Harald Dohrn

Sympathisant der Weißen Rose und Regimekritiker zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland

Harald Dohrn (geboren am 17. April 1885 in Neapel; gestorben am 29. April 1945 in München) war von 1914 bis 1935 geschäftsführender Gesellschafter des Festspielhauses Hellerau. Er war Sympathisant der Weißen Rose und Regimekritiker zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland.

 
Familie Dohrn 1905 in Neapel; stehend von links nach rechts: Reinhard (1880–1962), Boguslav (1875–1960), Wolf (1878–1914) und Harald (1885–1945); sitzend: Marie (1856–1918) und Anton Dohrn (1840–1909).

Er war einer der Söhne des Meeresbiologen Anton Dohrn und machte 1904 Abitur am Wilhelmsgymnasium München[1]. 1912 übernahm er an der Seite seines sieben Jahre älteren Bruders Wolf Dohrn die Leitung der „Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus von Émile Jaques-Dalcroze GmbH“ in Hellerau. Über die Hälfte der Einlagen in diese GmbH stammte von Wolf und Harald Dohrn.[2] Heute ist diese Bildungsanstalt unter dem Namen Festspielhaus Hellerau bekannt. Nach dem tragischen Tod von Wolf Dohrn 1914 und dem endgültigen Wegbleiben von Émile Jaques-Dalcroze im selben Jahr übernahm er als leitender Geschäftsführer die Verantwortung für die Bildungsanstalt und führte diese im Sinne ihrer Gründer weiter. Als aufgrund des Ersten Weltkrieges auch die ausländischen Schüler das Land verließen, musste die Schule geschlossen werden.

Harald Dohrn versuchte von da an unermüdlich, neue Mieter für die Gebäude der Bildungsanstalt zu finden. Dabei akzeptierte er nur Mieter, die mit seinen liberalen und humanistischen Überzeugungen vereinbar waren.[3] Weitgehend erfolglos bei dieser Suche, konnte er finanzielle Probleme, insbesondere ab 1933 nicht verhindern. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau, Johanna, verkaufte Harald Dohrn seine Anteile an der „Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze GmbH“ an den Mitgesellschafter, die „Gartenstadtgesellschaft Hellerau GmbH“ und zog 1935 von Hellerau nach München, wo er eine Ausbildung zum Heilgymnastiker begann.[4] In jener Zeit konvertierte er zum katholischen Glauben.[5] 1941 verlegte er seinen Wohnsitz nach Bad Wiessee am Tegernsee und gründete dort ein Sanatorium für „Reform- und Diätverpflegung“.

Seine Stieftochter Herta (1914–2016) heiratete 1941 Christoph Probst, der Mitglied der Weißen Rose war. Dohrn geriet als Sympathisant dieser Vereinigung und Regimekritiker ins Visier der NS-Justiz, wurde 1943 jedoch zunächst freigesprochen (im 3. Prozess gegen die Weiße Rose). 1945 beteiligte er sich gemeinsam mit seinem Schwager Hans Quecke an einem Aufruf der Freiheitsaktion Bayern. Er wurde jedoch von Hausangestellten denunziert und am 29. April 1945, kurz vor Einmarsch der Amerikaner, von einem SS-Kommando im Perlacher Forst erschossen. Harald Dohrn wurde 60 Jahre alt und ist auf dem Münchner Friedhof am Perlacher Forst bestattet.

Ehrungen

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Literatur

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  • Peter Pfister, Art.: Harald Dohrn und Hans Quecke, in: Helmut Moll (Hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Paderborn u. a. 1999, 8. erweiterte und aktualisierte Auflage 2024, ISBN 978-3-506-79130-6, Bd. I, S. 476–479.
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  • Harald Dohrn. In: Quellen zu »Weissen Rose« im Jahr 1943: Ein quellenkritisches Kompendium. Martin Kalusche, abgerufen am 18. November 2024.

Einzelnachweise

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  1. Jahresbericht über das K. Wilhelms-Gymnasium zu München. ZDB-ID 12448436, 1903/04.
  2. FESTSPIELHAUS HELLERAU (Memento vom 20. September 2011 im Internet Archive) Hans-Stefan Müller: Diplomarbeit 1996, S. 10.
  3. siehe Thomas Nitschke: Die Geschichte der Gartenstadt Hellerau. Hellerau Verlag, Dresden 2009, ISBN 978-3-938122-17-4, S. 73 f.
  4. Thomas Nitschke: Die Geschichte der Gartenstadt Hellerau. Hellerau Verlag, Dresden 2009, ISBN 978-3-938122-17-4, S. 125.
  5. Siehe Notker Hammerstein: Aus dem Freundeskreis der "Weissen Rose": Otmar Hammerstein – eine biographische Erkundung. Wallstein Verlag, 2014, S. 64.
  6. Helga Pfoertner: Mit der Geschichte leben. Bd. 1, Literareron, München 2001, ISBN 3-89675-859-4, S. 67–70 (PDF; 1,1 MB (Memento vom 28. April 2014 im Internet Archive)).