Ernestinenschule
Die Ernestinenschule zu Lübeck ist ein Gymnasium in der Lübecker Altstadt.
Ernestinenschule | |
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Ernestinenschule um 1905 | |
Schulform | Gymnasium |
Gründung | 1804 |
Adresse | Kleine Burgstraße 24–26 |
Ort | Lübeck |
Land | Schleswig-Holstein |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 53° 52′ 19″ N, 10° 41′ 19″ O |
Schüler | 696 in 29 Klassen[1] |
Lehrkräfte | 67 |
Website | www.ernestinenschule.de |
Geschichte
BearbeitenDie Schule wurde am 20. März 1804 als Lehranstalt für Töchter („die weibliche Jugend, das weibliche Geschlecht“) der „mittleren Bürgerklasse“ durch den Prediger Hermann Friedrich Behn, den Hauptpastor an St. Marien Bernhard Heinrich von der Hude und drei weitere „angesehene Bürger“, darunter der namensgebende Stifter Ernst Hermann Kurtzhals, gegründet. Am 3. Juli begann sie mit dem Unterricht, der im ehemaligen, seit Johann Adolph Schinmeiers Tod leerstehenden Amtssitz der Superintendenten im Innenhof der Wehde in der Mengstraße stattfand. Von 1804 bis 1900 war die Schule eine privat betriebene Einrichtung, die seit 1830 den Namen „Ernestinenschule“ trägt.[2] Im April 1900 ging die zehnklassige Höhere Mädchenschule an den Staat Freie und Hansestadt Lübeck über und erhielt vier Jahre später durch den Baudirektor Johannes Baltzer das repräsentative Gebäude in der Kleinen Burgstraße 24–26, das die Stadt Lübeck noch heute besitzt und betreibt. 1902 wurde der Schule ein staatliches Seminar für Lehrerinnen an mittleren und höheren Mädchenschulen angegliedert und von dem Oberlehrer Albin Möbusz unter dem Direktor Paul Hoffmann geleitet. Bis dahin hatten Lübecker Lehrerinnen ihre Ausbildung am Roquetteschen privaten Lehrerinnenseminar erhalten. 1919 wurde das Seminar an der Ernestinenschule aufgelöst und eine realgymnasiale Studienanstalt eingerichtet. Seit 1981/1982 die Koedukation eingeführt wurde, trägt sie die Bezeichnung Gymnasium für Mädchen und Jungen der Hansestadt Lübeck. Hinter Treppengiebeln der Renaissance von Brauhäusern aus dem 16. Jahrhundert (zuletzt genutzt bis 1972 durch die Brauerei Hans Wilcken) entstand 1981 im Rahmen der Altstadtsanierung mit Städtebauförderungsmitteln der Turnhallenneubau der Ernestinenschule auf den Grundstücken Engelswisch 15–21 als Voraussetzung der Koedukation.
Heute besuchen 800 Mädchen und Jungen das Gymnasium in der Lübecker Altstadt; 67 Lehrkräfte unterrichten sie (Stand: März 2019). Im benachbarten denkmalgeschützten backsteingotischen Kranen-Konvent ist seit 2013 die neue Mensa der Schule und die Orientierungsstufe untergebracht.
Seit 2013 ist die Ernestinenschule erfolgreiche Jugend debattiert Schule. Im März 2019 gewann eine Schülerin der Ernestinenschule erstmals den Jugend debattiert Landeswettbewerb Schleswig-Holstein[3] im Landeshaus Kiel.
Seit Januar 2015 ist die Ernestinenschule Europaschule.
Im Jahr 2019 etablierte die Ernestinenschule eine Schulpartnerschaft mit der mosambikanischen Schule Josina Machel in Gondola.
