Das Hammerbalken-Gewölbe (englisch: hammerbeam roof) ist eine in England zu findende offene hölzerne Dachkonstruktion.

Darstellung eines Hammerbalken-Daches von 1908 mit Hammerbalken „a“, gebogenen Streben „b“ und „c“ und Sparren „d“
Westminster Hall im frühen 19. Jahrhundert
Das neue Hammerbalken-Gewölbe im Großen Saal in Stirling Castle

Beschreibung

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Da der cruck als Gurtbogen im englischen Dachwerksbau nur aus einem Holz bestand, fanden seine Möglichkeiten ihre natürliche Grenze bei der Überspannung größerer Weiten. Hier mussten mehrere Elemente zusammenwirken und so entstand im 14. Jahrhundert die „Hammerbalken-Decke“. Das Grundprinzip liegt in einer etagenförmig sich nach oben verkleinernden Entfernung zwischen jeweils in sich versteiften Holzverbänden, die an der Spitze mit einem Bogen verbunden sind. Entscheidend ist das unterste Element, auf dem das ganze Gerüst ruht. Es hat als einziges eine Verbindung zur Außenmauer. Sorgfältige Verzapfungen und ein fester Dreiecksverband sicherten die Konstruktion.

Das Hammerbalken-Dach ist ein offenes Dachwerk, bei dem „die effektive Spannweite durch horizontale, in den Raum hineinragende Hebelarme reduziert wird, die durch geschwungene Winkel gestützt sind, welche ihrerseits auf Kragsteinen aufliegen“.[1]

 
Doppelte Hammerbalken-Decke in der Kirche St Wendreda in March, Cambridgeshire

Eine zeitweise versuchte „Doppel-Hammerbalken-Decke“ erwies sich als wenig stabil und setzte sich nicht durch. Ein Beispiel für diese Bauweise ist die Decke der Pfarrkirche St Wendreda (um 1500) in March, Cambridgeshire.

Im nördlichen Querschiff der Kathedrale von Ely gibt es ein in allen Teilen dekoriertes Dachwerk, bei dem die Hammerbalken in Form von Engeln geschnitzt sind, wie in vielen Decken dieser Art. Auffallend ist hier, dass die Gliederung des hölzernen Daches nicht mit der der Steinwand übereinstimmt, sondern beide sich in ihrem Rhythmus eher stören. Der Tragebalken der Hammer-Verbindung wurde zeitweise über Gebühr verlängert und verziert.

Die lange Tradition in Holzkonstruktionen wurde im 14. Jahrhundert mit zwei außergewöhnlichen Leistungen gekrönt: dem Oktogon und der Laterne in der Kathedrale von Ely und der großen Halle Richards II. im Londoner Palace of Westminster. Diese Halle, erbaut 1395/96, überspannt eine Fläche von 72 × 20 Metern mit der von Hugh Herland konstruierten, heute ältesten erhaltenen Hammerbalken-Decke. Da die Konstruktion umso stabiler ist, je tiefer der Punkt liegt, an dem alle angreifenden Gewichtskräfte übertragen werden, wurde er in Westminster auf die halbe Wandhöhe heruntergezogen, so dass in die Dachkonstruktion sogar die Fenster optisch eingezogen wurden. Diese Konstruktion allein wäre aber nicht imstande gewesen, eine solche Weite zu überspannen. Herland griff daher zu einem neuen Mittel: Er kombinierte den Hammerbalken mit dem cruck, dem „hölzernen Gurtbogen“, indem er ihn als Überfangbogen den Tragbalken des Hammer-Systems überkreuzen ließ und dem aufgesetzten Spitzbogen im oberen Drittel anglich und mit ihm verband. Die Fläche zwischen den Bögen und über dem Überfangbogen wurde mit hölzernem Maßwerk gefüllt, das sich an entsprechenden Formen des Mauerwerks orientierte und zugleich die ganze Konstruktion stabilisierte.

