Hans Michel (Grafiker)
Hans Michel (* 14. August 1920 in Weimar; † 7. Juni 1996 in Hamburg) war ein deutscher Grafiker und Grafikdesigner, bekannt für seine Plakatkunst.
Leben und Herkunft
BearbeitenHans Michel wurde als Sohn des Künstlerehepaares Ella Bergmann-Michel (1895–1971) und Robert Michel (1897–1983) geboren. Beide zählen zu den Konstruktivisten und gelten als Pioniere der Bildcollage. Hans Michel wuchs in Eppstein-Vockenhausen im Taunus auf, wo seine Eltern in den frühen 1920er Jahren in der familieneigenen Mühle „die Schmelz“ ihre Ateliers eingerichtet hatten. Gleichzeitig war die Schmelzmühle Eppstein Treffpunkt eines großen Freundeskreises von Künstlern, zu denen unter anderen Kurt Schwitters, Willi Baumeister, László Moholy-Nagy, Jan Tschichold, Hans Richter, El Lissitzky, Joris Ivens, Dziga Vertov zählten. In Vorbereitung auf ein Ingenieurstudium begann Hans Michel 1937 eine Schlosserlehre, die 1939 durch den Kriegsdienst abgebrochen wurde. Am Ende des Krieges geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1947 begann er ein Studium an der Werkkunstschule Offenbach am Main in den Bereichen Wandmalerei, Lithografie und Gebrauchsgrafik. Noch während des Studiums arbeitete er als selbstständiger Grafiker in Offenbach in einer Ateliergemeinschaft mit Günther Kieser.
1963 wurde Hans Michel als Professor für Gebrauchsgrafik an die Hochschule für bildende Künste Hamburg berufen. 1971 heiratete er die Künstlerin Sünke Michel. 1971 wurde Sohn Philipp Michel geboren. Hans Michel starb am 7. Juni 1996 in Hamburg.
Ateliergemeinschaft Michel+Kieser
BearbeitenMit dem Studienkommilitonen Günther Kieser (* 1930) gründete Hans Michel eine Ateliergemeinschaft in Offenbach/Main (1953–1964). Hans Michel und Günther Kieser haben sich gegenseitig beraten, jedoch eigenständig gearbeitet. Sie zeichneten ihre Arbeiten mit „Michel+Kieser“. Dennoch können die meisten der Arbeiten eindeutig Hans Michel bzw. Günther Kieser zugewiesen werden. Ihr grafisches Werk umfasst u. a. Plakate, Broschüren, Bücher, Programmhefte, Schallplattenhüllen, Briefmarken, Anzeigen, Signets und Ausstellungsgestaltung. Sie arbeiteten für den Hessischen Rundfunk, die Deutsche Bundespost, die Stadt Frankfurt, die Konzertagentur Lippmann+Rau, für Atlas-Film, die Neue FilmKunst, die Expo in Frankfurt a. M. und andere. Sie entwarfen Erscheinungsbilder für Theater, Konzerte, Film, Rundfunk, städtische Einrichtungen, Messen und die pharmazeutische Industrie.
Plakatausstellungen: 1957 Triennale in Mailand; 1958 Photokina Köln (Auszeichnung), 1958 Dublin, 1959 Hilversum, 1959 Baghdad, 1960 Neu-Delhi, 1960 s’Hertogenbosch[1]; „Das beste deutsche Plakat“: 1958 Bamberg, 1959 München, 1960 Bremen[1]; 1964 Documenta III Kassel; 1988/89 Kassel, Frankfurt a. M., Wetzlar, Bensheim, Fulda, Wiesbaden[2]; 2007 Filmmuseum Düsseldorf, 2007/2008 Deutsches Filmmuseum Frankfurt a. M.[3]
Veröffentlichungen: „camera“[4]; „Graphis“[5]; „Gebrauchsgraphik“, „Graphis-Annual“, „Werk und Zeit“, „Der Polygraph“, „Idea“, „Impact“, div. Tageszeitungen u. a.[6]; Katalog „Programm im Plakat“ [2]; Katalog „FilmKunstGrafik“[7]; Atlas Filmhefte[8]; „Kieler Woche“[9].
Hans Michel zugewiesene Arbeiten (Auswahl)
Bearbeiten- 1956 Grundform des noch heute gültigen "Posthorns" (ohne Pfeile) im Auftrag der Deutschen Bundespost.
- Etwa ein Jahr später: das Logo für die "Öffentlichen Fernsprecher".
- 1961/62 Briefmarkenserie „Bedeutende Deutsche“ (16 Werte) für die Deutsche Bundespost.
- 1960 Gestaltung der Bücher „movens“[10] und „Frankfurt und sein Theater“[11]
- 1963 Gestaltung des Fotobandes „Großstadt“[12] (für die Fotografin und Freundin Abisag Tüllmann).
