Grundschule Gestorf
Die heutige Grundschule Gestorf stellt die Nachfolge der im 16. Jahrhundert gegründeten Evangelisch-lutherischen Volksschule Gestorf dar[3] und befindet sich in Gestorf, einem Ortsteil der Stadt Springe am Deister. Das heutige, seit 1901 bestehende Schulgebäude steht unter Denkmalschutz[4] und befindet sich östlich des alten Dorfkerns unter der heutigen Adresse Neustadtstraße 31, Ecke Osterfeldstraße.
Grundschule Gestorf Ehemalige Ev.–luth. Volksschule zu Gestorf | |
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Historisches Schulgebäude (1901) mit Anbau (1963) | |
Schulform | Grundschule |
Gründung | um 1540, erstmals urkundlich erwähnt: 1588[1] |
Adresse | Neustadtstraße 31, 31832 Springe |
Ort | Springe |
Land | Niedersachsen |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 52° 12′ 55″ N, 9° 42′ 26″ O |
Träger | Stadt Springe |
Schüler | (2017:) circa 46[2] |
Lehrkräfte | 5[2] |
Leitung | Sonja Ocheduska-Aden |
Website | www.gs-gestorf.de |
Geschichte
BearbeitenDie Schule zu Gestorf wurde im Zuge der Reformation[5][6] um 1540 eingeführt und anlässlich der 1588 im Ort abgehaltenen zweiten Kirchenvisitation erstmals urkundlich erwähnt. Hierin teilen die Burgmannen zu Gestorf den kirchlichen und fürstlichen Visitatoren zu Wolfenbüttel ihre Bitte mit, das geräumte Rathaus als Schulgebäude zur Verfügung zu stellen, um dieses „mit einem frommen und gelarten Gesellen“ [sic], einem Lehrer zu besetzen, der „die liebe Jugend lesen und schreiben lehren und im Catechismus unterrichten müsse“.[7]
Dieser Schulmeister wirkte zugleich bis 1919 an der Gestorfer evangelischen Kirche als Küster. Über einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren hatte er zeitweise mehr als 200 Kindern Unterricht zu erteilen und erst im Jahre 1797 bewilligten die Kirchenoberen, die die Schulaufsicht besaßen, eine zweite Lehrerstelle. Zusätzlich wurde eine sogenannte „Industrieschule“ eingerichtet. Hier unterwies eine Lehrerin die Mädchen im Spinnen, Weben, Stricken, Nähen, Flicken, Stopfen und Plätten. Später wurde diese Schule offiziell in die Volksschule eingegliedert und als Handarbeitsstunde weitergeführt. Aus der Schulchronik geht hervor, dass dem 1. Lehrer und Küster im Jahre 1901 einige insgesamt knapp fünf Hektar große Grundstücke zu dessen alleinigen Nießbrauch zur Verfügung gestellt worden waren.[8]
1874 wird die Schule zwar in Unter-, Mittel- und Oberstufe eingeteilt, bekam aber keine dritte Lehrkraft. 1894 teilten sich zwei Lehrkräfte insgesamt 235 Kinder. Bedingt durch den Geburten- und Einwohnerrückgang sank die Schülerzahl im Jahr 1924 auf 84, stieg danach langsam wieder an, um sechs Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund des Zuzugs von Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten auf die Rekordhöhe von 258 anzusteigen, für die fünf Lehrkräfte zur Verfügung standen.[9]
Im Schuljahr 2019/20 wurden in der Grundschule Gestorf, die jetzt nur noch die Klassenstufen 1 bis 4 umfasst, ca. 46 Kinder von fünf Lehrkräften in drei Klassen unterrichtet. Die Jahrgänge 1 und 2 sind als Kombi-Klasse zusammengelegt, die Klassen 3 und 4 werden separat beschult.[10]
Stundenplan
BearbeitenIm „Lections Plan“, einem Stundenplan „für die erste Classe[11] der Schule zu Gestorf von Michaelis 1856 bis Ostern 1857“ bestanden von den 36 Wochenstunden (à 60 Minuten) allein 18 aus Religion oder religionskundlichen Fächern wie „Lesen der Perikopen, Lesen im Alten und Neuen Testament, Hersagen eines Bibelabschnittes, Kirchengeschichte oder Hersagen der Katechismuslektion“. Zudem wurden die Fächer „Vaterlandskunde, Schönschreiben, Tafelrechnen, Lesen eines Gesanges und Gemeinnütziges“ unterrichtet.[12] Später kamen die Fächer „Zeichnen“ und „Weltkunde“ hinzu.[13] Der Unterricht begann montags bis sonnabends morgens um 7 Uhr und endete um 15 Uhr.[14] An den Mittwoch- und Sonnabendnachmittagen fand kein Unterricht statt.[15]
Im Jahre 2020 wurden an der Grundschule Gestorf je nach Schuljahrgang zwischen 20 und 28 Unterrichtsstunden (à 45 Minuten) in den Fächern Deutsch, Mathematik, Sachunterricht, Englisch, Kunst/Textil/Werken, Sport, Musik und Religion von Montag bis Freitag, jeweils an den Vormittagen erteilt.
