Ferropolis

Museum und Veranstaltungsort nahe Gräfenhainichen östlich von Dessau

Ferropolis (gr.-lat. ferro und polis „Eisenstadt“) ist ein Industriemuseum und Veranstaltungsort in Gräfenhainichen östlich von Dessau-Roßlau auf einer Halbinsel im Gremminer See, dem ehemaligen Tagebau Golpa-Nord.[1][2] Ferropolis ist Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH).

Ferropolis
Panorama Ferropolis – Die Arena fasst ca. 25.000 Besucher.

Geschichte

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Ferropolis, Gremminer See, Juli 2015

Ursprünglich befanden sich an dieser Stelle die Werkstätten, die Energieversorgung und die Sozialeinrichtungen des Tagebaus Golpa-Nord, einem Teil des Bitterfelder Bergbaureviers. Bis 1955 verband eine Grubenbahnlinie Bergwitz mit dem Kraftwerk Zschornewitz. Teile des aufgegebenen Bahndammes wurden später als Erschließungsstraße für den Braunkohlentagebau Golpa-Nord und später für die Anbindung von Ferropolis genutzt. Die Grubenbahn und jetzigen Anschlussgleise für Ferropolis wurden parallel zu dieser ehemaligen Bahnlinie errichtet.

Nach der Stilllegung des Tagebaus 1991 entstand, basierend auf einer 1992 bei der Stiftung Bauhaus Dessau eingereichten Diplomarbeit des Architekten Martin Brück, die Idee der Zusammenführung und musealen Nutzung der auf dem Areal verbliebenen Großgeräte auf einem in den Tagebau ragenden Restpfeiler, der heutigen Halbinsel.[3] An der Gestaltung des als Regionalprojekt für die Expo 2000 ausgewiesenen Geländes waren neben der Bauhaus-Stiftung die Expo-2000-Gesellschaft Sachsen Anhalt GmbH und die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft beteiligt.[4][5] Die offizielle Gründung der „Stadt aus Eisen“ wurde durch Enthüllung des Ortsschilds durch den damaligen Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt Klaus Schucht am 14. Dezember 1995 vollzogen.[6] Im Juli 2000 wurde Ferropolis für den Publikumsverkehr geöffnet. Das Galakonzert zur Eröffnung dirigierte der griechische Komponist Mikis Theodorakis; die begleitende Lichtshow inszenierte Gert Hof.[7] Bauhaus und Expo-Gesellschaft zogen sich Ende 2001 aus der Betreibergesellschaft Ferropolis GmbH zurück;[8] Hauptgesellschafter ist aktuell (2019) die Stadt Gräfenhainichen.[9]

2004 fanden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an den Großgeräten statt. Die Anbindung nach Ferropolis wurde 2005 erneuert. Im Dezember 2005 wurde Ferropolis offiziell in die Europäische Route der Industriekultur aufgenommen. Seit dem 22. April 2006 betreibt das Standesamt Gräfenhainichen in der stillgelegten Schaltwarte des Tagebaus Golpa-Nord eine Nebenstelle für Hochzeiten. Ferropolis kann auch mit Museumszügen der ehemaligen Zschornewitzer Kleinbahn erreicht werden. Im ehemaligen Kohlekraftwerk Zschornewitz wurde ein Industriemuseum als Zeugnis der Kohleverstromung eingerichtet.

Am 6. Juli 2013 wurde in Ferropolis eines von fünf parallel stattfindenden Konzerten unter dem Titel Gemeinsam gegen die Flut – Wir sagen Danke des Radiosenders MDR Jump gegeben. Anlass waren die regionalen Auswirkungen des Hochwassers in Mitteleuropa 2013.[10]

Ausstellung

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Ein ausgedienter Schaufelradbagger („Big Wheel“) in Ferropolis.
 
Absetzer „Gemini“
Fahrt auf das Gelände mit der Eisenbahn, September 2016

Im Freilichtmuseum finden sich neben einem Eimerkettenschwenkbagger (Spitzname „Mad Max“) und einem Schaufelradbagger („Big Wheel“) auch zwei Absetzer („Gemini“ und „Medusa“) und ein Raupensäulenschwenkbagger („Mosquito“).

In der ehemaligen Stromversorgungs-Station sind neben einem Teil der originalen Schaltwarte unter anderem eine Ausstellung zur regionalen Bergbaugeschichte, die zum Beispiel historische Fotografien aus den abgebaggerten Dörfern Gremmin und Golpa zeigt, und eine Nachbildung der Fundsituation eines 120.000 Jahre alten Waldelefanten-Skeletts im Abraum des benachbarten Tagebaus Gröbern zu sehen.[11]

Neben der Nutzung als Freilichtmuseum finden auf dem Gelände Musik- und Sportveranstaltungen sowie Sonderveranstaltungen wie der „Bergmanntag“ oder der „Tag der Industriekultur“ statt.[12][13][14] Die von den fünf Großgeräten umgebene Ferropolis-Arena fasst 25.000 Besucher.[15] Die ungewöhnliche Kulisse wurde und wird von vielen Künstlern geschätzt. Beispielsweise traten hier Die Ärzte, Die Toten Hosen, Linkin Park, Metallica, Böhse Onkelz, Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg, Paul Kalkbrenner, Nena, Deep Purple, Alice Cooper und die Puhdys auf. Auch für Festivals und für klassische Musikaufführungen wird die „Stadt aus Eisen“ genutzt. Regelmäßig stattfindende Veranstaltungen sind unter anderen die Festivals Melt! (1999–2024)[16] im Rahmen der Musikfeste Sachsen-Anhalt und seit 2009 splash!, die Pyrogames sowie seit 2017 das With Full Force und das WHOLE – United Queer Festival.

