Erzgebirgisch

indogermanische Sprache

Erzgebirgisch (erzgebirgisch: Arzgebirgsch[1]) ist ein deutscher Dialekt, der heute noch im oberen westlichen Teil des Erzgebirges, aber auch in einem sehr kleinen Teil des Oberharzes in Niedersachsen gesprochen wird (Oberharzisch). Er ist bisher nur wenig sprachwissenschaftlich erforscht. Der von den Sprechern als eigenständig wahrgenommene Dialekt wird in der Dialektologie dem Ostmitteldeutschen zugeordnet.[2] Da eine der Grenzen der Verschiebung von anlautendem germ. p jedoch zwischen dem Erzgebirgischen und dem Meißenischen verläuft (etwa erzgebirgisch Pfund gegenüber meißenisch Fund ‚Pfund‘), wird ersteres vereinzelt auch dem oberdeutschen Ostfränkischen zugerechnet.[3]

Erzgebirgisch

Gesprochen in

Deutschland (Sachsen, Niedersachsen), bis 1946 auch Tschechoslowakei (Nordwestböhmen)
Sprecher ca. 500.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in keinem Land

Aufgrund der immer stärkeren Vermischung mit dem Obersächsischen, der Abwanderung großer Bevölkerungsteile und der damit verbundenen Abkehr dieser vom Erzgebirgischen, insbesondere seit 1989, verringert sich die Sprecheranzahl zusehends.

Verbreitungsgebiet und Geschichte

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Verbreitungsgebiet
 
Verbreitung des Erzgebirgischen und der Nachbardialekte in Sachsen nach Gunter Bergmann 1986

Das Erzgebirgische umfasst drei Gruppen: Westerzgebirgisch, Osterzgebirgisch und Vorerzgebirgisch. Bauern aus dem mainfränkischen Raum siedelten sich seit Mitte des 12. Jahrhunderts im Erzgebirge an und brachten ihren Dialekt mit, der dem Westerzgebirgischen zugrunde liegt. Bei den anderen beiden Gruppen handelt es sich um Mischformen mit dem Obersächsischen.

Das Erzgebirgische wird heute hauptsächlich im Erzgebirgskreis gesprochen, daneben im Süden des Landkreises Mittelsachsen, im Südosten des Landkreises Zwickau sowie in Lichtenstein. Eine weitere Sprechergemeinschaft findet sich im Oberharz in der Region von Clausthal-Zellerfeld (Niedersachsen); die Vorfahren letztgenannter waren Bergleute, die im 16. Jahrhundert aus dem Erzgebirge dorthin auswanderten.

Noch 1929 wurde Erzgebirgisch auch in anderen Teilen der heutigen Landkreise Mittelsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie in Chemnitz und Zwickau gesprochen.

Bis 1945 war das Erzgebirgische auch im angrenzenden Böhmen beheimatet. Zu nennen ist vor allem die Region Kaaden-Duppau, in deren Mundart eine Sammlung von erzgebirgischen Wörtern, Redensarten und Anekdoten veröffentlicht wurde (siehe Literatur). Die Verteilung der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus der damaligen Tschechoslowakei vertriebenen Deutschböhmen auf ganz Deutschland beschränkte jedoch in der Folge den Gebrauch der Mundart großteils auf die eigene Familie.

Trotz zahlloser in Mundart verfasster Kurzgeschichten, Gedichte und Lieder ist bisher keine Norm der Verschriftlichung des Erzgebirgischen allgemein anerkannt; die 1937 vom sächsischen Heimatverein aufgestellten Richtlinien werden seitens der Autoren kaum berücksichtigt. Eine linguistische Analyse dieser Mundart basiert daher hauptsächlich auf Feldforschung. Fehleinordnung des Erzgebirgischen als ländliche Variante des Sächsischen (vgl. hierzu z. B. in Ethnologue) behindern Pflege und Erhalt des Dialekts ebenfalls.

Gelegentlich wird das Werk des Volksdichters und Sängers Anton Günther (1876–1937) als sprachlicher Maßstab des Dialekts angesehen.

Sprachverwandtschaft mit oberdeutschen Dialekten

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Die Gemeinsamkeiten mit den oberdeutschen Dialekten sind im Erzgebirgischen an der klaren Tendenz zu erkennen, das deutsche Verbpräfix er- durch andere Präfixe (der- (im Erzgebirgischen und im Bairischen) oder ver- (im Bairischen und Schwäbischen)) zu ersetzen (z. B. westerzgeb. derschloong [tɔɰʃloːŋ] ‚erschlagen‘, derzeeln [tɔɰtseːln] ‚erzählen‘).

Auch der Gebrauch der Partikel fei [faɪ] – typisch für Ostfränkisch und Bairisch – ist auch im Erzgebirgischen weit verbreitet.

Weiterhin ist auch im Ostfränkischen und Bairischen die Lautentsprechung des deutschen [o/ɔ] zu dialektalem [u/ʊ] (z. B. westerzgeb. huus [huːs] ‚Hose‘), sowie die starke o-Färbung des deutschen [a] (z. B. westerzgeb. hoos [hoːs] ‚Hase‘) zu finden.

Ein weiterer Punkt ist der Verlust von silbenschließendem [n] nach langen Vokalen, der im Erzgebirgischen weit verbreitet auftritt (z. B. lichtensteinisch Huuschdee [huːʂʈeː] ‚Hohenstein‘ – gemeint ist die Stadt Hohenstein-Ernstthal, in der übrigens nicht Erzgebirgisch, sondern ein meißnischer Dialekt gesprochen wird). Selten tritt dieses Phänomen in einsilbigen kurzvokalischen Wörtern auf, bei denen dann der Vokal gelängt wird (z. B. màà [mʌː] ‚Mann‘).

Auch die vor allem im lichtensteinischen oft praktizierte Auslassung des Schwa (​[⁠ə⁠]​) (geschrieben e) und (seltener) auch des ​/⁠ɪ⁠/​ (kurzes i) ist typisch im Oberdeutschen (z. B. lichtenst. Reedlz [ɣeːtˡl̩ts] ‚Rödlitz‘ (der Ort Rödlitz wurde in den 1990er-Jahren nach Lichtenstein eingemeindet)).

Die folgende Tabelle verdeutlicht die Ähnlichkeit des Erzgebirgischen zu den übrigen oberdeutschen Dialekten. Zur Kontrolle wird das Osterländische mit aufgelistet. X steht dafür, dass das entsprechende Merkmal in den meisten Unterdialekten vorhanden ist. x bedeutet, dass es nur in Randgebieten auftritt.

Merkmal Erzgebirgisch Ostfränkisch Bairisch-Österreichisch Alemannisch Osterländisch
Ersetzung von er- durch der-/ver- X X der-/ver- ver-
fei X X X
o/u-Entsprechung X X X
n-Tilgung X X X X
Schwa-Tilgung X X X X x
Zusammenfall von ch und sch x X

Unterdialekte

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In der Literatur wird grundsätzlich zwischen West- und Osterzgebirgisch unterschieden. Der Unterschied zwischen den beiden Unterdialekten ist beträchtlich, die Grenzen sind jedoch fließend. Während dem Westerzgebirgischen noch ein bemerkbarer Einfluss durch das Oberfränkische zugeschrieben wird, sind im Osterzgebirgischen vor allem meißenische Elemente zu finden. Im Wesentlichen wird auf die großen Unterschiede zwischen Ost- und Westerzgebirgisch und die zahlreichen Übereinstimmungen zwischen Westerzgebirgisch, Vogtländisch und Ostfränkisch hingewiesen. Besonders an den Grenzen zum meißnischen Sprachraum sind die Übergänge fließend, was mancherorts eine eindeutige Zuordnung zum Erzgebirgischen oder zum sogenannten „Sächsischen“ unmöglich macht.

