Goldenes Dreieck (Geometrie)

gleichschenkliges Dreieck

In Geometrie und Elementargeometrie ist ein Goldenes Dreieck ein gleichschenkliges Dreieck, bei dem die Längen der Schenkel zur Länge der Grundseite im Verhältnis des Goldenen Schnitts stehen[1]. Man unterscheidet zwischen dem Goldenen Dreieck erster Art und dem Goldenen Dreieck zweiter Art:[2] Das Goldene Dreieck erster Art ist ein gleichschenklig-spitzwinkliges Dreieck und hat die Winkel , und . Das Goldene Dreieck zweiter Art ist ein gleichschenklig-stumpfwinkliges Dreieck und hat die Winkel , und [3].

Goldene Dreiecke erster Art ( und ) und zweiter Art (); der rote Winkel ist jeweils

Bestimmung der Winkel

Bearbeiten

Elementargeometrisch

Bearbeiten
 
Goldenes Dreieck erster und zweiter Art, nach Euklid

Auf der längsten Seite eines Goldenen Dreiecks   trägt man, ggf. ausgehend von dem Eckpunkt mit dem kleineren Winkel, die kürzeste Seite ab und verbindet den so entstehenden Abtragungspunkt mit dem gegenüberliegenden Eckpunkt. Auf diese Weise wird   in zwei Teildreiecke   und   zerlegt.

Mit den Ähnlichkeitssätzen ergibt sich, dass entweder   oder   zu   ähnlich ist. Daraus zieht man die Folgerung, dass die Innenwinkelsumme gleich dem Fünffachen des kleinsten Winkels ist. Folglich ist einer der Winkel gleich  . Ist dies der Winkel an der Spitze von  , so ist   ein Goldenes Dreieck erster Art. Ist es ein Basiswinkel, so ist   ein Goldenes Dreieck zweiter Art. Mit dem Innenwinkelsummensatz ergibt sich dann, dass im ersten Fall das Innenwinkeltripel gleich   sein muss, im zweiten Fall dagegen allein   in Frage kommt.[4][5]

Trigonometrisch

Bearbeiten

Goldenes Dreieck erster Art

Bearbeiten
 
Goldenes Dreieck erster Art, nach Euklid

Ist   ein solches mit Grundseite   und die Schenkeln   bzw.  , so bedeutet dies für   und   :

 

Ist nun   der Basiswinkel bei   und   der Winkel an der Spitze   von  , so erhält man

 

und weiter

 

und schließlich mit dem Innenwinkelsummensatz

 

Goldenes Dreieck zweiter Art

Bearbeiten
 
Goldenes Dreieck zweiter Art, nach Euklid

Mit den gleichen Überlegungen wie oben erhält man

 

und weiter

 

und damit

 

und schließlich mit dem Innenwinkelsummensatz

 

Charakterisierung

Bearbeiten

Die Goldenen Dreiecke sind exakt diejenigen gleichschenkligen Dreiecke, die einen Winkel von   enthalten.

Konstruktion

Bearbeiten

Euklid von Alexandria beschrieb in seinem Werk Die Elemente ein spezielles gleichschenkliches Triangel[6], heute bekannt als das Goldene Dreieck. Dieses Dreieck findet sich wieder in seiner Beschreibung für ein gleichseitiges und gleichwinkliches Pentagon[7] mit einem gegebenen Umkreis. Die Konstruktion eines Goldenen Dreiecks gelingt als Konstruktion mit Zirkel und Lineal. Abhängig davon, was von einem zu konstruierenden Goldenen Dreieck vorgegeben ist, wie z. B. der Umkreis, die Grundseite oder der Schenkel, sind dafür unterschiedliche Vorgehensweisen erforderlich.