- Briefmarkenentwürfe
Gruppe „novum“
Bearbeiten1958 gründete sich die später einflussreiche Gruppe „novum“, eine Gesellschaft für „neue Grafik mbH“. Gründungsmitglieder waren: Karl Oskar Blase, Dorothea Fischer-Nosbisch, Fritz Fischer, Hans Hillmann, Günther Kieser, Helmut Lortz, Hans Michel, Erika Müller und Wolfgang Schmidt. 1960 stellte die Gruppe „novum“ ihre Arbeiten im Landesmuseum Darmstadt[13] und 1962 im Kasseler Kunstverein[14] aus. 1961 gestalteten Hans Michel und Günther Kieser gemeinsam mit novum-Mitgliedern die deutsche Abteilung zum Thema „Berufsausbildung in der BRD“ für die Weltausstellung in Turin.[15]
Professur in Hamburg
Bearbeiten1963 wurde Hans Michel Professor für Gebrauchsgraphik an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg (Veröffentlichung von Studentenarbeiten[16]). Zusammen mit Kurd Alsleben, Hans Andree, Kilian Breier, Mathias Lehnhardt und Gerd Roscher gründete er Anfang der 1970er-Jahre den „Fachbereich Visuelle Kommunikation“, um ein fächerübergreifendes Projektstudium im Medienverbund einzurichten[17].
Studienprojekte (zusammen mit Hans Andree, 1966–1974 Assistent): u. a. 1968 das „Bauzaunprojekt am Jungfernstieg“, 1969 die Entwicklung von Erscheinungsbildern für die „Hamburger Bautage“, 1970 das Projekt „Numerus Clausus“. 1970 erhielten die Studenten das Lichtwark-Stipendium (Lichtwark-Preis). 1972 Gestaltung der Ausstellung „Olympiade 72“ im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg in Zusammenarbeit mit Herbert Hoffmann.
Weitere Studienprojekte: 1979 Wandzeitung und Buch „Bürgerinitiative zur Erhaltung der Frauenklinik Finkenau“[18], 1982 zehn Plakate für die „Ärzte gegen den Atomkrieg“, 1983 „Friedenskalender“[19]. Weitere Projekte: siehe Materialverlag der HfbK, Katalog.
Ateliergemeinschaft Sünke+Michel
BearbeitenSeit 1970 arbeitete Hans Michel zusammen mit Sünke Michel (Künstlerin *1942) in einer Ateliergemeinschaft (sie zeichneten ihre Arbeiten mit Sünke+Michel). U. a. entstanden Plakate für das Kommunale Kino und das Museum der Arbeit Hamburg, das Stadttheater Lüneburg, das Stadtteilarchiv Ottensen, die Karl-Schneider-Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe und „Kinderarbeit ist verboten“ für die Arbeitsschutz-Ausstellung in Dortmund (DASA).
Weitere Projekte: u. a. 1978 Beitrag zum pädagogischen Konzept „Wir suchen nach Wegen“[20], 1980 Ausstellungstafeln und Mappe im Rahmen des „Dulsberg-Projekts“: „Von sozialistischer Hoffnung zur Kleinbürgerwelt“ (in Zusammenarbeit mit Goerd Peschken, Eberhard Pook und Dieter Mielke)[21], 1981 Buch und Ton-Dia-Schau: „Konkurs der Schiffsschraubenfabrik Theodor Zeise“ (zusammen mit dem Fotografen Dieter Mielke)[22], 1979/80/81 künstlerische Aktionen im städtischen Raum zur Unterstützung von Gewerkschaften, Künstler für den Frieden, Bürgerinitiativen und Demonstrationen u. a. mit hintereinander gekoppelten Drachen als Schriftträger.
Veröffentlichungen: „projekt“ Heft 1 von 1990.[23]
Sammlungsbestände
BearbeitenPlakate von Michel+Kieser und Sünke+Michel befinden sich in den Sammlungen und Museen:
- Muzeum Plakatu w Wilanowie, Warschau
- Museum für Gestaltung, Zürich[24]
- Deutsches Plakat Museum, Essen
- Werkbundarchiv, Berlin
- Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Berlin
- Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
- Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
- Sprengel Museum, Hannover
- Museum der Arbeit, Hamburg
- Stedelijk Museum, Amsterdam
Literatur
Bearbeiten- novumgraphik. Karl Oskar Blase, Dorothea + Fritz Fischer Nosbisch, Hans Hillmann, Helmut Lortz, Hans Michel + Günther Kieser, Erika Müller, Wolfgang Schmidt. (Katalog z. Ausstellung im Hess. Landesmuseum, Darmstadt, vom 5. November – 26. Dezember 1960)
- documenta III. Internationale Ausstellung. Katalog: Band 1: Malerei und Skulptur; Band 2: Handzeichnungen; Band 3: Industrial Design, Graphik; Kassel/Köln 1964
- 25 Jahre Filmplakate in Deutschland 1950–1975. Katalog zur Ausstellung (Juli–August 1975), Kunstbibliothek Berlin Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz (anlässlich der 25. Internationalen Filmfestspiele Berlin).
