Glatte normierte Räume werden im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis untersucht. Es handelt sich um normierte Räume, deren Norm eine gewisse Glattheitseigenschaft hat.

Definitionen

Bearbeiten

Es sei   ein normierter Raum,   sei die Einheitskugel und   ihr Rand, die sogenannte Einheitssphäre. Nach dem Satz von Hahn-Banach gibt es zu jedem   ein stetiges, lineares Funktional   mit   und  .

Dieses Funktional   definiert die Hyperebene  , die   in   schneidet und keinen Punkt aus dem Inneren der Einheitskugel enthält. Eine solche Hyperebene nennt man eine Stützhyperebene an  , das Funktional   heißt Stützfunktional an  . Stellt man sich eine Hyperebene als lineare Approximation der Kugeloberfläche vor, so liegt es nahe, einen Punkt   einen Glattheitspunkt zu nennen, wenn es genau eine Stützhyperebene an   gibt, das heißt, wenn es genau ein   gibt mit   und  .

Ein normierter Raum heißt glatt, wenn jeder Punkt der Einheitssphäre ein Glattheitspunkt ist. Die Einheitskugel eines glatten Raums ist damit eine glatte konvexe Menge.

Stützabbildung

Bearbeiten

Man nennt eine Abbildung  , eine Stützabbildung, falls folgendes gilt:[1]

  • Aus   folgt  
  • Für   und   gilt  .

Definitionsgemäß gibt es in einem glatten Raum genau eine Stützabbildung, man kann also von der Stützabbildung eines glatten Raums sprechen. Man kann zeigen, dass diese norm-schwach*-stetig ist, das heißt stetig, wenn man auf   die Normtopologie und auf   die schwach-*-Topologie betrachtet.

Beispiele

Bearbeiten
 
Die euklidische Norm links ist glatt, die Maximumsnorm rechts nicht.

Zweidimensionaler Raum

Bearbeiten

Glattheit hängt von der Norm ab und kann beim Übergang zu einer äquivalenten Norm verloren gehen. Das zeigt sich schon am Beispiel des zweidimensionalen Raums  . Versieht man den zweidimensionalen Raum mit der euklidischen Norm  , so ist die Einheitssphäre ein Kreis und jeder Punkt hat genau eine Stützhyperebene, nämlich die Tangente an diesem Punkt, das heißt   ist glatt. Betrachtet man auf dem   die Maximumsnorm  , so ist die „Einheitskugel“ ein Quadrat. An jeder Ecke des Quadrates gibt es unendlich viele Stützhyperebenen, alle anderen Punkte sind Glattheitspunkte. Damit ein Raum glatt ist, muss aber jeder Punkt der Einheitssphäre ein Glattheitspunkt sein, das heißt   ist nicht glatt. Da die euklidische Norm und die Maximumsnorm auf dem   äquivalent sind, sieht man an diesem Beispiel, dass die Glattheit beim Übergang zu einer äquivalenten Norm verloren gehen kann.

Weitere Beispiele

Bearbeiten
  • Hilberträume sind glatt, die Stützabbildung lautet  .
  • Die Lp[0,1]-Räume und die Folgenräume   sind für   glatt. Allgemeiner sind gleichmäßig glatte Räume glatt.
  • Ist   ein kompakter Hausdorffraum mit mindestens zwei Punkten, so ist der Funktionenraum   der stetigen Funktionen auf   mit der Supremumsnorm nicht glatt.

Charakterisierungen

Bearbeiten

Folgende Aussage über einen normierten Raum   sind äquivalent:

  •   ist glatt.
  • Die Norm auf   ist Gâteaux-differenzierbar, das heißt für jedes   und   existiert  .[2]
  • Jede Stützabbildung des Raums ist norm-schwach*-stetig.
  • Es gibt eine norm-schwach*-stetige Stützabbildung.[3]
  • Für jedes   und jede Folge   in   mit   folgt, dass   schwach*-konvergiert.[4]
  • Jeder zwei-dimensionale Unterraum ist glatt.[5]
  • Die Orthogonalität ist rechts-additiv, das heißt aus   und   folgt  .[6]

Dualität

Bearbeiten

Über die Dualität besteht ein enger Zusammenhang zur strikten Konvexität.[7][8]

  • Ein normierter Raum   ist glatt, falls sein Dualraum strikt konvex ist.
  • Ein normierter Raum   ist strikt konvex, falls sein Dualraum glatt ist.

Die Umkehrungen gelten im Allgemeinen nicht.

Renormierbarkeit

Bearbeiten

Da die Glattheit beim Übergang zu einer äquivalenten Norm verloren gehen kann, stellt sich in natürlicher Weise die Frage, zu welchen normierten Räumen es äquivalente, glatte Normen gibt, die also durch Übergang zu einer äquivalenten Norm glatt werden. Solche Räume nennt man glatt renormierbar.

Reflexive Räume sind strikt konvex renormierbar und daher wegen obiger Dualitätseigenschaften auch glatt renormierbar, sogar glatt und gleichzeitig strikt konvex renormierbar. Das gilt allgemeiner für schwach kompakt erzeugte Räume.[9]

  ist nicht glatt renormierbar.[10]

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Joseph Diestel: Geometry of Banach Spaces – Selected Topics, Lecture Notes in Mathematics 485, Springer-Verlag (1975), ISBN 3-540-07402-3, Kapitel 2, §1
  2. Robert E. Megginson: An Introduction to Banach Space Theory. Springer-Verlag, 1998, ISBN 0-387-98431-3, Korollar 5.4.18
  3. Joseph Diestel: Geometry of Banach Spaces – Selected Topics, Lecture Notes in Mathematics 485, Springer-Verlag (1975), ISBN 3-540-07402-3, Kapitel 2, §1, Theorem 1, punktweise für Banachräume formuliert
  4. Robert E. Megginson: An Introduction to Banach Space Theory. Springer-Verlag, 1998, ISBN 0-387-98431-3, Theorem 5.4.19
  5. Robert E. Megginson: An Introduction to Banach Space Theory. Springer-Verlag, 1998, ISBN 0-387-98431-3, Satz 5.4.21
  6. Joseph Diestel: Geometry of Banach Spaces – Selected Topics, Lecture Notes in Mathematics 485, Springer-Verlag (1975), ISBN 3-540-07402-3, Kapitel 2, §1, Theorem 4, für Banachräume formuliert
  7. Joseph Diestel: Geometry of Banach Spaces – Selected Topics, Lecture Notes in Mathematics 485, Springer-Verlag (1975), ISBN 3-540-07402-3, Kapitel 2, §1, Theorem 2, für Banachräume formuliert
  8. Robert E. Megginson: An Introduction to Banach Space Theory. Springer-Verlag, 1998, ISBN 0-387-98431-3, Sätze 5.4.5, 5.4.6
  9. Joseph Diestel: Geometry of Banach Spaces – Selected Topics, Lecture Notes in Mathematics 485, Springer-Verlag (1975), ISBN 3-540-07402-3, Kapitel 5, §2, Korollar 2 zu Theorem 2
  10. Joseph Diestel: Geometry of Banach Spaces – Selected Topics, Lecture Notes in Mathematics 485, Springer-Verlag (1975), ISBN 3-540-07402-3, Kapitel 4, §5, Satz 2