Die Ernestinenschule ist im Juni 2024 zur Schule des Jahres 2024 in Schleswig-Holstein gekürt worden.[4]
Persönlichkeiten
BearbeitenSchüler
Bearbeiten- Luise Reuter, geb. Kuntze (1817–1894), 1834/35 Schülerin der Ernestinenschule, später Ehefrau von Fritz Reuter
- Isa Vermehren (1918–2009), Kabarettistin, Schauspielerin, Ordensschwester (1933 von der Schule verwiesen)
- Pauline Roquette (* 25. Dezember 1828; † unbekannt), Lehrerin an der Töchterschule ihrer Schwestern[5]
- Clara Roquette (* 18. Januar 1836; † unbekannt), 1871 Gründerin einer Töchterschule in der Burgstraße 611 (jetzt 25), 1877 Gründerin eines Lehrerinnenseminars mit der Schwester Amélie
- Amélie Roquette (* 25. Januar 1844; † 6. Juli 1918), 1877 Gründerin des Roquetteschen privaten Lehrerinnenseminars zusammen mit ihrer Schwester Clara
- Esther Adler, verheiratete Carlebach (1853–1920), Rabbiner-Ehefrau, Schriftstellerin, Mutter von zwölf Kindern
- Emma Grünfeldt (* 8. September 1880 in Wismar, am 6. Dezember 1941 deportiert ins Lager Jungfernhof bei Riga), Lehrerin an der späteren Kahlhorstschule[6]
- Charlotte Landau, geborene Mühsam (1881–1972), Bürgerschaftsabgeordnete (1919–1921) der DDP, Frauenrechtlerin[7]
- Anna Dräger-Mühlenpfordt (1887–1984), Malerin, verheiratet mit Carl Mühlenpfordt[8]
- Luise Klinsmann (1896–1964), Politikerin, erste Senatorin Lübecks[9]
- Antje Kosegarten, (* 1932), Kunsthistorikerin
- Gabriele Schopenhauer (* 1951), Lehrerin, Stadtpräsidentin von Lübeck
- Kristo Šagor (* 1976), Theaterautor und Regisseur (Abitur)
- Yvonne Struck (* 1976), Schriftstellerin
- Constanze Becker (* 1978), Schauspielerin
- Marie-Luise Bram (* 1981), Journalistin und Fernsehmoderatorin
- Tim Klüssendorf (* 1991), Bundestagsabgeordneter (SPD)
- Felix von der Laden (* 1994), Let’s Player und Vlogger auf dem Videoportal YouTube
Lehrer
Bearbeiten- Hermann Jimmerthal (1809–1886), Organist und Komponist (Lehrer ab 1834)
- Carl Friedrich Wehrmann, Direktor von 1834 bis 1854
- Wilhelm Deecke, Direktor von 1855 bis 1870
- Esther Carlebach geborene Adler (1853–1920) unterrichtete als 16-Jährige ab 1869, insgesamt drei Jahre bis 1872[10]
- Cornelia Schorer (1863–1939), eine der ersten promovierten Ärztinnen Deutschlands, unterrichtete von 1882 bis 1884 Deutsch und Französisch
- Otto Anthes (1867–1954), von 1903 bis 1926
- Paul Carrière (1887–1929), Musikpädagoge
- Herbert Bellmer (1895–1950), Schulleiter von 1940 bis 1945
- Bruno Grusnick (1900–1992), Musikwissenschaftler und Kirchenmusiker (Studienrat ab 1928)
- Rolf Saltzwedel (1928–2016), Heimathistoriker und -publizist (Direktor von 1976 bis 1990)
Literatur
Bearbeiten- Heinrich Christian Zietz: Ansichten der freien Hansestadt Lübeck und ihrer Umgebungen. Mit 16 Kupferstichen. Friedrich Wilmans, Frankfurt am Main 1822 (Nachdruck Lübeck 1978), S. 285 ff.
