Frauenmuseum Berlin

Museum in Deutschland

Das Frauenmuseum Berlin wurde am 15. November 1995 als Förderverein Frauenmuseum Berlin e.V. gegründet mit dem Ziel, Frauengeschichte und Frauenkultur möglichst in einem eigenen Haus zu präsentieren.[1] Obwohl der Verein nie eigene Räume erhielt, fand er durch Kooperationen und wechselnde Ausstellungsorte eine feste Präsenz in der Berliner Kunstszene. Das Frauenmuseum Berlin versteht sich heute als unabhängiges Netzwerk für in Berlin lebende und arbeitende Künstlerinnen.

Frauenmuseum Berlin

Logo des Frauenmuseums Berlin
Daten
Ort Berlin
Art
Präsentation der Kunst von Frauen
Website

Geschichte und Organisation

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1995 stand fest, dass die Museen und Sammlungen von Charlottenburg auf die Museumsinsel umziehen sollten. Es entstand die Idee, frei werdende Räume für ein zu gründendes Frauenmuseum zu nutzen.[2] Frauen der SPD und der CDU sowie die Leiterin des Heimatmuseums Charlottenburg, Birgit Jochens[3], und Brigitte Kippe als Frauenbeauftragte[4] von Charlottenburg setzten sich gemeinsam für die Gründung des Fördervereins Frauenmuseum Berlin e. V. ein und entwarfen erste Konzeptionsideen. Diese Gründungsphase und ersten Schritte des Museums waren langwierig, und erst nach der Fusionierung der Bezirke Charlottenburg und Wilmersdorf ergab sich 2004 durch die Unterstützung von Politikerinnen und dem Leiter des Kunstamtes, Udo Christoffel[5], die Möglichkeit, einen Raum in der Kommunalen Galerie Berlin nutzen zu können[6], ebenso wie das Frauenmuseum Bonn als informelle Kooperation.[2]

Seit 2007 ist die Vereinigung ohne festen Ort aktiv, vor allem im Bereich Bildende Kunst.[7] Dies, so Vorstandsmitglied Rachel Kohn 2016, sei Programm: „Es gefällt uns, dass wir ein heimatloser Verein sind. Es ist interessanter, sich auf verschiedene Orte einzulassen.“[8] Der Verein wird nicht institutionell gefördert, sondern es müssen Sponsoren für Ausstellungen und Kataloge gefunden werden. 2012 erschien beispielsweise zur Ausstellung augenblicklich im Kulturforum Berlin ein erster Mitgliederkatalog.[9] Es ist möglich, als Künstlerin oder als Fördermitglied beizutreten. Die Arbeit erfolgt ehrenamtlich. Im Frühjahr 2017 drehte Anna-Maria Weber einen 8-minutigen Imagefilm über das Künstlerinnennetzwerk Frauenmuseum Berlin.[10]

Die Gründungsversammlung fand im Rathaus Charlottenburg statt. Zu den 20 Gründungsfrauen gehörte unter anderem Felicitas Tesch. Vorsitzende des Vereins Frauenmuseum Berlin ist seit 2007 die Bildhauerin Rachel Kohn. Von 2007 bis 2011 war Nina Neumaier stellvertretende Vorsitzende des Frauenmuseums Berlin. Seit 2011 wird Kohn im Vorstand von Julie August unterstützt. 2021 wurde eine flachere Hierarchie mit acht Vorständen und acht Arbeitsgruppen eingeführt. Die Vorstände sind Annette Selle, Ulrike Dornis, Rachel Kohn, Andrea Golla, Sibylla Weisweiler, Caroline Armand, Irene Parrandier. Die Künstlerinnen des Frauenmuseums Berlin treffen sich monatlich zum runden Tisch und planen neue Ausstellungsprojekte.

Das Ziel der Gründerinnen war es, dass Museen die Welt von Männern und Frauen gleichermaßen abbilden.[2] Geschichte und Gesellschaft sollten dort gezeigt werden, wie sie waren und sind – „mit Frauen und Männern und deren gegenseitiger Beeinflussung und Einschränkung“.[2] Die Verleugnung und Unterdrückung von Frauen sei dabei nur ein Aspekt, die Darstellung weiblicher Leistungen allein würde auch nur einen einseitigen Blick auf Geschichte und Gegenwart werfen.[2] Die Gründerinnen waren sich bewusst, dass mit dem Erreichen des Ziels der ausgeglichenen Darstellung ein Frauenmuseum Berlin überflüssig werden könnte.[2] Bis dahin, so Rachel Kohn 2016, seien Initiativen wichtig, die dazu beitragen, dass Frauen in der Kunst in ihrer Arbeit unterstützt werden, sich vernetzen und ihre Werke präsentieren können.[8]

