Eberhard Graf von Kalckreuth
Hans Alexander Theobald Eberhard Graf von Kalckreuth (* 21. Oktober 1881 in Nieder-Siegersdorf, Niederschlesien; † 13. September 1941 ebenda[1]) war ein deutscher Rittergutsbesitzer. In der Weimarer Republik war er Präsident des Reichslandbundes.
Leben
BearbeitenEr besuchte das evangelische Realgymnasium in Grünberg. Nach der Schule schlug er die Offizierslaufbahn ein und wurde vier Jahre aktiver Offizier im 2. Garde-Feldartillerie-Regiment, zugehörig der 2. Garde-Feldartillerie-Brigade. Am Ersten Weltkrieg nahm er von 1914 bis 1916/1917 als Batterieführer teil, zuletzt als Hauptmann. Zeitgleich waren dort als Kommandeur Oberstleutnant Armand von Bentivegni, seit 1916 als damaliger Leutnant dessen Sohn Franz Eccard von Bentivegni, sowie die späteren Wehrmachts-Generäle Georg von Prondzynski (1881–1964) und Georg-Thilo von Werthern (1892–1961).[2] Der vormalige unmittelbare Vorgesetzte Hans Willibald Graf Schweinitz (1860–1917) wurde Generalmajor.[3]
Nach dem Krieg übernahm er die Leitung des väterlichen Besitzes. Bald wurde er Vorstandsmitglied des Reichslandbundes, dem er 1924–1928 und 1930–1933 als Präsident vorstand. Im September 1928 wurde er 1. Vorsitzender der Viehzentrale G.m.b.H. Außerdem war er Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank. Am 11. Oktober 1931 nahm er an der Tagung der Harzburger Front teil. Er gehörte zu den Unterzeichnern der Industrielleneingabe an Paul von Hindenburg, die die Reichskanzlerschaft Adolf Hitlers forderte. Im Januar 1933 agitierte er gegen den Kanzler Kurt von Schleicher wegen dessen „Agrarbolschewismus“ und bahnte damit bei Hindenburg den Weg Hitlers an die Macht.[4]
1928 saß Kalckreuth nebenamtlich gemeinsam u. a. mit dem Vorsitzenden Adolf von Harnack, Jacob Goldschmidt als Schatzmeister, Friedrich Glum und Fred Hermann Hagedorn im Kuratorium des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Züchtungsforschung.[5] Nach 1928 wurde Kalckreuth mit seiner Frau Mitglied der Landesabteilung Schlesien[6] der Deutschen Adelsgenossenschaft.
Ende der 1930er Jahre bewirtschafte er von Schloß Nieder-Siegersdorf aus seine zwei Rittergüter, die im Kreis Freystadt lagen. Hauptgut war das Rittergut Freystadt Nieder Siegersdorf I, seit 1680 in Familienhand, Größe 625 ha. Dazu gehörte noch mit 171 ha das Rittergut Ober Zyrus, als Vorwerk zu Nieder Siegersdorf. Den Gutsbetrieb leiteten ein Inspektor, ein Förster, der Brennereiverwalter, der Ziegelmeister und die Sekretärin. Des Weiteren war Graf Kalckreuth Pächter von Nieder Siegersdorf II, 403 ha, mit zwei Vorwerken, welches seit 1815 der Familie Schwerdtfeger gehörte.[7]
Familie
BearbeitenDie Eltern waren der Gutsherr auf Nieder-Siegersdorf Theobald Graf von Kalckreuth (* 28. Juni 1846 in Nieder-Siegersdorf; † 10. März 1926 in Nieder-Siegersdorf) und Elisabeth Schack von Wittenau (* 23. Februar 1851 in Uschütz; † 4. April 1934 in Nieder-Siegersdorf), sie heirateten 1879 in Beuthen.[8] Zum genealogischen Kalckreuth-Haus Nieder-Siegersdorf gehören auch die Generäle Ludwig von Kalckreuth und sein Sohn Richard von Kalckreuth.
