Hanshugo Nehmiz

deutscher Archivar und Historiker

Hanshugo Hermann Wilhelm Reinhard Nehmiz (* 4. Januar 1909 in Zobten, Landkreis Breslau, Provinz Schlesien; † 27. Oktober 1945) war ein deutscher Archivar und Historiker.

Er wurde als Sohn des promovierten Mediziners und praktischen Arztes Johannes Nehmiz (* 1876) und seiner Ehefrau Else, geborene Banke, in Schlesien geboren.[1] Sein Onkel war der evangelische Pfarrer an der Kreuzkirche in Berlin-Schmargendorf Hugo Nehmiz (1879–1967)[2], der sich als Angehöriger der innerkirchlichen Opposition gegen die Deutschen Christen in der evangelischen Kirche zur Wehr setzte.[3] Sein Großvater Karl Gustav Adolf Hugo Nehmiz (1845–1903) wirkte als Domprediger sowie Konsistorialrat in Magdeburg und zuletzt als Generalsuperintendent in Breslau.[4]

Nehmiz besuchte ab 1918 das Gymnasium im oberschlesischen Kreuzburg und von 1919 bis zum Abitur das städtische Evangelische Gymnasium in Liegnitz.[1] In den Jahren 1927 bis 1929 studierte er evangelische Theologie an den Universitäten in Breslau, Tübingen[5] und Berlin. Nach einem Studienwechsel zum Wintersemester 1929/30 studierte er auf Lehramt, dabei insbesondere Geschichte, Deutsch sowie Latein, in Berlin und Breslau. An der Philosophischen Fakultät der Universität Breslau legte er am 7. April 1937 das Examen rigorosum in den Fächern Geschichte und Deutsch ab.[1] Auf dem Gebiet der historischen Hilfswissenschaften genoss er die Ausbildung durch den seit 1929 an der Universität Breslau tätigen Historiker Südtiroler Herkunft Leo Santifaller. Von diesem bekam er die Anregung für die 1937 eingereichte Dissertation Untersuchungen über die Besiegelung der schlesischen Herzogsurkunden im 13. Jahrhundert. Die Doktorarbeit entstand im Zusammenhang mit den von Santifaller geleiteten Arbeiten am „Schlesischen Urkundenbuch“.

Zu den Hobbys des angehenden Archivars zählte das Sammeln von Siegeln und Gegenständen der Volkskunst Schlesiens.[1]

Ende der 1930er Jahre nahm Nehmiz an einem Lehrgang des Preußischen Instituts für Archivwissenschaft in Berlin-Dahlem teil, um sich u. a. geschichtswissenschaftlich weiter fortzubilden. Die Grundausbildung in den geschichtlichen Hilfswissenschaften hatte er bei Leo Santifaller absolviert.[1]

Zuletzt wurde Nehmiz vom Staatsarchivassessor zum Staatsarchivrat befördert und hatte seine Wirkungsstätte in Kattowitz.[6] Die Geschichte dieses Archivs geht auf das Jahr 1932 zurück, als dort im polnischen Teil Oberschlesiens das staatliche historische Archiv mit dem Namen Archiwum Akt Dawnych Województwa Śląskiego (Archiv Alter Akten der Wojewodschaft Schlesien) entstand und heute als Archiwum Państwowe w Katowicach (Staatsarchiv in Kattowitz) besteht. Hans Hugo Nehmitz wird in der polnischen Fachliteratur als Mitarbeiter des Staatsarchivs in Kattowitz im Jahr 1942 erwähnt.[7] Im Zuge der Schaffung einer eigenen Provinz Oberschlesien nach der deutschen Besetzung Polens 1939 wurde zunächst aus dem Archiv in Kattowitz eine Abteilung des Breslauer Staatsarchivs und sie erhielt dann im Zusammenhang mit der wieder geschaffenen Provinz Oberschlesien den Status eines eigenständigen Staatsarchivs.[8]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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Hanshugo Nehmiz trat als geschichtswissenschaftlicher Fachautor nur mit einigen Publikationen in Erscheinung:

