Jürgen Zeltinger (* 25. Mai 1949 in Altenkirchen als Hans Jürgen Maria Zeltinger) ist ein deutscher Rockmusiker, der eng mit Köln verbunden ist. Künstlerisch wirkt er vor allem als Gründer und Frontmann der nach ihm benannten Zeltinger Band, die in den 1980er-Jahren ihre größten Erfolge hatte. Zeltinger, der wegen seiner Glatze auch „de Plaat“ genannt wird, gilt als einer der ersten Protagonisten des Kölschrock. Er stilisierte sich auf der Bühne und in seinen Liedern vielfach zum Asozialen – einer seiner ersten Erfolge war das Lied Asi mit Niwoh – und brachte die Homosexualität in den Hardrock.

Jürgen Zeltinger (2008)

Biografie

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Zeltingers Vater Paul (1921–1989) war Anstreicher, die Mutter Anneliese (1921–2006) Verkäuferin.[1] Beide waren vor dem Zweiten Weltkrieg in Köln ansässig. Während des Krieges zogen sie nach Altenkirchen, wo Jürgen Zeltinger 1949 geboren wurde.

In den 1950er-Jahren zog die Familie zurück nach Köln, und Zeltinger wurde in der Südstadt und in Longerich groß.[1] Zeitweise wurde er in einem Heim erzogen.[2] Er beschreibt das Verhältnis zu seinem Vater rückblickend als problematisch: Er habe keine schöne Kindheit gehabt; der Vater habe ihn häufig geschlagen. Nach der Schule begann Zeltinger eine Lehre als Automechaniker, die er ohne Abschluss abbrach.

In den 1970er-Jahren gehörten Heiner Lauterbach und Wolfgang Niedecken zu Zeltingers engerem Umfeld. Zeltinger galt in dieser Zeit bereits als Original. Er ging keiner geregelten Arbeit nach und finanzierte seinen Lebensunterhalt zeitweise mit Betäubungsmittelhandel. Er wurde dafür und wegen anderer Delikte – eine Quelle gibt unter anderem Steuerhinterziehung und Diebstahl an –[3] mehrfach verurteilt.

Nachdem Zeltinger als Teenager nach eigenen Angaben Homosexuelle abgelehnt und sich auch an homophoben Übergriffen beteiligt hatte, lebt er seit den 1970er-Jahren selbst offen schwul.[4] In einem Interview bezeichnete Zeltinger sich später als bisexuell.[5] Zeltinger positioniert sich öffentlich gegen Rechtsextremismus. 1992 wirkte er beispielsweise an dem Kölner Projekt Arsch huh, Zäng ussenander mit.

Zeltinger lebt in Köln. Anfang 2024 musste er sich wegen einer Krebserkrankung einer Operation unterziehen. Eine für das Jahr geplante Tournee wurde daraufhin abgesagt.[6]

Zeltinger als Musiker

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Jürgen Zeltinger mit der Zeltinger Band (2014)

1979 gründete er die Zeltinger Band, deren Frontmann und Sänger er ist. Im August brachte Ariola das erste Album der Gruppe heraus, an das sich ein gutes Dutzend weiterer Alben anschloss, ergänzt durch einige Soloalben Zeltingers.

Zeltinger singt grundsätzlich auf Kölsch. In vielen Fällen ist er auch der Autor der Lieder seiner Band. Die Zeltinger-Songs werden oft als sozialkritisch beschrieben: Zeltinger singe, was viele denken, und er singe es so, dass die Leute lachen können. Bei Zeltinger wird Rockaway Beach von den Ramones zu Müngersdorfer Stadion, einer „Arbeitslosen-Hymne“,[7] in der sich ein beschäftigungsloser Mann von der KVB schwarz ins Freibad neben das örtliche Fußballstadion fahren lässt. In Asi mit Niwoh ironisiert Zeltinger das eigene Image, indem er sich als jemand beschreibt, der „Lyrik auf dem Klo“ lese und der Band das Abendessen mache, nachdem er Kritikern „die Fresse poliert“ habe. Mit Bezug auf die von der Band stilisierte Asozialität wird behauptet, die Zeltinger Band sei der antiintellektuelle Gegenpol zu Wolfgang Niedeckens BAP.[8]

Eine Reihe von Zeltingers Liedern haben Homosexualität in einer Deutlichkeit zum Gegenstand, die für die 1970er- und 1980er-Jahre ungewöhnlich war. Beispiele dafür sind Kölsche Junge („Wir bleiben unserm Grundsatz treu: schwul, pervers und arbeitsscheu“), Manfred, der Tuntensong und Tiger, ursprünglich ein US-amerikanischer Rock-’n’-Roll-Song von Fabian, für den Zeltinger einen deutschsprachigen Text schrieb, in dem ein Schwuler mit einem Jüngling tanzt und auf ihn aufpasst „wie ein Tiger“. Für seine Version von Er war gerade 18 Jahr, eine in Ich-Perspektive gehaltene Erzählung über die Liebesnacht einer 36-jährigen Frau mit einem 18-jährigen Mann, übernahm Zeltinger den Text der Dalida-Version von 1973 unverändert, sodass daraus die Geschichte der Liebesnacht eines älteren Mannes mit einem 18-Jährigen wurde.[5]

Bedeutung

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Zeltinger etablierte neben BAP den Kölschrock.[7] Sein Verdienst sei, dass er wie kein anderer das Schwulsein in die Machodomäne des Hardrocks integriert und diese damit tendenziell umgekrempelt habe.[5]

Filmdokumentation über Jürgen Zeltinger

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2018 drehte der Filmemacher Oliver Schwabe die Dokumentation Asi mit Niwoh – Die Jürgen Zeltinger Geschichte. Der Film hatte im Oktober 2018 beim Filmfestival Cologne Premiere und startete am 7. Februar 2019 in den deutschen Kinos.

Diskografie

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Als Solokünstler

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  • 1992: Solo Plaat (als Zeltinger)
  • 2003: Kölsch Jeföhl – De Plaat solo

Mit der Zeltinger Band

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  • 1979: De Plaat im Roxy & Bunker live
  • 1981: Schleimig
  • 1982: Der Chef
  • 1987: Schon wieder Live!
  • 1988: Weder Mensch noch Tier
  • 1989: Ich bin ein Sünder
  • 1993: Asi mit Niwoh – Das Beste aus 15 Jahren
  • 1993: Rares für Bares
  • 1994: Scheiße!
  • 1996: Faktor Z
  • 2002: Freunde für’s Leben
  • 2003: Voila! Leck ens am Arsch
  • 2005: Mit nacktem Arsch und Rock 'n' Roll
  • 2006: Alter Wein in neuen Schläuchen
  • 2008: Geschmack, Charakter, Zeltinger (30 Jahre Wahnsinn in Vollendung) (Doppel-CD)
  • 2008: Nur Kölsch und Schnaps (The Best Of The Rest)
  • 2010: Die Rückkehr des Retters
  • 2014: Avjespeck! (als ZELTINGER/KLEIMANN)
  • 2017: Krank!

Literatur

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  • Jürgen Zeltinger: Die Zeltinger-Story – Chronik einer Jagd. Förtner & Kroemer, Köln 1988, ISBN 3-924366-65-9.
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Commons: Jürgen Zeltinger – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Ayhan Demirci: Unbekannte Fotos aufgetaucht: So hat man die Kölner Musiklegende noch nie gesehen. www.express.de, 8. Dezember 2019, abgerufen am 7. Oktober 2024.
  2. Jürgen Zeltinger: Die Zeltinger-Story – Chronik einer Jagd, Köln: Förtner & Kroemer 1988, ISBN 3-924366-65-9.
  3. Klaus Miehling: Gewaltmusik, Musikgewalt. Populäre Musik und die Folgen, Königshausen & Neumann, ISBN 978-3-8260-3394-0, S. 169.
  4. Jan Reetze: Der Sound der Jahre. Westdeutschlands Reise von Jazz und Schlager zu Krautrock und darüber hinaus – Ein Trip durch fünf Musikjahrzehnte, Halvmall, 2022, ISBN 978-3-9822100-3-2.
  5. a b c Ralf Jörg Raber: Wir sind wie wir sind. Ein Jahrhundert homosexuelle Liebe auf Schallplatte und CD, Männerschwarm Verlag, 2010, ISBN 978-3-86300-025-7, S. 136.
  6. Jan Wördenweber: Kölschrocker Jürgen Zeltinger muss alle Konzerte verschieben. www.ksta.de, 15. März 2024, abgerufen am 7. Oktober 2024.
  7. a b Kölsch-Rocker, Rebell, Opa: Jürgen Zeltinger feiert 70. Geburtstag – das Interview. www.express.de, 20. November 2019, abgerufen am 7. Oktober 2024.
  8. Asi mit Niwoh – Die Jürgen Zeltinger Geschichte: Von zweifelhaftem Ruf und großer Energie. www.brutstatt.de, 4. Februar 2019, abgerufen am 7. Oktober 2024.