Hettangium
❮ | System | Serie | Stufe | ≈ Alter (mya) |
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❮ | später | später | später | jünger |
J u r a |
Oberjura | Tithonium | 145 ⬍ 152,1 | |
Kimmeridgium | 152,1 ⬍ 157,3 | |||
Oxfordium | 157,3 ⬍ 163,5 | |||
Mitteljura | Callovium | 163,5 ⬍ 166,1 | ||
Bathonium | 166,1 ⬍ 168,3 | |||
Bajocium | 168,3 ⬍ 170,3 | |||
Aalenium | 170,3 ⬍ 174,1 | |||
Unterjura | Toarcium | 174,1 ⬍ 182,7 | ||
Pliensbachium | 182,7 ⬍ 190,8 | |||
Sinemurium | 190,8 ⬍ 199,3 | |||
Hettangium | 199,3 ⬍ 201,3 | |||
früher | früher | früher | älter |
Das Hettangium (im Deutschen oft verkürzt zu Hettang, seltener auch abgewandelt zu Hettangien) ist in der Erdgeschichte eine chronostratigraphische Stufe des Juras, die geochronologisch etwa dem Zeitraum vor 201,3 bis 199,3 Millionen Jahren entspricht und somit etwa zwei Millionen Jahre dauerte. Das Hettangium ist die erste (älteste) Stufe des Juras (bzw. der Unterjura-Serie) und folgt auf die Stufe des Rhaetiums der Obertrias. Auf das Hettangium folgt das Sinemurium.
Geschichte und Namensgebung
BearbeitenDas Hettangium wurde nach dem Ort Hettange-Grande (Département Moselle) in Lothringen (Frankreich) benannt. Die Stufe und der Name wurden von Eugène Renevier 1864 vorgeschlagen.
Definition und GSSP
BearbeitenDer Beginn des Hettangiums wird durch das Erstauftreten der Ammoniten-Art Psiloceras spelae * definiert. Der GSSP (Global Stratotype Section and Point, entspricht etwa einem Typprofil) befindet sich am Kuhjoch im Karwendel in Österreich.[1] Als Obergrenze oder vielmehr als Beginn des Sinemuriums wurde das Erstauftreten der Ammoniten-Gattungen Vermiceras und Metophioceras festgelegt.
Untergliederung
BearbeitenDas Hettangium wurde bisher in drei gut definierte Ammonitenzonen sowie neun Subzonen (vom Hangenden zum Liegenden) unterteilt:
- Zone der Schlotheimia angulata
- Subzone der Schlotheimia depressa
- Subzone der Schlotheimia complanata
- Subzone der Schlotheimia extranodosa
- Zone des Alsatites liasicus
- Subzone des Alsatites liasicus
- Subzone des Alsatites laqueus
- Subzone des Waehneroceras portlocki
- Zone des Psiloceras planorbis
- Subzone des Caloceras torus
- Subzone des Caloceras johnstoni
- Subzone des Psiloceras planorbis
Die weitere Untergliederung des Unteren Hettangiums ist jedoch nicht restlos geklärt. Häufig werden diese Schichten als "Präplanorbis-Schichten" zusammengefasst. Einige Autoren scheiden innerhalb der "Präplanorbis-Schichten" noch verschiedene biostratigraphische Horizonte aus, darunter in Europa eine unbenannte Zone mit Neophyllites antecedens und Neophyllites imitans sowie darunter Psiloceras erugatum. Unter dem erugatum-Horizont folgt dann die Psiloceras tilmanni-Zone mit Psiloceras pacificum, Psiloceras tilmanni und Psiloceras spelae an der Basis.