Seit 2018 findet in Ferropolis jährlich die Motorsportveranstaltung Iron Drift King statt; 2019 wurde hier erstmals das Frauen-Motorradfestival Petrolettes veranstaltet.[17][18] Von 2014 bis 2016 war Ferropolis Austragungsort von Hindernisrennen der StrongmanRun-Reihe; seit 2018 findet der NeuseenMan-Triathlon auf dem Gelände statt.[19][20][12]

In Ferropolis kann auch geheiratet werden. Das Standesamt Gräfenhainichen unterhält in der ehemaligen Leitwarte eine Dependance.

Das Freilichtmuseum Ferropolis liegt an der Radroute Kohle | Dampf | Licht | Seen. Die Route führt vorbei an verschiedenen Zeugnissen der Industriegeschichte und zeigt die Entwicklung vom mitteldeutschen Industrierevier zur Kultur- und Erholungslandschaft.[21]

Siehe auch

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Commons: Ferropolis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bernd Krüger, Karla Ebersbach, Andreas Kadler, Herbert Klapperich, Rolf Kuhn: Braunkohlesanierung: Grundlagen, Geotechnik, Wasserwirtschaft, Brachflächen, Rekultivierung, Vermarktung. Hrsg.: Carsten Drebenstedt, Mahmud Kuyumcu. Springer-Vieweg, Berlin, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-16352-4, Nachnutzung und Flächenvermarktung – Darstellung ausgewählter Fallbeispiele für eine erfolgreiche Vermarktung, S. 640 ([1]).
  2. Thomas Schöne: Die Zukunft von Ferropolis zwischen Rost und Farbe. In: Allgemeine Bauzeitung. 1. Februar 2019, abgerufen am 24. September 2019.
  3. Dorothee Wenner: Bagger zum Streicheln. In: taz. 18. Juli 1996, abgerufen am 24. September 2019.
  4. Die Eisenstadt Ferropolis wächst – Aus dem stillgelegten Tagebau wird ein Erholungsgebiet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2. September 1998, S. 41 (genios.de [abgerufen am 6. September 2023]).
  5. Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (Hrsg.): Sanierungstagebau Golpa-Nord – Ein Referenzstandort für die EXPO 2000. 20. Februar 2000 (lmbv.de [PDF; abgerufen am 6. September 2023]).
  6. Ute Semkat: In Ferropolis glänzt auch altes Eisen. In: Die Welt. 14. Dezember 1995, abgerufen am 24. September 2019.
  7. Kai Müller: "Ferropolis": Eisen, Feuer, Funkenflug - Gert Hof und Mikis Theodorakis weihen die Stahlstadt ein. In: Der Tagesspiegel. 18. Juli 2000, abgerufen am 24. September 2019.
  8. Sabine Wesner: Ferropolis GmbH: Expo und Bauhaus ziehen sich zurück. In: Mitteldeutsche Zeitung. 19. Juli 2001, abgerufen am 24. September 2019.
  9. Tourismus soll gefördert werden: Blausee GmbH aus Gröbern kauft Anteile von Ferropolis. In: Mitteldeutsche Zeitung. 7. Mai 2019, abgerufen am 24. September 2019.
  10. Ulf Rostalsky: Gemeinsam gegen die Flut: 11.000 sagen Dankeschön. In: Mitteldeutsche Zeitung. 6. Juli 2013, abgerufen am 24. September 2019.
  11. Museum/30kV-Station. In: ferropolis.de. Abgerufen am 24. September 2019.
  12. a b Festivals in Ferropolis: Metall und Gummi unter Baggern. In: Focus. 17. April 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. September 2019; abgerufen am 24. September 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.focus.de
  13. Ulf Rostalsky: Tradition in Ferropolis: Rekord beim Bergmannstag mit Max Giesinger. In: Mitteldeutsche Zeitung. 17. September 2018, abgerufen am 24. September 2019.
  14. „Tag der Industriekultur“ erinnert an Umbrüche. In: Landesportal Sachsen-Anhalt. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. September 2019; abgerufen am 24. September 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kultur.sachsen-anhalt.de
  15. Arena. In: ferropolis.de. Abgerufen am 24. September 2019.
  16. DAS ENDE EINER ÄRA: DAS LETZTE MELT FESTIVAL. meltfestival.de, abgerufen am 25. Juni 2024.
  17. Motorsport in Ferropolis: Iron Drift King kommt am Wochenende. In: Mitteldeutsche Zeitung. 14. August 2018, abgerufen am 24. September 2019.
  18. Dina Dervisevic: Frauen-Motorradfestival in der „Stadt aus Eisen“. In: MotorradOnline.de. 28. Mai 2019, abgerufen am 24. September 2019.
  19. Armin Himmelrath: Hauptsache ankommen: StrongmanRun in Dessau. In: Der Spiegel. 16. August 2015, abgerufen am 24. September 2019.
  20. Hindernislauf bei Mondschein: 2.317 Läufer machen die Nacht zum Tag. In: Leipziger Volkszeitung. 22. August 2016, abgerufen am 24. September 2019.
  21. Kohle Dampf Licht Seen. WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg e. V., abgerufen am 6. September 2023.

Koordinaten: 51° 45′ 31,6″ N, 12° 26′ 52,6″ O