Umkreis gegeben

Bearbeiten
 
Goldenes Dreieck, Umkreis ist gegeben

Ist der Umkreis gegebenen, reicht eine konstruierte Seitenlänge des Fünfecks aus, um die Länge der Grundseite des Goldenen Dreiecks zu erhalten.[8]

Es beginnt mit dem Ziehen des Umkreises mit dem gegebenen Radius um den Mittelpunkt   und dem anschließenden Einzeichnen des Durchmessers  . Es folgen die Halbierung des Radius   in   und das Errichten einer Senkrechten im Mittelpunkt   mit Schnittpunkt   auf dem Umkreis. Nach dem Ziehen des Kreisbogens um den Punkt   mit Radius   ergibt sich mit dem Schnittpunkt   auf dem Durchmesser  die Seitenlänge   eines Fünfecks.

Nun bedarf es dreier Kreisbögen mit dem Radius   gleich der Fünfeckseite: Der Kreisbogen um   ab   ergibt  , der um   ergibt   und schließlich ergibt der Kreisbogen um   die Länge der Grundseite  . Mit dem abschließenden Einzeichnen der Schenkel   und   ist das gesuchte Goldene Dreieck   fertiggestellt.

Grundseite gegeben

Bearbeiten
 
Goldenes Dreieck, Grundseite   ist gegeben

Ist die Grundseite – Seitenlänge eines Fünfecks – gegeben, nutzt man den Ansatz Goldener Schnitt mit äußerer Teilung.

Zuerst wird die gegebene Grundseite   auf einer Halbgeraden abgetragen und anschließend im Punkt   halbiert. Es folgt ein Kreisbogen mit dem Radius   um   und ein zweiter mit gleichem Radius um  , Schnittpunkt ist  . Nun wird die Grundseite   über   hinaus verlängert und eine Senkrechte in   errichtet, bis sie den Kreisbogen in   schneidet.

Der nächste Kreisbogen um   mit Radius   ergibt auf der Verlängerung den Schnittpunkt   und liefert somit die Länge   eines Schenkel des Goldenen Dreiecks. Nach dem Einzeichnen des letzten Kreisbogens um   mit Radius   trifft die jetzt zu ziehende Halbgerade ab   durch   diesen Kreisbogen in  . Abschließend werden die Schenkel   und   eingezeichnet, somit ist das gesuchte Goldene Dreieck   fertiggestellt.

Schenkellänge gegeben

Bearbeiten
 
Goldene Dreiecke erster und zweiter Art, Schenkellänge   ist gegeben, ⇒ siehe Animation.

Ausgangssituation ist eine vorgegebene Schenkellänge  , die im Verhältnis des Goldenen Schnitts zu teilen ist. Hierzu verwendet man die sogenannte innere Teilung nach Euklid.

Entsprechend dem Bild in der Einleitung Goldene Dreiecke erster und zweiter Art ergeben sich dabei der Schnittpunkt   und damit die beiden Abschnitte   und  . Um die beiden Goldenen Dreiecke erster und zweiter Art zu finden, bedarf es noch des Punktes   mit seinen gleichen Abständen zu den Punkten   und   Nach dem Verbinden der Punkte   und   mit dem Punkt   entstehen die Goldenen Dreiecke   und   erster Art sowie das Goldene Dreieck   zweiter Art.

Bildende Kunst

Bearbeiten

Das künstlerische Bild Dreiecke im Goldenen Schnitt (Pigmente, Acryl auf Leinwand), erstellt von Irene Schramm-Biermann, zeigt bei genauer Betrachtung auch eine dünn eingezeichnete spiralförmige Linie. Sie entspringt aus dem kleinsten gelben Dreieck und ist eine logarithmischen Spirale. Für den Betrachter bleibt offen: Wurde mithilfe der logarithmischen Spirale das goldene Dreieck geformt oder wurde anhand eines goldenen Dreiecks die logarithmische Spirale bestimmt. Beides ist möglich.[9]