Der Dialekt der erzgebirgischen Sprachkolonie im Oberharz entwickelte sich seit der Besiedlung relativ eigenständig. Es wird angenommen, dass er sich bezüglich der Lautlehre seit Anfang des 17. Jahrhunderts nicht weiter verändert hat, im Gegensatz zu Flexionslehre und Wortschatz, welche vor allem den nordthüringischen Einflüssen unterworfen waren. Bedingt durch die Besiedlungsgeschichte ist das Oberharzische durch eine weitgehende Übereinstimmung mit dem Westerzgebirgischen geprägt, während sich osterzgebirgische Spracheinflüsse nur im geringen Umfang durchsetzen konnten.

Zum Beispiel verwendet der osterzgebirgische Dialekt (wie auch der meißnische) das Wort ni(ch) [nɪ(ç)] als Negation, wogegen im Westerzgebirgischen nèt [nɛt] gebraucht wird. Wegen der fehlenden Sprachgrenze findet man in manchen Gegenden beide Versionen nebeneinander, vor allem an der Grenze von Ost- zum Westerzgebirgischen oder zum Meißnischen.

Ein weiterer Beleg für die Verwandtschaft des meißnischen und des osterzgebirgischen Dialektes kann auch in der Abwandlung des standarddeutschen kl… und gl… bzw. kn… und gn… am Wortanfang in [tl…] resp. [tn…] gesehen werden (z. B. dlee [tˡleː] ‚klein‘, dnuchng [tⁿnʊxŋ̍] ‚Knochen‘).

Zusammenfassend lassen sich also vier Dialekte feststellen:

Dialekt Verbreitungsgebiet
heute
Frühere zusätzliche Gebiete
Mittelerzgebirgisch (westlicher osterzgebirgischer Dialekt) ehemaliger Mittlerer Erzgebirgskreis mit den Städten Olbernhau und Marienberg sowie im ehemaligen Landkreis Annaberg (Nordhälfte) Sudetenland (Weipert, Brandau, Kallich und in benachbarten Orten)
Westerzgebirgisch ehemalige Landkreise Aue-Schwarzenberg, Annaberg (Südhälfte) Sudetenland (Dreieck von Graslitz über Schlackenwerth bis Preßnitz)
Osterzgebirgisch ehemalige Landkreise Dippoldiswalde, Mittweida (Westen, Süden), Freiberg (Nordwesten, Süden) Sudetenland (um St. Katharinaberg)
Nordwesterzgebirgisch
(auch „Vorerzgebirgisch“)
ehemalige Landkreise Chemnitzer Land (Region Lichtenstein), Stollberg, Zwickau
Oberharzisch Region Clausthal-Zellerfeld und St. Andreasberg (Niedersachsen)

Grammatik – Phonologie

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Wie erwähnt, existiert keine einheitliche Rechtschreibung. Um die Sprachdaten in diesem Artikel trotzdem nahe an ihrer tatsächlichen Aussprache niederzuschreiben, muss eine Konvention gefunden werden.

Konsonanten

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Die Schreibung der Konsonanten folgt weitgehend den im Bairischen üblichen Notationen. In der folgenden Tabelle werden die in den wichtigsten erzgebirgischen Mundarten vorkommenden Sprachlaute als IPA-Zeichen dargestellt. Dahinter findet sich die Schreibung für den entsprechenden Laut, die in diesem Artikel angewendet wird, sofern sie sich vom IPA-Zeichen unterscheidet.

bilabial labio-
dental
alveolar post-
alveolar
retroflex palatal velar uvular glottal
stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth.
Asp. Plosive (k)
Nicht-asp. Plosive p (b) t (d) k (g)
Affrikaten pf ts (z) (tsch) ʈʂ (tsch)
Frikative f v (w) s ʃ (sch) ʂ (sch) ç (ch) x (ch) ɣ (r) χ (ch) h
Nasale m n ŋ (ng)
laterale Approximanten l
zentrale Approximanten j ɰ (r)

In keinem Unterdialekt kommen die postalveolaren (​[⁠⁠]​, ​[⁠ʃ⁠]​) und die retroflexen (​[⁠ʈʂ⁠]​, ​[⁠ʂ⁠]​) Laute im Kontrast vor, d. h. jeder Unterdialekt hat nur postalveolare oder nur retroflexe Laute.

Die Unterscheidung zwischen [ʂ/ʃ] und ​[⁠ç⁠]​ ist vor allem im Nordwestdialekt nicht gegeben, hier kommt nur ​[⁠ʂ⁠]​ vor, das jedoch trotzdem je nach Herkunft als /sch/ oder /ch/ geschrieben wird.

Die stimmlosen unaspirierten Plosive (b, d, g) neigen vor allem zwischen Nasalen (m, n, ng) und Vokalen dazu, stimmhaft zu werden. Dies ist jedoch nur eine Tendenz und wird in der Schreibung nicht ausgedrückt.

Eine wichtige und für Erzgebirgisch typische Lautveränderung betrifft das r. Folgt ihm einer der Laute k, g, ch oder ng (das sind die velaren Konsonanten), so wird zwischen den beiden Lauten ein [j] eingeschoben. So wird zum Beispiel Baarg (dt. „Berg“) [paːɰjk] gesprochen. Das [j] wird nicht geschrieben, da sein Auftreten vollständig vorhersagbar ist.

Der velare Zentralapproximant (​[⁠ɰ⁠]​) wird meistens als Velarisierung des davorstehenden Vokals realisiert. In den IPA-Transkriptionen in diesem Artikel wird konsequent ​[⁠ɰ⁠]​ verwendet.

Die hier vorgeschlagene Schreibung der Vokale basiert teilweise auf der offiziellen Orthografie des Schweizerdeutschen, teilweise auf der des Bairischen. Hinter dem IPA-Zeichen folgt die Schreibung des entsprechenden Vokals, falls diese sich unterscheiden.

vorne fast
vorne
zentral fast
hinten
hinten
ung. ger. ung. ger. ung. ger. ung. ger. ung. ger.
geschlossen i u
fast geschlossen ɪ (i) ʊ (u)
halbgeschlossen e o
mittel ə (e)
halboffen ɛ (è) ʌ (à) ɔ (e/o)
fast offen æ (a)
offen a

Alle Unterdialekte haben entweder ​[⁠a⁠]​ oder ​[⁠æ⁠]​, nie beide. Steht ein Schwa vor einem r in der gleichen Silbe, so wird es als ​[⁠ɔ⁠]​ gesprochen, aber weiterhin als e geschrieben.

Die hinteren hohen Vokale ([u/ʊ]) sind oft tendenziell ungerundet.

Länge wird durch Doppeltschreibung des betreffenden Vokals oder Konsonanten ausgedrückt. Es gibt die Langvokale ii, ee, èè, aa, uu, oo und àà.

