Heiliger Forst

Wald in Frankreich

Der Heilige Forst ist ein alter Name für den Hagenauer Forst (Forêt de Haguenau) im Unterelsass (Département Bas-Rhin). In Frankreich wurde er Forêt Sainte genannt. Früher wurde er auch als Hagenauer Reichswald bezeichnet, da er zu den reichsunmittelbaren Besitzungen im Elsass gehörte.[1] Er liegt 40 km westlich von Baden-Baden, etwa 30 km westlich des Rheins. Der Heilige oder Hagenauer Forst ist mit etwa 21.000 Hektar und einer Breite von etwa 30 km der größte zusammenhängende Wald im Elsass und der sechstgrößte in ganz Frankreich.[2]

Buschwindröschen im April im Heiligen Forst

Der Heilige Forst blieb als Waldfläche zwischen Pfaffenhofen (Pfaffenhoffen) im Westen, Bischweiler (Bischwiller) im Südosten und Selz (Seltz) im Nordosten erhalten, da sein Sandboden nicht fruchtbar genug für landwirtschaftliche Nutzung ist. Die Gegend nördlich davon heißt Outre-Forêt („jenseits des Waldes“). Das nördliche Hochufer des Modertales bildet die Südgrenze des Forstes.

Geschichte

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Trotz vereinzelter keltischer Hügelgräber sowie seltener Funde römischer Ziegel findet sich auf dem Gebiet des Heiligen Forstes keine Spur früherer zusammenhängender Ansiedelungen. Der Forst existierte als Grundeinheit bereits zur Zeit des Fränkischen Reiches und war vermutlich Königsgut. Durch Rodungen wurde er nach und nach verkleinert. Er stellte eine dichte Wildnis dar, die nur am Rhein sowie in den Vorbergen der Vogesen passiert werden konnte. Kaiser Heinrich II. räumte dem Straßburger Bischof Werner I. von Habsburg im Jahr 1017 den Wildbann ein.[3] Erstmals urkundlich erwähnt wird der Forst aber erst 1065.

Seinen Namen trägt er aufgrund der acht Klöster, die vom 6. bis 13. Jahrhundert in ihm oder um ihn errichtet wurden:

Teile des Forstes kamen als Schenkungen an diese Klöster, andere kamen in den Gemeindebann umliegender Orte. Neben den Kaisern aus dem Hause der Salier, die das alte Königsgut besaßen, waren die Grafen von Egisheim und die Grafen von Mömpelgard in den Allodialbesitz von je etwa einem Drittel des Forstes gekommen, wobei es nicht zu einer Realteilung kam, sondern die Nutzung und die Früchte des Waldes ideell gedrittelt waren. Der Egisheimer Anteil kam als Mitgift der Hildegard von Egisheim an deren Gemahl, den Staufer Friedrich von Büren. Der Mömpelgarder Anteil gelangte mit der gesamten Grafschaft Mömpelgard als Mitgift der Ermentrude von Burgund an deren Ehemann Dietrich von Mousson und später auf dem Erbweg an den Grafen Peter von Lützelburg und seine Söhne. Mousson und die Lützelburger stifteten die Klöster Biblisheim und Neubourg.

 
Die Kaiserpfalz Hagenau 1614, vor ihrer Zerstörung von 1687 (Nachzeichnung von 1904)

Aus dem Eigengut der Salier erbte wohl bereits Agnes von Waiblingen, die Tochter Kaiser Heinrichs IV., einen Teil und brachte diesen an ihren Gemahl Friedrich I. von Staufen, Herzog von Schwaben, der bereits den Egisheimer Anteil geerbt hatte. Den anderen Teil erbte ihr Bruder, Kaiser Heinrich V., der letzte Salier, der ihn nach seinem Tode 1125 seinem Neffen Friedrich II., Herzog von Schwaben, hinterließ. Damit war dieser Staufer zum Besitzer von zwei Dritteln des verbliebenen Wildbannforsts geworden. Er erbaute die spätere Kaiserpfalz Hagenau als Jagdschloss auf einer Insel im Fluss Moder und stiftete das Kloster Koenigsbruck. Jedoch verlor er zeitweise die Herrschaft über die elsässischen Besitzungen während seiner kriegerischen Auseinandersetzungen mit Kaiser Lothar III., in deren Zuge er ein Auge verlor. Friedrichs des Einäugigen Sohn, Kaiser Friedrich I. Barbarossa, baute das Jagdschloss seines Vaters zur Königspfalz aus, um die sich schließlich die Stadt Hagenau entwickelte. Barbarossa zwang das Kloster Neuburg, welchem Graf Reginald von Lützelburg 1143 seinen Drittel-Anteil am Heiligen Forst hinterlassen hatte, diesen gegen ein Hofgut Seinhoren zu tauschen. Infolge dieses Tausches war nunmehr Kaiser Friedrich Alleineigentümer des Forstes geworden. Was auf dem linken Ufer des linken Moderarmes lag, war fundum proprium des Kaisers, was spätere Urkunden betonen. Die Mönche notierten: „Er gab uns ein kleines Anwesen für ein riesiges Recht.“[4]

