Johann Christian Köhler

Frankfurter Orgelbauer

Johann Christian Köhler (* 31. Juli 1714 in Groß Rosenburg; † 12. Mai 1761 in Frankfurt am Main[1]) war ein Orgelbauer aus Frankfurt am Main. Er heiratete in die Orgelbauerfamilie Wegmann ein und führte deren Tradition fort. Stilistisch sind seine Werke dem ausgehenden Barock und dem Rokoko zuzurechnen. Charakteristisch für die Gestaltung seiner Prospekte sind die seitlichen Harfenfelder für das Pedalwerk, die profilierten Gesimse und das reiche Schnitzwerk. Köhler bevorzugte mehrere Register in der 8′-Lage (Äquallage) und den Einsatz zahlreicher Nebenregister. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern des südhessischen Orgelbaus.

Köhler war Sohn des Schreinermeisters Friedrich Köhler († 9. Dezember 1758) und seiner Frau Maria Dorothea geb. Wickert.[2] Den Orgelbau erlernte er bei einem namentlich nicht bekannten Orgelbauer. Anschließend war er Geselle bei Johann Conrad Wegmann in Darmstadt. Er heiratete am 20. Oktober 1739 Wegmanns Witwe Hedwig Maria Stamm und übernahm dessen Werkstatt sowie dessen Privilegien in Hessen-Darmstadt. Bereits 1729 hatte er die Privilegien des Orgelbauers Weißhaupt für Nassau-Usingen erhalten.[3] Am 18. Juli 1740 wurde der Sohn Johann Friedrich geboren, der aber bereits 1750 verstarb. Als Darmstädtischer Hoforgelmacher erhielt Köhler ab 1740 ein Gehalt von 123 fl.[2] und verlegte seine Werkstatt nach Frankfurt. Hier legte er 1753 den Frankfurter Bürgereid ab. Als er mit 46 Jahren starb, heiratete seine Witwe den Orgelbauer Johann Christoph Jeckel in Worms. Köhler wurde am 12. Mai 1761 begraben. Nachfolger wurde sein Stiefsohn Philipp Ernst Wegmann, Sohn von Johann Conrad Wegmann, der den Orgelbau bei Köhler erlernt und 1756 seinen Lehrbrief erhalten hatte. Wegmann legte nach Köhlers Tod den Frankfurter Bürgereid im Jahr 1762 ab und übernahm die Werkstatt. In den 1780er Jahren führte Johann Benedikt Ernst Wegmann, Sohn von Philipp Ernst Wegmann, unterstützt durch den Werkmeister Johann Friedrich Meynecke, den Betrieb fort.[4]

Köhler genoss einen hervorragenden Ruf und war ein wichtiges Bindeglied in der Frankfurter Orgelbauerdynastie der Familie Wegmann. Sein Wirkungsbereich erstreckte sich von Worms bis Marburg und von Bamberg bis Mainz.[5] Seine Werke sind ein- oder zweimanualig und zeichnen sich durch eine verhältnismäßig große Anzahl von Acht-Fuß-Registern und zahlreiche Nebenregister aus. Zungen- und gemischte Stimmen sind oft in Bass und Diskant aufgeteilt. Köhler baute entweder mit seitlichen geschwungenen Harfenfeldern für das Pedalwerk oder mit einem großen Mittelturm, zweigeschossigen Flachfeldern und seitlichen Spitztürmen. Die reich profilierten Gesimse und verzierten Prospekte sind vom Rokoko geprägt. Auch bei kleinen Orgelwerken tritt das Pedal immer selbstständig auf, umfasst teilweise aber nur anderthalb Oktaven.

Werkliste

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Bisher sind 39 Werke Köhlers nachgewiesen.[6] Neben etlichen Prospekten sind 13 Orgeln (teilweise) erhalten.

Kursivschreibung gibt an, dass die Orgel nicht oder nur noch das historische Gehäuse erhalten ist. In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand oder zu Besonderheiten.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1738 Frankfurt am Main Barfüßerkirche III/P ? 41 Fertigstellung der Orgel von Johann Conrad Wegmann; nicht erhalten: 1786 beim Abriss der Kirche demontiert und eingelagert, Reste 1808 verkauft
1739 Wörsdorf Ev. Kirche I/P 11 Vollendung der Orgel von Johann Conrad Wegmann nach dessen Tod; hinterspielig; 1875 durch Neubau der Gebr. Voigt ersetzt
1741 Kaichen Ev. Kirche I/P 10 Neubau; 1852 durch Neubau von Johann Georg Förster ersetzt
1744–1747 Frankfurt am Main Dominikanerkloster II/P etwa 25 Neubau; im Zuge der Aufhebung des Klosters 1808 in die Leonhardskirche umgesetzt, 1867 durch eine Walcker-Orgel ersetzt
1747 Hahnstätten Ev. Pfarrkirche St. Nikolaus I/P 10 Neubau; 1913 durch Walcker-Orgel ersetzt, Prospekt erhalten
1747 Oberweimar Martinskirche
 