Eberhard Graf von Kalckreuth heiratete in Petkus bei Baruth (Mark) am 4. Oktober 1906 Anna von Lochow (* 23. Dezember 1885 in Petkus; † 16. Oktober 1971 in Bad Vilbel),[9] Tochter der Anna von Bülow und des Saatzüchters und Gutsherrn Ferdinand III. von Lochow-Petkus. Das Ehepaar hatte vier Kinder:
- Ingeborg (* 27. August 1908 in Kassel), verh. m. Klaus Haacke († 1945), Gutsbesitzer in Schlabendorf, Kreis Luckau
- Joachim (* 22. März 1915 in Petkus;), Ger. Ass.,[10] Rechtsanwalt, verh. m. Gerti Sassenroth (gesch.)
- Dietrich (* 4. November 1917 in Kasel; † 1986 in Pertuis),[11] Landwirt,[12] verh. m. Margarete von Rohr († 2006),[13] Tochter des Oberst Otto von Rohr u. d. Margarete von Rochow-Stülpe
- Ewald (* 3. Mai 1919 in Kassel; † 27. September 1943 in Krementschug, Sowjetunion), Leutnant d. R.[14]
Genealogie
Bearbeiten- Hans Friedrich von Ehrenkrook, Jürgen Thiedicke von Flotow, Friedrich Wilhelm Euler, Walter von Hueck, Johann Georg von Rappard, Hans-Jürgen von Witzendorff, et al.: Genealogisches Handbuch der Gräflichen Häuser. A (Uradel) 1955. Band II, Band 10 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke Verlag, Glücksburg (Ostsee) 1955, S. 178–179.
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräfliche Häuser. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. Teil A (Uradel). 115. Jahrgang 1942. Druck 27. Oktober 1941, Verlag Justus Perthes, Gotha November 1941, S. 272–273. (Digitalisat)
Werke
Bearbeiten- Ernährung und Schutzzoll, In: Wirtschaftsfragen der Zeit; H. 3, R. Hobbing, Berlin 1926.
Literatur
Bearbeiten- George Wenzel: Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Ein Nachschlagebuch über 13000 Wirtschaftspersönlichkeiten unserer Zeit. Hanseatische Verlags-Anstalt, Hamburg, Berlin, Leipzig 1929, S. 1087.
- Cuno Horkenbach: Das Deutsche Reich von 1918 bis heute. Verlag für Presse, Wirtschaft und Politik, Berlin 1930, S. 518.
- Walter Görlitz: Die Junker. Adel und Bauer im deutschem Osten. Geschichtliche Bilanz von 7 Jahrhunderten., 4. Auflage, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 1981, ISBN 3-7980-0499-4, S. 357, S. 394.
- Volker Köhler: Genossen – Freunde – Junker. Die Mikropolitik personeller Entscheidungen im politischen Handeln der Weimarer Republik. Wallstein, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-4212-5, S. 210., S. 213 f., S. 242.
Weblinks
Bearbeiten- Zeitungsartikel über Eberhard Graf von Kalckreuth in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Dokumentation von Bert Hoppe über Reichslandbund und Hindenburg (PDF; 1,3 MB), In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (45. Jg. 1997 Heft 4)
- Kalckreuth, Eberhard Graf von. Akten der Reichskanzlei, In: Bundesarchiv
- Kalckreuth, Eberhard Graf von. Biogramm., In: Bundesarchiv
- Kalckreuth, Eberhard Graf von., In: Deutsche Biographie
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Walter von Hueck: Genealogisches Handbuch der Gräflichen Häuser 1983. A (Uradel). Band XI, Band 82 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1983, ISBN 3-7980-0782-9, S. 129.
