Früh gestorben, der Gute... Weiß jemand woran? An Leukämie

Nachruf von Prof. Dr. Clemens Hellsberg (Vorstand der Wiener Philharmoniker) zur Verfügung gestellt von Eleonore Märkle, Monaco

Ansprache anlässlich der Gedenkfeier für Prof. Dr. Uli Märkle (Karajan Centrum, 21 Februar 2005)

Die Welt der Musik kann nicht nur aus schöpferischen und nachschöpferischen Künstlern einerseits und dem Publikum in Oper und Konzertsaal andererseits bestehen; es bedarf auch der Manager, der Organisatoren als Vermittler zwischen diesen beiden Ebenen. Und es besteht kein Zweifel, dass auch auf der administrativen Ebene Kreativität, Flexibilität und Persönlichkeit gefragt sind, mehr noch: die genannten Eigenschaften sind Voraussetzungen dafür, dass Kunstausübung auf höchstem Niveau möglich ist.

Es gibt aber noch eine Dimension. Sie sollte eigentlich die Voraussetzung für jegliches Befassen mit Musik sein – und ist doch nur selten anzutreffen: Leidenschaft. Wer Uli Märkle kannte, wird immer wissen, was gelebte Leidenschaft ist. Die Sprache der Diplomatie war nicht seine Welt, obwohl er so viele Weltsprachen beherrschte; aber dafür war er in der Welt der großen Künstler heimisch wie wenig andere. Spontaneität war sein Markenzeichen, und nicht Taktik und Strategie; aber dafür konnte er sich auf sein Gefühl, auf seinen Instinkt verlassen. Mit seiner schrankenlosen Impulsivität schuf er sich nicht nur Freunde und beeinträchtigte damit vielleicht seine eigene berufliche Karriere; aber dafür machte ihn Herbert von Karajan, einer der herausragenden Künstler des 20. Jahrhunderts, der Zeit seines Lebens die Öffentlichkeit faszinierte und polarisierte wie kaum ein anderer, zu seinem engsten Mitarbeiter.

Die Jahre nach Karajans Tod haben gezeigt, wie wichtig die Wahl des überragenden Künstlers war, der sich ja stets auch als Marketinggenie erwies. Offenbar erkannte Karajan, dass sein Erbe nicht nur eines treuen Sachwalters bedurfte, sondern eines Menschen, der Loyalität und Qualitätsbewusstsein mit Herz und Leidenschaft verband. So wurde Uli Märkle zu Karajans Statthalter auf Erden: „His Legacy for Home Video“, der Aufbau des Musik-Filmfestivals auf dem Wiener Rathausplatz, die Benennung von Herbert-Von-Karajan-Plätzen in Wien, Tokyo, Ulm und Salzburg waren Meilensteine seiner Tätigkeit, die er mit dem Karajan Centrum krönte, wobei zu hoffen ist, dass diese für einen nachschaffenden Künstler einzigartige Dokumentations-, Forschungs- und kulturelle Begegnungsstätte weiterhin denselben wichtigen Beitrag zum musikalischen Erscheinungsbild Wiens leisten kann, wie dies in den nunmehr zehn Jahren seit der Gründung des Centrums der Fall war.

„Wir werden ihn vermissen“, ist eine bei Gedenkfeiern häufig gebrauchte Redewendung. Wir werden Ihn nicht nur vermissen, wir tun dies bereits. Wir vermissen ihn als Musikexperten, als Insider der Musikszene wie als leidenschaftlichen Musikliebhaber, der seine Ansichten nicht mit dem Sicherheitsgurt irgendeines „Mainstreams“ knebelte. Und wenn ich dem nich hinzufüge, dass ich ihn auch als Freund vermisse, von dem ich wusste, dass ich mich jederzeit an ihn wenden konnte, dann bin ich überzeugt, dass dies viele der hier Anwesenden ebenso empfinden.

In diesem Sinne möchte ich mit den Herren Schmiedl, Küchl und Resel, die Uli Märkle und seine Tätigkeit durch viele Jahre kannten, am Schluss der heutigen Gedenkfeier das Larghetto aus Mozarts Klarinettenquintett seinem Andenken widmen. Wir haben diese Musik bewusst gewählt. Sie steht an der Schwelle zur Unendlichkeit; in ihr ist so viel an Verständnis für unsere irdischen Fehler, Torheiten und Nichtigkeiten, und soviel an dem, was wir angesichts des Todes erbitten – Vergebung und Liebe.

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