Klassifikation nach ICD-10
E83.1 Störungen des Eisenstoffwechsels
Hämochromatose
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Hämochromatose Typ 1 ist die klassische und mit etwa 80 % bei weitem häufigste Form der Hämochromatose, einer Erkrankung, bei der zu viel Eisen aus dem Dünndarm aufgenommen wird.[1][2]

Synonyme sind: Symptomatische Form der klassischen Hämochromatose ; Symptomatische Form der HFE-Gen-assoziierten hereditären Hämochromatose; englisch HFE-Associated Hemochromatosis; HFE-HH

Mitunter wird der Begriff „Hämochromatose“ als Synonym für diesen Typ 1 verwendet.

Eine US-amerikanische Forschungsgruppe sequenzierte 1996 das HFE-Gen und stellte dessen Verbindung zur Hämochromatose dar.[3]

Der Erkrankung liegen Mutationen im HFE-Gen auf Chromosom 6 Genort p21.3 zugrunde, welches für das Hereditäre-Hämochromatose-Protein kodiert.[4][5]

Mutationen in diesem Gen sind bei weiteren Erkrankungen zu finden bzw. erhöhen das Risiko dazu:[6]

Mutationen im HFE-Gen können auch krankhafte Veränderungen unabhängig von der Hämochromatose bedingen. Unter anderem wurden Erhöhungen der Bluttriglyceride beschrieben.[12]

Die Mutation im HFE-Gen wird bei über 80 % der Betroffenen durch eine Punktmutation verursacht, welche einen spezifischen Aminosäure-Austausch bewirkt. Die häufigste ist C282Y gefolgt von H63D, es gibt auch Kombinationen (H63D-C282Y-Mutation). 93 % der betroffenen Schweizer haben eine C282Y-Mutation und 7 % eine kombinierte H63D-C282Y-Mutation.

Bislang wurden etwa 20 verschiedene Mutationen im HFE-Gen beschrieben, darunter ist noch S65C erwähnenswert[13], hat aber wohl keine erhöhte Eiseneinlagerung zur Folge.[14]

Bei der häufigsten Punktmutation C282Y ist im Hereditäre-Hämochromatose-Protein an der Stelle 282 Cystein durch Tyrosin ersetzt.[15]

Es wird vermutet, dass die C282Y-Mutation vor etwa 4000 Jahren bei einem Menschen in Mitteleuropa mit vermutlich keltischer Abstammung[16] aufgetreten ist und sich, von dort ausgehend, mit dessen Nachkommen in der europäischen Population ausgebreitet hat, (sog. Founder-Effekt).[17] Sie ist heute noch in Irland am häufigsten. Eine mögliche Hypothese für die Verbreitung der Mutation ist die Vermutung, dass die übermäßige Eisenspeicherung bei längerer Unterversorgung mit Eisen einen Überlebensvorteil bieten könne.[18]

Diese Mutation soll das Risiko einer Krebserkrankung, insbesondere für Brustkrebs, Kolorektales Karzinom und Leberzellkarzinom erhöhen.[19][20][21]

H63D ist der Austausch von Histidin durch Asparaginsäure an der Stelle 63 im Hereditäre-Hämochromatose-Protein. Diese zweite Mutation kommt zu etwa 15 Prozent in der Normalbevölkerung vor, offenbar aber nicht zusammen mit der C282Y-Mutation in einem Allel.[22]

In der Schweiz sind symptomatische homozygote Träger einer HFE-Mutation im Mittel 4,3 cm, Trägerinnen 3,3 cm größer als gleichaltrige nicht betroffene Schweizer.[23]

Es besteht eine Assoziation zwischen homozygoter H63D-Anlage und neurodegenerativen Erkrankungen wie Amyotrophe Lateralsklerose (anders:[24]) und Alzheimer-Krankheit.[25][26]

Siehe auch HFE-Mutation H63D.