- ↑ Offiziers-Stellenbesetzung(en), 1. April 1915; f. 1. Januar 1916, In: (Oberregierungsrat) Walter Luyken, E. R. Döbrich-Steglitz: Das 2. Garde-Feldartillerie-Remiment im Weltkriege. Nach amtlichen Unterlagen und Berichten von Mitkämpfern. Druck Karl Meyer Leipzig, Verlag Tradion Wilhelm Kolk, Berlin 1929, S. 69 f., S. 121 f.
- ↑ Herrmann A. L. Degener (Hrsg.): Wer Ist`s? Unsere Zeitgenossen. Zeitgenossenlexikon. Biographien nebst Bibliographien. I. Ausgabe, H. A. Ludwig Degener, Leipzig Juli 1905, S. 65.
- ↑ Gotthard Jasper: Die gescheiterte Zähmung. Wege zur Machtergreifung Hitlers 1930-1934. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-518-11270-8, S. 123. Inhaltsverzeichnis
- ↑ Adolf von Harnack (Hrsg.): Handbuch der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Reimar Hobbing, Berlin 1928, S. 210.
- ↑ Anschriftenbuch der Deutschen Adelsgenossenschaft 1940, Landesabteilung Schlesien, Abt. 1, Schlieffen-Verlag, Berlin 1940, S. 285.
- ↑ Güter: 2237, 2268, 2295, In: Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämtlicher Rittergüter sowie der größeren Landgüter der Provinzen Nieder- und Oberschlesien. 15. Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau Juni 1937, S. 350–359. (PDF)
- ↑ Albert Philipp Wilhelm von Kalckreuth: Geschichte derer von Kalckreuth. I. Band: Historisch-Genealogische Beiträge zur Geschichte der Herren, Freiherren und Grafen von Kalckreuth nach Urkunden, Druck und Commissionsverlag von Edmund Stein, Potsdam 1885, S. 204 f. Veröffentlichung 1904.
- ↑ Jost von Lochow: Geschichte des Geschlechts von Lochow. 2. erw. Auflage, Eigenverlag, Wörrstadt 1997, DNB 95324251X, S. 138.
- ↑ Kalckreuth, Dietrich Graf von; 1943 (Akte) Rechtskandidat, In: BLHA, 4A KG Pers 8001/1.
- ↑ Kalckreuth, Dietrich (Graf von)., (Fehlerhaft, Kassel anstatt Kasel), In: Deutsche Biographie 21. Oktober 2024.
- ↑ Marianne Schwerdtfeger (jetzt von Simson), Dietrich Graf Kalckreuth: Vor 50 Jahren. Aufbruch von Nieder-Siegersdorf, aufgeschrieben im Herbst 1945, ab 19. April 1945, Und: Treckbericht. Von Schlabendorf (Niederlausitz) bis Derneburg Kreis Hildesheim, aufgeschrieben im Frühjahr 1946, Hrsg. Heimatbund Kreis Freystadt, Selbstverlag, Minden 1995.
- ↑ Margarete von Rohr von Kalckreuth. Geburt 4. Juni 1916; Tod 6. April 2006 (im Alter von 89). Bestattung Hauptfriedhof Karlsruhe, In: Find a Grave, Hrsg. Anc. Dublin 21. Oktober 2024.
- ↑ 223. Inf. - Div., In: Matthias Graf v. Schmettow, Ingrid Gräfin v. Schmettow (Hrsg.): Gedenkbuch des deutschen Adels, (Hauptband), In: Aus dem Deutschen Adelsarchiv, 3, C. A. Starke, Limburg (Lahn), 1967, ISBN 3-7980-0698-9, S. 156.
Personendaten | |
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NAME | Kalckreuth, Eberhard Graf von |
ALTERNATIVNAMEN | Kalckreuth, Hans Alexander Theobald Eberhard Graf von (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Rittergutsbesitzer und Präsident des Reichslandbundes |
GEBURTSDATUM | 21. Oktober 1881 |
GEBURTSORT | Nieder-Siegersdorf, Niederschlesien |
STERBEDATUM | 13. September 1941 |
STERBEORT | Nieder-Siegersdorf, Niederschlesien |