Zur Entwicklung des Holzbaus in englischen Kathedralen

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Zur geschichtlichen Herleitung und zur Erklärung der hölzernen Kathedralgewölbe muss auf die Mönchskloster der Jahrtausendwende zurückgegangen werden, die heute eine Hauptquelle unseres Wissens über die zeitgenössischen bautechnischen Fähigkeiten darstellen. Das Grundschema mit Halle, Seitenschiffen und steilem Dach war über tausend Jahre unverändert geblieben, doch verbesserte sich die Zimmermannskunst in der weniger augenfälligen Wandlung von groben, gebundenen Holzkonstruktionen zur Kombination stabiler Dreiecksverbände und Schiftungen.

Der Entwicklung zu einem offenen Dachstuhl folgte eine Zeit, in der die Bürger der reich gewordenen mittelalterlichen Städte ihre Gemeindekirchen und Gildenhäuser zwar nicht mit teuren Steingewölben ausrüsten wollten, wohl aber darauf bestanden, dass der Dachstuhl attraktiv gestaltet und bemalt oder mit einer Verschalung verdeckt wurde (wie etwa im Langhaus der Kathedrale von Ely). Die Zimmerleute verzichteten auf Ankerbalken trotz ihrer konstruktiven Vorteile, weil sie den Kopfraum beeinträchtigten, und schufen Konstruktionen, die eine Überhöhung des Gewölberaumes weit in den Bereich des Dachstuhls hinein ermöglichten, ähnlich dem deutschen Schwerterdach (scissors truss with a collar).

Solange die Dächer eine starke Neigung aufwiesen, ließ sich diese Lösung ohne Schwierigkeiten durchführen. Nachdem aber im Laufe des 14. Jahrhunderts statt Schiefer Blei als Dachhaut verwendet wurde, erzwang das erhöhte Gewicht eine starke Senkung der Dachneigung und damit eine Erniedrigung der Dachstuhlhöhe. Um für dieses flache, aber trotzdem noch schwere Dach eine hinreichende Stabilität zu erreichen, griff man notgedrungen doch zum Ankerbalken. Die englischen Zimmerleute machten aus der Not eine Tugend und erhoben die Ankerkonstruktion zum dominierenden optisch-ästhetischen Eindruck.

Auf dem leicht gekrümmten, schweren Tragbalken wurde ein Hauptpfosten und ein Gitter von vertikalen Strebebalken verankert, das die Dachstuhlpfette und die Sparren trug. Die gebogenen Zuganker, die aus der Wand hervortraten, dienten als konsolenartige Träger und reduzierten die effektive Spannweite des Tragebalkens. Sie erreichten damit ein flaches, aber stabiles Holzgerüst, das mit schwerem Material große Weiten überspannte und dabei die Komplexität früherer Holzdächer vereinfachte.

Die englischen Zimmerleute wurden mit der Handhabung dieser technischen Form so vertraut, dass sie die frühen Mauergewölbe in ihren Holzdächern nachahmen konnten (dabei behandelten sie das Holz, als ob es Stein wäre, siehe etwa das Netzgewölbe des Langhauses im York Minster). Die Schwert-Verbindungen mit den Hauptbalken wurden über dekorativer Verschalung verborgen, wie etwa im Hauptschiff der Kathedrale von Ely, im Chor der Kathedrale von Peterborough und im Chor der Kathedrale von Winchester.

Literatur

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  • James H. Acland: Medieval Structure. The Gothic Vault. University of Toronto Press, Toronto 1972.
  • Issam Eldin Abdou Badr: Vom Gewölbe zum räumlichen Tragwerk. Akeret, Dielsdorf 1962 (Dissertation).
  • Franz Hart: Kunst und Technik der Wölbung. Callwey, München 1965.
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Commons: Hammerbalken-Gewölbe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Wim Swaan: Kunst und Kultur der Spätgotik. Die europäische Bildkunst und Architektur von 1350 bis zum Beginn der Renaissance. Herder, Freiburg 1978, ISBN 978-3-451-17928-0, S. 219.