- 150 Jahre Ernestinenschule zu Lübeck. Lübeck 1954
- Ernestinenschule zu Lübeck. Lübeck 1970
- 175 Jahre Ernestinenschule zu Lübeck. hg. v. Rolf Saltzwedel. Lübeck 1979
- Peter Guttkuhn: Lübecks Mädchengymnasium feiert: 175 Jahre Ernestinenschule zu Lübeck. In: Vaterstädtische Blätter, 30. Jg. (1979), Seite 39.
- Peter Guttkuhn: Die Lübecker Geschwister Grünfeldt. Vom Leben, Leiden und Sterben „nichtarischer“ Christinnen. Lübeck 2001, ISBN 978-3-7950-0772-0.
- 200 Jahre Ernestinenschule. Von der Lehranstalt für Töchter zum Gymnasium für Mädchen und Jungen. Lübeck 2004, ISBN 3-00-013239-2.
- Peter Guttkuhn: Eine Lehranstalt für die „mittlere Bürgerklasse“. Ernestinenschule feiert 200-jähriges Bestehen ab 1. Juni mit einer Festwoche. In: Lübeckische Blätter, 2004, Seite 313–316.
- Peter Guttkuhn: Ernestinenschule zu Lübeck. Von der Lehranstalt für die „mittlere Bürgerklasse“ zum Gymnasium für Mädchen und Jungen. www.hier-luebeck.de Interaktives Online-Magazin für Lübeck, 14. September 2008, abgerufen am 28. Dezember 2012.
- Christine Lipp: Frauen in der Lübecker Geschichte. Frauenbüro der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 2005
- Der Neubau der Ernestinenschule in Lübeck. In Zentralblatt der Bauverwaltung, 26. Jahrgang, Nr. 5 (13. Januar 1906), S. 27–31.
- Der Neubau der Ernestinenschule in Lübeck. In Zentralblatt der Bauverwaltung, 26. Jahrgang, Nr. 7 (20. Januar 1906), S. 46–49.
- Jörg Fligge: Lübecker Schulen im „Dritten Reich“: eine Studie zum Bildungswesen in der NS-Zeit im Kontext der Entwicklung im Reichsgebiet, Schmidt-Römhild, Lübeck 2014, S. 628 ff.
Weblinks
BearbeitenFußnoten und Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein: Verzeichnis der allgemeinbildenden Schulen in Schleswig-Holstein 2017/2018
- ↑ Um 1820 hatte Lübeck neben den öffentlichen Schulen 50 Privat-Institute, davon wurden 44 Schulen von Frauen geleitet. Die bekannteste Schulleiterin der Zeit war Margaretha Elisabeth Jenisch. Die Gesamtschülerzahl in Lübeck belief sich auf 4.000 (Ohne die Schüler des Gymnasiums Katharineum). Nach Heinrich Christian Zietz: Ansichten der freien Hansestadt Lübeck und ihrer Umgebungen. Mit 16 Kupferstichen. Friedrich Wilmans, Frankfurt am Main 1822 (Nachdruck Lübeck 1978), S. 286.
- ↑ Mit Überzeugungskraft nach Berlin. Abgerufen am 1. April 2019.
- ↑ NDR: Ernestinenschule zu Lübeck ist Schule des Jahres. Abgerufen am 7. Juni 2024.
- ↑ Christine Lipp: Frauen in der Lübecker Geschichte. Frauenbüro der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 2005, S. 24–25.
- ↑ Christine Lipp: Frauen in der Lübecker Geschichte. Frauenbüro der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 2005, S. 42–43.
- ↑ Albrecht Schreiber: Wegweiser durch die Geschichte der Juden in Moisling und Lübeck Lübecker Nachrichten GmbH, Lübeck 1984, Seiten 67 und 68
- ↑ Christine Lipp: Frauen in der Lübecker Geschichte. Frauenbüro der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 2005, S. 46–47.
- ↑ Christine Lipp: Frauen in der Lübecker Geschichte. Frauenbüro der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 2005, S. 52–53.
- ↑ Christine Lipp: Frauen in der Lübecker Geschichte. Frauenbüro der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 2005, S. 28–29.