I/P 13 (15) Neubau, zwei weitere Pedalregister waren zum Ausbau vorbereitet; nach einigen Umbauten und Schäden durch die Weltkriege noch Prospekt und sechs Register von Köhler erhalten; 1971 und 2010/11 durch Gerald Woehl auf ursprünglichen Zustand restauriert
1747 Neunkirchen (Modautal) Ev. Kirche I/P 11 Neubau; angeblich 1825 abgebrochen; 1847 Neubau durch Rothermel
1748 Frankfurt am Main Karmeliterkloster   III/P 29 Erweiterung der Orgel von Johann Jakob Dahm (II/P/22) um ein Echowerk mit 7 Registern; 1809 nach Säkularisation des Klosters Verkauf nach Flörsheim, St. Gallus-Kirche (Foto); später mehrfache Umbauten, bei denen der Registerbestand von Köhler bis auf das Holzgedackt 8′ verloren ging.[7]
1748 Pfungstadt Ev. Kirche I/P 10 Neubau; 1825 an St. Dionysius in Kelkheim-Münster verkauft. Dort ist das Werk zum großen Teil erhalten.
1749 Bischofsheim Ev. Kirche I/P etwa 14 Neubau; 1910 durch Weigle-Orgel ersetzt; Gehäuse erhalten
1749 Limburg an der Lahn Hospitalkirche St. Anna I/P etwa 15 Neubau; Gehäuse erhalten; 1918 durch neue Orgel von Carl Horn ersetzt, Prospekt erhalten
1749 Gundernhausen Ev. Kirche I/P 9 Neubau? Zuschreibung; 1852 durch neue Orgel von Rothermel ersetzt
1750 Grävenwiesbach Evangelische Kirche Grävenwiesbach
 
I/P 15 Neubau; 1963 durch Orgel von Günter Hardt, Prospekt erhalten
1750 Reinheim Ev. Kirche I/P 16 Neubau; 1929 durch neue Orgel von Förster & Nicolaus ersetzt, Gehäuse erhalten
1750 Frankfurt am Main Deutschordenskirche   II/P Neubau; Unterbau als Echowerk konzipiert; 1881 durch Walcker-Orgel ersetzt; Gehäuse erhalten
1750–1752 Limburg an der Lahn Limburger Dom III/P 36 1877 Gehäuse ersetzt (Gebr. Keller); im Zuge weiterer Umbauten/Neubauten in den Jahren 1911/12, 1935, 1960 und 1978 durch Johannes Klais Orgelbau gingen schließlich alle Register von Köhler verloren.
1752 Wiesbaden-Igstadt Ev. Kirche I/P 14 Neubau; 1904 durch Weigle-Orgel ersetzt
1752 Rückershausen Ev. Kirche I/P 9 vorderspieliger Neubau; im Wesentlichen erhalten
1751–1753 Trebur Laurentiuskirche   II/P 20 1843 kam die Orgel in die Talkirche nach Eppstein; Gehäuse erhalten.[8]
1753 Bechtheim Evangelische Kirche   I/P 9 Neubau; 5–6 Register und Gehäuse erhalten
1753 Allendorf Ev. Kirche I 7 Neubau, seitenspielig und ohne Pedal; bis auf die 1822 ersetzten Keilbälge vollständig erhalten
1753 Frankfurt am Main Waisenhaus I/P 15 Neubau, von Köhler gestiftet, nachdem er das Bürgerrecht der Stadt erhalten hatte; 1910 durch Bechstein-Orgel ersetzt
1753 Unterliederbach Evangelische Kirche
 
I/P 8 Neubau; 1922 durch Weigle-Orgel ersetzt, Gehäuse erhalten
1753 Ebrach Kloster Ebrach, Evangelienorgel   II/P 22 Früher wurde 1759 als Baujahr angenommen; weitgehend, 2012 Restaurierung durch Fa. Klais
1753–1754 Villmar Kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul
 