Neben diesen allgemeinen orthographischen und phonetischen Regeln ist zu beachten, dass die Vokale (außer a und Schwa) deutlich zentralisiert gesprochen werden, d. h. die hinteren Vokale à, o, u werden weiter vorn gesprochen als im Deutschen, die vorderen Vokale ee, è und i werden weiter hinten gesprochen, als es im Deutschen der Fall ist.

Kurze Vokale, die vor einer betonten Silbe stehen, werden in der Aussprache zu Schwa reduziert (z. B. gremàdig [kxəˈmʌtɪk] ‚Grammatik‘).

Steht in einer Silbe ein kurzer Vokal vor einem r, so wird der Vokal oft lang ausgesprochen (z. B. Aarzgebèèrgsch).

In den Mundarten, die in höheren Lagen gesprochen werden, wird àà oft als oo gesprochen. Die Aussprache als àà ist jedoch vor allem in geschlossenen Silben, also solchen, in denen dem Vokal ein oder mehrere Konsonanten folgen, der Normalfall. Da im angrenzenden Sächsischen in den entsprechenden Wörtern auch àà gesprochen wird, ist die Übergeneralisierung in den ans Sächsische angrenzenden Dialekten wohl ein Phänomen des Sprachkontakts.

Betonung

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Wie im Deutschen variiert die Betonung je nach Herkunft des Wortes. Im Erzgebirgischen ist dabei deutlicher die Tendenz zu erkennen, auch bei Fremdwörtern französischer Herkunft die Betonung auf die erste Silbe zu legen (z. B. biro [ˈpiːɣo] ‚Büro‘). Zumeist verbleibt bei französischen Lehnwörtern jedoch der Akzent auf der letzten Silbe (z. B. dridewààr [txɪtəˈvʌːɰ] ‚Gehsteig‘ (von frz. trottoir)). Bei Fremdwörtern lateinischer oder griechischer Abstammung liegt der Akzent entweder auf der vorletzten oder auf der drittletzten Silbe (z. B. gremàdig [kxəˈmʌtɪk] ‚Grammatik‘).

Grammatik – Morphologie

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Das Substantiv

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Grammatisches Geschlecht

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Es werden drei grammatische Geschlechter unterschieden. Gemäß der traditionellen germanistischen Grammatiktheorie werden sie maskulin/männlich, feminin/weiblich und neutral/sächlich genannt.

Die folgende Tabelle enthält einige Beispiele. Die Zuordnung zu einem Geschlecht entspricht in der Regel der des Standarddeutschen.

Geschlecht Wörter Übersetzung (Geschlecht im Dt.)
männlich moo, màà Mann (m.)
gung Junge (m.)
baam Baum (m.)
weiblich fraa Frau (w.)
sub Suppe (w.)
dàsch Tasche (w.)
sächlich kind Kind (s.)
maadl Mädchen (s.)
dridewààr Trottoir (s.) / Gehsteig (m.)
dunnl Tunnel (m./s.)

Bildung der Fälle

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Anders als das Hochdeutsche kennt das Erzgebirgische keinen produktiven Genitiv mehr. Soll ein Besitzverhältnis (das A des B) ausgedrückt werden, müssen andere Konstruktionen verwendet werden. Ist der Besitzer menschlich, oder zumindest belebt, so wird zumeist eine Struktur mit Dativ und Possessivpronomen bevorzugt: (dem B sein A). In den übrigen Fällen kann man nur mit der Präposition f(u)n (dt. „von“) arbeiten: (das A von B). Bei nicht-abstrakten Possessoren bildet man auch oft Komposita, wie dt. Haustür für Tür des Hauses.

Beispiele (Nordwestdialekt):

(1) n’Hàns seine hitsch
dem Hans seine Fußbank
„die Fußbank von Hans“
(2) de fansder fun den haus
die Fenster von dem Haus
„die Fenster des Hauses“

Am Substantiv selbst kann nur der Dativ im Plural ausgedrückt werden. Dies geschieht mit einem Suffix -n, das mit verschiedenen Konsonanten verschmelzen kann und das bei Substantiven, die bereits ihre Mehrzahl mit -n bilden, entfällt. Nominativ und Akkusativ sowie der Dativ in der Einzahl sind endungslos. Jedoch kann oft an Artikeln, Adjektiven und Possessivpronomen der Fall eindeutig bestimmt werden. Auch Personalpronomen bilden zumeist für jeden der drei Fälle eigene Formen.

Die folgende Tabelle zeigt einige Paradigmen erzgebirgischer Substantive mit einem bestimmten Artikel.

Fall/Zahl dt. Baum dt. Tasche dt. Kind
Nominativ Singular der baam de dàsch s kind
Dativ Singular n baam der dàsch n kind
Akkusativ Singular n baam de dàsch s kind
Nominativ Plural de beeme de dàschn de kinner
Dativ Plural n beemm n dàschn n kinnern
Akkusativ Plural de beeme de dàschn de kinner

Bildung der Mehrzahl

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Wie im Hochdeutschen gibt es viele verschiedene Formen der Mehrzahlbildung. Verschiedene Endungen wie -e, -er, -n und -s kommen ebenso zum Einsatz wie eine Ablautbildung, das heißt eine Änderung des Stammvokals. Einige der Endungen gehen mit einer Umlautbildung einher.

Einige Substantive bilden im Erzgebirgischen ihren Plural anders als im Deutschen. So verwendet man meistens die Endung -n (ohne Umlautbildung), um Nomen auf -(e)l in den Plural zu setzen. Aber auch andere Wörter unterscheiden sich in der Wahl ihrer Pluralendung.

Beispiele (Nordwestdialekt):

Singular (Erzg.) Singular (Dt.) Plural (Erzg.) Plural (Dt.)
beer Beere beer Beeren
fuuchl Vogel fuuchl-n Vögel
gaar Jahr gaar Jahre
nààchl Nagel nààchl-n Nägel
naal (Westerzg.) Nagel neel Nägel
maadl Mädchen maadl-n Mädchen
mààd (Westerzg.) Mädchen meed oder máád Mädchen
màst Mast masd-e (neben mosd-n) Masten
kind Kind kin-er Kinder
bàrg Park bààrg-s Parks
fuus Fuß fiis Füße
wààng Wagen weeng(-e) Wagen
is schoof Schaf de scheef Schafe

Der Artikel

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Das Erzgebirgische unterscheidet drei Arten von Artikeln. Die emphatischen (betonten) definiten (bestimmten) Artikel werden verwendet, um auf ein oder mehrere bestimmte Individuen hinzuweisen. Im Deutschen werden hierfür die Demonstrativpronomen „dies-“ bzw. „jen-“ verwendet. Die unbetonten bestimmten Artikel entsprechen in ihrer Bedeutung fast jenen im Deutschen. In der Einzahl kommen wie im Deutschen außerdem indefinite (unbestimmte) Artikel zur Anwendung. Anders als im Deutschen werden für männliche Personennamen im Dativ und Akkusativ obligatorisch die unbestimmten Artikel verwendet, für alle anderen Personennamen jedoch die unbetonten bestimmten. Alle Artikel kongruieren in Kasus, Numerus und Genus mit ihrem Bezugswort. Die betonten bestimmten Artikel können auch ohne Bezugswort vorkommen und können dann die nur sehr selten gebrauchten Personalpronomen der dritten Person ersetzen.