Verbreitung

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Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv.[1]

Die Häufigkeit weltweit ist sehr unterschiedlich, die Hämochromatose ist sehr häufig bei (Nord)-Europäern, besonders bei Iren und Norwegern mit einer Häufigkeit von bis zu 1 zu 200. Das männliche Geschlecht ist etwa 24-fach häufiger betroffen.[27]

Bei den meisten Personen mit nordeuropäischer Abstammung liegt die Häufigkeit homozygoter C282T-Mutation zwischen 2 zu 1000 und 5 zu 1000.[2]

In der deutschen Bevölkerung kommen C282Y-Mutationen in 3,9 % und H63D in 14,8 % vor.[5]

Bei Australiern weißer Abstammung waren 14 % heterozygote, 0,5 % homozygote Träger einer HFE-Mutation, aber lediglich 0,25 % wiesen eine klinisch relevante Eisenspeicherung auf.[28]

Betroffene mit klinisch manifester Hämosiderose haben in 85–90 % homozygot eine C282Y-Mutation (C282Y/C282Y).[27]

Die Penetranz der Mutation ist gering, etwa 30 % der Männer mit homozygoter Mutation und nur etwa 1 % der homozygoten Frauen entwickeln ein klinisch relevantes Krankheitsbild; bei heterozygoten Merkmalsträgern ist das Auftreten einer Erkrankung sehr selten.[29]

Bei weiteren 35 % der Betroffenen mit klinisch manifester Hämosiderose liegt eine Compound-Heterozygotie (C282Y/H63D) vor. Nur 12 % erkranken.[5]

Eine heterozygote (C282Y/+) Mutation führt nicht zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko.

Personen mit einer homozygoten H63D-Mutation (H63D/H63D) erkranken nur selten klinisch manifest und haben dann nur eine geringe Eisenakkumulation.[5][30]

Für die Penetranz spielt das BMP2-Gen auf Chromosom 20 Genort p12.3, das für das knochenmorphogenetische Protein BMP2 (Bone morphogenetic protein 2) kodiert, als modifier of HFE hemochromatosis eine Rolle.[31][32][33]

Klinische Erscheinungen

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Das Spektrum klinischer Erscheinungen umfasst:[2]

Diagnostik

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Bei Verdacht auf eine hereditäre Hämochromatose ist der Nachweis oder Ausschluss der HFE Mutationen C282Y und H63D wesentlich.

Details zur Diagnose, Behandlung und Prognose sind im Artikel Hämochromatose beschrieben.

Literatur

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  • Leitlinien der European Association for the Study of the Liver: EASL clinical practice guidelines for HFE hemochromatosis. In: Journal of hepatology. Band 53, Nummer 1, Juli 2010, S. 3–22, doi:10.1016/j.jhep.2010.03.001, PMID 20471131.

