortschritt, beim Handeln aus Egoismus usw.; beim Handeln auf Grund rein sittlicher Intuition ist er es nicht. Mein Ich richtet seinen Blick natürlich auf diesen Wahrnehmungsinhalt, bestimmen lässt es sich durch denselben nicht. Dieser Inhalt wird nur benützt, um sich einen Erkenntnisbegriff zu bilden, den dazu gehörigen moralischen Begriff entnimmt das Ich nicht aus dem Objekte. Der Erkenntnisbegriff aus einer bestimmten Situation, der ich gegenüberstehe, ist nur dann zugleich ein moralischer Begriff, wenn ich auf dem Standpunkte eines bestimmten Moralprinzips stehe."
  • "Nur wenn ich meiner Liebe zu dem Objekte folge, dann bin ich es selbst, der handelt. Ich handle auf dieser Stufe der Sittlichkeit nicht, weil ich einen Herrn über mich anerkenne, nicht die äußere Autorität, nicht eine sogenannte innere Stimme. Ich erkenne kein äußeres Prinzip meines Handelns an, weil ich in mir selbst den Grund des Handelns, die Liebe zur Handlung gefunden habe. Ich prüfe nicht verstandesmäßig, ob meine Handlung gut oder böse ist; ich vollziehe sie, weil ich sie liebe. Sie wird „gut“, wenn meine in Liebe getauchte Intuition in der rechten Art in dem intuitiv zu erlebenden Weltzusammenhang drinnensteht; „böse“, wenn das nicht der Fall ist. Ich frage mich auch nicht: wie würde ein anderer Mensch in meinem Falle handeln? sondern ich handle, wie ich, diese besondere Individualität, zu wollen mich veranlasst sehe. Nicht das allgemein Übliche, die allgemeine Sitte, eine allgemein-menschliche Maxime, eine sittliche Norm leitet mich in unmittelbarer Art, sondern meine Liebe zur Tat. Ich fühle keinen Zwang, nicht den Zwang der Natur, die mich bei meinen Trieben leitet, nicht den Zwang der sittlichen Gebote, sondern ich will einfach ausführen, was in mir liegt." -- 94.135.133.72 14:03, 7. Apr. 2019 (CEST)
Schreib das doch in den Steiner-Artikel, dann kann man das hier mit einem kurzen Hinweis verlinken. Eine bloße alternative Position ist aber noch keine treffende Kritik... -- Leif Czerny 10:12, 8. Apr. 2019 (CEST)
Archivierung dieses Abschnittes wurde gewünscht von: -- Leif Czerny 08:50, 18. Nov. 2020 (CET)