Der lichte Kiefern- und Eichenwald auf überwiegend sandigen Böden nahe den Rheinauen ist ein ideales Habitat für Rotwild. Deshalb wurde er ein bevorzugtes Jagdgebiet der staufischen Herzöge und späteren römisch-deutschen Könige und Kaiser. Hagenau wurde zur am häufigsten besuchten Pfalz der Staufer. Barbarossa war zwischen 1153 und 1189 neunmal in Hagenau, sein Enkel Friedrich II., der als König von Sizilien meist in Italien lebte, zog bei seinen Aufenthalten in Deutschland Hagenau allen anderen Kaiserpfalzen vor. Das milde Klima der Oberrheinischen Tiefebene mag dabei ebenso eine Rolle gespielt haben wie die vom Kaiser sehr geliebte Falkenjagd, für die der Heilige Forst und vor allem die Rheinauen mit ihrem Bestand an Graureihern und anderen Wasservögeln gute Gelegenheit boten.

Nach dem Aussterben der Staufer Mitte des 13. Jahrhunderts wurde der Forst dem Reichsgut zugeschlagen und damit zum Reichswald. Er wurde von der Landvogtei Unterelsass verwaltet, die ihren Sitz in der Hagenauer Kaiserpfalz hatte. Die Landvogtei befand sich jahrhundertelang in wechselndem Pfandbesitz. Nach 1630 übernahmen sie die französischen Könige, die ab 1648 auch offiziell Regenten im Elsass wurden.

Im 19. Jahrhundert befand sich hier ein Truppenübungsplatz des Deutschen Heeres für das XV. Armeekorps. Im Rahmen der Operation Undertone griffen im März 1945 alliierte Truppen die deutsche Heeresgruppe G auf einem 75 km breiten Frontabschnitt zwischen Saarbrücken und Haguenau an und drängten die Wehrmacht zurück.

Einzelnachweise

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  1. Alfred Overmann: Die Abtretung des Elsass an Frankreich im Westfälischen Frieden. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Neue Folge. Band XIX. Heidelberg. Winter's Universitätsbuchhandlung. 1904. Digitalisat (Google), S. 79 ff
  2. La forêt de Haguenau. Office National des Forêts, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. September 2015; abgerufen am 11. Dezember 2014 (französisch).
  3. Als. dipl. I, 150. Hierzu und zum Folgenden siehe: E. Ney: Geschichte des heiligen Forstes bei Hagenau im Elsass
  4. Als. dipl. I, 201, siehe E. Ney: Geschichte des heiligen Forstes bei Hagenau im Elsass. Wörtlich: istud tantillum predium nobis dedit pro immenso jure, quia non andebamus contradicere ac idcirco opportebat nos istud acceptare. (Dieses kleines Anwesen gab er uns für ein riesiges Recht, weil wir nicht widersprochen haben und es deshalb für uns notwendig war, dies zu akzeptieren.)

Literatur

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  • Carl Eduard Ney: Geschichte Des Heiligen Forstes Bei Hagenau Im Elsass. BiblioBazaar, 2008, ISBN 978-0-554-54819-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Nachdruck).
  • Carl Eduard Ney: Geschichte des Heiligen Forstes bei Hagenau im Elsass nach den Quellen bearbeitet. Erster Teil (1065–1648), Straßburg 1888 im Internet Archive
  • Carl Eduard Ney: Geschichte des Heiligen Forstes bei Hagenau im Elsass nach den Quellen bearbeitet. Zweiter Teil (1648–1791), Straßburg 1889 im Internet Archive
  • Claude Schaeffer: Les Tertres funéraires préhistoriques dans la Foret de Haguenau II. Les Tumulus de l`Age du Fer. Haguenau, Imprimerie de la Ville 1930.

Koordinaten: 48° 51′ 0″ N, 7° 53′ 0″ O