EU-Lateinamerika-Gipfel
EU-Lateinamerika-Gipfel (EU-LAC-Gipfel, seit 2013 EU-CELAC-Gipfel) ist die Bezeichnung von Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, von Lateinamerika und den Staaten der Karibik.
Gipfelkonferenzen
BearbeitenDie bisherigen Gipfelkonferenzen fanden seit 1999 abwechselnd in Südamerika und in Europa statt, wobei der europäische Tagungsort bisher jeweils in dem Land war, das turnusgemäß den Vorsitz im Rat der Europäischen Union einnahm. 2015 wurde diese Regel jedoch durchbrochen, als der Gipfel in Brüssel stattfand, obwohl Lettland die Ratspräsidentschaft innehatte:
EU-LAC-Gipfel:
- 1. Gipfel (Rio de Janeiro, Juni 1999)
- 2. Gipfel (Madrid, Mai 2002)
- 3. Gipfel (Guadalajara, Mai 2004)
- 4. Gipfel (Wien, Mai 2006)
- 5. Gipfel (Lima, Mai 2008)
- 6. Gipfel (Madrid, Mai 2010)
EU-CELAC-Gipfel:
Zielsetzung
BearbeitenDie Gipfelkonferenzen sollen die 1999 begonnene „strategische Partnerschaft“ der beiden Regionen vertiefen. Sie werden von den Außenministern vorbereitet. Dem eigentlichen Plenum der Staatschefs gehen thematische Arbeitskreise mit ihnen und den Außen- bzw. Wirtschaftspolitikern voraus, und es folgen subregionale Treffen und spezielle Gesprächskreise mit Kreisen der Wirtschaft und Entwicklungshilfe.
Am Gipfel 2006 nahmen 61 Staats- bzw. Regierungschefs teil (25 EU-Länder, 34 aus Lateinamerika/Karibik und die Beitrittsländer Rumänien und Bulgarien).
Die Gipfeltreffen konzentrieren sich auf Themen der politisch-wirtschaftlichen Kooperation, der Außenbeziehungen und der sozialen Problematik Südamerikas. Zwar scheiterten 2004 die EU-Mercosur-Verhandlungen und 2005 noch deutlicher jene im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO, doch wurden 2006 die Gespräche für eine geplante Freihandelszone der beiden Kontinente wieder aufgenommen.
Probleme und Chancen
BearbeitenDie zähen Verhandlungsprozesse in den 2000er Jahren hingen einerseits mit der Vielfalt der beteiligten Staaten und ihrer sozioökonomischen Struktur zusammen, andererseits mit dem damals in einigen Ländern Südamerikas eingetretenen Linksruck. Einige Staaten bevorzugten bilaterale Wirtschaftsverträge und schlossen solche mit den USA ab, während Staaten mit Linksregierungen dies heftig kritisieren, für ihre Entwicklung als schädlich ansehen und allenfalls zur multilateralen Entwicklungszusammenarbeit neigen. Ihre Ablehnung neoliberaler Wirtschaftskonzepte zielte zwar auf eine wünschenswerte Förderung der Sozialpolitik, führte aber meist zu ausufernden Budgetdefiziten. Durch Verstaatlichungen (wie die der Erdgasförderung in Bolivien 2006) wurden die Investoren verunsichert, was die Schaffung dringend benötigter Arbeitsplätze gefährden kann.
Weitere Problemkreise sind die Armut weiter Teile der Bevölkerung, das hohe Maß an Kriminalität und Korruption sowie der sinkende soziale Zusammenhalt. Das Drogenproblem würde eine verstärkte Kooperation der Länder erfordern, die aber mangels Übereinstimmung im einzuschlagenden Weg kaum zustande kommt. Ähnliches gilt für den Umweltschutz, bei dem nur Brasilien deutliche Fortschritte zu verzeichnen hat.
Hingegen gelingt es den auf sozialem Gebiet tätigen NGOs, Organisationen der Kirche und der Entwicklungshilfe zunehmend, ihre Tätigkeiten und Ziele zu koordinieren. Ein wesentlicher Schritt hierzu war der Wiener Alternativengipfel im Mai 2006 und die Weiterführung seiner Initiativen. Mittelfristig soll zur Verbesserung der Lebensverhältnisse u. a. Bildungsprogramme beitragen, mehr Stipendien an südamerikanische Studenten (Zusage der EU im Mai 2006), die Stärkung der Eigeninitiative (insbesondere von Frauen) und die Förderung von Kleinbetrieben. Zunehmend diskutiert wird auch die Rolle von europäischen Industriekonzernen in Lateinamerika und ein besserer Rechtsschutz für Menschenrechts-Aktivisten.
In der staatlichen Entwicklungspolitik ist die Europäische Union der größte Geldgeber für den Raum Lateinamerika/Karibik. 2006 wurde auf Vorschlag Chiles ein EU-Hilfsprogramm für Haiti, das zu den weltweit ärmsten Staaten zählt, beschlossen.
Auf dem 6. EU-Lateinamerika-Gipfel 2010 in Madrid wurde die Gründung einer EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung vereinbart, die im November 2011 ihre Arbeit aufnahm.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Hildegard Willer: Investitions- und anderes Klima. Der EU-Lateinamerika-Gipfel und die Gegenaktivitäten in Lima. In: Ila. Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika. ISSN 0946-5057. Jg. 2008, Heft 316 (Juni 2008), S. 54–55.
- Karsten Bechle: Der VI. Gipfel zwischen EU, Lateinamerika und der Karibik: strategische Partner im Wartestand? In: GIGA Focus, ISSN 1862-3573, Jg. 2010, Nummer 5.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b EU-CELAC summit, Brussels, 10-11 June 2015. In: European Council. 2015, abgerufen am 28. Februar 2024 (englisch).
- ↑ Gipfeltreffen EU-CELAC, 17./18. Juli 2023. Europäischer Rat und Rat der Europäischen Union, abgerufen am 19. Juli 2023.
Weblinks
Bearbeiten- Offizielle Seiten
- Zusammenfassung der Gipfelkonferenzen 1999, 2002 und 2004
- EU-LAC I (1999), Latin America / Caribbean / European Union: First Summit, Declaration of Rio de Janeiro (29-06-1999)
- EU-LAC II (EU-Latin America & the Caribbean Summit 2002), Conclusions
- EU-LAC III (2002), Declaration of Guadalajara (PDF; 174 kB)
- EU-LAK-Gipfel 2004 in Guadalajara, Website der Deutschen Bundesregierung
- Vienna/index.html IV. EU-Lateinamerika-Karibik Gipfel 2006
- Weitere Weblinks