Hallstätter Gletscher

Gletscher im Dachsteingebirge in Oberösterreich

Der Hallstätter Gletscher (in früherer Zeit auch Karleisfeld genannt) ist der größte Gletscher des Dachsteinmassivs.

Hallstätter Gletscher
Hallstätter Gletscher im Jahr 2008
Hallstätter Gletscher im Jahr 2008

Hallstätter Gletscher im Jahr 2008

Lage Oberösterreich
Gebirge Dachsteingebirge
Typ Gebirgsgletscher
Länge 2,1 km (2011)[1][2]
Fläche 3,58 km² (1987)[3]
Exposition Nordost
Höhenbereich 2910 m ü. A. – 2080 m ü. A. [1]
Eisdicke ⌀ 33 m; max. 92 m (1987)[3]
Eisvolumen 0,118 km³ (1987)[3]
Koordinaten 47° 28′ 47″ N, 13° 36′ 41″ OKoordinaten: 47° 28′ 47″ N, 13° 36′ 41″ O
Hallstätter Gletscher (Oberösterreich)
Hallstätter Gletscher (Oberösterreich)
Entwässerung WaldbachTraun
 
Hallstätter Gletscher 1890

Der Hallstätter Gletscher erstreckt sich direkt unterhalb des nördlichen Fußes des Dachsteingipfels bis zu den Eisseen unterhalb der 2205 m hoch gelegenen Simonyhütte. Östlich wird der Hallstätter Gletscher durch den Hohen Gjaidstein begrenzt. Am Zungenende westlich durch den Schöberl (2426 m) markant abgeschlossen, oberhalb durch die Ostflanke des Süd-Nord-Zugs des Hohen Kreuzes mit 2837 Metern begrenzt. Im obersten Drittel ist der markante Orientierungspunkt Eisstein vom Gletscher umflossen. An seiner Wurzel im Süden ist er auch vom Hunerkogel und den Dirndln abgegrenzt.

Als typischer Karstgletscher hat der Hallstätter Gletscher keinen oberirdischen Abfluss, das Schmelzwasser wird über ein unterirdisches Höhlensystem abgeführt. Ein Großteil davon tritt am Waldbachursprung wieder zu Tage und fließt über den Waldbach dem Hallstätter See und damit der Traun zu.[4]

Gletscherstände

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Vor rund 18.000 Jahren hatte die große WürmEiszeit ihren letzten Höchststand. Das gesamte südliche Salzkammergut wurde von einem Eisstromnetz durchzogen. Die Endmoränen dieser Kaltzeit bilden einen nahezu geschlossenen Zug von Traunkirchen bis Gmunden. Mehrere Male kam es im Spätglazial noch zu Klimaverschlechterungen, der Zerfall des Eisstromnetzes wurde von kurzen Vorstößen aber nur unterbrochen.

Um 10.000 vor heute (Ende des Spätglazials – Beginn des Postglazials) hatten sich die Dachsteingletscher auf das Plateau „Am Stein“ zurückgezogen. Eine nochmalige Unterbrechung des Abschmelzvorganges mit aktivem Gletscherverhalten wird in den Alpen als „Egesenstand“ bezeichnet. Da am Dachstein – sicher geländebedingt – keine eindeutigen Moränen dieses Vorstoßes vorhanden sind, muss dieser Gletscherstand rechnerisch rekonstruiert werden. Bei einem Schneegrenzniveau von rund 2200 m dürfte der damalige Hallstätter – Plateaugletscher eine Gesamtfläche von rund 1370 ha eingenommen haben, davon 820 ha im Nähr- und 550 ha im Zehrgebiet.

Vermutlich nur einige hundert Jahre später hatte sich der Hallstätter Gletscher in das Taubenkar zurückgezogen, in den großen Dolinen wie der Zirmgrube lagerten wahrscheinlich noch Toteiskörper, die beim endgültigen Abschmelzen „Pseudomoränen“ hinterließen. Nur ein im Süden des Taubenkars erkennbarer Wall, auf dem sich auch die Reste der verfallenen Taubenkar-Alm befinden, zeugt von einem Vorstoß oder einer längeren stationären Phase des Gletschers (Taubenkarstand).

Moränen, die durchschnittlich 30 m außerhalb der 1850er Moränen am Ostabhang des Taubenriedels einsetzen und parallel zu diesen ins Obere Taubenkar hinabziehen, wurden in der älteren Literatur dem frührezenten Fernau-Stadium zugeschrieben, müssen aber ein deutlich höheres Alter haben, da zwischen diesen beiden Moränenzügen mehrere Karsttische mit Sockelhöhen bis zu 5 cm beobachtet werden können[5]. Diese auf vegetationsfreien Kalkschliffböden entstandenen Karsttische stellen eine Besonderheit dar. Dabei „schützen“ Felsblöcke den Untergrund vor mechanischer und chemischer Erosion, ein Sockel entsteht. Dieses Phänomen, das vielfach auf Gletschern beobachtet werden kann und als Gletschertisch bezeichnet wird, benötigt im Gestein mehrere Jahrtausende Entstehungszeit. Je nach Kalkbeschaffenheit, Lage und Exposition kann als Richt- bzw. Grobwert ca. 1 cm in 1000 Jahren angegeben werden. Das Vorhandensein von Karsttischen mit den erwähnten Sockeln bis zu 5 cm im Bereich zwischen den 1850er Moränen und den Moränen des Taubenriedlstandes beweist nun, dass dieses Gelände seit mehreren Jahrtausenden eisfrei gewesen sein muss, der sog. „Taubenriedelstand“[6] würde demnach auf einen Vorstoß (Gletscherschwankung) vor rund 4000 bis 6000 Jahren hinweisen[7].

