Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre
Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre ist ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz und eine Ausprägung der Lehrtechnologie, welches sich mit der Unterstützung der Hochschullehre durch automatisiertes intelligentes Verhalten beschäftigt.
Geschichte
BearbeitenDie Geschichte des Einsatzes künstlicher Intelligenz (KI) in der Hochschullehre beginnt mit ersten Experimenten in den 1970er Jahren, wo die Nutzung Künstlicher Intelligenz in Computer-Aided Instruction mit Hilfe von Systemen wie SCHOLAR erprobt wurde.[1] SCHOLAR konnte einfache Dialoge zu bestimmten Themen durchführen, war jedoch vom Aufbau ähnlich deterministisch wie ELIZA. Mitte der 1970er wurden ähnlich deterministische Werkzeuge zum Erlernen von Programmiersprachen und natürlichen Sprachen eingesetzt.[2][3]
Besonders seit den 2010er Jahren erlebte der Einsatz von KI einen deutlichen Aufschwung durch die Verfügbarkeit leistungsfähigerer Algorithmen und größerer Datenmengen. KI-Systeme wurden in verschiedenen Aspekten der Hochschullehre eingesetzt, darunter personalisiertes Lernen und die automatisierte Bewertung von Studentenarbeiten.[4][3]
In den frühen 2020er Jahren begann mit der öffentlichen Verfügbarkeit von Large Language Models, insbesondere ChatGPT, wie auch in anderen Anwendungsbereichen, eine rapide Entwicklung von neuen Werkzeugen zur Unterstützung der Lehre. Der Fokus rückte dabei von deterministischen und traditionellen Machine Learning Systemen zu Generativen Transformers. Dabei hat die Integration von KI in die Hochschullehre jedoch auch zu Diskussionen über ethische Aspekte, Datenschutz und die Rolle des Lehrpersonals in einer zunehmend digitalisierten Bildungslandschaft geführt.[5]
Anwendungsbeispiele
BearbeitenKünstliche Intelligenz (KI) findet in der Hochschullehre immer mehr Anwendung und transformiert die Art und Weise, wie Lehrinhalte erstellt, vermittelt und verwaltet werden.[6] Hier sind einige wichtige Einsatzgebiete der KI in der Hochschullehre:
Personalisierte Lernpfade
BearbeitenKI-Systeme können Lerninhalte basierend auf dem individuellen Fortschritt und den Bedürfnissen der Studierenden anpassen und individuelle Lernpfade ermöglichen.[1][7] Durch die Analyse von Leistungsdaten können solche Systeme Schwächen erkennen und spezifische Materialien oder Übungen vorschlagen, um diese zu adressieren. Diese Strategie ist eng verwandt zum Programmierten Unterricht.
Automatisierte Bewertung
BearbeitenKI kann verwendet werden, um Aufgaben und Prüfungen zu bewerten, sowohl zur unmittelbaren Unterstützung des Lernens (formatives Assessment) als auch zur Überprüfung des Erreichens von Lernzielen (summatives Assessment).[8] Dies erspart Lehrkräften Zeit und ermöglicht es ihnen, sich auf komplexere Bewertungen und Feedback zu konzentrieren.
Intelligente Tutorensysteme
BearbeitenDiese Systeme bieten Studierenden zusätzliche Unterstützung, indem sie Fragen beantworten und Erklärungen zu komplexen Themen liefern.[9] Dies kann insbesondere durch Chatbots realisiert werden, welche häufig auf Retrieval Augmented Generation mit Vorlesungskripten als Referenz beruhen. Sie können rund um die Uhr verfügbar sein, was Studierenden ermöglicht, jederzeit auf Lernressourcen zuzugreifen.
Erkennung von Betrug und Plagiaten
BearbeitenKI-Tools können verwendet werden, um Plagiate in studentischen Arbeiten zu identifizieren und zu verhindern.[10] Ebenso können sie bei Online-Prüfungen Überwachungsfunktionen übernehmen, um sicherzustellen, dass alle Studierenden die Tests unter fairen Bedingungen ablegen.[11]
Lehrplanentwicklung
BearbeitenKI kann helfen, Trends und Lücken in Lehrplänen zu analysieren und Vorschläge für deren Optimierung zu machen. Durch die Analyse von Studentendaten und Feedback können solche Systeme helfen, Lehrpläne aktuell und relevant zu halten.
Analytik und Prognostik
BearbeitenDurch die Analyse großer Mengen von Bildungsdaten kann KI Muster erkennen und Prognosen über Studienerfolg und Studienabbrüche erstellen. Diese Informationen können genutzt werden, um frühzeitig unterstützende Maßnahmen zu ergreifen und die Studierendenleistung zu verbessern.