Aktivitäten

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Das Frauenmuseum Berlin hat im Laufe der Jahre zahlreiche Ausstellungen organisiert, die die Vielfalt und Kreativität von Künstlerinnen hervorheben.[11] Lange Zeit war das Frauenmuseum nur in Wilmersdorf und Charlottenburg aktiv. Die Ausstellungsreihen wurden konzipiert, um über diese Stadtteile hinaus in der Berliner Kunstszene deutlicher sichtbar zu werden.[12] Hier ist eine Übersicht der kuratierten Ausstellungsreihen:

4-händig (seit 2005): Regelmäßige Ausstellungen mit ausgewählten Positionen von in Berlin und Umgebung lebenden Künstlerinnen in der Kommunalen Galerie Berlin.  

Heim_Spiel (seit 2012): Ausstellungen in verschiedenen Berliner Bezirken mit dort lebenden und arbeitenden Künstlerinnen, bisher realisiert in Tempelhof[13], Spandau[14], Mitte[15], Charlottenburg[16], Reinickendorf[17] und Lichtenberg.[18] Ziel ist es, die Vielfalt des Begriffs „Heim“ künstlerisch zu erforschen. Rachel Kohn, Vorstandsmitglied des Frauenmuseums, kritisiert Aussagen wie die von Georg Baselitz, Frauen könnten nicht gut malen. Die Ausstellung thematisiert Verbindungen und Heimat, etwa durch Beate Hoffmeisters Werk aus alten Telefonbuchseiten, das auf Kommunikation und Migration anspielt.

Kammerspiel (seit 2019): Ausstellungen mit jeweils zwei Künstlerinnen des Netzwerks Frauenmuseum Berlin in der Galerie im Tempelhof Museum.  

Diese Ausstellungen verdeutlichen das Engagement des Frauenmuseums Berlin, Künstlerinnen eine Plattform zu bieten und den Diskurs über Geschlechterrollen in der Kunst zu fördern.[19]

Weitere bemerkenswerte Initiativen und Projekte, die darauf abzielen, Geschlechterstereotypen durch Kunst zu hinterfragen und Künstlerinnen eine Plattform zu bieten, sind:

  • REGENERART. Seit Mai 2021 ist das Frauenmuseum Berlin Teil des EU-Projekts REGENERART.[20] Dieses Projekt hat das Ziel, Geschlechterstereotypen durch Kunst zu dekonstruieren.
  • Art Speed Dating. Das Art Speed Dating ermöglicht es, Kunst und Künstlerinnen live zu erleben. Dieses Format fördert den direkten Austausch zwischen Künstlerinnen und Publikum und bietet einen unmittelbaren Zugang zu künstlerischen Werken und deren Schöpferinnen
  • Wandern. In der Ausstellungsreihe Wandern erkundet das Künstlerinnennetzwerk des Frauenmuseums Berlin das Themenfeld des Wanderns.[21] Nach Stationen im Kunstverein Ebersberg (2021) und verschiedenen Orten in Neuruppin (2022) setzten 25 Künstlerinnen die Reihe mit der Ausstellung In Bewegung – im Takt im Pavillon am Milchhof fort.
  • Der zweite Blick im Bode-Museum Die integrierte Ausstellungsreihe Der zweite Blick lädt Besucher und Besucherinnen dazu ein, sich in der Dauerausstellung des Bode-Museums mit aktuellen, gesellschaftsrelevanten Themen auseinanderzusetzen. Ziel der Reihe ist es, den offiziellen Museumsdiskurs um bislang verborgene Narrative zu ergänzen.
  • I LOVE NO WAITING. Mit dem mobilen Projektraum Stadtbus haben die Künstlerinnen des Frauenmuseums Berlin ein Ausstellungskonzept entwickelt, das unabhängig vom Mainstream, großem Budget und langen Vorbereitungszeiten Künstlerinnenpositionen sichtbar macht. Der Bus kommt während in Berlin stattfindenden Kunstveranstaltungen zum Einsatz.
 
Beitrag des Frauenmuseum Berlin beim Kunstfestival 48h Neukölln, 2014

Mehrfach beteiligte sich das Frauenmuseum Berlin am Kunstfestival 48h Neukölln[22]: 2014 steuerte es die Aktion 5 Minuten Sammler sein bei, die es danach auch auf der Kunstmesse Positions präsentieren konnte.[23] 2016 hieß der Beitrag des Frauenmuseums Wörter, die wir satt haben – essen wir sie auf! Dafür hatten Künstlerinnen Wörter wie Lügenpresse, BER, Gerechtigkeit oder Leitkultur mit essbarem Material geschrieben und an eine weiße Wand montiert.[24] Die Besucher bestimmten mit ihrer Essfreudigkeit die Geschwindigkeit, mit der die ungeliebten Wörter verschwanden. Der Prozess wurde fotografisch dokumentiert. Die Künstlerinnen-Demo am Frauentag vor der Alten Nationalgalerie in Berlin 2020 fand ebenso wie Aktion der Künstlerinnenverbände große Resonanz.[25]