400-Jahr-Feier
BearbeitenIm Jahre 1988 wurde die Schule zu Gestorf 400 Jahre zuvor erstmals urkundlich erwähnt. Das Jubiläumsjahr wurde an drei Tagen festlich begangen. Schriftlich gratulierten Bundeskanzler Helmut Kohl und Ministerpräsident Ernst Albrecht sowie der Bundestagsabgeordnete Lattman. Zum Festakt trugen der Landessuperintendent Badenhop, der Bundestagsabgeordnete Kiehm, die Landtagsabgeordneten Gansäuer und Mientus, Regierungspräsident Jakob, Landrat Hoppenstedt, Bürgermeister Woltmann und Ortsbürgermeister Rowoldt Grußworte bei. Den Festvortrag hielt der Historiker Horst Callies, Universität Hannover, der die 400 Jahre Schulgeschichte anschaulich darzustellen wusste und aufzeigte, wie die Lehrer jahrhundertelang als Stiefkinder der Gemeinden lebten.[16] Die Schule trug mit einer historischen Ausstellung und Darbietungen zum Gelingen der Festtage bei.[17]
Schulgebäude
BearbeitenNachdem der Unterricht zunächst im geräumten Rathaus stattgefunden hatte, erhielt die Schule im 18. Jahrhundert ein eigenes Schulgebäude, bestehend aus einem im Dorfkern gelegenen Fachwerkbau mit Krüppelwalmdach. 1863 wurde durch Conrad Wilhelm Hase gegenüber der Dorfkirche ein größeres Gebäude, ein Klinkerbau im Neorenaissance-Stil errichtet. Um 1900 wurden in Preußen zahlreiche Schulneubauten aus Ziegelstein errichtet, deren Fassaden durch verputzte Felder, Ecklisenen, Gesimsen und Fenstergewände gegliedert wurde. 1901 erhielt die Volksschule zu Gestorf ein solches Gebäude. Der anfänglich am seitlichen Erkerhaus eingelassene Eingang wurde später durch ein Fenster geschlossen.[4]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Andreas Erbslöh u. a., Grundschule Gestorf (Hrsg.): Schulchronik Gestorf. 1912-1991, Springe 1992, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover[18]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Schulchronik Gestorf, S. 30
- ↑ a b Markus Ernst, Holger Staab (Red.): Schule des Spieltages / Grundschule Gestorf, in: Recken-Bote, Hrsg.: TSV Hannover-Burgdorf Handball GmbH, Ausgabe 19 der Saison 2017/2018, S. 32
- ↑ Schulchronik Gestorf, S. 137
- ↑ a b Carolin Krumm (Bearb.), Anne-Kathrin Fricke-Hellberg (Mitarb.), Peter F. Lufen, Dietmar Vonend (Red.) et al.: Springe-Gestorf, in: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 13.1: Landkreis Hannover, hrsg. von Christiane Segers-Glocke, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Institut für Denkmalpflege, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-06207-X, S. 154f., 272, 302
- ↑ Schulchronik Gestorf, S. 30
- ↑ Schulleiter Erbslöh macht auf das 400jährige Jubiläum der Gestorfer Schule aufmerksam: „Vaterlandskunde“ und „Tafelrechnen“ sorgte bei den Kindern für Erstaunen. Neue Deister Zeitung, 21. Oktober 1988
- ↑ Faksimilé der Urkunde aus dem Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Pattensen in Schulchronik Gestorf, S. 130 ff.
- ↑ Schulchronik Gestorf, S. 29
- ↑ Der erste Unterricht in Gestorf fand 1588 im Rathaus statt. Bundeskanzler Kohl gratulierte zum 400. Geburtstag der Schule. Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28. Oktober 1988
- ↑ Grundschule Gestorf – Schulorganisation, abgerufen am 22. April 2020
- ↑ Bei der genannten „ersten Classe“ handelt es sich um die ältesten Schüler
- ↑ Schulleiter Erbslöh macht auf das 400jährige Jubiläum der Gestorfer Schule aufmerksam: „Vaterlandskunde“ und „Tafelrechnen“ sorgte bei den Kindern für Erstaunen. Neue Deister Zeitung, 21. Oktober 1988
- ↑ Schulchronik Gestorf, S. 31 f.
- ↑ Der erste Unterricht in Gestorf fand 1588 im Rathaus statt. Bundeskanzler Kohl gratulierte zum 400. Geburtstag der Schule. Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28. Oktober 1988
- ↑ Schulchronik Gestorf, S. 136
- ↑ Prof. Callies bei der Jubiläumsfeier der Gestorfer Schule: Jahrhundertelang waren Lehrer die Stiefkinder der Gemeinden. Hannoversche Allgemeine Zeitung, 1. November 1988
- ↑ Zum 400. Geburtstag der Gestorfer Schule gratulierte auch Bundeskanzler Kohl - Der Festakt im historischen Landgasthof „Weißes Roß“ war mit viel Humor gewürzt. Neue Deister Zeitung, 31. Oktober 1988
- ↑ Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek