Heinz Guderian
Heinz Wilhelm Guderian (* 17. Juni 1888 in Kulm, Westpreußen; † 14. Mai 1954 in Schwangau bei Füssen) war ein deutscher Berufssoldat (ab 1940 Generaloberst), Kommandeur großer Panzerverbände und in der Endphase des Zweiten Weltkrieges zeitweilig mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragter Chef des Generalstabes des Heeres.
Guderian wird häufig als Erfinder der Panzertruppe als selbständige Truppengattung und maßgeblicher Antreiber der taktischen Konzepte „Gefecht der verbundenen Waffen“ und „Führung von vorne“ genannt. Allerdings hatten bereits vor ihm Ernst Volckheim, Alfred von Vollard-Bockelberg, Oswald Lutz, Ludwig von Radlmaier u. a. maßgeblichen Einfluss.[1]
Leben
BearbeitenFamilie und Ausbildung
BearbeitenHeinz Guderian war Sohn des preußischen Generalleutnants Friedrich Guderian (1858–1914) und dessen Ehefrau Irtha Ottilie (1865–1931), geborene Kirchhoff. Am 1. Oktober 1913 heiratete er in Goslar Margarethe Christine Goerne. Das Paar bekam zwei Kinder: Heinz Günther Guderian (1914–2004), zuletzt Generalmajor in der Bundeswehr, und Kurt Bernhard Guderian (1918–1984), Hauptmann a. D. und später Kaufmann.
Heinz Guderian trat am 1. April 1901 in das Kadettenhaus in Karlsruhe ein und wechselte später zur Hauptkadettenanstalt nach Berlin. Ab Februar 1907 diente er unter seinem Vater als Fähnrich im Hannoverschen Jäger-Bataillon Nr. 10. Nach einem kurzen Besuch der Kriegsschule in Metz wurde er 1908 in Bitsch zum Leutnant befördert. Im Oktober 1909 kehrte er nach Goslar zurück.[2] 1912 trat Guderian in das Telegraphen-Bataillon Nr. 3 in Koblenz ein.
Erster Weltkrieg
BearbeitenIm Ersten Weltkrieg versah Guderian seinen Dienst bei den Nachrichtentruppen. Er nahm unter anderem an der Schlacht an der Marne und der Schlacht um Verdun teil. 1914 wurde er zum Oberleutnant und bereits 1915 zum Hauptmann befördert. Ein direktes Truppenkommando hatte er nicht. Gegen Ende des Krieges war er im Generalstab des Oberkommandos. Da er längere Zeit unter Herzog Albrecht von Württemberg diente, trug er neben den beiden Klassen des Eisernen Kreuzes auch das Ritterkreuz 2. Klasse mit Schwertern des Württembergischen Friedrichs-Ordens.
Weimarer Republik
BearbeitenBevor er nach dem Ersten Weltkrieg in die Reichswehr übernommen wurde, gehörte er mehrere Monate als Generalstabsoffizier der sogenannten Eisernen Division an, einem im Baltikum gegen russisch-bolschewistische Truppen kämpfenden Freikorps. In der Reichswehr wurde er zunächst als Kompaniechef im Jäger-Bataillon 10 eingesetzt. Nachdem er zwischenzeitlich drei Jahre als Lehrer für Taktik und Militärgeschichte an der Offiziersschule in Stettin eingesetzt war, wechselte er zu den Verkehrstruppen.
Im Jahr 1927 wurde Guderian zum Major ernannt und als Kommandant des Truppenamtes für Heerestransport und als Ausbilder für Taktik motorisierter Transportverbände in Berlin eingesetzt. In dieser Funktion trug er bereits Material für die Panzertaktik zusammen und besuchte Panzereinheiten anderer Länder. Im Jahr 1929, während eines solchen Besuches, fuhr er in der Nähe von Stockholm zum ersten Mal mit einem Panzer. Das verwendete Fahrzeug war ein Stridsvagn m/21, der im Deutschen Reich entwickelte LK II. Da der Versailler Vertrag der Reichswehr verbot, Panzer zu unterhalten, ließ Guderian vergleichbare Übungen mit Traktoren, Autos und Panzerattrappen abhalten.[3] Ab 1932 löste er seinen Vorgesetzten, den späteren General der Panzertruppen und Inspekteur der Verkehrstruppen Oswald Lutz, als Leiter der geheimen Panzerschule Kama auf dem Territorium der Sowjetunion ab.[4]
1931 erfolgte seine Beförderung zum Oberstleutnant und 1933 zum Oberst.
Zeit des Nationalsozialismus
BearbeitenVorkriegszeit
BearbeitenGuderian schrieb diverse Abhandlungen über die motorisierte Kriegsführung, unter anderem das 1937 erschienene Buch Achtung – Panzer!, bei dem er sich auf die Schriften verschiedener Militärtheoretiker stützte, etwa des österreichischen Generals Ludwig von Eimannsberger. Im Buch beschreibt er den konzentrierten Einsatz von Panzern mit Infanterie und mit enger Unterstützung von Flugzeugen, später bekannt als Blitzkriegstaktik. Das Buch argumentiert gegen den fortgesetzten Einsatz von Kavallerie angesichts der nachgewiesenen Wirksamkeit des Maschinengewehrs und befürwortet die Ersetzung der Kavallerie durch mechanisierte Infanterie.[5] Dadurch weckte er Adolf Hitlers Interesse an der Panzerwaffe, der ihn am 15. Oktober 1935 beauftragt hatte, im Rahmen der Aufrüstung der Wehrmacht drei Panzer-Divisionen aufzubauen und ihm gleichzeitig das Kommando über die 2. Panzer-Division übertrug. Guderian drängte auf mehr Panzerdivisionen. Als Ludwig Beck zu Guderian äußerte, nun habe er ja seine drei Panzerdivisionen, erwiderte Guderian: „Nicht drei, sondern dreißig müssen wir haben, Herr General!“.[6] Am 1. August 1936 wurde Guderian Generalmajor und am 4. Februar 1938 zum Generalleutnant befördert, mit gleichzeitiger Ernennung zum Kommandierenden General des neugebildeten XVI. Armeekorps, dem die bisherigen drei Panzer-Divisionen nun unterstellt wurden. Mit diesem Verband war er am Einmarsch in Österreich und in das Sudetenland beteiligt.
Am 20. November 1938 wurde Guderian zum General der Panzertruppe befördert und gleichzeitig zum „Chef der Schnellen Truppen“ im Oberkommando des Heeres ernannt. Damit war er zuständig für die Aufstellung, Ausbildung, Technik und Taktik der motorisierten Einheiten sowie der Kavallerie der gesamten Wehrmacht.
Zweiter Weltkrieg
BearbeitenÜberfall auf Polen
BearbeitenWährend des Überfalls auf Polen kommandierte er das XIX. Armeekorps in der Heeresgruppe Nord. Sein Korps stieß von Pommern aus durch den Polnischen Korridor nach Ostpreußen (siehe auch Schlacht in der Tucheler Heide), später von Ostpreußen aus nach Brest-Litowsk, wo es mit sowjetischen Truppen zusammentraf. Nach der Unterzeichnung des gemeinsamen Militärabkommens zur gegenseitigen Regelung der Besatzerfragen zwischen Deutschland und der Sowjetunion, bezogen auf das von beiden Ländern okkupierte Gebiet Polens nahm er noch im September 1939 die Siegesparade der Roten Armee mit der deutschen Wehrmacht in Brest-Litowsk ab. Gemeinsam mit dem sowjetischen Brigadekommandeur Semjon Kriwoschein besiegelte er, für die Öffentlichkeit durch deutsche und sowjetische Journalisten dokumentiert, die deutsch-sowjetische Waffenbrüderschaft.[7] Für sein militärisches Handeln erhielt er am 27. Oktober 1939 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.
Westfeldzug
BearbeitenWährend des Westfeldzugs 1940 gehörte sein drei Panzer-Divisionen starkes Korps zur Panzergruppe Kleist. Das Korps stieß durch die Ardennen und bei Sedan über die Maas bis zur Kanalküste vor (siehe auch Sichelschnittplan) und schnitt damit einen Teil der französischen Armee und das Britische Expeditionskorps ab. Weil er entgegen dem Befehl seines Vorgesetzten Ewald von Kleist handelte und seine langen offenen Flanken beim Vormarsch beharrlich ignorierte, wurde er von diesem am 16. Mai seines Kommandos enthoben, jedoch von Kleists Vorgesetztem Gerd von Rundstedt wieder eingesetzt.[8]
Schlacht von Dünkirchen
BearbeitenNach der Schlacht von Dünkirchen wurde sein Korps zu einer Panzergruppe erweitert. Mit ihr stieß er während des Falls Rot von Nordfrankreich aus zur Schweizer Grenze, wodurch die französischen Truppen in der Maginot-Linie eingekesselt wurden. Er wurde nach Beendigung des Feldzuges am 19. Juli 1940 zum Generaloberst befördert. Ursprünglich war er dafür vorgesehen, die deutsche Siegesparade in Paris anzuführen, doch Ende Juni 1940 erhielt er ein neues Kommando im Osten. Die „Gruppe Guderian“ wurde in die Heimat verlegt; zunächst unterstand sie der 18. Armee in Polen, danach direkt dem OKH. Guderian befasste sich ab diesem Zeitpunkt mit Operationsplänen gegen die Sowjetunion, die einen Vormarsch bis Kiew und Odessa beinhalteten (siehe dazu Plan Otto).[9]
Guderian in der Sowjetunion
BearbeitenBeim Angriff auf die Sowjetunion 1941 kommandierte Guderian die Panzergruppe 2 innerhalb der Heeresgruppe Mitte und trug durch seine schnellen und tiefen Panzervorstöße erheblich zu den Siegen in der Kesselschlacht bei Białystok und Minsk und Smolensk bei. Am 17. Juli wurde ihm während der Schlacht von Smolensk das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.[3] Nach den Auseinandersetzungen zwischen Hitler und den Generälen in der Augustkrise wurde er am 23. August ins OKW-Hauptquartier nach Rastenburg befohlen und erhielt von Hitler den Befehl, seine Panzergruppe aus dem Raum Roslawl nach Süden umzugruppieren, um an der Kesselschlacht von Kiew teilzunehmen. Anfang Oktober 1941 startete seine Panzergruppe aus dem Raum Gluchow den Vorstoß über Brjansk und Orel und wurde nach vergeblichen Angriffen in der Schlacht um Tula von den sowjetischen Truppen gestoppt.
Enthebung des Postens durch Hitler und weiterer Kriegsverlauf
BearbeitenNachdem der Vorstoß der Heeresgruppe Mitte in der Schlacht um Moskau am 5. Dezember 1941 endgültig zum Erliegen gekommen war, begann die Rote Armee unmittelbar einen Gegenangriff, den Heeresleitung, Truppenführung und die Nachrichtendienste völlig unterschätzt hatten. Durch Ausweichbewegungen und Frontbegradigungen wurden die deutschen Verbände in dauernden Abwehrkämpfen um 100 bis 150 km nach Westen getrieben, bis Anfang 1942 eine stabile Abwehrfront errichtet werden konnte. Hitler befahl am 8. Dezember 1941 den Übergang vom Angriff zur Verteidigung und den Bau rückwärtiger Stellungen, der bisher bis auf wenige Ansätze versäumt worden war. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Generalfeldmarschall Fedor von Bock, wollte sich weder für Rückzug noch für Halten aussprechen, da er die jeweiligen Gefahren als gleichwertig einschätzte, und wurde von Guderian am 8. Dezember mit einer „ernsten Vertrauenskrise“ bei der Truppe und den Kommandeuren konfrontiert. Für Guderian waren, wie er an seine Frau schrieb, OKH, OKW und Heeresgruppenkommando für die „erschreckende Stümperei und Ziellosigkeit“ verantwortlich. Hitler sparte er von seiner Kritik aus.[10] Bei sich sah Guderian keine Ursachen für die Probleme, sondern seine 2. Panzerarmee sei durch die Probleme bei anderen Einheiten zum Rückzug gezwungen.[11] Der Kommandeur der 4. Panzerarmee, Erich Hoepner hingegen kritisierte gegenüber dem Führer der 4. Armee, Günther von Kluge, dass Guderian seine Truppen zu großräumig verteilt habe.[12] Obgleich Guderian selbst einräumte, nicht zu wissen, wie man aus der „sehr schweren Lage“ wieder herauskommen solle, drängten er und weitere hohe Frontkommandeure darauf, sich direkt an Hitler zu wenden, der damals noch hohe Reputation in der Militärelite genoss.[13] Tatsächlich traute Guderian Hitler mehr zu als die anderen Generäle.[12]
Am 16. Dezember übernahm Hitler persönlich den Oberbefehl über das Heer. Der Historiker Johannes Hürter bewertet Hitlers Eingreifen „[a]ngesichts der pessimistischen und entschlusslosen Haltung der militärischen Führer und der Auflösungserscheinungen der deutschen Truppen vor Moskau“ als „nur konsequent“. Viele Truppenführer hätten Hitlers Eingriff als „letzte Rettungsmöglichkeit angesehen“. Guderian etwa hoffte, dass „schnell und energisch“ gehandelt werde und Hitler „mit gewohnter Tatkraft in das verbürokratisierte Räderwerk des Heeres-, Eisenbahn-, und sonstigen Maschinen [!] eingreift“.[14] David Stahel sieht Guderian als Hitler sklavisch ergeben und von einem grundsätzlichen Missverständnis der Lage beeinflusst. Für Guderian konnte allein Hitlers Wille das Unmögliche schaffen, eine Überzeugung, die eigentlich seiner militärischen Generalstabsausbildung zuwiderlief.[15]
Hitler schickte weitere Verbände aus dem Westen und dem Ersatzheer an die Ostfront und kam zu der Überzeugung, dass nur bedingungsloses Halten die Heeresgruppe Mitte bis zum Eintreffen der Reserven retten könnte. Größere Ausweichbewegungen würden nur zum Verlust von schweren Waffen und Gerät führen, ohne die Situation zu verbessern. Johannes Hürter weist darauf hin, dass entgegen der Legendenbildung nach Kriegsende diese Befehle nicht grundsätzlich den Erwartungen der Truppenführung widersprachen, und in dem Moment wohl die einzig richtige gewesen seien, da sie Ordnung in die Verteidigung brachten und den Zusammenbruch der Heeresgruppe verhinderten. Die Bedingungslosigkeit und Fanatismus des „Haltebefehls“ hätten mittelfristig aber auch negative Folgen gehabt, da sie das flexible Reagieren auf örtliche Entwicklungen erschwerten.[16] Guderian nahm Hitlers starren Haltebefehl allerdings nicht bereitwillig hin. Zwar stand er Hitler und der NS-Ideologie näher als etwa der konservative Bock, aber als weit vorne führender Befehlshaber hatte er einen unmittelbaren Zugang zu den Realitäten an der Front. Dass Hitler ihm am 17. Dezember fernmündlich befahl, seinen weit vorgeschobenen Abschnitt „unter allen Umständen zu halten“, obwohl er hinter die Oka ausweichen wollte, vermochte er nur schwer zu ertragen. Schwerer wog noch die Einschränkung seiner Entscheidungsfreiheit durch Bock. Gegenüber dem verschärften Haltebefehl vom 18. Dezember äußerte Guderian gegenüber Hans von Greiffenberg, dem Generalstabschef der Heeresgruppe Mitte: „Ich bin bereit, diese Befehle entgegenzunehmen und zu den Akten zu legen. Weiter gebe ich sie nicht, selbst auf die Gefahr hin, daß ich vor ein Kriegsgericht gestellt werde. Ich will mir in meiner Laufbahn wenigstens noch einen guten Abschluß sichern. Lieber werde ich dann schon fallen.“[17] Johannes Hürter bezeichnet diese Einstellung als eine „Befehlsverweigerung aus Gewissensgründen“. Endlich habe ein hoher Truppenführer den Mut gefunden, sich eindeutig gegen Befehle der obersten Führung zu wenden, wie man es sich vorher und nicht nur bei rein militärischen Fragen gewünscht hätte.[17]
Guderian hoffte noch, Hitler in einem persönlichen Gespräch überzeugen zu können und flog am 20. Dezember in das Führerhauptquartier. Weder der neue Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, Kluge, noch der Generalstabschef des Heeres, Franz Halder, stärkten Guderian den Rücken. Halder wurde nach Rücksprache mit Kluge bei Hitler gegen Guderian vorstellig. Hitler lehnte in der mehrstündigen Unterredung mit Guderian alle von dessen Anträgen schroff ab. Zurück an der Front eskalierte Guderians Konflikt mit Kluge, nachdem er das XXXXVII. Panzerkorps befehlswidrig hinter Čern zurückgenommen hatte. Kluge forderte daraufhin kategorisch die Absetzung Guderians, die Hitler noch in der Nacht zum 26. Dezember verfügte, und die Guderian inzwischen auch selbst beantragt hatte. Den Kommandeuren wurde damit signalisiert, dass sie mit ihrer Absetzung zu rechnen hatten, wenn sie sich nicht bedingungslos Hitlers Haltebefehl sowie dem OKH und dem Heeresgruppenkommando unterordneten.[18] David Stahel sieht Guderians Verhalten als Ausdruck der individualistischen Kultur gerade der Panzertruppe, die sich ausschließlich um sich selbst kümmerte. Das Beharren auf autonomer Befehlsgewalt habe den Panzertruppen bei ihren gewagten Vormärschen genutzt, konnte aber bei einem langwierigen Feldzug zu ernsthaften Problemen führen.[19]
Am 1. März 1943, nach eineinhalb Jahren, holte ihn Hitler wieder in den aktiven Dienst zurück und ernannte ihn zum Generalinspekteur der Panzertruppen. Er war nun für die Modernisierung der motorisierten Truppenteile zuständig und arbeitete eng mit Rüstungsminister Albert Speer zusammen, um die mit dem Adolf-Hitler-Panzerprogramm befohlene Vervierfachung der Panzerfahrzeugproduktion durchzuführen.
Wie andere hohe Generale der Wehrmacht bedachte Hitler Guderian mit einer Dotation. Nach längerem Hin und Her mit den zuständigen Stellen, das ein Sachbearbeiter in der Reichskanzlei als „schlechthin unwürdig“ bezeichnete, übernahm er am 15. Oktober 1943 das 974 Hektar große Gut Deipenhof (poln. Głębokie) im Kreis Hohensalza im Warthegau. Über das Schicksal der polnischen Vorbesitzer ist nichts bekannt. Der geschätzte Ertragswert betrug 1,23 Millionen Reichsmark. Für Um- und Neubauten waren 43.000 Reichsmark vorgesehen.[20]
Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Guderian zusätzlich zu seiner Position als Generalinspekteur der Panzertruppen mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs des Generalstabes des Heeres, eine Position ohne besondere Bedeutung, beauftragt, da Hitler sich selbst den Oberbefehl über das Heer vorbehielt. In der genannten Funktion war Guderian Mitglied des Ehrenhofes, der zahlreiche am Attentat beteiligte Offiziere aus der Wehrmacht unehrenhaft ausstieß, so dass das Reichskriegsgericht für ihre Fälle nicht mehr zuständig war und sie vom Volksgerichtshof in Schauprozessen unter dem Vorsitz von Roland Freisler abgeurteilt werden konnten. Guderian selbst lehnte, wie er in seinen Memoiren darlegte, das Attentat vom 20. Juli strikt ab.
In einem Befehl an alle Generalstabsoffiziere vom 25. August 1944 schrieb er: „Niemand darf fanatischer an den Sieg glauben und mehr Glauben ausstrahlen als Du. … Es gibt keine Zukunft des Reiches ohne den Nationalsozialismus. Deshalb stelle Dich bedingungslos vor das nationalsozialistische Reich.“[21]
Im Herbst 1944 ließ Guderian einen Plan für den möglichen Ausbau der deutschen Ostbefestigungen ausarbeiten (Guderian-Plan).
Am 28. März 1945 beurlaubte ihn Hitler nach einem Streit über die Rückeroberung Küstrins. Guderian geriet am 10. Mai 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft.
Nachkriegszeit und Bundesrepublik Deutschland
BearbeitenAm 17. Juni 1948 wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Nach Angaben des britischen Geheimdienstes gehörte er 1950 zur „Bruderschaft“, einer Vereinigung von Altnazis um den ehemaligen Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann, die die Bundesrepublik Deutschland unterwandern wollten.[22]
Bis zu seinem Tod arbeitete er als Schriftsteller und Berater für das Amt Blank. In dieser Zeit schrieb er das Buch Erinnerungen eines Soldaten, in dem er das Bild der „sauberen Wehrmacht“ kolportierte, die stets anständig geblieben sei und ehrenhaft gekämpft habe.
Die Organisation Gehlen führte Guderian als „Sonderverbindung ehrenhalber“.[23]
Die Grabstätte der Familie Guderian befindet sich auf dem Friedhof Hildesheimer Straße in Goslar.
Siehe auch
BearbeitenSchriften
Bearbeiten- Panzerkampftruppen, in: Militärwissenschaftliche Rundschau, Jahrgang 1936, S. 52–77.
- Achtung – Panzer! Die Entwicklung der Panzerwaffe, ihre Kampftaktik und ihre operativen Möglichkeiten. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1937.
- Achtung – Panzer! Original 1937. Cassell PLC, England, ISBN 0-304-35285-3 (englisch).
- Die Panzertruppen und ihr Zusammenwirken mit den anderen Waffen. Mittler & Sohn, Berlin 1937 (Naval and Military Press, 2009, ISBN 978-1-84342-509-0).
- (Hrsg.): Mit den Panzern in Ost und West. Volk und Reich, Berlin 1942.
- Die Panzerwaffe. Ihre Entwicklung, ihre Kampftaktik und ihre operativen Möglichkeiten bis zum Beginn des großdeutschen Freiheitskampfes. 2. Auflage. Union deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1943.
- Kann Westeuropa verteidigt werden? Plesse, Göttingen 1950.
- So geht es nicht! Ein Beitrag zur Frage der Haltung Westdeutschlands. Vowinckel, Heidelberg 1951.
- Erinnerungen eines Soldaten. Autobiografie. Original 1951 im K. Vowinckel Verlag, Nachdruck 18. Auflage, Motorbuch, Stuttgart 2003, ISBN 3-87943-693-2.
- Panzer – Marsch! Schild, München 1956 (aus dem Nachlass bearbeitet von Oskar Munzel).
- Merkblatt 47a/27 Schießanleitung und Schulschießübungen für den Panzerkampfwagen Tiger, 1944, ISBN 978-3-7534-8196-8.
Literatur
Bearbeiten- Thilo Vogelsang: Guderian, Heinz Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 251 f. (Digitalisat).
- Dermot Bradley: Generaloberst Heinz Guderian und die Entstehungsgeschichte des modernen Blitzkrieges. 2. Auflage. Biblio, Osnabrück 1986, ISBN 3-7648-1486-1.
- Florian K. Rothbrust: Guderian’s XIXth Panzer Corps and the Battle of France. Breakthrough in the Ardennes, May 1940. Praeger, New York NY 1990, ISBN 0-275-93473-X (englisch).
- Kenneth Macksey: Guderian der Panzergeneral. Biografie. Kaiser, Klagenfurt 1994, ISBN 3-7042-3037-5.