Einzelnachweise

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  1. a b Eintrag zu Symptomatische Form der HFE-Gen-assoziierten Hämochromatose. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
  2. a b c J. C. Barton und C. Q. Edwards: HFE Hemochromatosis. In: R. A. Pagon, M. P. Adam, H. H. Ardinger et al.: (Herausgeber) GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2019. PMID 20301613, nih.gov
  3. A. Pietrangelo: Haemochromatosis. In: Gut. Band 52 Suppl 2, Mai 2003, S. ii23–ii30, doi:10.1136/gut.52.suppl_2.ii23, PMID 12651879, PMC 1867747 (freier Volltext) (Review).
  4. Hemochromatosis. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  5. a b c d H. Gabriel, M. StuhrmannSpangenberg: Leitlinie zur molekulargenetischen Diagnostik der hereditärenHämochromatose, 2006, gfhev (Memento des Originals vom 21. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gfhev.de
  6. HFE Gene. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  7. Eintrag zu Porphyria cutanea tarda, familäre. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
  8. Eintrag zu Porphyria variegata. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
  9. Transferrin serum Level Quantitative Trait Locus 2. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  10. Microvascular complications of diabetes 7. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  11. C. H. Walsh, J. M. Malins: Proliferative retinopathy in a patient with diabetes mellitus and idiopathic haemochromatosis. In: British medical journal. Band 2, Nummer 6129, Juli 1978, S. 16–17, doi:10.1136/bmj.2.6129.16-a, PMID 678784, PMC 1605750 (freier Volltext).
  12. M. Solanas-Barca, R. Mateo-Gallego, P. Calmarza, E. Jarauta, A. M. Bea, A. Cenarro, F. Civeira: Mutations in HFE causing hemochromatosis are associated with primary hypertriglyceridemia. In: The Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism. Band 94, Nummer 11, November 2009, S. 4391–4397, doi:10.1210/jc.2009-0814, PMID 19820015.
  13. L. N. Alves, E. V. Santos, E. Stur, A. M. Silva Conforti, I. D. Louro: Molecular epidemiology of HFE gene polymorphic variants (C282Y, H63D and S65C) in the population of Espírito Santo, Brazil. In: Genetics and molecular research : GMR. Band 15, Nummer 2, April 2016, S. , doi:10.4238/gmr.15028189, PMID 27173269.
  14. P. Pedersen, N. Milman: Genetic screening for HFE hemochromatosis in 6,020 Danish men: penetrance of C282Y, H63D, and S65C variants. In: Annals of hematology. Band 88, Nummer 8, August 2009, S. 775–784, doi:10.1007/s00277-008-0679-1, PMID 19159930.
  15. C. E. Wrede, S. Hutzler, L. C. Bollheimer, R. Buettner, C. Hellerbrand, J. Schöelmerich, K. D. Palitzsch: Correlation between iron status and genetic hemochromatosis (codon C282Y) in a large German population. In: The Israel Medical Association journal : IMAJ. Band 6, Nummer 1, Januar 2004, S. 30–33, PMID 14740507.
  16. G. Lucotte, G. Mercier: Celtic origin of the C282Y mutation of hemochromatosis. In: Genetic testing. Band 4, Nummer 2, 2000, S. 163–169, doi:10.1089/10906570050114876, PMID 10953956.
  17. S. Distante, K. J. Robson, J. Graham-Campbell, A. Arnaiz-Villena, P. Brissot, M. Worwood. The origin and spread of the HFE-C282Y haemochromatosis mutation. Hum Genet. 2004 Sep;115(4), S. 269–279. PMID 15290237
  18. A. Pietrangelo: Hereditary hemochromatosis–a new look at an old disease. In: The New England Journal of Medicine. Band 350, Nummer 23, Juni 2004, S. 2383–2397, doi:10.1056/NEJMra031573, PMID 15175440 (Review).
  19. Y. F. Lv, X. Chang, R. X. Hua, G. N. Yan, G. Meng, X. Y. Liao, X. Zhang, Q. N. Guo: The risk of new-onset cancer associated with HFE C282Y and H63D mutations: evidence from 87,028 participants. In: Journal of cellular and molecular medicine. Band 20, Nummer 7, 07 2016, S. 1219–1233, doi:10.1111/jcmm.12764, PMID 26893171, PMC 4929296 (freier Volltext).