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Commons: Frauenmuseum Berlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Frauenmuseum Berlin e.V. - Berlin.de. In: berlin.de. 19. November 2006, abgerufen am 4. Juni 2016.
  2. a b c d e f Gerlinde Behrendt im Gespräch mit Dr. Christiane Timper: Das Berliner Frauenmuseum in Gründung stellt sich mit einer ersten Ausstellung vor. In: aviva-berlin.de. 6. April 2003, abgerufen am 1. Mai 2020.
  3. Neue Leiterin in der Villa Oppenheim. In: www.tagesspiegel.de. Abgerufen am 15. Juni 2016.
  4. taz, die tageszeitung: - taz.de. In: www.taz.de. Abgerufen am 15. Juni 2016.
  5. Udo Christoffel. In: www.tagesspiegel.de. Abgerufen am 15. Juni 2016.
  6. Das Frauenmuseum Berlin als Gast in der Kommunalen Galerie Berlin. In: art-in-berlin.de. 4. Juni 2016, abgerufen am 4. Juni 2016.
  7. Ute Weiss Leder: Frauenmuseum Berlin: Ausstellung HEIM_SPIEL Juli 2015. In: bbk-berlin.de. 31. März 2015, abgerufen am 4. Juni 2016.
  8. a b Maria Fiedler: Künstlerinnen in Berlin: Frauenmuseum eröffnet Ausstellung in Reinickendorf - Kultur in Potsdam. In: pnn.de. 26. Februar 2016, abgerufen am 5. Juni 2016.
  9. augenblicklich – Kulturforum Stadt Berlin. In: kultur-in-berlin.com. 15. August 2012, abgerufen am 5. Juni 2016.
  10. Anna-Maria Weber: Imagefilm, Künstlerinnennetzwerk Frauenmuseum Berlin. 1. Januar 2017, abgerufen am 3. November 2017.
  11. www.joachimwolter.de: Finden und Fügen. Abgerufen am 3. November 2017.
  12. Rebecca Partridge: CITIES // ‘Collecting the City’ at Galerie im Tempelhof Museum – Berlin Art Link. In: berlinartlink.com. 28. Mai 2016, abgerufen am 5. Juni 2016 (englisch).
  13. Kultur: Hilf dir selbst. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 5. März 2025]).
  14. Malene Gürgen: Heimspiel für Künstlerinnen. Abgerufen am 5. März 2025.
  15. Heim_Spiel Mitte 22.11. – 20.12.2014 – galerie weisser elefant. In: galerieweisserelefant.de. 5. Juli 2014, abgerufen am 5. Juni 2016.
  16. FUNKE Mediengruppe: Das Karussell der Kultur dreht sich in Charlottenburg. 18. Juli 2015, abgerufen am 5. März 2025.
  17. Künstlerinnen in Berlin: Frauenmuseum eröffnet Ausstellung in Reinickendorf. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 5. März 2025]).
  18. Berliner Wochenblatt Verlag: Heim_Spiel von zehn Künstlerinnen: Ausstellungsreihe des Frauenmuseums Berlin. In: berliner-woche.de. 7. März 2016, abgerufen am 4. Juni 2016.
  19. Berliner Wochenblatt Verlag: Galerie zeigt feminine Kunst. In: berliner-woche.de. 13. Juli 2015, abgerufen am 4. Juni 2016.
  20. REGENERART project: Rethinking gender equality through art - News - Utrecht University. 1. Juli 2021, abgerufen am 5. März 2025 (englisch).
  21. Ein Weg geht zu Ende. 6. August 2021, abgerufen am 5. März 2025.
  22. Künstlerinnen des Frauenmuseums Berlin – 48 Stunden Neukölln. In: 48-stunden-neukoelln.de. Abgerufen am 4. Juni 2016.
  23. Kirsten Janke: Wandelnde Texte – Schreibmarathon zum Kunstfestival „48 Stunden Neukölln“. In: zu-fuss-in-berlin.de. 11. Juli 2014, abgerufen am 5. Juni 2016.
  24. Wörter, die wir satt haben. In: 48-stunden-neukoelln.de. 21. April 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Juni 2016; abgerufen am 4. Juni 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.48-stunden-neukoelln.de
  25. Marlene Militz: Künstlerinnen-Demo am Frauentag: Erst die Kinder, dann die Kunst? In: Die Tageszeitung: taz. 9. März 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 5. März 2025]).