Jacob Reinbold Spielmann
Jacob Reinbold Spielmann, auch Jakob und Reinhold (* 31. März 1722 in Straßburg; † 9. September 1783 ebenda) war ein französischer Apotheker, Mediziner und Chemiker.
Familie und Apotheke
BearbeitenDie Familie der Spielmanns, aus der mindestens fünf Professoren der Universität Straßburg hervorgingen, lässt sich schon im 15. Jahrhundert in Straßburg nachweisen. Johann Jakob Spielmann erwarb 1657 von Albrecht Weßner, dem Großvater seiner Frau, die Apotheke „Zum (goldenen) Hirschen“ (Pharmacie du Cerf), genannt auch Hirschapotheke. Die bis 1850 der Familie Spielmann gehörende Apotheke stand schon 1348, eventuell sogar schon 1268 an der gleichen Stelle. Sie ist heute die älteste Apotheke Frankreichs,[1] eventuell sogar die älteste in Europa. Zu den Gesellen der Hirschapotheke gehörten 1730 Andreas Sigismund Marggraf (Entdecker des Rübenzuckers) und 1813 Emanuel Merck (Begründer eines pharmazeutischen Unternehmens in Darmstadt).[2]
Leben
BearbeitenJacob Reinbold Spielmann wurde von seinem Vater Johann Jakob Spielmann (1695–1740) in der heimischen Apotheke unterrichtet. Sie befindet sich noch heute in der Straßburger Rue de Mercière.[3]
Im Jahr 1742 legte Spielmann die Apothekerprüfung in Straßburg ab. In den folgenden Jahren führte er die elterliche Apotheke. 1755 wurde er an der Universität Straßburg Professor für Medizin, 1756 für Dichtkunst und 1759 für Medizin, Chemie und Pharmakognosie.[4] Auch später arbeitete er noch in der elterlichen Apotheke und hielt dort in einem Zimmer über den Geschäftsräumen sogar Vorlesungen[3] über Chemie und Botanik.[5] 1760 wurde er mit dem akademischen Beinamen Heraclides IV. zum Mitglied (Matrikel-Nr. 631) der Leopoldina gewählt.[6] 1764 wurde er Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Seit 1772 war er korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences.[7]
Während seiner von April 1770 bis August 1771 dauernden Straßburger Studienzeit, folgte der Student Johann Wolfgang Goethe während des Wintersemesters als Gasthörer den Vorlesungen Spielmanns an der Straßburger Universität und in der Hirschapotheke.[8] Von Spielmann übernahm er auch den Ausdruck encheiresin naturae (wörtlich übersetzt: „Zugriff der Natur“). Spielmann meinte damit, dass natürliche Kräfte die Bestandteile einer Substanz selbige zu einer Gesamtheit verbinden.[9]
Schriften (Auswahl)
BearbeitenSpielmann verfasste wichtige Lehrbücher, die in viele Sprachen übersetzt wurden.
- Pharmacopoea generalis. Treuttel, Argentorati, 1783. (Digitalisat)
- Institutiones materiae medicae: praelectionibus academicis accomodatae. Bauer, Argentorati, 1774. (Digitalisat) Editio Nova Revisa 1784. (Digitalisat)
- Syllabus medicamentorum. Bauer & Treuttel, Straßburg 1777. (Digitalisat)
- Instituts de Chymie. Vincent, Paris 1770. (Digitalisat Band 1)
- Anleitung zur Kenntniß der Arzneymittel. Treuttel, Straßburg 1785. (Digitalisat)
- Chemische Begriffe und Erfahrungen Walther, Dresden 1783. (Digitalisat)
- Kleine praktische medizinische und chemische Schriften, in die deutsche Sprache übertragen. Weygand, Leipzig 1786. (Digitalisat)
- Institutiones chemiae praelectionibus adademicis adcommodatae, 1763 Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Literatur
Bearbeiten- Friedrich August Flückiger: Spielmann, Jacob Reinbold. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 171–173.
- Christoph Friedrich: Spielmann, Jacob Reinbold. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 688 f. (Digitalisat).
Weblinks
Bearbeiten- Mitgliedseintrag von Jacob Reinbold Spielmann bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
- Werke von und über Jacob Reinbold Spielmann in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- landesmuseum.de, Modell der Hirschapotheke
- Bild der Hirschapotheke
- Informationen zu und akademischer Stammbaum von Jacob Reinbold Spielmann bei academictree.org
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ bad-bad.de, Auf den Spuren Goethes im Elsass, abgerufen am 26. Februar 2008
- ↑ H. G. Schwieger, Gottfried Zöbl: Die alte Apotheke. Verbandstoff-Fabriken Paul Hartmann, Heidenheim 1954, S. 16–17.
- ↑ a b W. Dörr, Goethe und Apotheker Spielmann. In: Süddeutsche Apotheker-Zeitung., 89/1949, S. 628–34.
- ↑ Spielmann, Jakob Reinhold. In: Werner Hartkopf: Die Berliner Akademie der Wissenschaften. Ihre Mitglieder und Preisträger 1700–1990. Akademie Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-05-002153-5, S. 343. (Webarchiv).
- ↑ H. G. Schwieger, Gottfried Zöbl: Die alte Apotheke. Hrsg. anlässlich des Deutschen Apothekertages 1954. Verbandstoff-Fabriken Paul Hartmann AG, Heidenheim 1954, S. 16.
- ↑ Johann Daniel Ferdinand Neigebaur: Geschichte der kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher während des zweiten Jahrhunderts ihres Bestehens. Friedrich Frommann, Jena 1860, S. 224 Digitalisat
- ↑ Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe S. Académie des sciences, abgerufen am 4. März 2020 (französisch).
- ↑ R. Heitz,Goethe und die Augenheilkunde in Straßburg (1770–1771), Julius-Hirschberg-Gesellschaft
- ↑ Vortrag für Ärzte-Senioren anlässlich der Ärztewoche Thüringen 2006 ( vom 2. Dezember 2015 im Internet Archive)
Personendaten | |
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NAME | Spielmann, Jacob Reinbold |
ALTERNATIVNAMEN | Heraclides IV. |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Apotheker, Chemiker und Mediziner |
GEBURTSDATUM | 31. März 1722 |
GEBURTSORT | Straßburg |
STERBEDATUM | 9. September 1783 |
STERBEORT | Straßburg |