  20. H. Xiao-Bing, Z. Lu, G. Hong, L. Ping, L. Guanghui, L. Hongming, H. Keqiang, L. Jing: Meta analysis on relationship between distributions of C282Y and H63D alleles and genotypes and hepatocellular carcinoma. In: Minerva medica. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Januar 2016, PMID 26765307.
  21. F. Jin, L. S. Qu, X. Z. Shen: Association between C282Y and H63D mutations of the HFE gene with hepatocellular carcinoma in European populations: a meta-analysis. In: Journal of experimental & clinical cancer research : CR. Band 29, März 2010, S. 18, doi:10.1186/1756-9966-29-18, PMID 20196837, PMC 2845109 (freier Volltext).
  22. P. Nielsen, R. Fischer, Roland, R. Engelhardt et al.: Neue-Moeglichkeiten-in-der-Diagnose-der-hereditaeren-Haemochromatose. In: Deutsches Ärzteblatt Bd. 95, Nr. 46, 1998, Ärzteblatt
  23. Pietro E. Cippà, Pierre-Alexandre Krayenbuehl: Increased height in HFE hemochromatosis. In: The New England Journal of Medicine. 2013, Band 369, Ausgabe 8 vom 22. August 2013, S. 785–786, doi:10.1056/NEJMc1303066.
  24. A. Chiò, G. Mora, M. Sabatelli, C. Caponnetto, C. Lunetta, B. J. Traynor, J. O. Johnson, M. A. Nalls, A. Calvo, C. Moglia, G. Borghero, M. R. Monsurrò, V. La Bella, P. Volanti, I. Simone, F. Salvi, F. O. Logullo, R. Nilo, F. Giannini, J. Mandrioli, R. Tanel, M. R. Murru, P. Mandich, M. Zollino, F. L. Conforti, S. Penco,. ,. , M. Brunetti, M. Barberis, G. Rest: HFE p.H63D polymorphism does not influence ALS phenotype and survival. In: Neurobiology of aging. Band 36, Nummer 10, Oktober 2015, S. 2906.e7–2906.11, doi:10.1016/j.neurobiolaging.2015.06.016, PMID 26174855, PMC 5183653 (freier Volltext).
  25. Y. Liu, S. Y. Lee, E. Neely, W. Nandar, M. Moyo, Z. Simmons, J. R. Connor: Mutant HFE H63D protein is associated with prolonged endoplasmic reticulum stress and increased neuronal vulnerability. In: Journal of Biological Chemistry. Band 286, Nummer 15, April 2011, S. 13161–13170, doi:10.1074/jbc.M110.170944, PMID 21349849, PMC 3075663 (freier Volltext).
  26. E. C. Hall, S. Y. Lee, Z. Simmons, E. B. Neely, W. Nandar, J. R. Connor: Prolyl-peptidyl isomerase, Pin1, phosphorylation is compromised in association with the expression of the HFE polymorphic allele, H63D. In: Biochimica et Biophysica Acta. Band 1802, Nummer 4, April 2010, S. 389–395, doi:10.1016/j.bbadis.2010.01.004, PMID 20060900.
  27. a b B. K. Crownover, C. J. Covey: Hereditary hemochromatosis. In: American family physician. Band 87, Nummer 3, Februar 2013, S. 183–190, PMID 23418762 (Review).
  28. J. K. Olynyk, D. J. Cullen, S. Aquilia, E. Rossi, L. Summerville, L. W. Powell: A population-based study of the clinical expression of the hemochromatosis gene. In: The New England Journal of Medicine. Band 341, Nummer 10, September 1999, S. 718–724, doi:10.1056/NEJM199909023411002, PMID 10471457.
  29. K. J. Allen, L. C. Gurrin, C. C. Constantine, N. J. Osborne, M. B. Delatycki, A. J. Nicoll, C. E. McLaren, M. Bahlo, A. E. Nisselle, C. D. Vulpe, G. J. Anderson, M. C. Southey, G. G. Giles, D. R. English, J. L. Hopper, J. K. Olynyk, L. W. Powell, D. M. Gertig: Iron-overload-related disease in HFE hereditary hemochromatosis. In: The New England Journal of Medicine. Band 358, Nummer 3, Januar 2008, S. 221–230, doi:10.1056/NEJMoa073286, PMID 18199861.
  30. M. Kelley, N. Joshi, Y. Xie, M. Borgaonkar: Iron overload is rare in patients homozygous for the H63D mutation. In: Canadian journal of gastroenterology & hepatology. Band 28, Nummer 4, April 2014, S. 198–202, doi:10.1155/2014/468521, PMID 24729993, PMC 4071918 (freier Volltext).
  31. HFE hemochromatosis, modifier of. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  32. Genetics Home Reference
  33. J. Milet, V. Dehais, C. Bourgain, A. M. Jouanolle, A. Mosser, M. Perrin, J. Morcet, P. Brissot, V. David, Y. Deugnier, J. Mosser: Common variants in the BMP2, BMP4, and HJV genes of the hepcidin regulation pathway modulate HFE hemochromatosis penetrance. In: American Journal of Human Genetics. Band 81, Nummer 4, Oktober 2007, S. 799–807, doi:10.1086/520001, PMID 17847004, PMC 2227929 (freier Volltext).