Meeresspiegel
BearbeitenGenerell war der Meeresspiegel während des gesamten Hettangiums im Ansteigen begriffen (hettangische Transgression). Über diesen langzeitlichen Trend legten sich jedoch drei Regressions-/Transgressionszyklen. Gleich unmittelbar zu Beginn des Hettangiums war bereits ein drastischer Rückgang erfolgt, die Regression He 1. Die zweite Regression He 1.1 ereignete sich dann zu Beginn der Caloceras johnstoni-Subzone. He 2 lag zu Beginn der Alsatites liasicus-Zone. He 3 schließlich trennte die Schlotheimia extranodosa- von der Schlotheimia complanata-Subzone. Nach dieser letzten Regression stieg der Meeresspiegel erneut weiter ins Sinemurium hinein an. Die drei Zyklen zeigten zunehmende Intensität in Richtung Hangendes.
Chemische Stratigraphie
BearbeitenKohlenstoffisotopen
BearbeitenDie δ13C-Werte für das Hettangium bewegen sich zwischen 1 und 2 ‰ (PDB), wobei sie ihr Maximum im mittleren Abschnitt erreichen. Sie sind damit generell etwas niedriger als im restlichen Jura, d. h. die organische Kohlenstoffproduktion war geringer bzw. die herrschenden Bedingungen etwas anoxischer und restriktiver.
Sauerstoffisotopen
BearbeitenDie Werte für δ18O liegen bei − 2 ‰ (PDB) mit leicht ansteigender Tendenz. Sie sind mit Ausnahme des Toarciums niedriger als im restlichen Jura und sprechen für ein recht warmes Klima im Hettangium, welches sich jedoch allmählich abkühlte.
Strontiumisotopen
BearbeitenDas Verhältnis 87Sr/86Sr im Meerwasser war mit durchschnittlich 0.7077 sehr hoch. Es erreichte am Ende des Hettangiums einen Maximalwert und fiel dann bis zum Beginn des Toarciums stetig ab. Das Abfallen des Strontiumverhältnisses nach dem Hettangium wird durch erhöhten untermeerischen Vulkanismus korreliert und dürfte die zunehmende Öffnung des Nordatlantiks widerspiegeln (Aufbrechen von Pangäa und Verringerung des kontinentalen Sedimenteintrages).
Biostratigraphie
BearbeitenDinoflagellaten
BearbeitenDas Hettangium bildet die untere Hälfte der Dinoflagellatenzone Dpr, benannt nach dem vorherrschenden Taxon im borealen Bereich Dapcodinium priscum. Als Zonenbezeichnung für das Hettangium ist auch DSJ1 im Gebrauch.
Kalkhaltiges Nannoplankton
BearbeitenDas kalkhaltige Nannoplankton war kurz vor Beginn des Hettangiums mit der endtriassischen Transgression zum ersten Mal in den Weltmeeren erschienen.
Das Hettangium gehört vollständig zur Nannoplanktonzone NJ1, die durch das erstmalige Auftreten (FAD) des Taxons Schizosphaerella punctulata gekennzeichnet wird. Diese endet mit dem Erstauftreten von Parhabdolithus liasicus.
Foraminiferen
BearbeitenAnhand der Foraminiferen lassen sich für das Hettangium drei Zonen ausweisen:
- Obere Zone mit den Taxa Vaginulina subporrecta und Ychtyolaria xyphoidea
- Mittlere Zone mit Lenticulina quadricosta
- Untere Zone mit den Taxa Lingulina striata, Lingulina collenoti und Lenticulina austroalpina.
Lebewelt
BearbeitenMassenaussterben
BearbeitenDie Wende Trias/Jura zählt zu den fünf bedeutendsten Massenaussterben der Erdgeschichte. Diesem Ereignis fielen die Conodonten zum Opfer, aber auch bei den Ammoniten und den Bivalvia kam es zu einem drastischen Rückgang der Artenvielfalt[3].