- Walter Amstutz (Hrsg.): Who's who in Graphic Art. De Clivo Press, Düsseldorf 1982, ISBN 3-85634-779-8.
- Jens Müller, Karen Weiland (Hrsg.): FilmKunstGrafik – Ein Buch zur neuen deutschen Filmgrafik der 1960er Jahre. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung. Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-88799-044-2.
Weblinks
Bearbeiten- Fotobücher in novum-Grafik http://www.fotokritik.de/artikel_119_mobil.html
- Revolutionäre Filmplakate http://www.spiegel.de/einestages/revolutionaere-filmplakate-a-949596.html
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b „novumgraphik“, Katalog zur Ausstellung, Hessisches Landesmuseum (Hrsg.), Darmstadt 1960, S. 56.
- ↑ a b „Programm im Plakat, 40 Jahre Hessischer Rundfunk“, Katalog und Ausstellung, Hessischer Rundfunk (Hrsg.), Frankfurt a. M. 1988.
- ↑ „FilmKunstGrafik“, Deutsches Filmmuseum Frankfurt a. M., 2007.
- ↑ „Film-Plakate heute“, „Camera“, Nr. 5, 1966, S. 40ff.
- ↑ „Hessischer Rundfunk“, „Graphis“, Nr. 129, 1967, S. 60ff"
- ↑ „novumgraphik“, Katalog zur Ausstellung, Hessisches Landesmuseum (Hrsg.), Darmstadt 1960, S. 54/55.
- ↑ „FilmKunstGrafik. Ein Buch zur neuen deutschen Filmgrafik der sechziger Jahre“, Katalog zur Ausstellung, Deutsches Filmmuseum Frankfurt a. M. (Hrsg.), Frankfurt a. M. 2007, S. 250ff.
- ↑ „100 Filmplakate“, Atlas Film (Hrsg.), Duisburg 1965.
- ↑ „Kieler Woche“, „Geschichte eines Designwettbewerbs“; Jens Müller und Karen Weiland (Hrsg.); Lars Müller Publishers, 2010; S. 3, S. 28, S. 112, S. 119.
- ↑ „movens“. Dokumente und Analysen zur Dichtung, bildenden Kunst, Musik, Architektur. Franz Mon (Hrsg.), Limes Verlag, Wiesbaden 1960
- ↑ „Frankfurt und sein Theater“, Verlag Waldemar Kramer, 1960
- ↑ „Großstadt“. Abisag Tüllmann (Fotos), Richard Kirn (Text), 294 Bilder aus Frankfurt, Societäts-Verlag, Frankfurt a. M., 1963.
- ↑ „novumgraphik“, Hessisches Landesmuseum (Hrsg.), Darmstadt 1960
- ↑ „novumgraphik“, Katalog zur Ausstellung, Kasseler Kunstverein, Kassel 1962
- ↑ „Internationale Arbeitsausstellung Turin 1961“, „Der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland“, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), o. D.
- ↑ „Format“, Zeitschrift für visuelle Kommunikation, „Thema Ausbildung“, 4. Vierteljahr 1967, S. 46ff. (Rückblick Hans Michels auf die ersten Jahre an der HfbK.) Im selben Heft: Hans Michel „Orientierung im Stadtbahnverkehr“. Konzept für ein Orientierungssystem der Frankfurter Stadtbahn (zusammen mit Wolfgang Schmidt) S. 26ff.
- ↑ „material“ 5, 12, 15, 21, Studienreformkommission (Hrsg.), Materialverlag HfbK, 1972–1977
- ↑ „Bürgerinitiative zur Erhaltung der Frauenklinik Finkenau“, material 27, Materialverlag HfbK, 1979
- ↑ „Kalenderblätter“, material 50, Materialverlag HfbK, 1983
- ↑ „Wir suchen nach Wegen“, Fachbereich visuelle Kommunikation (Hrsg.), material 34, Materialverlag HfbK, 1978
- ↑ „Von sozialistischer Hoffnung zur Kleinbürgerwelt“, material 42b, Materialverlag HfbK, 1980
- ↑ „Zeise–Konkurs“, Adolff Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg Altona 1981
- ↑ „projekt“. „Sztuka Wizualna i Projektowania Viszal art Et Design“, Heft 1, 1990, S. 50ff
- ↑ Plakate von Hans Michel. In: Archiv Zürcher Hochschule der Künste. Museum für Gestaltung Zürich, abgerufen am 18. September 2021.
Personendaten | |
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NAME | Michel, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Grafiker |
GEBURTSDATUM | 14. August 1920 |
GEBURTSORT | Weimar |
STERBEDATUM | 7. Juni 1996 |
STERBEORT | Hamburg |