- Kenneth Macksey: Generaloberst Heinz Guderian. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. Vom Kriegsbeginn bis zum Weltkriegsende. Band 2. Primus, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-089-1, S. 80–87.
- Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-14966-5.
- Russell A. Hart: Guderian: Panzer pioneer or myth maker? Potomac, Washington DC 2006, ISBN 1-57488-810-2 (englisch).
- Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. R. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-57982-6, S. 628 f. (Kurzbiographie).
- Klaus-Jürgen Bremm: Generaloberst Guderian. Taktiker der Panzerwaffe. In: Militär & Geschichte, Nr. 52, August 2010, S. 4–21.
- David Stahel: Hitler's Panzer Generals. Guderian, Hoepner, Reinhardt and Schmidt Unguarded. Cambridge University Press, Cambridge 2023.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Heinz Guderian im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Heinz Guderian. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- Biografie über Heinz-Wilhelm Guderian ( vom 7. April 2015 im Internet Archive)
- Nachlass Bundesarchiv N 802
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Roman Töppel: Guderian und die deutsche Panzerwaffe - Legende und Wirklichkeit, Online, abgerufen am 19. April 2020
- ↑ Hannoverisches Jäger-Bataillon Nr. 10, Major Guderian: auf bitscherland.fr
- ↑ a b Arnulf Scriba: Heinz Guderian. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- ↑ Olaf Groehler: Selbstmörderische Allianz: deutsch-russische Militärbeziehungen 1920–1941. Vision-Verlag Berlin 1992. ISBN 978-3-928787-01-7.
- ↑ Russell Hart: Guderian: Panzer Pioneer Or Myth Maker? Potomac Books, Washington 2006, S. 41.
- ↑ Wolfgang Paul: Panzer-General Walther K. Nehring. Stuttgart 1986, S. 68.
- ↑ Claudia Weber: Der Pakt. Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz 1939-1941, C.H.Beck Verlag, München 2019, S. 87 ff.
- ↑ Karl-Heinz Frieser: Blitzkrieg-Legende. Der Westfeldzug 1940. München 1995, S. 315 ff.
- ↑ Karl-Heinz Janssen: Plan Otto. In: Die Zeit, Nr. 38/1997.
- ↑ Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, S. 323 f.
- ↑ David Stahel: Hitler's Panzer Generals. Guderian, Hoepner, Reinhardt and Schmidt Unguarded. Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 231 f.
- ↑ a b David Stahel: Hitler's Panzer Generals. Guderian, Hoepner, Reinhardt and Schmidt Unguarded. Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 232.
- ↑ Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, S. 324.
- ↑ Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, S. 325 f.
- ↑ David Stahel: Hitler's Panzer Generals. Guderian, Hoepner, Reinhardt and Schmidt Unguarded. Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 187.
- ↑ Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, S. 327.
- ↑ a b Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, S. 329.
- ↑ Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2007, S. 330–332.
- ↑ David Stahel: Hitler's Panzer Generals. Guderian, Hoepner, Reinhardt and Schmidt Unguarded. Cambridge University Press, Cambridge 2023, S. 237 f.
- ↑ Winfried Vogel: … schlechthin unwürdig. In: Die Zeit, Nr. 14/1997.
- ↑ NOKW-058, zitiert bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage, Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 208.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage, Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 208, Quelle BA N 1080/272.
- ↑ Thomas Wolf: Die Entstehung des BND. Aufbau, Finanzierung, Kontrolle (= Jost Dülffer, Klaus-Dietmar Henke, Wolfgang Krieger, Rolf-Dieter Müller [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968. Band 9). Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-022-3, S. 176.
Personendaten | |
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NAME | Guderian, Heinz |
ALTERNATIVNAMEN | Guderian, Heinz Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Generaloberst im Zweiten Weltkrieg |
GEBURTSDATUM | 17. Juni 1888 |
GEBURTSORT | Culm |
STERBEDATUM | 14. Mai 1954 |
STERBEORT | Schwangau bei Füssen |