Fauna
BearbeitenDie Meere waren während des Hettangiums von den räuberisch lebenden Ichthyosauriern mit dem Taxon Ichthyosaurus, Leptonectes und Temnodontosaurus sowie von den Plesiosauriern mit Atychodracon, Macroplata und Rhomaleosaurus bevölkert. Sie waren die Fressfeinde der Ammoniten, die sich nach dem Aussterbe-Ereignis an der Trias-Jura-Grenze wieder allmählich in den Ozeanen ausbreiteten. Kennzeichnend für den Faunenumschwung an der Trias-Jura-Grenze ist das Erscheinen der Neoammonoideen (Ammoniten im engeren Sinn) im frühen Hettangium. Diese durchlaufen eine relativ schnelle Radiation, sodass bereits im mittleren Hettangium wieder eine größere Anzahl von Gattungen und Arten existierten. Im Gegensatz zu späteren Epochen waren anscheinend die Fossilisationsbedingungen nicht optimal, sodass weltweit nur wenige Fundstellen mit gut erhaltenen Hettangium-Ammoniten bekannt sind.
In der festländischen Wirbeltierfauna waren die Dinosaurier vorherrschend, darunter die Vogelbeckendinosaurier (Ornithischia) mit den „primitiven“ Gattungen Abrictosaurus, Fabrosaurus, Heterodontosaurus, Lanasaurus, Lycorhinus, Scelidosaurus, Scutellosaurus und Stormbergia sowie die Echsenbeckendinosaurier (Saurischia) mit Theropoden wie Lophostropheus[4] und dem ältesten jurassischen Dinosaurier Dracoraptor.[5] Der Körperfossilbericht der Landwirbeltiere des Hettangiums ist generell spärlich. Anders verhält es sich mit entsprechenden Spurenfossilien. Ein europäisches Beispiel bieten die Lokalitäten im Mecsekgebirge in Ungarn, aus denen die Gattung Komlosaurus beschrieben wurde.[6] In Nordamerika findet sich umfangreiches Spurenmaterial an der Ostküste in den Sedimenten der Newark-Supergruppe.
Der Luftraum wurde von „primitiven“ (langschwänzigen) Pterosauriern wie beispielsweise Dimorphodon beherrscht.
Typische Vertreter der Krokodillinie der Archosaurier sind Sphenosuchus sowie Protosuchus, eine frühe Gattung der „Krokodile im weiteren Sinn“ (Crocodyliformes).
Als Vertreter der frühen Säugetiere ist Haramiya zu nennen.
Vorkommen
BearbeitenDas Hettangium ist in folgenden Ländern in Form der folgenden Gesteinseinheiten (teilweise) vertreten (Auswahl):
- China: ? Lufeng-Formation
- Deutschland:
- Nördliche Kalkalpen: Scheibelberg-Formation
- Nordwestdeutschland: „Psilonoten-Schichten“ und auflagernde „Angulaten-Schichten“
- Süddeutschland: Psilonotenton-Formation und auflagernde Angulatenton-Formation bzw. Angulatensandstein-Formation (letztere in Franken nunmehr als Bamberg-Formation bezeichnet, mit der Bayreuth-Formation als kontinentalem lateralem Äquivalent)
- England: Blue-Lias-Formation
- Frankreich:
- Aquitanisches Becken: basale Transgressionssequenz des Hettangiums und Sinemuriums
- Pariser Becken: enthält mit dem Grès d’Hettange den ursprünglichen (namengebenden) Stratotyp, der gegen den Calcaire à gryphées auskeilt
- Indien: Kota-Formation
- Lesotho und Südafrika: Elliot-Formation der Karoo-Supergruppe
- Österreich: Schattwalder Schichten, Kendlbach-Formation (siehe Kuhjoch), Scheibelberg-Formation und Schnöll-Formation der Nördlichen Kalkalpen
- Schweiz: Insektenmergel und darüber der Cardinienkalk im Schweizer Jura
- Simbabwe: Forest Sandstone, Vulcanodon Beds
- Vereinigte Staaten: Meriden-Gruppe und Portland-Gruppe der Newark-Supergruppe[7]
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ A. v. Hillebrandt, L. Krystyn, W. M. Kürschner, N. R. Bonis, M. Ruhl, S. Richoz, M. A. N. Schobben, M. Urlichs, P. R. Bown, K. Kment, C. A. McRoberts, M. Simms, A. Tomãsových: The Global Stratotype Sections and Point (GSSP) for the base of the Jurassic System at Kuhjoch (Karwendel Mountains, Northern Calcareous Alps, Tyrol, Austria). Episodes. Bd. 36, Nr. 3, 2013, S. 162–198 (PDF 7,9 MB)
- ↑ Jean Guex: Relations entre le genre Psiloceras et les Phylloceratida au voisinage de la limite Trias-Jurassique. Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles. Bd. 76, Nr. 361, 1982, S. 47–51, doi:10.5169/seals-278144
- ↑ Bloos, G.: Aspekte der Wende Trias/Jura. Hrsg.: N. Hausche & V. Wilde. Trias - Eine ganz andere Welt. Dr. Friedrich Pfeil, München 1999, S. 43–68.