Diese Technologien bieten große Chancen, stellen aber auch Herausforderungen dar, insbesondere in Bezug auf Datenschutz, ethische Überlegungen und die Notwendigkeit, Lehrkräfte in der Nutzung dieser neuen Tools zu schulen. Die erfolgreiche Integration von KI in die Hochschullehre erfordert eine sorgfältige Planung und kontinuierliche Bewertung der Auswirkungen auf Studierende und Lehrpersonal.
Barrierefreiheit
BearbeitenKünstliche Intelligenz kann zur Barrierefreiheit in der Hochschullehre beitragen. Beispiele sind die automatische Untertitelung von Vorlesungsaufzeichungen oder die Bereitstellung von Alt-Texten für Abbildungen und Formeln.[12][13]
Herausforderungen
BearbeitenDie Tatsache, dass Large Language Models in der Lage sind, einführende Hochschulkurse beruhend auf deren Prüfungsmaterialien zu bestehen,[14] sowie Konzeptinventare zu meistern,[15] wirft neue Frage und Herausforderungen für die Curriculums-Entwicklung auf.[16] Studierende machen regen Gebrauch von diesen Werkzeugen und erwarten, dies auch im Berufsleben zu tun; von der Hochschule erwarten sie Problemstellungen, die man nicht mit KI lösen kann.[17] Eine besondere Aufmerksamkeit erfahren hier klassische Schreibaufgaben wie Zusammenfassungen oder Essays,[18] aber auch einfache Programmieraufgaben unterliegen einer kritischen Betrachtung.[19] Während diese Fragen bearbeitet werden, gibt es stark wachsende Besorgnis um die akademische Integrität studentischer Ausarbeitungen.[20] In diesem Zusammenhang wird die Fähigkeit, präzise Prompts zu formulieren, als neue Schlüsselkompetenz im akademischen und beruflichen Umfeld gesehen. "Prompt-Engineering beschreibt die menschliche Problemlösungskompetenz, eine Generative Künstliche Intelligenz (GKI) mittels textueller Spracheingabe produktiv einzusetzen."[21]
Siehe auch
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Jaime Carbonell: AI in CAI: An Artificial-Intelligence Approach to Computer-Assisted Instruction. In: IEEE Transactions on Man Machine Systems. Band 11, Nr. 4, Dezember 1970, ISSN 0536-1540, S. 190–202, doi:10.1109/TMMS.1970.299942 (ieee.org [abgerufen am 30. Mai 2024]).
- ↑ Elliot B. Koffman, Sumner-E. Blount: Artificial intelligence and automatic programming in CAI. In: Artificial Intelligence. Band 6, Nr. 3, 1975, S. 215–234, doi:10.1016/0004-3702(75)90001-6 (elsevier.com [abgerufen am 30. Mai 2024]).
- ↑ a b Ralph M. Weischedel, Wilfried M. Voge, Mark James: An artificial intelligence approach to language instruction. In: Artificial Intelligence. Band 10, Nr. 3, November 1978, S. 225–240, doi:10.1016/S0004-3702(78)80015-0 (elsevier.com [abgerufen am 30. Mai 2024]).
- ↑ Lijia Chen, Pingping Chen, Zhijian Lin: Artificial Intelligence in Education: A Review. In: IEEE Access. Band 8, 2020, ISSN 2169-3536, S. 75264–75278, doi:10.1109/ACCESS.2020.2988510 (ieee.org [abgerufen am 30. Mai 2024]).
- ↑ Dirk Ifenthaler: Künstliche Intelligenz in der Hochschulbildung: Chancen und Grenzen des KI-gestützten Lernens und Lehrens. In: Tobias Schmohl (Hrsg.): Hochschulbildung: Lehre und Forschung (= Hochschulbildung: Lehre und Forschung). Nr. 4. Bielefeld 2023, ISBN 978-3-8394-5769-6, doi:10.25656/01:27831.
- ↑ K. Wannemacher, L. Bodmann: Künstliche Intelligenz an den Hochschulen – Potenziale und Herausforderungen in Forschung, Studium und Lehre sowie Curriculumentwicklung. In: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. (Hrsg.): Arbeitspapier Hochschulforum Digitalisierung. Nr. 59, 2021, ISSN 2365-7081.
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- ↑ Marie-Christin Zorec, Natalie Granegger, Rachel Gorden: Wer hat das letzte Wort? Ethischer Wertekompass von Student*innen zur Verwendung von CGPT im Hochschulkontext. In: zeitschrift für interdisziplinäre schreibforschung. 23. November 2023, S. 41–70 Seiten, doi:10.48646/ZISCH.230903 (univie.ac.at [abgerufen am 31. Mai 2024]).
- ↑ Nicolai Krüger: ChatGPT et al. Was bedeutet ChatGPT für den wissenschaftlichen Schreibprozess? In: Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren. Band 4, Nr. 2, 19. Dezember 2023, ISSN 2628-9407, doi:10.3224/expose.v4i2.03 (budrich-journals.de [abgerufen am 7. August 2024]).