II/P Neubau; 1886 durch neue Orgel von Michael Keller ersetzt; Prospekt und fünf Register erhalten
1753–1754 Haintchen Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus   I/P 16 seitenspieliger Neubau; Trompete ursprünglich mit Köpfen und Stiefeln aus Eiche; 1969 Restaurierung durch Johannes Klais; erhalten
1754 Wallau Ev. Kirche I/P 16 Neubau; Zuschreibung; erhalten und 1979 durch Woehl auf ursprüngliche Disposition zurückgeführt
1754 Frankfurt-Bornheim Johanniskirche Neubau; 1767 mit Kirche verbrannt
1754 Uelversheim Ev. Kirche I/P 10 Neubau; weitgehend erhalten
1753–1755 Würzburg Käppele   II/P 26 Neubau; 1991 von Vleugels hinter dem reich verzierten, historischen Rokokoprospekt von Köhler rekonstruiert und um 4 Register erweitert → Orgel
1755 Nauheim Ev. Kirche I/P 9 Neubau; 1893 durch neue Orgel von Gustav Raßmann ersetzt
1755 Neunkirchen (Westerwald) Ev. Kirche I/P 11 Neubau; weitgehend erhalten
1755 Klein-Karben Ev. Kirche   Neubau? 1867 Prospekt durch Adam Karl Bernhard in der Martinskirche Heuchelheim aufgestellt, dahinter neues Orgelwerk; Prospekt erhalten
1756–1757 Gabsheim Kath. Pfarrkirche St. Alban I/P 15 1758 um zwei Zungenstimmen erweitert; 1877 Gehäuse ersetzt; drei Register teilweise erhalten[9]
1758 Wetzlar Wetzlarer Dom, Chororgel II/P 21 Neubau; 1831 Umbau durch Johann Georg Bürgy, 1844 durch Neubau von Loos ersetzt
1759 Mainz Kloster St. Franziskus III/P 44 Neubau; nicht erhalten
1760 Ebrach Kloster Ebrach, Epistelorgel   I/P 13 Neubau; 2012 Restaurierung durch Fa. Klais; erhalten
1760 Bamberg Obere Pfarre   II/P 24 Neubau; Prospekt erhalten
1761 Sindlingen St. Dionysius I/P 14 Neubau; im Zuge des Kirchenneubaus 1829/30 ersetzt
1761 Idstein Gymnasium I 4 Neubau eines Positivs vermutlich durch Gesellen Köhlers; 1802 in die kath. Kirche Wiesbaden umgesetzt, 1861 ersetzt

Literatur

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  • Hans Martin Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues (= Studien zur hessischen Musikgeschichte. Band 3). Bärenreiter-Antiquariat, Kassel 1969.
  • Hans Martin Balz, Reinhardt Menger: Alte Orgeln in Hessen und Nassau (= Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde. Band 72). Merseburger, Kassel 1979, ISBN 3-87537-169-0.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Hermann Fischer: Johann Christian Köhler, Orgelbauer in Frankfurt am Main. In: Acta Organologica. Band 31, 2009, S. 217–275.
  • Johann Ulrich Sponsel: Orgelhistorie. George Peter Monath, Nürnberg 1771, S. 129–134 (online).
  • Wilhelm Strube: Johann Christian Köhler, ein unbekannter mitteldeutscher Orgelbauer in Hessen-Darmstadt. In: Ars Organi. 13, 1965, Heft 26, S. 885 f.

Aufnahmen/Tonträger

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  • Baroque Music for two Organs. Walter Opp and Wilhelm Krumbach play the historic Choir organs of the church of Ebrach in Upper Franconia. Ca. 1972, Peerless record Co Ltd. Bercourt House, Brentford, Middlesex. Oryx 1765 Stereo LP (Werke von F. Biumi, Th. Crequillon, Th. Tomkins, F. Rovigo, R. Trofeo, J. Blanco, CPE Bach, D. Steibelt und F. Danzi)
  • Denkmäler barocker Orgelbaukunst. Die Chororgeln der Abteikirche Ebrach, erbaut 1753/60 von Johann Christian Köhler. 1997, ambitus musikproduktion und Bayerischer Rundfunk, Uffing, amb 97973, CD (Andreas und Werner Jacob mit Werken von Gabrieli, Viadana, Pasquini, Piazza, Terreni, Lucchinetti, Soler, Blanco, C.P.E. Bach und Cherubini)
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Commons: Johann Christian Köhler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven 1994, ISBN 3-7959-0598-2, S. 207.
  2. a b Hans Martin Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues (= Studien zur hessischen Musikgeschichte. Band 3). Bärenreiter-Antiquariat, Kassel 1969, S. 180.
  3. Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5, S. 33.
  4. Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5, S. 34.
  5. Hermann Fischer: Köhler, Johann Christian. In: Frankfurter Personenlexikon, abgerufen am 22. November 2017.
  6. Fischer: Johann Christian Köhler. 2009, S. 268.
  7. Orgel in Flörsheim, abgerufen am 4. Juli 2020.
  8. Beschreibung der Orgel auf der Internetseite der Talkirchengemeinde Eppstein/Taunus, abgerufen am 22. Juli 2021.
  9. Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5, S. 314. bei Neubau durch Oberlinger (1978) teilweise Pfeifenmaterial wiederverwendet