Um 1600 verschlechterte sich das Klima erneut („Kleine Eiszeit“), es kam zu mehreren Vorstößen, der Hallstätter Gletscher erreichte schließlich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts (1856-er Stand) seine größte Ausdehnung seit mehreren Jahrtausenden. Der anschließende Rückzug, nur unterbrochen von einem kurzen Vorstoß um 1920, ist v. a. durch die Forschungen und Zeichnungen von Friedrich Simony dokumentiert.[8]

Wie bei der überwiegenden Zahl der österreichischen Gletscher ist seine Längenausdehnung seit mehreren Jahren rückläufig, von 2014 auf 2015 ging er im Durchschnitt um 21,7 m zurück, wobei die Zunge sich um 41,8 m verkürzte.[9]

Literatur

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  • Rainer Hochhold (1978): Die Gletscher der Dachsteingruppe. Geogr. Institut der Universität Innsbruck, 1978 (Digitalisat: Die Gletscher der Dachsteingruppe).
  • Ingrid Kretschmer (2004): Friedrich Simony – Erforscher des Karls-Eisfeldes. Dachstein (Oberösterreich). In: Wiss. Alpenvereinsh. 38, S. 2004, S 31–73 (im Heft auch weitere Artikel zu den Dachsteingletschern, u. a.: K. Brunner: Die Karte „Das Karls-Eisfeld“ im Kontext erster exakter Gletscherkarten. S. 9–30, Beilage).
  • Roman Moser (1954): Die Vergletscherung im Dachstein und ihre Spuren im Vorfeld. Geogr. Institut der Universität Innsbruck.
  • Roman Moser (1954): Der Hallstätter Gletscher – heute der größte Gletscher der Nördlichen Kalkalpen. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 8 (1954) 1–2, S. 103 (Digitalisat (ooegeschichte.at [PDF; 184 KB])).
  • Friedrich Simony (1895): Das Dachsteingebiet. Ein geographisches Charakterbild aus den Österreichischen Nordalpen. Verlag Ed. Hölzl, Wien.
  • Herbert Weingartner (Hrsg.) (2006): Lehrpfad Hallstätter Gletscher – Ein Begleiter durch die Gebirgslandschaft am Dachstein. Atelier Tintifax, Breitenfurt.
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Commons: Hallstätter Gletscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b WGMS: Fluctuations of Glaciers Database. World Glacier Monitoring Service, Zurich 2012 (doi:10.5904/wgms-fog-2012-11), abgerufen am 7. Februar 2013.
  2. M. Mergili: Zusammenstellung der Längenänderungen der österreichischen Gletscher 1970–2013. ( online (Memento des Originals vom 27. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mergili.at). Basierend auf: Österreichischer Alpenverein: Gletscherberichte. Sammelberichte über die Gletschermessungen des Österreichischen Alpenvereins in den Jahren 1971 bis 2011. Zusammengestellt von H. Kinzl, G. Patzelt, A. Fischer. In: Mitteilungen des Österreichischen Alpenvereins/Bergauf. Band 27–67. Abgerufen am 30. April 2013.
  3. a b c Universität Wien, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: Seismische Eisdickenmessungen österreichischer Gletscher. In: Archiv für Lagerstättenforschung der Geologischen Bundesanstalt. Wien 1987, Band 8, S. 27f (zobodat.at [PDF; 320 kB]).
  4. Alfred Mayr: Das Hallstätter Trinkwasser. Hydrogeologische Studien aus dem Dachsteingebiet. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. 101. Band, Linz 1956, S. 319–332 (ooegeschichte.at [PDF; 3,3 MB]).
  5. Hochhold, Rainer (1978) S. 93f.
  6. Hochhold, Rainer (1978) S. 92.
  7. Zur Einordnung der Gletscherstände am Taubenriedel: Hochhold, Rainer (1978) S. 88–96. In Frage kommende Äquivalente zum Taubenriedel-Stand wären die „Löbbenschwankung“ (3500 – ca. 3100 BP), die „Rotmoosschwankung“ (5300 – 5500 BP) oder die „Frosnitzschwankung“ (6600 – 6000 BP). Vgl. dazu: Patzelt, Gernot (1973): Die postglazialen Gletscher- und Klimaschwankungen in der Venedigergruppe. Zeitschrift für Geomorphologie, Supplementband 16 S. 58–66.
  8. Hochhold, Rainer (1978) S. 109ff.
  9. Gletscherbericht des ÖAV, Februar 2016.