- ↑ Martin D. Ezcurra, Gilles Cuny: The coelophysoid Lophostropheus airelensis, gen. nov.: a review of the systematics of “Liliensternus” airelensis fron the Triassic-Jurassic outcrops of Normandy (France). Journal of Vertebrate Paleontology. Bd. 27, Nr. 1, 2007, S. 73–86, [[doi:10.1671/0272-4634(2007)27[73:TCLAGN]2.0.CO;2]] (alternativer Volltextzugriff: ResearchGate)
- ↑ David M. Martill, Steven U. Vidovic, Cindy Howells, John R. Nudds: The Oldest Jurassic Dinosaur: A Basal Neotheropod from the Hettangian of Great Britain. PLoS One. Bd. 11, Nr. 4, 2016, Art.-Nr. e0154352, doi:10.1371/journal.pone.0145713
- ↑ Attila Ősi, József Pálfy, Lászlá Makádi, Zoltán Szentesi, Péter Gulyás, Márton Rabi, Gábor Botfalvai, Kinga Hips: Hettangian (Early Jurassic) Dinosaur Tracksites from the Mecsek Mountains, Hungary. Ichnos. Bd. 18, 2011, S. 79–94, doi:10.1080/10420940.2011.573603
- ↑ Robert E. Weems, Lawrence H. Tanner, Spencer G. Lucas: Synthesis and revision of the lithostratigraphic groups and formations in the Upper Permian?–Lower Jurassic Newark Supergroup of eastern North America. Stratigraphy. Bd. 13, Nr. 2, 2016, S. 111–153
Literatur
Bearbeiten- Gert Bloos und Kevin N. Page: Global Stratotype Section and Point for base of the Sinemurian Stage (Lower Jurassic). In: Episodes. Band 25(1). Beijing 2001, S. 22–28. PDF
- Felix M. Gradstein, James G. Ogg, Mark D. Schmitz & Gabi M. Ogg: Geologic Time Scale 2020, Vol. 2. Elsevier, Amsterdam 2020, ISBN 978-0-12-824363-3.
- Hans Murawski & Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 10., neu bearb. u. erw. Aufl., 278. Enke Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-432-84100-0.
- Eugène Renevier: Notices géologiques et paléontologiques sur les Alpes Vaudoises, et les régions environnantes. I. Infralias et Zone à Avicula contorta (Ét. Rhaetien) des Alpes Vaudoises. In: Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles. Band 8. Lausanne 1864, S. 39–97.
Weblinks
Bearbeiten- Deutsche Stratigraphische Kommission (Hrsg.): Stratigraphische Tabelle von Deutschland 2002. Potsdam 2002, ISBN 3-00-010197-7 (PDF; 6,57 MB)
- Kommission für die paläontologische und stratigraphische Erforschung Österreichs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Die Stratigraphische Tabelle von Österreich (sedimentäre Schichtfolgen). Wien 2004 (PDF; 376 kB)
- International Chronostratigraphic Chart 2017/02 (PDF; 289 kB)
- Hettangium-Ammoniten aus den Alpen, Peter Reiter