Wie das Deutsche verwendet auch das Erzgebirgische Negativ-Artikel („kein-“). Sie ähneln den unbestimmten Artikeln jedoch nicht so sehr, wie das im Deutschen der Fall ist.

Die Formen der Artikel lauten im Nordwestdialekt wie folgt:

Form männlich weiblich sächlich
unbestimmte Artikel
Nominativ Singular e ne e
Dativ Singular n ner n
Akkusativ Singular n ne e
unbetonte bestimmte Artikel
Nominativ Singular der de s
Dativ Singular (de)n der (de)n
Akkusativ Singular (de)n de s
Nominativ Plural de
Dativ Plural n
Akkusativ Plural de
betonte bestimmte Artikel
Nominativ Singular daar dii dàs
Dativ Singular daan/dèèn daar daan/dèèn
Akkusativ Singular daan/dèèn dii dàs
Nominativ Plural dii
Dativ Plural daann/dèènn
Akkusativ Plural dii
negative Artikel
Nominativ Singular kee keene kee
Dativ Singular keen keener keen
Akkusativ Singular keen keene kee
Nominativ Plural keene
Dativ Plural keenn
Akkusativ Plural keene

Der Artikel n passt sich davorstehenden Konsonanten in der Aussprachestelle an. Nach p, pf, f, w und m verändert er sich zu m, nach k, g, ch (wenn als [x] oder [χ] gesprochen) und ng lautet er ng.

Beispiele:

(3) S kind hàd s n Hàns gesààd
[skʰɪnt] [hʌtsn̩] [hʌns] [kəsʌːt]
Das Kind hat es dem Hans gesagt.
(4) Der Hàns hàd dàs buuch ng màà gaam
[tɔɰ] [hʌns] [hʌt] [tʌs] [puːxŋ̍] [mʌː] [kæːm]
Der Hans hat dieses Buch einem Mann gegeben.
(5) E schiins dleedl hàd dii àà
​[⁠ə⁠]​ [ʂiːns] [tˡleːtˡl̩] [hʌt] [tiː] [ʌː]
Ein schönes Kleidchen hat sie/diese an.
(6) Ch hàb m kinern kee gald gaam
[ʂhʌpm̩] [kʰɪnɔɰn] [kʰeː] [kælt] [kæːm]
Ich habe den Kindern kein Geld gegeben.

Das Pronomen

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Personalpronomen

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Wie bei den bestimmten Artikeln werden auch bei den Personalpronomen betonte und unbetonte Formen unterschieden. Die betonten Formen werden verwendet, wenn der betreffende Handlungsteilnehmer besonders hervorgehoben werden soll. Phonologisch sind die betonten Pronomen eigenständige Wörter, wogegen die unbetonten Formen meist nur aus einem einzelnen Konsonanten oder Vokal bestehen. Für die dritte Person gibt es keine betonte Form, stattdessen müssen die betonten Formen des bestimmten Artikels verwendet werden. Dies erscheint für Außenstehende oft unhöflich. Anders als bei Substantiven werden bei den Personalpronomen die Fälle sowohl im Singular als auch im Plural noch unterschieden. Sie lauten:

Person/Zahl/Genus Nominativ Dativ Akkusativ
betonte Personalpronomen
1. Person Singular iich miir miich
2. Person Singular duu diir diich
3. Person Singular männl. daar daan/dèèn dann/dèèn
3. Person Singular weibl. dii daar dii
3. Person Singular sächl. dàs daan/dèèn dàs
1. Person Plural miir uns uns
2. Person Plural iir eich eich
3. Person Plural dii daann/dèènn dii
Höflichkeitsform sii iinn sii
unbetonte Personalpronomen
1. Person Singular (i)ch mer mich
2. Person Singular de/du der dich/tsch
3. Person Singular männl. er n n
3. Person Singular weibl. se er se
3. Person Singular sächl. s n s
1. Person Plural mer uns uns
2. Person Plural er eich eich
3. Person Plural se n se
Höflichkeitsform se iin(n) se

Die Pronomen, die ch enthalten, haben stattdessen im Nordwestdialekt sch. Das unbetonte Pronomen der zweiten Person Singular lautet de, wenn es nach dem Verb steht und du, wenn es davor steht. Anders als im Deutschen werden für die Höflichkeitsform eigene Pronomen verwendet.

Beispiele:

(7) Hàd -er -s -n schuu gesààd
[hʌtɔɰsn̩] [ʂuː] [kəsʌːt]
Hat er es ihm schon gesagt?
(8) Ch hàb dèènn nischd gaam
[ʂhʌp] [tɛːnn̩] [nɪʂt] [kæːm]
Ich habe denen/ihnen nichts gegeben.

Possessivpronomen

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Die Possessivpronomen werden nach Fall, Zahl und Geschlecht des Substantivs dekliniert, das sie näher bestimmen. Ihre Stämme lauten:

Person/Genus Singular Plural
1. Person mei(n)- un(s)(e)r-
2. Person dei(n)- ei(e)r-
3. Person männl. sei(n)- iir-
3. Person weibl. iir- iir-
3. Person sächl. sei(n)- iir-

In den Pronomen des Singulars entfällt das /n/, wenn keine Endung (-Ø) oder die Endung -n antritt. In der ersten Person Plural entfällt das /s/ außer im Nordwestdialekt. In der ersten und zweiten Person Plural entfällt das /e/ zumeist, wenn eine vokalisch anlautende Endung antritt. Die Deklinationsendungen lauten:

Form männlich weiblich sächlich
Nominativ Singular -e
Dativ Singular -n -er -n
Akkusativ Singular -n -e
Nominativ Plural -e
Dativ Plural -n
Akkusativ Plural -e

Auffällig ist, dass dieses Paradigma mit drei Buchstaben auskommt, nämlich e, n und r.

Beispiele:

(9) mei hund
[maɪ] [hʊnt]
mein Hund
(10) eirer schwasder
[aɪɣɔɰ] [ʂvastɔɰ]
eurer Schwester

Bei den Pronomen der dritten Person setzt sich wie bei den Substantiven die Dativ-Konstruktion immer mehr durch:

(11) daar iire dàsch
[taːɰ] [iːɣə] [tʌʂ]
dieser/ihr ihre Tasche
„ihre Tasche“

vgl.:

(12) daar fraa iire dàsch
„die Tasche dieser Frau“

Die Präposition

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Vor allem im Westerzgebirgischen, aber auch in Lichtenstein findet man folgende Konstruktion:

(13) nei (n) der schdàd
hinein in der Stadt
„in die Stadt (hinein)“

Die eigentliche Präposition n (dt. „in“) entfällt in Lichtenstein nie, im Westerzgebirgischen durch noch konsequenteren [n]-Schwund jedoch meistens. Dadurch sieht es aus, als wäre nei die Präposition. Zu beachten ist auch, dass das betreffende Ziel nicht wie im Deutschen mit dem Akkusativ steht, sondern mit dem Dativ. Dass eine Bewegung gemeint ist, wird durch nei ausgedrückt.

Diese Konstruktion ist auch mit vielen anderen Präpositionen möglich: dràà der kèrch („an der Kirche“, „bei der Kirche“).