  • Untersuchungen über die Besiegelung der schlesischen Herzogsurkunden im 13. Jahrhundert (= Forschungen zum schlesischen Urkundenbuch. Band 1 [Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Schlesien, Reihe 2, Bd. 1]). Priebatschs Buchhandlung, Breslau 1939 (Digitalisat).[9]
  • Bäuerlicher Hausrat in Schlesien. In: Schlesische Heimat. 1940 [1941], S. 99–109, 16 Abb. (Digitalisat).
  • Der Nordosten des Regierungsbezirks Kattowitz. Ein geschichtlicher Überblick. In: Deutsche Monatshefte, 7 = 17 (1940/41), S. 419–436.
  • Siegel und Wappen der Stadt Liegnitz. Beiträge zu ihrer geschichtlichen Entwicklung. In: Theodor Schönborn (Hrsg.): Liegnitz 700 Jahre eine Stadt deutschen Rechts. Im Auftrage des Geschichts- und Altertumsvereins zu Liegnitz mit Unterstützung durch die Stadtverwaltung Liegnitz. NS-Gauverlag Schlesien, Breslau 1942, S. 33–55 [mit vier Tafeln: Abbildungen von Liegnitzer Stadtsiegeln], (Digitalisat) („Im Felde, den 4. November 1942“).
  • Neuschlesien. Das Dombrowaer Revier unter preußischer Herrschaft 1795–1807. In: Heimatkalender für die Kreise Bendsburg, Ilkenau und Sosnowitz 2 (1942), S. 61–68.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Lebenslauf. In: Untersuchungen über die Besiegelung der schlesischen Herzogsurkunden im 13. Jahrhundert. Phil. Dissertation, Breslau 1938, DNB 570950910.
  2. Pfarralmanach für die Kirchenprovinz Mark Brandenburg. Herausgegeben vom Evangelischen Konsistorium der Mark Brandenburg. Nach dem Stande vom 1. April 1939, S. 88.
  3. Klaus Keim, Oliver Reschke, Günter Wehner: Widerstand in Berlin gegen das NS-Regime 1933 bis 1945. Ein biographisches Lexikon. Band 5, Berlin 2012, ISBN 978-3-89626-905-8, S. 414.
  4. Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, Bd. 6, Leipzig 2007, ISBN 978-3-374-02138-3, S. 274, GND 1298306825
  5. Das Universitätsarchiv Tübingen hat seine Immatrikulation für das Sommersemester 1928 archiviert und abweichend zum Geburtsdatum 4. Januar 1909 im gedruckten Lebenslauf von Nehmiz zur 1937er Promotionsschrift mit 9. Januar 1909 erfasst. Deutsche Digitale Bibliothek, Archivaliensignatur Universitätsarchiv Tübingen, UAT 364/19555.
  6. Österreichische Staatsarchiv Archivinformationssystem: Nehmiz, Hanshugo, Parte-Zettel, bestimmt für seinen Doktorvater Leo Santifaller.
  7. Sylwia Grochowina: Cultural policy of the Nazi occupying forces in the Reich District Gdańsk-West Prussia, the Reaich District Wartheland, and the Reich District of Katowice in the years 1939-1945. Toruń 2017, ISBN 978-83-88693-73-1, S. 102 (Digitalisat).
  8. Marek Stażewski: Niemiecka polityka archiwalna na ziemiach polskich wła̜czonych do Rzeszy 1939–1945 [Deutsche Archivpolitik in den polnischen Reichsgebieten 1939–1945], Warszawa/Łódź 1991; Besprechung: Stefan Hartmann in Zeitschrift für Ost- und Mitteleuropa, Band 42, (1993), S. 446 [„In Kattowitz waren die Archivare Bruchmann, Nehmiz, Lachmann und Suhrow tätig.“]
  9. Der österreichische Historiker Heinrich Appelt äußerte sich 1962: „Wichtig für das gesamte 13. Jahrhundert ist die sphragistische Monographie von Hanshugo Nehmiz, Untersuchungen über die Besiegelung der schlesischen Herzogsurkunden des 13. Jahrhunderts.“ Heinrich Appelt, Weihnachten 1962, abgedruckt im Vorwort zum Schlesischen Urkundenbuch, Erster Band, S. X Anmerkung, Böhlau, Wien/Köln/Graz 1971, DNB 730220125.