 
Dreiecke im Goldenen Schnitt

Vorkommen

Bearbeiten

Die oben beschriebene Zerlegung von   in die Teildreiecke   und   liefert beide Formen des Goldenen Dreiecks. Beide Formen treten also stets gemeinsam auf.[10] Sie ergeben sich regelmäßig bei der Konstruktion mit Zirkel und Lineal von regulärem Fünfeck und regulärem Zehneck. Die Winkel  ,   und   sind also allein mit Zirkel und Lineal konstruierbar.[11]

Anschauungsbeispiele für das Vorkommen Goldener Dreiecke im regelmäßigen Fünfeck

Bearbeiten
Das große Goldene Dreieck erster Art (grün / blau) lässt sich zerlegen in ein Goldenes Dreieck erster Art (grün) und ein Goldenes Dreieck zweiter Art (blau).
Das große Goldene Dreieck zweiter Art (grün / blau) lässt sich zerlegen in ein Goldenes Dreieck erster Art (grün) und ein Goldenes Dreieck zweiter Art (blau).

Parkettierung eines regelmäßigen Zehnecks mit goldenen Dreiecken

Bearbeiten

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, ein Zehneck mit Goldenen Dreiecken zu parkettieren. Die folgenden Beispiele zeigen Parkettierungsmöglichkeiten mit Goldenen Dreiecken erster Art (spitzwinklig) und Goldenen Dreiecken zweiter Art (stumpfwinklig).

 

Links und rechts besteht die Parkettierung aus jeweils 10 Goldenen Dreiecken erster und 10 Goldenen Dreiecken zweiter Art und in der Mitte aus 20 Goldenen Dreiecken erster Art und 10 Goldenen Dreiecken zweiter Art.[12]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Goldenes Dreieck (Mathematik) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Krauter: S. 200
  2. In englischsprachigen Quellen (vgl. etwa Livio: The Golden Ratio. S. 79. ) versteht man unter Golden Triangle allein das Goldene Dreieck erster Art, während für das Goldene Dreieck zweiter Art die Bezeichnung Golden Gnomon (von Gnomon, altgriechisch γνώμων, gleichbedeutend mit Zeiger an der Sonnenuhr) geläufig ist.
  3. Lambacher-Schweizer: S. 165
  4. Krauter: S. 199–200
  5. Lambacher-Schweizer: S. 165
  6. Johann Friedrich Lorenz: Euklids Elemente, fünfzehn Bücher. Hrsg.: Im Verlag der Buchhandlung des Waysenhauses. Halle 1781, S. 61 ff. (Euklids Elemente, Viertes Buch, Der 10. Satz., Seite 61: Einen gleichschenklichen Triangel zu beschreiben ..., Seite 62: Es sey eine gerade Linie, AB ... [abgerufen am 18. Dezember 2016]).
  7. Johann Friedrich Lorenz: Euklids Elemente, fünfzehn Bücher. Hrsg.: Im Verlag der Buchhandlung des Waysenhauses. Halle 1781, S. 62 ff. (Euklids Elemente, Viertes Buch, Der 11. Satz., In einem gegebnen Cirkel, ABCDE, ein gleichseitiges und gleichwinkliches Pentagon... [abgerufen am 18. Dezember 2016]).
  8. Euklid, Übersetzer:Rudolf Haller: Stoicheia (Euklids Elemente). IV.11. In einen Kreis ein gleichseitiges und gleichwinkliges Fünfeck einbeschreiben. Markgröningen 2017 (opera-platonis.de [PDF; abgerufen am 17. Juli 2024]).
  9. Carsten Stohn, Sebastian Neumann, Tobias Högel: 8.2 Spira mirabilis. Projekt für Theoretische Mathematik, Spiralen in Naturwissenschaft, Technik und Kunst. Universität Freiburg, 2002, abgerufen am 27. März 2021.
  10. Livio: S. 79
  11. Krauter: S. 201
  12. Heinz Klaus Strick: Kunterbunte Mathematik, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2023, ISBN 978-3-662-67312-6, S. 176/177