Das Adjektiv

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Kongruenz

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Adjektive kongruieren in Kasus, Numerus, Genus und Definitheit mit ihrem Bezugswort. Anders als im Deutschen unterscheiden jedoch sich im Erzgebirgischen die Formen ohne Artikel nicht von denen mit unbestimmtem Artikel.

Deutsch Erzgebirgisch
teur-em Schmuck deier-n schmuk
einem teur-en Ring n’deier-n ring

Die folgende Tabelle enthält alle Kongruenzsuffixe an Adjektiven.

Form männlich weiblich sächlich
ohne Artikel/mit unbestimmtem Artikel
Nominativ Singular -er -e -(e)s
Dativ Singular -n -er -n
Akkusativ Singular -n -e -(e)s
Nominativ Plural -e
Dativ Plural -n
Akkusativ Plural -e
mit bestimmtem Artikel
Nominativ Singular -e -e -e
Dativ Singular -n -n -n
Akkusativ Singular -n -e -e
Nominativ Plural -n
Dativ Plural -n
Akkusativ Plural -n

Weitere Beispiele:

(14) e gruus-er màà
​[⁠ə⁠]​ [kxuːsɔɰ] [mʌː]
ein großer Mann
(15) daar schiin-n fraa
[taːɰ] [ʂiːnn̩] [fxaː]
dieser schönen Frau

Steigerung

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Der Komparativ wird mit dem Suffix -er gebildet. Der Vergleichsgegenstand erhält dabei jedoch anders als im Deutschen die Präposition wii (wie).
Der Superlativ entsteht mit der Endung -(e)sd. An beide Endungen werden dann die Kongruenzsuffixe angefügt.

Beispiele:

(16) e grès-(e)r-er màà wii daar
​[⁠ə⁠]​ [kxɛsɔɣɔɰ] [mʌː] [viː] [taːɰ]
ein größ-er-er Mann als er/dieser
(17) der schèn-sd-n fraa
[tɔɰ] [ʂɛnstn̩] [fxaː]
der schönsten Frau

Das Verb

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Wie auch im Deutschen kongruiert das finite Verb im Erzgebirgischen mit dem Subjekt des Satzes nach Person und Zahl. Wird die Verbform mit einem Hilfsverb gebildet, ist dieses Hilfsverb das finite Verb im Satz und unterliegt der Kongruenz.

Morphologisch werden zwei Zeitformen unterschieden, Präsens und Präteritum. Das Präteritum wird produktiv allerdings fast nur bei stark gebeugten Verben verwendet. Die übrigen Zeitformen, nämlich Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I und Futur II, müssen mit Hilfsverben gebildet werden. Dabei werden Präteritum und Perfekt gleichwertig verwendet. Das Plusquamperfekt drückt die Vorzeitigkeit einer Handlung gegenüber einer anderen in der Vergangenheit aus. Das Futur II wird hauptsächlich dann angewendet, wenn eine Vermutung über eine vergangene Handlung abgegeben wird, wie z. B. im Deutschen: Er wird wohl wieder nicht da gewesen sein.

Infinitiv, Partizipien

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Der Infinitiv, das Partizip I und das Partizip II werden im Erzgebirgischen mit folgenden Affixen gebildet:

Form schbiil- (Dt. spiel-) (schwach gebeugt) gii- (Dt. geh-) (stark gebeugt) sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig) hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig) wèèr- (Dt. werd-) (unregelmäßig)
Infinitiv schbiil-n gii-n sei(-n) -m wèèr-n
Partizip I schbiil-end gii-end sei-end hàà-md wèèr-nd
Partizip II ge-schbiil-d (ge-)gàng-ng ge-waas-n ge--d ge-wur-n

Präsens

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Wie auch im Deutschen muss man im Erzgebirgischen zwischen stark und schwach gebeugten Verben unterscheiden. Im Präsens, das gegenwärtige oder zukünftige Handlungen ausdrücken kann, werden für die beiden Klassen folgende Endungen verwendet:

Person/Zahl schbiil- (Dt. spiel-) (schwach gebeugt) gii- (Dt. geh-) (stark gebeugt) sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig) hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig) wèèr- (Dt. werd-) (unregelmäßig)
1. Person Singular schbiil gii bii hàb wèèr
2. Person Singular schbiil-sd gi(i)-sd bi-sd -sd wèr-sd
3. Person Singular schbiil-d gi(i)-d is -d wèr-d
1. Person Plural schbiil-n gii-n sei -m wèèr-n
2. Person Plural schbiil-d gii-d sei-d hàb-d wèèr-d
3. Person Plural schbiil-n gii-n sei -m wèèr-n

Wie am Beispiel des Hilfsverbs hàm (Dt. haben) ersichtlich, verschmelzen die Suffixe -n auch hier mit einigen Konsonanten des Stammes.

Oftmals wird das Präsens im Erzgebirgischen periphrastisch, also mit einem Hilfsverb gebildet. Hierzu wird das normale Präsens des Hilfsverbs tun mit dem Infinitiv des Verbs kombiniert. Beispiele hierfür finden sich bereits in der älteren erzgebirgischen Literatur.[4]

Präteritum

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Wie erwähnt, wird das Präteritum produktiv nur von den stark gebeugten Verben gebildet. Für die schwach gebeugten muss stattdessen Perfekt verwendet werden, was sich jedoch auch bei den starken Verben immer mehr durchsetzt.

In der Bildung des Präteritums unterscheiden sich einige Wörter zum Deutschen. So ist zum Beispiel schmègng (dt. „schmecken“) ein stark gebeugtes Verb im Erzgebirgischen: schmoog (dt. „schmeckte“). Auch das Verb frààn (dt. „fragen“) bildet ein starkes Präteritum: fruuch (dt. „fragte“).

Folgende Endungen werden verwendet, um die Kongruenz zum Subjekt anzuzeigen:

Person/Zahl gii- (Dt. geh-) (stark gebeugt) sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig) hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig) wèèr- (Dt. werd-) (unregelmäßig)
1. Person Singular ging wààr hàd wurd
2. Person Singular ging-sd wààr-sd hàd-sd wurd-sd
3. Person Singular ging wààr hàd-e wurd-e
1. Person Plural ging-ng wààr-n hàd-n wurd-n
2. Person Plural ging-d wààr-d hàd-ed wurd-ed
3. Person Plural ging-ng wààr-n hàd-n wurd-n

Perfekt, Plusquamperfekt

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Perfekt und Plusquamperfekt werden mit einer gebeugten (finiten) Form von sei- oder hàb- und dem Partizip II des Hauptverbs gebildet.

Beispiele:

(18) Miir sei gasdern (a)f der kèèrms gàngng anhören/?
[miːɰ] [saɪ] [kæstɔɰn] [(a/ə)f] [tɔɰ] [kʰɛːɰms] [kʌŋŋ̍]
Wir sind gestern auf das Volksfest gegangen.
(19) Ch hàd -s -n ààwer gesààd anhören/?
[ʂhʌtsn̩] [ʌːvɔɰ] [kəsʌːt]
Ich hatte es ihm aber gesagt.

Sowohl Futur I als auch Futur II werden mit Präsens-Formen des Hilfsverbs wèèr- „werden“ gebildet. Im Futur I steht dabei der Infinitiv des Hauptverbs, im Futur II jedoch das Partizip II und der Infinitiv von sei- „sein“ oder hab- „haben“.

Beispiele:

(20) Murng wèrd der Hàns nààch Kams fààrn anhören/?
[moːɰjŋ] [vɛɰt] [tɔɰ] [hʌns] [nʌːχ] [kʰæms] [fʌːɰn]
Morgen wird der Hans nach Chemnitz fahren.
(21) Er wèrd wuu wiider nèd doo gewaasn sei anhören/?
[ɔɰ] [vɛɰt] [vuː] [viːtɔɰ] [nɛt] [toː] [kəvaːsn̩] [saɪ]
Er wird wohl wieder nicht da gewesen sein.

Konjunktiv

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Ein produktiver Konjunktiv (Möglichkeitsform) wird nur von den meisten Hilfsverben (außer von wèèr- „werden“) sowie von einigen häufig gebrauchten stark gebeugten Verben gebildet. Bei allen anderen Verben muss der Konjunktiv des Hilfsverbs duun „tun“ mit dem Infinitiv des Vollverbs verwendet werden. Die Formen unterscheiden sich von denen des Präteritums nur durch den Umlaut und lauten wie folgt:

Person/Zahl gii- (Dt. geh-) (stark gebeugt) sei- (Dt. sei-) (unregelmäßig) hàb- (Dt. hab-) (unregelmäßig) duu- (Dt. tu-) (unregelmäßig)
1. Person Singular gèng waar hèd daad
2. Person Singular gèng-sd waar-sd hèd-sd daad-sd
3. Person Singular gèng waar hèd-e daad
1. Person Plural gèng-ng waar-n hèd-n daad-n
2. Person Plural gèng-d waar-d hèd-ed daad-ed
3. Person Plural gèng-ng waar-n hèd-n daad-n

Imperativ

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Die Befehlsform (Imperativ) lautet in der Einzahl bei allen Verben wie die erste Person im Präsens. Um den Plural zu bilden, wird ein -d an diese Form angefügt.

Beispiel:

(22) Bii nur màà ruich! anhören/?
[piː] [nəɰ] [mʌː] [ɣʊɪʂ]
Sei endlich ruhig!

Die Passivformen werden wie im Deutschen mit dem Hilfsverb wèèr- (Dt. werden) und dem Partizip II des Vollverbs gebildet. wèèr- kann dann in alle Formen auch mit weiteren Hilfsverben gebracht werden.

Beispiel:

(23) Wii wèrd dèè dàs gemàchd anhören/?
[viː] [vɛɰt] [tɛː] [tʌs] [kəmʌχt]
Wie wird denn das gemacht?

Ein weiteres Sprachbeispiel

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(Dialekt von Lichtenstein)

(24) Wuu kimsd dee duu ize haar? anhören/?
[vuː] [kʰɪmst] [teː] [tuː] [ɪtsə] [haːɰ]
Wo kommst denn du jetzt her?
(25) Dàs kàà (i)ch der fei ni sààn. anhören/?
[tʌs] [kʰʌː] [(ɪ)ʂ] [tɔɰ] [faɪ] [] [sʌːn]
Das kann ich dir aber nicht sagen.

Bemerkungen zu Satz (25):

Entsprechend der oben erläuterten Orthographie spricht man kàà nicht wie man im Deutschen Co-… (z. B. in Co-Trainer) ausspricht, sondern der Vokal ist eher ein sehr weit hinten gesprochenes a. Das Gleiche gilt natürlich für sààn.

Das Personalpronomen (i)ch lautet in der schnellen Aussprache meist nur ch. Schnell gesprochen könnte man den Satz B auch so schreiben: S-kàà-ch-der fei ni sààn anhören/?. Dabei klingt der Anfang wie ein zweisilbiges Wort [skʰʌːʂtɔɰ].

kumm (dt. kommen) ist im Erzgebirgischen ein Ablautverb, das heißt, dass in der zweiten und dritten Person Singular im Präsens ein anderer Stammvokal verwendet wird, als in den übrigen Formen (vgl. [ɪmst] (Dt. kommst)). Auch dies spricht für eine nahe Verwandtschaft mit dem Bairischen. Die Aussprache mit [ɪ] ist dort wie auch in einigen anderen oberdeutschen Mundarten verbreitet.

Textbeispiel

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Mundartgedicht über Sosa
 
Ortspyramide Thalheim (Erzgeb.), Erzgebirgisches Gedicht

Der folgende Textausschnitt enthält die Einleitung sowie die erste Strophe eines Clausthaler Hochzeitsgedichts von 1759 und ist im Oberharzdialekt geschrieben[5]:

Aß t’r Niemeyer seine Schustern in de Kerch zur Trau keführt prengt ae Vugelsteller Vugel un hot Baeden kratelirt; is k’ schaen den 25. Oktober 1759. Clasthol, kedrueckt bey den Buchdruecker Wendeborn.

Klick auf mit enanner ihr statlig’n Harrn!
Do stellt sich d’r Toffel aach ein aus der Farrn,
Hahr hot sich ju kraets schunt de Fraehaet kenumme,
Su iß’r aach diesmohl mit reiner kekumme.
Se hahn ne ju suest wos ze luesenA kekahn:
Ich hoh schiene Vugel, wolln sie se besahn?

Übersetzung

Als der Niemeyer seine Schusterin in die Kirche zur Trauung geführt hat, bringt ein Vogelhändler Vögel und hat beiden gratuliert; dies ist geschehen am 25. Oktober 1759. Clausthal, gedruckt beim Buchdrucker Wendeborn.

Glück auf miteinander, ihr stattlichen Herren!
Da stellt sich der Tölpel auch ein aus der Ferne,
Er hat sich ja gerade schon die Freiheit genommen,
So ist er auch diesmal mit hereingekommen.
Sie haben ihm ja sonst was zum verdienen gegeben:
Ich habe schöne Vögel, wollen Sie sie sich anschauen?

A Das Verb luesen entstammt wohl dem Niedersächsischen. Es wurde laut Borchers 1929 [liːsən] gesprochen (das Erzgebirgische kennt kein ü) und bedeutet so viel wie „verdienen, Geld einnehmen“.

Faschingssprüche, welche die Kinder beim Betteln von Haus zu Haus aufsagen

Iich bi a klanner kenich (Ich bin ein kleiner König)
Gabt mr net ze wenich (Gebt mir nicht zu wenig)
Losst mich net ze lánge stii (Lasst mich nicht zu lange stehn)
Iich will e heisl weddergii (Ich will ein Häuslein weiter geh'n)

Iich bi a klanner zwarch (Ich bin ein kleiner Zwerg)
Un kumm net ibbern barch (Und komm nicht übern Berg)
Gabt’r mr ne márk (Gebt ihr mir eine Mark)
Do bi iich widder stárk (Dann bin ich wieder stark)

Wortschatz

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Erzgebirgslexikon auf dem Chemnitzer Weihnachtsmarkt

Wie in allen Dialekten gibt es auch im Erzgebirgischen Wörter, die man als Außenstehender nicht oder nur sehr schwer verstehen kann. Dazu gehören Verkürzungen langer Wörter, aber auch viele Wörter, die andere Dialekte, ja sogar einige erzgebirgische Unterdialekte nicht kennen. Die folgenden Tabellen enthalten einige Beispiele.

Substantive

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Wort Aussprache
(Nordwestdial.)
Übersetzung Bemerkungen
aarb werzg. [ˈaːɰp] Arbeit nur im Westdialekt
aardabl [ˈaːɰˌtæpl̩] Kartoffel wörtl.: Erdapfel
ààziizeich [ˈʌːˌtsiːˌtsaɪ̯ʂ] Kleidung wörtl.: Anziehzeug
àbort [ˈʌpɔɰt] Toilette
bambis Kartoffelpuffer wohl zu dt. Pampe
bargmoo Bergmann im Mittleren Erzgebirge
bèg [ˈpɛk] Bäcker
bèremèd [ˌpɛɣəˈmɛt] Weihnachtspyramide
bèrschd [ˈpɛɰʂʈ] Bürste
buss, plural bussen Bursche; Sohn im Mittleren Erzgebirge
burschdwich [ˈpʊɰʂʈvɪʂ] Besen wörtl. Borstenwisch(er), auch baasn
dibl [ˈtɪpl̩] Tasse wörtl.: Töpfchen
draambuch ein Unaufmerksamer wörtl. wohl Traumbuch
dridewààr [ˌtxɪtəˈvʌːɰ] Gehsteig vgl. frz. trottoir
fauns [ˈfaʊ̯ns] Ohrfeige auch faunst
feier Feuer
fuuchlbaarbaam [ˈfuːxl̩ˌpaːɰˌpaːm] Eberesche wörtl.: Vogelbeerbaum
fursool Flur wörtl.: Vorsaal
gack Jacke
gewiegtes Hackfleisch
gogd Jagd im Mittleren Erzgebirge
goocher [ˈkæːχɔɰ] Jäger
gudsàger [ˈkʊtsˌʌkɔɰ] Friedhof wörtl.: Gottesacker
hamml kleines Häppchen, Brotstück[6]
handsching, handsch Handschuh im Mittleren Erzgebirge
hèm [ˈhɛm] Hemd/Heim
hiidrààbradl [ˈhiːˌtxʌːˌpxætl̩] Serviertablett wörtl.: Hintragebrettchen
hitsch [ˈhɪʈʂ] Fußbank
huchtsch [ˈhʊxʈʂ] Hochzeit auch Huchzich
kriibl schlechter Mensch wörtl.: (regional) Kriebel, Kreppel verkümmerter Apfel, Fruchtmumie
kro alte Frau vielleicht von Krähe
lader [ˈlætɔɰ] Leiter auch lèdder
maad Mädchen wörtl.: Maid, es existiert auch wie im Hochdeutschen die Verniedlichung maadl
matz größere Menge, Ansammlung
miinsln Weidenkätzchen
nààmitsch [ˈnʌːmɪʈʂ] Nachmittag auch noochmiddich
olieng Anliegen im Mittleren Erzgebirge
pfaar [ˈpfaːɰ] Pferd
porzello Porzellan im Mittleren Erzgebirge
reeng [ˈɣeːŋ] Regen
runksn großes (Brot)Stück
sammel Brötchen wörtl. Semmel
schdagng [ˈʂʈækŋ̍] Stecken, Stock
schduub [ˈʂʈuːp] Wohnzimmer, Stube
(scheier)hààder [ˈʂaɪ̯ɔɰˌhʌːtɔɰ] Scheuerlappen
schmiich [ˈʂmiːʂ] Zollstock wörtl.: Schmiege
schnubbdichl Taschentuch wörtl.: Schnupftüchlein, vgl. tschechisch „šnuptychel“
seechams Ameise vgl. luxemburgisch „seichamse“, gefördert durch den Aberglauben, das Gift würde durch anseichen (urinieren) übertragen
sidichfir Hinterwäldlerdorf vielleicht von sieh dich vor
unnernachtn Rauhnächte/Unternächte in dieser Zeit darf keine Wäsche gewaschen oder aufgehängt werden
wottgack Wattejacke im Mittleren Erzgebirge
zemitschasn [tsəˈmɪʈʂˌasn̩] Mittagessen wörtl.: Zumittagessen
zèrwànsd [ˈtsɛɰˌvʌnst] Akkordeon wörtl.: Zerrwanst

Die folgende Tabelle enthält einige Beispiele, insbesondere wird jedoch auf die umfangreiche Sammlung von I. Susanka (siehe Literatur) verwiesen. Da das Erzgebirge ein sehr niederschlagreiches Gebiet ist, gibt es zahlreiche Wörter für verschiedene Formen des Regnens.

Wort Aussprache
(Nordwestdial.)
Übersetzung Bemerkungen
arben arbeiten im Mittleren Erzgebirge
beschnorng genau ansehen im Mittleren Erzgebirge
besuudln [pəˈsuːtl̩n] beschmutzen   wörtl. besudeln
blààtschn [ˈplʌːʈʂn̩] stark regnen (Platzregen)
blèègng [ˈplɛːkŋ̍] laut schreien wörtl.: „bläken“, vgl. „blöken“
braachln brennen, zu sdt. bregeln i.s.v. die Sonne brennt (heiß)
buchn schlagen, besiegen wörtl. pochen
(rum)daaln faulenzen, sich räkeln
(a)dalfrn anfassen, antatschen
deebern [ˈteːpɔɰn] toben, schimpfen
derlaam werzg. [tɔɰˈlaːm] erleben (nicht im Nordwestdialekt)
drààschn [ˈtxʌːʂn̩] stark regnen (Dauerregen)
dschinnorn rutschen
eisàgn [ˈaɪ̯sʌkŋ̍] einfüllen, einpacken wörtl.: „einsacken“
gaungzn winseln, gähnen
giigln un gagln rumfuchteln mit einem spitzen Gegenstand
(auf)gniedln aufknoten
gogn jagen
gwèstern [ˈkvɛstɔɰn] immer wieder rein und raus gehen
huhnacksch spöttisch im Mittleren Erzgebirge
iinln schauen, lugen westerzgebirgisch oft auch „spaergn“
kambln [ˈkʰæmpl̩n] sich prügeln Verniedlichung von „kämpfen“, nur bei Kinderringkämpfen
kuddln trinken
narng(d)wu nirgendwo im Mittleren Erzgebirge
odln mit Jauche düngen
ollmeitoch (schon) immer im Mittleren Erzgebirge
ogereimelt mit Raureif bedeckt im Mittleren Erzgebirge
oständsch anständig im Mittleren Erzgebirge
(rum)maarn langsam sein
(rum)modln langsam sein
ruscheln gieh Schlitten fahren/gehen
schurn Schnee schippen/schieben
schlosn stark regnen (Platzregen)
schlurksn pfuschen, schlürfend gehen
sèèng urinieren wörtl. seichen
siifern [ˈsiːfɔɰn] leicht nieseln vgl. saufen, german. Göttin Sif
urschn vergeuden
vrhunebibln verunstalten vgl. verhohnepipeln, verhöhnen
wachln züngeln, flackern (Feuer) zu bayr./öst. wacheln – wedeln
wiibln un wabln Gewimmel, wimmeln zu mhd. wibel (Käfer) und dt. wabern
unnerenner unsereiner; jemand wie ich im Mittleren Erzgebirge
zutschn ausschlürfen

Sonstige Wörter

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Wie viele deutsche Dialekte ist auch das Erzgebirgische sehr reich an Adverbien. Die Verwendung und Übersetzung von fei beispielsweise ist sehr vielfältig: Es kommt sowohl in Aufforderungen (Gii fei wag! „Geh endlich weg!“) als auch in Aussagen (s’reengd fei „es regnet übrigens“) zum Einsatz. Fei bekräftigt oder verstärkt oft im Sinne von „echt“ bzw. „wirklich“ (dr Omd wàr fei schii „der Abend war wirklich schön“; des gett fei net „das geht echt nicht“).

Wort Aussprache
(Nordwestdial.)
Übersetzung Bemerkungen
àlber irre, verrückt zu dt. albern
bill, bissl bisschen
doddisch irre, verrückt, wild wohl zu dt. stottern bzw. Hottentotte
dorwalle dabei, obwohl (derweil) i. S. v. Ich blieb, dabei wollte ich gehen
dingenauf [ˌtɪŋəˈnaʊ̯f] bergauf, nach oben  
eemol einmal im Mittleren Erzgebirge
emènde [əˈmɛndə] möglicherweise wörtl.: am Ende
enùseja nun, so, deshalb wörtl.: ei nun so ja
feeder [ˈfeːtɔɰ] vorwärts, weiter vgl. engl. further
fei [ˈfaɪ̯] aber, nämlich, endlich, ziemlich
fiir [ˈfiːɰ] vor auch in Zusammensetzungen
gaaling [ˈgæːlɪŋ] heftig, vehement wörtl.: jählings
galle gell
hae ja
heier [ˈhaɪ̯ɔɰ] dieses Jahr wörtl.: heuer
hèm [ˈhɛm] nach Hause wörtl.: heim, auch è'hèm oder ham
hiimundriim [ˌhiːmʊnˈtxiːm] auf beiden Seiten wörtl.: hüben und drüben
hinewiider [ˌhɪnəˈviːtɔɰ] hin und her wörtl. hin und wieder
hutzelich verschrumpelt, geschrumpft, faltig
ize [ˈɪtsə] jetzt von itzund
lewandsch lebendig im Mittleren Erzgebirge
nààchert [ˈnʌːxɔɰt] nachher auch nòòcherts
numero nunmehr
oltvatersch altmodisch im Mittleren Erzgebirge
pupsch kümmerlich im Mittleren Erzgebirge
rausmochen ernten im Mittleren Erzgebirge
zàm [ˈtsʌm] zusammen
zàmnamsch sparsam wörtl.: zusammennehmend, auch zàmnamit
zomgeroten in Streit geraten im Mittleren Erzgebirge

Die im Erzgebirgischen verwendeten Interjektionen unterscheiden sich teilweise stark von denen im Standarddeutschen. Aufgrund des vom Bergbau geprägten Sprachgebiets wird im alltäglichen Gebrauch auch heute noch sehr verbreitet der Bergmannsgruß Glig auf! oder zusammengezogen Gauf! (deutsch „Glück auf!“) verwendet. Soll eine negative Aussage bejaht werden, sagt man Ujuu! [ˈʊjuː], mancherorts auch Ajuu! [ˈajuː], (deutsch „Doch!“). In der Zwickauer Form Oia! ist die Abstammung von „Oh, ja!“ noch am deutlichsten erkennbar. – Wird hingegen eine positive Aussage verneint, verwendet man È(schà)! [ˈɛ(ˌʂʌ)] (deutsch „Nein!“). Dieser Ausruf wird auch, allerdings mit einer anderen Intonation, zum Ausdruck der Überraschung eingesetzt.

Erzgebirgisches Wort des Jahres

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Seit 2017 organisieren der Erzgebirgsverein und die Tageszeitung Freie Presse Abstimmungen zum erzgebirgischen Wort des Jahres. Die Siegerwörter waren 2017: Sperrguschn (neugierige Personen), 2018: kaabsch (mäkelig beim Essen), 2019: Lorks (schlechte Ware, Ausschuss), 2020: dambern (lange Zeit für etwas brauchen), 2021: ausbuzeln (ausschlafen), 2022: nausbelzen (an die frische Luft schicken), 2023: Dippl (Tasse), 2024: Kafterle (Abstellkammer).[7]

Literatur

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Grammatiken und andere sprachwissenschaftliche Veröffentlichungen

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  • Friedrich Barthel: Der vogtländisch-westerzgebirgische Sprachraum – Kulturgeographische Untersuchungen zum Grenzproblem. Diss. Universität Leipzig. Gräfenhainichen 1933.
  • Friedrich Barthel: Nachwort. Mundart und Mundartdichtung des Erzgebirges und Vogtlandes. In: Manfred Blechschmidt (Hrsg.): Stimmen der Heimat. Dichtungen in erzgebirgischer und vogtländischer Mundart von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. durchgesehene Auflage. Friedrich Hofmeister, Leipzig 1965, S. 349–364.
  • Horst Becker: Sächsische Mundartenkunde. Entstehung, Geschichte und Lautstand der Mundarten Sachsens und Nordböhmens. Dresden o. J. (etwa 1938).
  • Manfred Blechschmidt: Von der Mundart im Erzgebirge. In: Muttersprache 96 (1986), S. 53–57.
  • Oswin Böttger: Der Satzbau der erzgebirgischen Mundart. Inaugural-Dissertation. Leipzig 1904 (Internet Archive).
  • Erich Borchers: Sprach- und Gründungsgeschichte der erzgebirgischen Kolonie im Oberharz. Marburg 1929.
  • Ernst Goepfert: Die Mundart des sächsischen Erzgebirges nach den Lautverhältnissen, der Wortbildung und Flexion dargestellt. Mit einer Uebersichtskarte des Sprachgebietes. Leipzig 1878 (Internet Archive).
  • Elvira Werner: Mundart im Erzgebirge. Hrsg.: Sächsische Landesstelle für Volkskultur (= Weiß-Grün. Band 17). Druck- und Verlagsgesellschaft, Marienberg 1999, ISBN 3-931770-18-4.

Sonstige Literatur

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Wiktionary: erzgebirgisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Erzgebirgisch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hendrik Heidler's 400 Seiten Echtes Erzgebirgisch: Wuu de Hasen Hoosn haaßn un de Hosen Huusn do sei mir drhamm. Das Original Wörterbuch. 5. Auflage, BoD, Norderstedt 2020, S. 28f. ISBN 978-3-7347-6356-4
  2. Statt vieler: Peter Wiesinger: Die Einteilung der deutschen Dialekte. In: Werner Besch u. a.: Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektogie. Berlin/New York 1983 (HSK 1), S. 807–900, mit Karten 47.4 und 47.5.
  3. Gerade in sudetendeutscher Literatur ist der Topos des Ostfränkischen zu finden, bspw. in der Geschichte der Sudetenländer
  4. z. B. bei Anton Günther, siehe z. B. s:Da Uf’nbank.
  5. Zitiert in Borchers 1929 (siehe Literatur), Seiten 135–136. Orthografie nach Borchers. ae, oe und ue sind jedoch in Borchers als a, o bzw. u mit darüberstehendem kleinen e geschrieben.
  6. Liste in erzgebirgisch.de. Abgerufen am 20. Februar 2017.
  7. Website Erzgebirgsverein, Sperrguschn 2017, kaabsch 2018, Lorks 2019, dambern 2020, ausbuzeln 2021, nausbelzen 2022, Dippl 2023, Kafterle 2024